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Die Walküre” by Richard Wagner libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Aufzug; Zweiter Aufzug; Dritter Aufzug
Zweiter Aufzug

Vorspiel und erste Scene

(Der Vorhang geht auf.)
(Wildes Felsengebirg. Im Hintergrunde zieht sich
von untenher eine Schlucht herauf, die auf ein er-
höhtes Felsjoch mündet; von diesem senkt sich der
Boden dem Vordergrunde zu wieder abwärts.)


Wotan
(kriegerisch gewaffnet, mit dem Speer; vor
ihm Brünnhilde, als Walküre, ebenfalls in voller Waffenrüstung)

Nun zäume dein Roß, reisige Maid;
bald entbrennt brünstiger Streit.
Brünnhilde stürme zum Streit,
dem Wälsung kiese sie Sieg!
Hunding wähle sich, wem er gehört;
nach Walhall taugt er mir nicht.
Drum rüstig und rasch, reite zur Wal!

Brünnhilde
(jauchzend von Fels zu Fels die Höhe
rechts hinauf springend)

Hojotoho! hojotoho! heiaha! heiaha!
hojotoho! hojotoho! heiaha! heiaha!
hojotoho! hojotoho! hojotoho! hojotoho!
heiaha ha! hojoho!
(Sie hält auf einer hohen Felsenspitze an, blickt in
die hintere Schlucht hinab, und ruft zu Wotan zurück.)

Dir rath' ich, Vater, rüste dich selbst;
harten Sturm sollst du besteh'n.
Fricka naht, deine Frau
im Wagen mit dem Widdergespann.
Hei! wie die gold'ne Geisel sie schwingt!
Die armen Thiere ächzen vor Angst;
wild raßeln die Räder;
zornig fährt sie zum Zank.
In solchem Strauße streit' ich nicht gern,
lieb ich auch muthiger Männer Schlacht;
drum sieh wie den Sturm du bestehst:
ich lustige lass' dich im Stich.
Hojotoho! hojotoho! heiaha! heiaha!
hojotoho! hojotoho! heiaha! heiaha!
hojotoho! hojotoho! hojotoho! hojotoho!
heiaha ha!
(Brünnhilde verschwindet hinter der Gebirgshöhe
zur Seite.)

(In einem mit zwei Widdern bespannten Wagen,
langt Fricka aus der Schlucht auf dem Felsjoche an:
dort hält sie rasch an und steigt aus. Sie schreitet
heftig in den Vordergrund auf Wotan zu.)


Wotan
(Fricka auf sich zuschreiten sehend, für sich)
Der alte Sturm, die alte Müh'!
Doch stand muß ich hier halten!

Fricka
(je näher sie kommt, mäßigt sie den Schritt,
und stellt sich mit Würde vor Wotan hin)

Wo in Bergen du dich birgst,
der Gattin Blick zu entgeh'n,
einsam hier such ich dich auf,
daß Hülfe du mir verhießest.

Wotan
Was Fricka kümmert, künde sie frei.

Fricka
Ich vernahm Hundings Noth,
um Rache rief er mich an:
der Ehe Hüterin hörte ihn,
verhieß streng zu strafen die That
des frech frevelnden Paars,
das kühn den Gatten gekränkt.

Wotan
Was so schlimmes schuf das Paar,
das liebend einte der Lenz?
Der Minne Zauber entzückte sie:
wer büßt mir der Minne Macht?

Fricka
Wie thörig und taub du dich stellst,
als wüßtest führwahr du nicht,
daß um der Ehe heiligen Eid,
den hart verletzten, ich klage!

Wotan
Unheilig acht' ich den Eid,
der Unliebende eint;
und mir wahrlich muthe nicht zu,
daß mit Zwang ich halte, was dir nicht haftet:
denn wo kühn Kräfte sich regen,
da rath' ich offen zum Krieg.

Fricka
Achtest du rühmlich der Ehe Bruch,
so prahle nun weiter und preiß' es heilig,
daß Blutschande entblüht
dem Bund eines Zwillingspaars!
Mir schaudert das Herz,
es schwindelt mein Hirn:
bräutlich umfing die Schwester der Bruder!
Wann ward es erlebt,
daß leiblich Geschwister sich liebten?

Wotan
Heut hast du's erlebt!
Erfahre so, was von selbst sich fügt,
sei zuvor auch noch nie es gescheh'n.
Daß jene sich lieben, leuchtet dir hell;
drum höre redlichen Rath:
soll süße Lust deinen Segen dir lohnen,
so segne, lachend der Liebe,
Siegmunds und Sieglindes Bund!

Fricka
(in höchster Entrüstung ausbrechend)
So ist es denn aus mit den ewigen Göttern,
seit du die wilden Wälsungen zeugtest?
Heraus sagt' ich's; traf ich den Sinn?
Nichts gilt dir der Hehren heilige Sippe!
Hin wirfst du Alles was einst du geachtet;
zerreißest die Bande,
die selbst du gebunden,
lösest lachend des Himmels Haft:
daß nach Lust und Laune nur walte
dieß frevelnde Zwillingspaar,
deiner Untreue zuchtlose Frucht.

