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Aida” by Giuseppe Verdi libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt
VIERTER AKT

Erste Szene

Saal im Königspalast
(Links eine große Tür, die in den unterirdischen
Gerichtssaal führt. – Rechts ein Korridor, der zum
Gefängnis von Radamès führt.)


AMNERIS
(allein vor der Tür zum unterirdischen Gewölbe)
Entflohn ist die Rivalin, die verhaßte.
Vom Priestermund droht Radamès sein Urteil,
Die Strafe des Verräters. – Ein Verräter
Ist er kaum. Doch er verriet des Krieges
Hohes Geheimnis, er wollte fliehn mit ihr,

Mit ihr entfliehen. Alle sind Verräter!
Zum Tode! Doch nein, was sagt’ ich?
Ich lieb’ ihn noch, noch immer.
Ach, zum Wahnsinn, zur Verzweiflung treibt das
Feuer dieser Liebe.
Ach, könnte er mich lieben,
Ich wollt’ ihn retten. Doch wie?
Ich tu’ es! – Wachen: Radamès komme!
(Radamès, von Wachen begleitet, tritt ein.)
Schon sind die Priester all vereint,
Wollen dem Tod dich weihen;
Doch von dem Lose, das dir droht,
Noch kannst du dich befreien.
Rechtfertige dich, am Throne
Will ich um Gnade flehen,
Ja, frei sollst du dich sehen,
Die Zukunft lächelt dir.

RADAMÈS
Die Priester werden meiner Tat
Rechtfertigung nicht hören;
Vor Gott und Menschen kann ich laut
Auf meine Unschuld schwören.
Ein unheilvoll Geheimnis
Entfloh wohl meinem Munde,
Doch blieb im Herzensgrunde
Heilig die Ehre mir.

AMNERIS
Verteid’ge dich und rette dich.

RADAMÈS
Nein.

AMNERIS
So stirb denn.

RADAMÈS
Das Leben hass’ ich;
Es kann mir Glück
Und Freude nimmer geben,
Geflohn von jeder Hoffnung
Will ich allein den Tod.

AMNERIS
Du sterben? Nein, du mußt leben,
Leben und mit mir verbunden;
Die grimme Pein des Todes
Hab’ ich schon um dich empfunden.
O Leid in Liebessehnen,
Die Nächte voll bittrer Tränen,
Das Vaterland, die Krone, Leben,
Ja, alles geb’ ich hin um dich.

RADAMÈS
Für sie hab ich auch Vaterland
Und Ehre hingegeben.

AMNERIS
Kein Wort von ihr!

RADAMÈS
Mein wartet
Schande, und soll noch leben?
Was hab’ ich leiden müssen:
Aida mir entrissen.
Vielleicht gar getötet –
Was hat noch die Welt für mich?

AMNERIS
Ich wär’ an ihrem Tode schuld?
Nein, sie lebt noch!

RADAMÈS
Lebt noch?

AMNERIS
Vom Seufzerlaut der Fliehenden,
Verzweifelnden betrauert,
Fiel nur ihr Vater.

RADAMÈS
Und sie?

AMNERIS
Verschwand,
Von ihr nicht eine Kunde!

RADAMÈS
O führ der Himmel sie
Ins Vaterland zurück.
Unkundig der Geschicke
Dessen, der für sie stirbt.

AMNERIS
Wenn ich dich rette, schwöre, daß
Du ihr nicht mehr ergeben!

RADAMÈS
Ich kann nicht!

AMNERIS
Entsage ihr
Auf immerdar, dein Leben gilt’s!

RADAMÈS
Ich kann nicht!

AMNERIS
Noch einmal höre:
Entsage ihr.

RADAMÈS
Vergebens!

AMNERIS
So müd bist du des Lebens?

RADAMÈS
Ich bin zum Tode bereit.

AMNERIS
Wer beschützt dich, Unheilvoller,
Vor dem Los, das deiner wartet?
Hast in Zorn und Wut verwandelt
Meine tiefe Zärtlichkeit.
Rächen wird der Himmel selber
Meine Tränen, all mein Leid, usw.

RADAMÈS
Ach, das Sterben ist eine Wonne,
Darf ich’s doch um sie erleiden,
So vom Erdendasein scheiden,
Das muß erhabne Wonne sein:
Fürchte nicht den Zorn der Menschen,
Fürcht’ dein Mitleid nur allein, usw.

