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“Die Zauberflöte” by Wolfgang Amadeus Mozart libretto (German)
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt |
Das Theater ist ein Palmenwald; alle Bäume sind silberartig, die Blätter von Gold. 18 Sitze von Blättern; auf einem jeden Sitze steht eine Pyramide und ein großes schwarzes Horn mit Gold gefaßt. In der Mitte ist die größte Pyramide, auch die größten Bäume. Nr. 9: Marsch (Sarastro und seine Priester kommen in feierlichem Schreiten, jeder mit einem Palmenzweig in der Hand. Ein Marsch mit Blasinstrumenten begleitet den Zug. Sarastro kündigt an, daß Tamino dazu ausersehen ist, „ins Heiligtum des größten Lichtes zu blicken“, zuvor aber in mehreren Prüfungen beweisen muß, ob er würdig ist, in den hohen Kreis der Eingeweihten aufgenommen zu werden. Als Lohn winkt Tamino die Hand der Tochter der Königin.) Nr. 10: Arie und Chor SARASTRO O Isis und Osiris, schenket der Weisheit Geist dem neuen Paar! Die ihr Schritte der Wand’rer lenket, stärkt mit Geduld sie in Gefahr. PRIESTER Stärkt mit Geduld sie in Gefahr. |
SARASTRO Laßt sie der Prüfung Früchte sehen, doch sollten sie zu Grabe gehen, so lohnt der Tugend kühnen Lauf, nehmt sie in euren Wohnsitz auf! PRIESTER Nehmt sie in euren Wohnsitz auf! (Verwandlung. Nacht im Hof des nördlichen Tempels.) (Zwei Priester führen Tamino und Papageno herein, lösen ihnen die Säcke ab und gehen dann. Papageno ist ängstlich, worauf Tamino ihn wegen seiner Furcht schilt. Die beiden Priester kehren zurück und dringen nochmals in Tamino ein, um sich wegen seines festen Willens zu vergewissern. Tamino ist entschlossen, um Pamina zu gewinnen, jede Prüfung auf sich zu nehmen. Papageno zeigt sich zwar weniger mutig, aber auch er will, weil ihm ein Mädchen versprochen wird, „die Weisheitsliebe erkämpfen“. Beide müssen schließlich zusagen, beim Anblick ihrer Geliebten nichts zu sprechen.) Nr. 11: Duett BEIDE PRIESTER Bewahret euch vor Weibertücken, dies ist des Bundes erste Pflicht; manch weiser Mann ließ sich berücken, er fehlte und versah sich’s nicht. Verlassen sah er sich am Ende, |
vergolten seine Treu’ mit Hohn! – Vergebens rang er seine Hände, Tod und Verzweiflung war sein Lohn. (Beide Priester gehen ab. Die Bühne bleibt dunkel, is die drei Damen der Königin aus der Versenkung erscheinen. Sie tragen Kerzen.) Nr. 12: Quintett DIE DAMEN Wie? wie? wie? ihr an diesem Schreckensort? Nie! nie! nie! kommt ihr wieder glücklich fort! Tamino! dir ist Tod geschworen! Du Papageno! bist verloren! PAPAGENO Nein, nein, nein, das wär’ zuviel. TAMINO Papageno, schweige still! Willst du dein Gelübde brechen, nichts mit Weibern hier zu sprechen? PAPAGENO Du hörst doch, wir sind beide hin! TAMINO Stille, sag’ ich – schweige still! PAPAGENO Immer still und immer still! DIE DAMEN Ganz nah ist euch die Königin, |
sie drang in Tempel heimlich ein! – PAPAGENO Wie? was? sie soll im Tempel sein? TAMINO Stille sag’ ich – schweige still! – Wirst du immer so vermessen deine Eidespflicht vergessen? – DIE DAMEN Tamino hör! du bist verloren! Gedenke an die Königin! Man zischelt viel sich in die Ohren von dieser Priester falschem Sinn! TAMINO (für sich) Ein Weiser prüft und achtet nicht, was der gemeine Pöbel spricht. DIE DAMEN Man zischelt viel sich in die Ohren von dieser Priester falschem Sinn! Man sagt, wer ihrem Bunde schwört, der fährt zur Höll’ mit Haut und Haar. PAPAGENO Das wär’ der Teufel! Unerhört! Sag an, Tamino, ist das wahr? TAMINO Geschwätz von Weibern nachgesagt, von Heuchlern aber ausgedacht. PAPAGENO Doch sagt es auch die Königin! |
TAMINO Sie ist ein Weib, hat Weibersinn! Sei still, mein Wort sei dir genug, denk deiner Pflicht, und handle klug. DIE DAMEN (zu Tamino) Warum bist du mit uns so spröde? Auch Papageno schweigt – so rede! PAPAGENO Ich möchte gerne...wohl – TAMINO Still! PAPAGENO Ihr seht, daß ich nicht soll! – TAMINO Still! PAPAGENO Daß ich nicht kann das Plaudern lassen, ist wahrlich eine Schand’ für mich! TAMINO Daß du nicht kannst das Plaudern lassen, ist wahrlich eine Schand’ für dich! DIE DAMEN Wir müssen sie mit Scham verlassen, es plaudert keiner sicherlich. TAMINO und PAPAGENO Sie müssen uns mit Scham verlassen, es plaudert keiner sicherlich! |