O was klag' ich um Ehe und Eid,
da zuerst du selbst sie versehrt.
Die treue Gattin trogest du stets;
wo eine Tiefe, wo eine Höhe,
dahin lugte lüstern dein Blick,
wie des Wechsels Lust du gewännest,
und höhnend kränktest mein Herz.
Trauernden Sinnes mußt ich's ertragen,
zogst du zur Schlacht mit den schlimmen Mädchen,
die wilder Minne Bund dir gebar:
denn dein Weib noch scheutest du so,
daß der Walküren Schaar,
und Brünnhilde selbst,
deines Wunsches Braut,
in Gehorsam der Herrin du gabst.
Doch jetzt, da dir neue Namen gefielen,
als "Wälse" wölfisch im Walde du schweiftest;
jetzt, da zu niedrigster Schmach du dich neigtest,
gemeiner Menschen ein Paar zu erzeugen:
jetzt dem Wurfe der Wölfin
wirfst du zu Füßen dein Weib!
So führ' es denn aus! Fülle das Maaß!
Die Betrog'ne laß auch zertreten!

Wotan
(ruhig)
Nichts lerntest du,
wollt' ich dich lehren,
was nie du erkennen kannst,
eh' nicht ertagte die That.
Stets gewohntes nur magst du verstehn:
doch was noch nie sich traf,
danach trachtet mein Sinn.
Eines höre! Noth thut ein Held,
der ledig göttlichen Schutzes,
sich löse vom Göttergesetz.
So nur taugt er zu wirken die That,
die, wie Noth sie den Göttern,
dem Gott doch zu wirken verwehrt.

Fricka
Mit tiefem Sinne
willst du mich täuschen:
was Hehres sollten Helden je wirken,
das ihren Göttern wäre verwehrt,
deren Gunst in ihnen nur wirkt?

Wotan
Ihres eig'nen Muthes achtest du nicht?

Fricka
Wer hauchte Menschen ihn ein?
Wer hellte den Blöden den Blick?
In deinem Schutz scheinen sie stark,
durch deinen Stachel streben sie auf:
du reizest sie einzig, die so mir Ew'gen du rühmst,
Mit neuer List willst du mich belügen,
durch neue Ränke mir jetzt entrinnen,
doch diesen Wälsung gewinnst du dir nicht;
in ihm treff' ich nur dich,
denn durch dich trotzt er allein.

Wotan
In wildem Leiden
(ergriffen) erwuchs er sich selbst:
mein Schutz schirmte ihn nie.

Fricka
So schütz' auch heut' ihn nicht!
Nimm ihm das Schwert, das du ihm geschenkt!

Wotan
Das Schwert?

Fricka
Ja, das Schwert,
das zauberstark zuckende Schwert,
das du Gott dem Sohne gabst!

Wotan
(heftig) Siegmund gewann es sich selbst
(mit unterdrücktem Beben) in der Noth.
(Wotan drückt in seiner ganzen Haltung von hier
an einen immer wachsenden unheimlichen, tiefen Unmuth aus.)


Fricka
(eifrig fortfahrend)
Du schufst ihm die Noth,
wie das neidliche Schwert.
Willst du mich täuschen,
die Tag und Nacht auf den Fersen dir folgt?
Für ihn stießest du das Schwert in den Stamm,
du verhießest ihm die hehre Wehr:
willst du es läugnen, daß nur deine List
ihn lockte, wo er es fänd'?
(Wotan fährt mit einer grimmigen Gebärde auf.)
(immer sicherer, da sie den Eindruck gewahrt, den
sie auf Wotan hervorgebracht hat)
Mit Unfreien streitet kein Edler,
den Frevler straft nur der Freie.
Wider deine Kraft führt' ich wohl Krieg:
doch Siegmund verfiel mir als Knecht.
(Neue heftige Gebärde Wotans, dann Versinken in
das Gefühl seiner Ohnmacht.)

Der dir als Herren hörig und eigen,
gehorchen soll ihm dein ewig Gemahl?
Soll mich in Schmach der niedrigste schmähen
dem Frechen zum Sporn, dem Freien zum Spott?
Das kann mein Gatte nicht wollen,
die Göttin entweiht er nicht so!

Wotan
(finster) Was verlangst du?

Fricka
Laß von dem Wälsung!

Wotan
(mit gedämpfter Stimme)
Er geh' seines Weg's.

Fricka
Doch du schütze ihn nicht,
wenn zur Schlacht ihn der Rächer ruft!

Wotan
Ich schütze ihn nicht.

Fricka
(belebter)
Sieh mir in's Auge; sinne nicht Trug:
die Walküre wend' auch von ihm!

Wotan
Die Walküre walte frei.

Fricka
Nicht doch;
deinen Willen vollbringt sie allein:
verbiete ihr Siegmunds Sieg!

Wotan
(in heftigen inneren Kampf ausbrechend)
Ich kann ihn nicht fällen,
er fand mein Schwert!

Fricka
Entzieh' dem den Zauber,
zerknick' es dem Knecht!
Schutzlos find' ihn der Feind'!
(Man vernimmt Brünnhildes Ruf von der Höheher.)

Brünnhilde
Heiaha! heiaha! Hojotoho!

Fricka
Dort kommt deine kühne Maid;
jauchzend jagt sie daher.