AMNERIS
Ach, wer beschützt ihn?...
Rächen wird der Himmel selber, usw.

(Radamès geht, von den Wachen begleitet.)

AMNERIS (sinkt trostlos auf eine Bank)
Weh mir, ich fühl’, ich sterbe;
Wer wird ihn retten?
In ihre Hand gab ich ihn selbst.
O wie verwünsch’ ich,
Eifersucht, dich nun, die sein Verderben
Und meines Herzens ew’gen Gram verschuldet.
(Sich umdrehend sieht sie die Priester in das
unterirdische Gewölbe schreiten.)
Himmel. wer naht hier?
Des Todes finstre, unheilvolle Diener!
Sähe ich nie mehr jene weißen Larven!
(Verhüllt das Gesicht mit den Händen.)
In ihre Hand
gab ich ihn selber! usw.

RAMFIS und
PRIESTER (im unterirdischen Gewölbe)
Laß, Geist der Gottheit, laß auf uns dich nieder.
Glüh mit dem Strahl uns an des ew’gen Lichtes,
Tu deine Satzung kund durch unsre Lippen.

AMNERIS
Götter, erbarmt euch meines armen Herzens,
Er ist frei von Schuld, o rettet ihn, ihr Götter;
O furchtbar ist die Verzweiflung meines Herzens.

RAMFIS und
PRIESTER
Laß, Geist der Gottheit, usw.

AMNERIS
O, wer rettet ihn? Ich sterbe, weh mir!

(Radamès schreitet zwischen den Wachen über die
Bühne und steigt in das unterirdische Gewölbe.)


RAMFIS (im unterirdischen Gewölbe)
Radamès, Radamès, Radamès:
Du hast des Vaterlands Geheimnis enthüllet
Dem Fremdling,
Rechtfert’ge dich!

PRIESTER
Rechtfert’ge dich!

RAMFIS
Seht, er schweiget.
ALLE
O Verrat!

AMNERIS
Mitleid! Er ist unschuldig! Götter, Mitleid!

RAMFIS
Radamès, Radamès, Radamès:
Du hast das Lager
Am Tage vor der Schlacht verlassen.
Rechtfert’ge dich!

PRIESTER
Rechtfert’ge dich!

RAMFIS
Seht, er schweiget.

ALLE
O Verrat!

AMNERIS
Mitleid! Rettet ihn! Götter, Mitleid!

RAMFIS
Radamès, Radamès, Radamès:
Dem Vaterlande, dem König
Und der Ehre brachst du deinen Eid.
Rechtfert’ge dich!

PRIESTER
Rechtfert’ge dich!

RAMFIS
Seht, er schweiget!
ALLE
O Verrat!

AMNERIS
Mitleid! Rettet ihn! Götter, Mitleid!

RAMFIS und
PRIESTER
Radamès, dein Los ist gefallen,
Ja, du stirbst den Tod des Verräters.
Unterm Tempel der zürnenden Gottheit
Gehst du lebend, ja lebend ins Grab!

AMNERIS
Lebend begraben, o Verruchte!
Euer Blutdurst wird niemals gestillet,
Wollet Diener des Himmels doch sein!

RAMFIS und
PRIESTER
Fluch dem Verräter und Tod!

AMNERIS
(auf die Priester stürzend, die aus dem unterirdischen
Gewölbe kommen)
Ihr, o Priester, beginget ein Verbrechen
Mit des Tigers wilden Gebärden;
Oh, die Götter schändet ihr auf Erden,
Da ihr verdammet, wer schuldlos und rein.

RAMFIS und
PRIESTER
Ein Verräter! Er sterbe!

AMNERIS (zu Ramfis)
Priester, jenen Mann, den du tötest,
Ach, ich lieb ihn, du weißt es, vor allen;
Mit seinem Blut wird auf dich fallen
Meines Herzens Fluch!
Oh, die Götter schändet ihr auf Erden, usw.
Nein, er ist kein Verräter... Hab’ Erbarmen, usw.

RAMFIS und
PRIESTER
Ein Verräter! Er sterbe!
(langsam ab)

AMNERIS
Schändliche Rotte, auf euch alle mein Fluch!
Und des Himmels Rache fall’ auf euch herab!