Brünnhilde
Heiaha! heiaha!
Heiohotojo hotojoha!

Wotan
Ich rief sie für Siegmund zu Roß!
(Brünnhilde erscheint mit ihrem Roß auf dem
Felsenpfade rechts. Als sie Fricka gewahrt, bricht sie
schnell ab, und geleitet ihr Roß still und langsam,
während des Folgenden den Felsweg herab: dort
birgt sie es dann in einer Höhle.)


Fricka
Deiner ew'gen Gattin heilige Ehre
beschirme heut' ihr Schild!
Von Menschen verlacht, verlustig der Macht,
gingen wir Götter zu Grund!
würde heut' nicht hehr und herrlich mein Recht
gerächt von der muthigen Maid.
Der Wälsung fällt meiner Ehre:
Empfah' ich von Wotan den Eid?

Wotan
(in furchtbarem Unmuth auf einen Felsensitz
sich werfend)

Nimm' den Eid!
(Fricka schreitet dem Hintergrunde zu: dort
begegnet sie Brünnhilde, und hält einen Augenblick
vor ihr an.)


Fricka
Heervater harret dein:
lass' ihn dir künden, wie das Los er gekiesst!
(Sie fährt schnell davon.)
(Brünnhilde tritt mit besorgter Miene verwundert
vor Wotan, der auf dem Felssitze zurückgelehnt in
finsteres Brüten versunken ist.)


Zweite Scene

Brünnhilde
Schlimm, fürcht' ich, schloß der Streit,
lachte Fricka dem Loose.
Vater, was soll dein Kind erfahren?
Trübe scheinst du und traurig!

Wotan
(er läßt den Arm machtlos sinken, und den
Kopf in den Nacken fallen)

In eig'ner Fessel fing ich mich:
ich unfreiester Aller!

Brünnhilde
So sah ich dich nie:
was nagt dir das Herz?
(Von hier an steigert sich Wotans Ausdruck und
Gebärde bis zum furchtbarsten Ausbruch.)

O heilige Schmach!
O schmählicher Harm!
Götternoth! Götternoth!
Endloser Grimm! Ewiger Gram!
Der Traurigste bin ich von Allen!
(Brünnhilde wirft erschrocken Schild, Speer und
Helm von sich, und läßt sich mit besorgter Zutrau-
lich keit zu seinen Füßen nieder.)

Vater! Vater! Sage, was ist dir?
Wie erschreck'st du mit Sorge dein Kind!
Vertraue mir! Ich bin dir treu:
Sieh, Brünnhilde bittet.
(Sie legt traulich und ängstlich Haupt und Hände
ihm auf Knie und Schooß. Wotan blickt ihr lange in
das Auge; dann streichelt er ihr mit unwillkürlicher
Zärt lichkeit die Locken. Wie aus tiefem Sinnen zu sich
kommend, beginnt er endlich.)


Wotan
(sehr leise)
Lass' ich's verlauten,
lös' ich dann nicht meines Willens haltenden Haft?

Brünnhilde
(sehr leise)
Zu Wotans Willen sprichst du,
sagst du mir was du willst;
wer bin ich, wär' ich dein Wille nicht?

Wotan
(sehr leise)
Was keinem in Worten ich künde,
unausgesprochen bleib' es denn ewig:
mit mir nur rath' ich, red' ich zu dir.
(mit gänzlich gedämpfter Stimme)
Als junger Liebe Lust mir verblich,
verlangte nach Macht mein Muth:
von jäher Wünsche Wüthen gejagt,
gewann ich mir die Welt;unwissend trugvoll, Untreue übt' ich,
band durch Verträge was Unheil barg:
listig verlockte mich Loge,
der schweifend nun verschwand.
Von der Liebe doch mocht' ich nicht lassen,
in der Macht verlangt' ich nach Minne.
Den Nacht gebar, der bange Nibelung,
Alberich, brach ihren Bund;
er fluchte der Lieb' und gewann durch den Fluch
des Rheines glänzendes Gold,
und mit ihm maaßlose Macht.
Den Ring, den er schuf, entriß ich ihm listig;
doch nicht dem Rhein gab ich ihn zurück:
mit ihm bezahlt' ich Walhalls Zinnen,
der Burg, die Riesen mir bauten,
aus der ich der Welt nun gebot.
Die Alles weiß, was einsten war,
Erda, die weihlich weiseste Wala,
rieth mir ab von dem Ring,
warnte vor ewigem Ende.
(etwas heftiger)
Von dem Ende wollt' ich mehr noch wissen;
doch schweigend entschwand mir das Weib.

(belebend)
Da verlor ich den leichten Muth,
zu wissen begehrt' es den Gott:
in den Schooß der Welt schwang ich mich hinab,
mit Liebeszauber zwang ich die Wala,
stört' ihres Wissens Stolz,
daß sie Rede nun mir stand.
Kunde empfing ich von ihr;
von mir doch empfing sie ein Pfand:
der Welt weisestes Weib gebar mir,
Brünnhilde, dich.
Mit acht Schwestern zog ich dich auf;
durch euch Walküren wollt' ich wenden,
was mir die Wala zu fürchten schuf:
ein schmähliches Ende der Ew'gen.
Daß stark zum Streit uns fände der Feind,
ließ ich euch Helden mir schaffen:
die herrisch wir sonst in Gesetzen hielten,
die Männer, denen den Muth wir gewehrt,
die durch trüber Verträge
trügende Bande
zu blindem Gehorsam wir uns gebunden,
(immer belebter, doch mit gemäßigster Stärke)
die solltet zu Sturm und Streit ihr nun stacheln
ihre Kraft reizen zu rauhem Krieg,
daß kühner Kämpfer Scharen
ich sammle in Walhalls Saal!

Brünnhilde
Deinen Saal füllten wir weidlich:
viele schon führt' ich dir zu.
Was macht dir nun Sorge,
da nie wir gesäumt?

Wotan
(wieder gedämpfter)
Ein Andres ist's: achte es wohl,
wess' mich die Wala gewarnt!
Durch Alberichs Heer droht uns das Ende:
mit neidischem Grimm, grollt mir der Niblung:
(belebend)
doch scheu' ich nun nicht seine
nächtigen Schaaren,
meine Helden schüfen mir Sieg.
(gedämpfter)
Nur wenn je den Ring zurück er gewänne,
(noch gedämpfter)
dann wäre Walhall verloren:
der der Liebe fluchte, er allein
nützte neidisch des Ringes Runen
zu aller Edlen endloser Schmach;
(belebend)
der Helden Muth entwendet' er mir,
die Kühnen selber zwäng er zum Kampf,
mit ihrer Kraft bekriegte er mich.
(gedämpft)
Sorgend sann ich nun selbst,
den Ring dem Feind zu entreißen.
(gedämpft)
Der Riesen einer,
denen ich einst mit verfluchtem Gold den Fleiß vergalt:
Fafner hütet den Hort,
um den er den Bruder gefällt.
Ihm müßt' ich den Reif entringen,
den selbst als Zoll ich ihm zahlte.
Doch mit dem ich vertrug,
ihn darf ich nicht treffen;
machtlos vor ihm erläge mein Muth:
(bitter)
das sind die Bande, die mich binden:
der durch Verträge ich Herr,
den Verträgen bin ich nun Knecht.

Nur einer könnte, was ich nicht darf:
ein Held, dem helfend nie ich mich neigte,
der fremd dem Gotte, frei seiner Gunst,
unbewußt, ohne Geheiß
aus eig'ner Noth, mit der eig'nen Wehr
schüfe die That, die ich scheuen muß,
die nie mein Rath ihm rieth,
wünscht sie auch einzig mein Wunsch!
Der, entgegen dem Gott, für mich föchte,
den freundlichen Feind, wie fände ich ihn?
Wie schüf' ich den Freien, den nie ich schirmte,
der im eig'nen Trotze der trauteste mir?
Wie macht ich den Andren, der nicht mehr ich,
und aus sich wirkte was ich nur will?
O, göttliche Noth! Gräßliche Schmach!
Zum Ekel find' ich ewig nur mich
in Allem was ich erwirke;
das And're, das ich ersehne,
das And're erseh' ich nie:
denn selbst muß der Freie sich schaffen;
Knechte erknet' ich mir nur.

Brünnhilde
Doch der Wälsung, Siegmund?
wirkt er nicht selbst?

Wotan
Wild durchschweift ich mit ihm die Wälder;
gegen der Götter Rath reizte kühn ich ihn auf:
gegen der Götter Rache
schützt ihn nun einzig das Schwert,
(gedehnt und bitter)
das eines Gottes Gunst ihm beschied.
Wie wollt' ich listig selbst mich belügen?
So leicht ja entfrug mir Fricka den Trug:
zu tiefster Scham durchschaute sie mich!
Ihrem Willen muß ich gewähren.

Brünnhilde
So nimmst du von Siegmund den Sieg?

Wotan
Ich berührte Alberichs Ring,
gierig hielt ich das Gold!
Der Fluch, den ich floh, nicht flieht er nun mich:
Was ich liebe, muß ich verlassen,
morden wen je ich minne,
trügend verrathen, wer mir traut!
(Wotans Gebärde geht aus dem Ausdruck des
furcht barsten Schmerzes zu dem der Verzweiflung über.)

Fahre denn hin, herrische Pracht,
göttlichen Prunkes prahlende Schmach!
Zusammen breche was ich gebaut!
Auf geb' ich mein Werk; nur Eines will ich noch:
das Ende, das Ende!
(Er hält sinnend ein.)
Und für das Ende sorgt Alberich;
jetzt versteh' ich den stummen Sinn
des wilden Wortes der Wala:
"wenn der Liebe finstrer Feind
zürnend zeugt einen Sohn,
der Selgen Ende säumt dann nicht."
Vom Niblung jüngst vernahm ich die Mähr',
daß ein Weib der Zwerg bewältigt,
dess' Gunst Gold ihm erzwang:
Des Hasses Frucht hegt eine Frau;
des Neides Kraft kreiß't ihr im Schooß;
das Wunder gelang dem Liebelosen;
doch der in Lieb' ich freite,
den Freien, erlang' ich mir nicht.
(mit bittrem Grimm sich aufrichtend)
So nimm, meinen Segen, Niblungen Sohn!
Was tief mich ekelt, dir geb' ich's zum Erbe,
der Gottheit nichtigen Glanz:
zernage ihn gierig dein Neid!