Zweite Szene
Inneres des Vulkantempels; Radames’ Grab
(Die Bühne ist in zwei Stockwerke geteilt. Die obere
stellt das Innere des Vulkantempels in Gold und
Lichterglanz dar; die untere ein unterirdisches
Gewölbe. Lange Bogengänge, die sich im Dunkel
verlieren. Kolossalstatuen des Osiris mit nach oben
gekreuzten Händen stützen die Säulen der Wölbung.
Radamès im unterirdischen Gewölbe auf den Stufen
der Treppe, die er hinabsteigt. Über ihm zwei Priester,
die den Eingang mit einem Stein verschließen.)


RADAMÈS
Es hat der Stein sich über mir geschlossen.
Vor mir seh’ ich mein Grab. Das Licht des Tages
Schau’ ich nicht mehr, schau’ nimmermehr Aida.
Aida, wo bist du? Ach, könntest du doch
Glücklich nur sein, blieb’ ewig dir verborgen
Mein furchtbar Los! – Welch Seufzerlaut!
Eine Larve, ist es ein Geist?
Nein, nein, ein menschlich Antlitz! O Aida!

AIDA
Ich bin es.

RADAMÈS
Du – in diesem Grabe!

AIDA
Ahnend im Herzen, daß man dich verdamme,
Hab’ in die Gruft. die sie für dich bereitet,
Ich heimlich mich begeben,
Und hier, vor jedem Menschenaug’ verborgen,
In deinen Armen sehn’ ich mich zu sterben.

RADAMÈS
Zu sterben! So rein und schön
Für mich der Welt entsagen,
In holden Blütentagen
Fliehen das Dasein!
Es schuf der Himmel dich zum Glück der Liebe,
Ich bring’ den Tod dir, weil ich heiß dich liebe!
Nein, nicht den Tod,
Du bist so lieblich,
Bist so schön!

AIDA (phantasierend)
Sieh dort den Todesengel schon
Sich nah’n in Glanz und Strahlen,
Trägt uns auf goldenen Schwingen hold
Zu ew’gen Freuden fort.
Schon öffnet sich des Himmels Tor,
Dort enden alle Qualen,
Frieden und Seligkeit und Glück,
Sie wohnen ewig dort.
(Tanz und Priesterchor im Tempel.)

PRIESTER und
PRIESTERINNEN
Allmächt’ger, allmächt’ger Phtà,
Der Welten Schöpferhauch!
Ah! Dich rufen wir an!

AIDA
Welch ein Gesang!

RADAMÈS
Ein Triumphgesang aus Priestermund.

AIDA
Für uns das Grabgeläute!

RADAMÈS
(versucht den Stein von seiner Stelle zu wälzen)
Meine gewalt’gen Arme
Können den Stein vom Orte nimmer bewegen!

AIDA
Umsonst!... Für uns ist alles
Hier auf Erden vorbei.

RADAMÈS (mit betrübter Miene)
Es ist wahr...
(Er nähert sich Aida und stützt sie.)

AIDA
Leb wohl, o Erde, o du Tal der Tränen,
Verwandelt ward der Freudentraum in Leid;
Es schließt der Himmel seine Pforten auf, und unser Sehnen
Schwinget sich empor zum Licht der Ewigkeit, usw.

AIDA und
RADAMÈS
Leb wohl, o Erde, usw.
Es schließt der Himmel seine Pforten auf, usw.

PRIESTER und
PRIESTERINNEN
Allmächt’ger Phtà, usw.
(Aida sinkt Radamès sanft in die Arme und stirbt.
Amneris erscheint im Trauergewand im Tempel und
wirft sich auf den Stein, der das unterirdische Gewölbe
verschließt.)


AIDA und
RADAMÈS
Leb wohl, o Erde, usw.
Es schließt der Himmel seine Pforten auf!

AMNERIS
Ich bete um Frieden, geliebter Leichnam.
Mag dich Isis, besänftigt, im Himmel empfangen!

PRIESTER und PRIESTERINNEN
Allmächt’ger Phtà!

AMNERIS
Friede, ich flehe dich an! Friede, Friede, Friede!

ENDE
 
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