Brünnhilde
(erschrocken) O sag', künde,
was soll nun dein Kind?

Wotan
(bitter) Fromm streite für Fricka;
hüte ihr Eh' und Eid!
(trocken) Was sie erkor,
das kiese auch ich:
was frommte mir eig'ner Wille?
Einen Freien kann ich nicht wollen:
für Frickas Knechte, kämpfe nun du!

Brünnhilde
Weh'! nimm reuig zurück das Wort!
Du liebst Siegmund; dir zu Lieb',
ich weiß es, schütz' ich den Wälsung.

Wotan
Fällen sollst du Siegmund,
für Hunding erfechten den Sieg!
Hüte dich wohl, und halte dich stark;
all deiner Kühnheit entbiete im Kampf:
ein Siegschwert schwingt Siegmund;
schwerlich fällt er dir feig!

Brünnhilde
Den du zu lieben stets mich gelehrt,
der in hehrer Tugend dem Herzen dir theuer,
gegen ihn zwingt mich nimmer dein zwiespältig Wort!

Wotan
Ha, Freche du! Frevelst du mir?
Wer bist du, als meines Willens
blind wählende Kür?
Da mit dir ich tagte, sank ich so tief,
daß zum Schimpf der eignen Geschöpfe ich ward?
Kennst du, Kind, meinen Zorn?
Verzage dein Muth wenn je zermalmend
auf dich stürzte sein Strahl!
In meinem Busen berg' ich den Grimm,
der in Grau'n und Wust wirft eine Welt,
die einst zur Lust mir gelacht:
wehe dem, den er trifft!
Trauer schüf' ihm sein Trotz!
Drum rath' ich dir, reize mich nicht!
Besorge, was ich befahl:
Siegmund falle!
Diess sei der Walküre Werk!
(Er stürmt fort, und verschwindet schnell links in
Gebirge. Brünnhilde steht lange erschrocken und
betäubt.)


Brünnhilde
So sah ich Siegvater nie,
erzürnt' ihn sonst wohl auch ein Zank.
(Sie neigt sich betrübt, und nimmt ihre Waffen auf,
mit denen sie sich wieder rüstet.)

Schwer wiegt mir der Waffen Wucht!
Wenn nach Lust ich focht, wie waren sie leicht!
Zu böser Schlacht schleich' ich heut' so bang.
(Sie sinnt vor sich hin.)
(seufzend) Weh', mein Wälsung!
Im höchsten Leid muß dich treulos die Treue verlassen!
(Sie wendet sich langsam dem Hintergrunde zu.)

Dritte Scene

(Auf dem Bergjoche angelangt, gewahrt Brünnhilde,
in die Schlucht hinabblickend, Siegmund und
Sieglinde: sie betrachtet die Nahenden einen Augenblick;
dann wendet sie sich dann in die Höhle zu
ihrem Roße, so daß sie dem Zuschauer gänzlich verschwindet.)

(Siegmund und Sieglinde erscheinen auf dem
Bergjoche. Sieglinde schreitet hastig voraus. Sieg-
mund sucht sie aufzuhalten.)


Siegmund
Raste nun hier, gönne dir Ruh'!

Sieglinde
Weiter! Weiter!

Siegmund
(umfaßt sie mit sanfter Gewalt)
Nicht weiter nun! (Er schließt sie fest an sich.)
Verweile, süßestes Weib!
Aus Wonne-Entzücken zucktest du auf,
mit jäher Hast jagtest du fort:
kaum folgt' ich der wilden Flucht;
durch Wald und Flur über Fels und Stein,
sprachlos schweigend sprangst du dahin,
kein Ruf hielt dich zur Rast!
(Sieglinde starrt wild vor sich hin.)
Ruhe nun aus: rede zu mir!
Ende des Schweigens Angst!
Sieh, dein Bruder hält seine Braut:
Siegmund ist dir Gesell'!
(Sie blickt ihm mit wachsendem Entzücken in die
Augen; dann umschlingt sie leidenschaftlich seinen
Hals, und verweilt so.)

(Dann fährt sie mit jähem Schreck auf.)

Sieglinde
Hinweg! Hinweg! flieh die Entweihte!
Unheilig umfängt dich ihr Arm;
entehrt, geschändet, schwand dieser Leib:
flieh' die Leiche, lasse sie los!
der Wind mag sie verweh'n,
die ehrlos dem Edlen sich gab!
Da er sie liebend umfing,

da seligste Lust sie fand,
da ganz sie minnte der Mann,
der ganz ihr Minne geweckt
vor der süßesten Wonne heiligster Weihe,
die ganz ihr Sinn und Seele durchdrang,
Grauen und Schauder ob gräßlichster Schande,
mußte mit Schreck die Schmähliche fassen,
die je dem Manne gehorcht,
der ohne Minne sie hielt!
Laß' die Verfluchte, laß' sie dich fliehn!
Verworfen bin ich, der Würde baar:
dir reinstem Manne muß ich entrinnen,
dir herrlichem darf ich nimmer gehören.
Schande bring' ich dem Bruder,
Schmach dem freienden Freund!

Siegmund
Was je Schande dir schuf
das büßt nun des Frevlers Blut!
Drum fliehe nicht weiter;
harre des Feindes;
hier soll er mir fallen:
wenn Nothung ihm das Herz zernagt,
Rache dann hast du erreicht!

Sieglinde
(schrickt auf und lauscht)
Horch! die Hörner, hörst du den Ruf?
Ringsher tönt wüthend Getös':
aus Wald und Gau gellt es herauf.
Hunding erwachte aus hartem Schlaf!
Sippen und Hunde ruft er zusammen;
muthig gehetzt heult die Meute,
wild bellt sie zum Himmel
um der Ehe gebrochenen Eid!
(Starrt wie wahnsinnig vor sich hin.)
Wo bist du, Siegmund? seh' ich dich noch?
brünstig geliebter, leuchtender Bruder?
Deines Auges Stern laß noch einmal mir
strahlen:
wehre dem Kuß' des verworf'nen Weibes nicht!
(Sie hat sich ihm schluchzend an die Brust ge-
worfen: dann schrickt sie ängstlich wieder auf.)

Horch! o horch! das ist Hundings Horn!
Seine Meute naht mit mächt'ger Wehr:
kein Schwert frommt vor der Hunde Schwall:
wirf es fort, Siegmund! Siegmund, wo bist du?
Ha dort! Ich sehe dich! Schrecklich Gesicht!
Rüden fletschen die Zähne nach Fleisch;
sie achten nicht deines edlen Blicks;
bei den Füßen packt dich das feste Gebiß
du fällst in Stücken zerstaucht das Schwert:
die Esche stürzt, es bricht der Stamm!
Bruder! Mein Bruder!(Sie sinkt ohnmächtig in Siegmunds Arme.)
Siegmund, ha!

Siegmund
Schwester! Geliebte!
(Er lauscht ihrem Athem und überzeugt sich daß
sie noch lebe. Er läßt sie an sich herabgleiten, so daß
sie, als er sich selbst zum Sitze niederläßt, mit ihrem
Haupte auf seinem Schooß zu ruhen kommt. In dieser
Stellung verbleiben Beide bis zum Schlusse des
folgen den Auftrittes.)

(Langes Schweigen, während dessen Siegmund
mit zärtlicher Sorge über Sieglinde sich hinneigt, und
mit einem langen Kusse ihr die Stirne küßt.)


Vierte Scene

(Brünnhilde, ihr Roß am Zaume geleitend, tritt aus
der Höhle, und schreitet langsam und feierlich nach
vorne. Sie hält an, und betrachtet Siegmund von fern.)

(Sie schreitet wieder langsam vor.
Sie hält in größer er Nähe an.)

(Sie trägt Schild und Speer in der einen Hand, lehnt
sich mit der andren an den Hals des Rosses, und
betrachtet so mit ernster Miene Siegmund.)


Brünnhilde
Siegmund! Sieh auf mich!
Ich bin's, der bald du folg'st.
(Siegmund richtet den Blick zu ihr auf.)

Siegmund
Wer bist du, sag',
die so schön und ernst mir erscheint?

Brünnhilde
Nur Todgeweihten taugt mein Anblick;
wer mich erschaut,
der scheidet vom Lebens Licht.
Auf der Walstatt allein erschein' ich Edlen
wer mich gewahrt,
zur Wal kor ich ihn mir!
(Siegmund blickt ihr lange forschend und fest in
das Auge, senkt dann sinnend das Haupt, und
wendet sich endlich mit Entschluß wieder zu ihr.)


Siegmund
Der dir nun folgt,
wohin führst du den Helden?

Brünnhilde
Zu Walvater, der dich gewählt,
führ' ich dich: nach Walhall folgst du mir.

Siegmund
In Walhalls Saal
Walvater find' ich allein?

Brünnhilde
Gefall'ner Helden hehre Schaar
umfängt dich hold
mit hochheiligem Gruß.

Siegmund
Fänd' ich in Walhall
Wälse, den eig'nen Vater?Brünnhilde
Den Vater findet der Wälsung dort!

Siegmund
(zart) Grüßt mich in Walhall froh eine
Frau?

Brünnhilde
Wunschmädchen walten dort hehr:
Wotans Tochter reicht dir traulich den Trank!

Siegmund
Hehr bist du:
und heilig gewahr ich das Wotanskind:
doch Eines sag' mir, du Ew'ge!
Begleitet den Bruder die bräutliche Schwester?
umfängt Siegmund Sieglinde dort?

Brünnhilde
Erdenluft muß sie noch athmen:
Sieglinde sieht Siegmund dort nicht.
(Siegmund neigt sich sanft über Sieglinde, küßt sie
leise auf die Stirn und wendet sich ruhig wieder zu
Brünnhilde.)


Siegmund
So grüße mir Walhall,
grüße mir Wotan,
grüße mir Wälse und alle Helden,
grüß' auch die holden Wunschesmädchen:
(sehr bestimmt) zu ihnen folg' ich dir nicht!

Brünnhilde
Du sah'st der Walküre sehrenden Blick:
mit ihr mußt du nun zieh'n!

Siegmund
Wo Sieglinde lebt in Lust und Leid,
da will Siegmund auch säumen:
noch machte dein Blick nicht mich erbleichen;
vom Bleiben zwingt er mich nie!

Brünnhilde
So lang du lebst,
zwäng' dich wohl nichts:
doch zwingt dich Thoren der Tod:
ihn dir zu künden kam ich her.

Siegmund
Wo wäre der Held
dem heut' ich fiel?

Brünnhilde
Hunding fällt dich im Streit.

Siegmund
Mit Stärkrem drohe,
als Hundings Streichen!
Lauerst du hier lüstern auf Wal,
jenen kiese zum Fang:
ich denk' ihn zu fällen im Kampf!

Brünnhilde
Dir Wälsung, höre mich wohl:
dir ward das Loos gekies't.

Siegmund
Kennst du diess Schwert?
Der mir es schuf, beschied mir Sieg:
deinem Drohen trotz' ich mit ihm!

Brünnhilde
(sehr stark betont)
Der dir es schuf, beschied dir jetzt Tod:
seine Tugend nimmt er dem Schwert!

Siegmund
(heftig)
Schweig und schrecke die Schlummernde nicht!
(Er beugt sich mit hervorbrechendem Schmerze
zärtlich über Sieglinde.)

Weh! weh! Süßestes Weib!
Du traurigste aller Getreuen!
Gegen dich wüthet in Waffen die Welt:
und ich, dem du einzig vertraut,
für den du ihr einzig getrotzt,
mit meinem Schutz nicht soll ich dich schirmen,
die Kühne verrathen im Kampf?
Ha Schande ihm der das Schwert mir schuf,
beschied' er mir Schimpf für Sieg!
Muß ich denn fallen,
nicht fahr' ich nach Walhall:
Hella halte mich fest!
(Er neigt sich tief zu Sieglinde.)

Brünnhilde
(erschüttert)
So wenig achtest du ewige Wonne?
(zögernd und zurückhaltend)
Alles wär' dir das arme Weib,
das müd' und harmvoll
matt von dem Schooße dir hängt?
Nichts sonst hieltest du hehr?

Siegmund
(bitter zu ihr aufblickend)
So jung und schön erschimmerst du mir:
doch wie kalt und hart erkennt dich mein Herz!
Kannst du nur höhnen,
so hebe dich fort,
du arge, fühllose Maid!
Doch mußt du dich weiden an meinem Weh',
mein Leiden letze dich denn;
meine Noth labe dein neidvolles Herz:
nur von Walhalls spröden Wonnen
sprich du wahrlich mir nicht!

Brünnhilde
Ich sehe die Noth,
die das Herz dir zernagt,
ich fühle des Helden heiligen Harm.
Siegmund, befiel mir dein Weib:
mein Schutz umfange sie fest!

Siegmund
Kein andrer als ich
soll die Reine lebend berühren:
verfiel ich dem Tod,
die Betäubte tödt' ich zuvor!

Brünnhilde
(mit wachsender Ergriffenheit)
Wälsung! Rasender! Hör' meinen Rath:
befiehl mir dein Weib um des Pfandes willen,
das wonnig von dir es empfing!Siegmund
(das Schwert ziehend)
Dies Schwert,
das dem Treuen ein Trugvoller schuf;
dies Schwert,
das feig vor dem Feind mich verräth:
frommt es nicht gegen den Feind,
so fromm' es denn wider den Freund!
(Er zückt das Schwert auf Sieglinde.)
Zwei Leben lachen dir hier:
nimm sie, Nothung, neidischer Stahl!
nimm sie mit einem Streich!

Brünnhilde
(im heftigsten Sturme des Mitgefühles)
Halt' ein! Wälsung!
Höre mein Wort! Sieglinde lebe,
und Siegmund lebe mit ihr!
Beschlossen ist's;
das Schlachtloos wend' ich: dir, Siegmund,
schaff' ich Segen und Sieg!
Hörst du den Ruf?
Nun rüste dich, Held!
Traue dem Schwert, und schwing' es getrost:
treu hält dir die Wehr,
wie die Walküre treu dich schützt!
Leb' wohl, Siegmund, seligster Held!
Auf der Walstatt seh' ich dich wieder!
(Sie stürmt fort, und verschwindet mit dem Rosse
rechts in einer Seitenschlucht. Siegmund blickt ihr
freudig und erhoben nach.)

(Die Bühne hat sich allmählig verfinstert; schwere
Gewitterwolken senken sich auf den Hintergrund
herab, und hüllen die Gebirgswände, die Schlucht
und das erhöhte Bergjoch nach und nach gänzlich ein.)


Fünfte Scene

(Siegmund neigt sich wieder über Sieglinde, dem
Athem lauschend.)


Siegmund
Zauberfest bezähmt ein Schlaf
der Holden Schmerz und Harm.
Da die Walküre zu mir trat,
schuf sie ihr den wonnigen Trost?
Sollte die grimmige Wal
nicht schrecken ein gramvolles Weib?
Leblos scheint sie, die dennoch lebt:
der Traurigen kos't ein lächelnder Traum.
So schlum're nun fort,
bis die Schlacht gekämpft,
und Friede dich erfreu'!
(Er legt sie sanft auf den Steinsitz, und küßt ihr
zum Abschied die Stirne.)

(Er vernimmt Hundings Hornruf, und bricht ent
schlossen auf.)

Der dort mich ruft, rüste sich nun;
was ihm gebührt, biet' ich ihm:
(Er zieht das Schwert.)
Nothung zahlt' ihm den Zoll!
(Er eilt dem Hintergrunde zu, und verschwindet,
auf dem Joche angekommen, sogleich in finstrem
Gewittergewölk, aus welchem alsbald Wetter leuchten aufblitzt.)


Sieglinde
(beginnt sich träumend unruhiger zu bewegen)
Kehrte der Vater nur heim!
Mit dem Knaben noch weilt er im Forst.
Mutter! Mutter! mir bangt der Muth,
nicht freund und friedlich scheinen die Fremden!
Schwarze Dämpfe schwüles Gedünst ...
feurige Lohe leckt schon nach uns ...
es brennt das Haus . zu Hilfe, Bruder!
Siegmund! Siegmund! (Sie springt auf.)
(Starker Blitz und Donner.)

Siegmund! Ha!
(Sie starrt in steigender Angst um sich her: fast die
ganze Bühne ist in schwarze Gewitterwolken gehüllt.
Der Hornruf Hundings ertönt in der Nähe.)


Hunding
(im Hintergrunde vom Bergjoch her)
Wehwalt! Wehwalt! Steh' mir zum Streit,
sollen dich Hunde nicht halten.

Siegmund
(von weiter hinten her aus der Schlucht)
Wo birgst du dich,
daß ich vorbei dir schoß?
Steh', daß ich dich stelle!

Sieglinde
(in furchtbarer Angst lauschend)
Hunding! Siegmund! Könnt' ich sie sehen!

Hunding
Hieher, du frevelnder Freier!
Fricka fälle dich hier!

Siegmund
(nun ebenfalls vom Joche her)
Noch wähnst du mich waffenlos, feiger Wicht?
Droh'st du mit Frauen, so ficht nun selber,
sonst läßt dich Fricka im Stich!
Denn sieh': deines Hauses heimischem Stamm,
entzog ich zaglos das Schwert;
seine Schneide schmecke jetzt du!
(Ein Blitz erhellt für einen Augenblick das Bergjoch,
auf welchem jetzt Hunding und Siegmund kämpfend
gewahrt werden)


Sieglinde
(mit höchster Kraft)
Haltet ein, ihr Männer:
mordet erst mich!
(Sie stürzt auf das Bergjoch zu: ein von rechts her
über den Kämpfer ausbrechender Schein blendet sie
aber plötzlich, so daß sie, wie erblindet zur Seite schwankt.)


Brünnhilde
Triff' ihn, Siegmund!
traue dem Schwert!
(In dem Lichtglanze erscheint Brünnhilde, über
Siegmund schwebend, und diesen mit dem Schilde
deckend. Als Siegmund soeben zu einem tödtlichen
Streiche auf Hunding ausholt, bricht von links her ein
glühend röthlicher Schein durch das Gewölk aus, in
welchem Wotan erscheint, über Hunding stehend,
und seinen Speer Siegmund quer entgegenhaltend.)


Wotan
Zurück vor dem Speer!
In Stücken das Schwert!
(Brünnhilde weicht erschrocken vor Wotan mit
dem Schilde zurück: Siegmunds Schwert zerspringt
an dem vorgehaltenen Speere. Dem Unbewehrten
stößt Hunding seinen Speer in die Brust. Siegmund
stürzt todt zu Boden. Sieglinde, die seinen Todes-
seufzer gehört, sinkt mit einem Schrei wie leblos zusammen.)

(Mit Siegmunds Fall ist zugleich von beiden Seiten
der glänzende Schein verschwunden; dichte Finster-
niss ruht im Gewölk bis nach vorn: in ihm wird
undeutlich Brünnhilde sichtbar, wie sie in jäher Hast
sich Sieglinden zuwendet.)


Brünnhilde
Zu Roß! daß ich dich rette!
(Sie hebt Sieglinde schnell zu sich auf ihr der
Seitenschlucht nahe stehendes Roß, und verschwin-
det sogleich mit ihr.)

(Alsbald zertheilt sich das Gewölk in der Mitte, so
daß man deutlich Hunding gewahrt, der soeben
seinen Speer dem gefallenen Siegmund aus der Brust gezogen.)

(Wotan, von Gewölk umgeben, steht dahinter auf
einem Felsen an seinen Speer gelehnt und schmerz-
lich auf Siegmunds Leiche blickend.)


Wotan
(zu Hunding)
Geh' hin, Knecht! Knie vor Fricka:
meld' ihr, daß Wotans Speer gerächt,
was Spott ihr schuf. Geh! Geh!
(Vor seinem verächtlichen Handwink sinkt Hun-
ding todt zu Boden.)

(plötzlich in furchtbarer Wuth auffahrend)
Doch Brünnhilde! Weh' der Verbrecherin!
Furchtbar sei die Freche gestraft,
erreicht mein Roß ihre Flucht!

(Er verschwindet mit Blitz und Donner. Der Vor-
hang fällt schnell.)


libretto by Richard Wagner 
Contents: Personen; Erster Aufzug; Zweiter Aufzug; Dritter Aufzug

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