ALLE Von festem Geiste ist ein Mann, er denket, was er sprechen kann! EINGEWEIHTEN (von innen) Entweiht ist die heilige Schwelle! Hinab mit den Weibern zur Hölle! (Donner, Blitz und Schlag; zugleich starker Donner) DIE DAMEN O weh! O weh! PAPAGENO O weh! O weh! O weh! (Die Bühne wird nachtschwarz. Donner und Blitz. Die drei Damen stürzen in die Versenkung; Papageno fällt vor Schreck zu Boden. Die Priester kehren zurück, gratulieren Tamino, weil er die erste Aufgabe gut überstanden hat, und führen die beiden Männer zu ihrer nächsten.) (Verwandlung: Ein Garten mit Laube.) (Pamina liegt schlafend unter Blumen und Rosen, Monostatos beobachtet sie.) Nr. 13: Arie MONOSTATOS Alles fühlt der Liebe Freuden, schnäbelt, tändelt, herzet, küßt – und ich soll die Liebe meiden, |
weil ein Schwarzer häßlich ist! Ist mir denn kein Herz gegeben, bin ich nicht von Fleisch und Blut? Immer ohne Weibchen leben wäre wahrlich Höllenglut. Drum so will ich, weil ich lebe, schnäbeln, küssen, zärtlich sein! – Lieber, guter Mond, vergebe, eine Weiße nahm mich ein! Weiß ist schön – ich muß sie küssen. Mond! verstecke dich dazu! – Sollt’ es dich zu sehr verdrießen, o, so mach die Augen zu. (Er schleicht langsam zu Pamina. Die Königin der Nacht kommt unter Donner aus der mittleren Versenkung. Monostatos zieht sich zurück, um ungestört beobachten zu können. Die Königin bietet ihrer Tochter einen Dolch an, mit dem diese Sarastro töten soll.) Nr. 14: Aria KÖNIGIN Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen, Tod und Verzweiflung flammet um mich her! Fühlt nicht durch dich Sarastro Todesschmerzen, so bist du meine Tochter nimmermehr: Verstoßen sei auf ewig, verlassen sei auf ewig, zertrümmert sei’n auf ewig alle Bande der Natur, wenn nicht durch dich Sarastro wird erblassen! – Hört, hört, hört! Rachegötter – hört! – der Mutter Schwur! – (Sie versinkt unter lautem Donner. Monostatos taucht wieder auf und entreißt der überraschten Pamina den Dolch. Nur wenn sie ihm Liebe gewährt, will er ihr Leben retten. Sie weigert sich, und Monostatos hebt schon den Dolch gegen sie, als Sarastro erscheint und ihn zurückschleudert. Der Mohr eilt nun zur Königin der Nacht. Pamina bittet Sarastro um Gnade für ihre Mutter, aber Sarastro antwortet ihr, sie werde sehen, wie er sich an ihrer Mutter rächen könne.) |
Nr. 15: Arie SARASTRO In diesen heil’gen Hallen kennt man die Rache nicht! Und ist ein Mensch gefallen, führt Liebe ihn zur Pflicht. Dann wandelt er an Freundes Hand vergnügt und froh ins bess’re Land. In diesen heil’gen Mauern, wo Mensch den Menschen liebt – kann kein Verräter lauern, weil man dem Feind vergibt. Wen solche Lehren nicht erfreu’n, verdienet nicht ein Mensch zu sein. (Das Theater verwandelt sich in eine Halle.) (Tamino und Papageno werden ohne Säcke von zwei Priestern hereingeführt, nochmals an ihr Schweigewort erinnert und dann allein gelassen. Ein häßliches, altes Weib – Papagena in Verkleidung – tritt ein und plaudert mit Papageno. Sie verrät ihm, erst achtzehn Jahre alt zu sein und einen Geliebten namens Papageno zu besitzen. Als sie gerade ihren Namen preisgeben will, vertreibt sie ein lauter Donnerschlag. Die drei Knaben bringen Flöte und Glockenspiel.) |
Nr. 16: Terzetto DIE KNABEN Seid uns zum zweiten Mal willkommen, ihr Männer, in Sarastros Reich! – Er schickt, was man euch abgenommen, die Flöte und die Glöckchen euch. (Ein mit Speisen und Getränken schön gedeckter Tisch erscheint aus der Versenkung.) Wollt ihr Speisen nicht verschmähen, so esset, trinket froh davon! – Wenn wir zum dritten Mal uns sehen, ist Freude eures Mutes Lohn! Tamino Mut! – Nah ist das Ziel! Du Papageno, schweige still! – (Sie übergeben Tamino und Papageno die Zauberinstrumente und ziehen sich zurück. Papageno ißt, Tamino spielt auf der Flöte. Da tritt Pamina ein, die der wunderbare Ton angelockt hat. Als sie ihren Geliebten entdeckt, überhäuft sie ihn mit quälenden Fragen, aber er verhält sich stumm und bittet sie mit Winken zu gehen. Sogar Papageno ist still, denn er hat den Mund voll.) Nr. 17: Arie PAMINA Ach, ich fühl’s, es ist verschwunden! ewig hin der Liebe Glück! – Nimmer kommt ihr Wonnestunden meinem Herzen mehr zurück! Sieh Tamino! diese Tränen |
fließen, Trauter, dir allein, fühlst du nicht der Liebe Sehnen – so wird Ruh’ im Tode sein! – (Langsam und traurig verläßt sie die Bühne. Papageno und Tamino vernehmen Posaunentöne, die ihnen gelten. Der Vogelfänger wird mit Gewalt von seinem Herrn mitgerissen.) (Verwandlung: Das Gewölbe einer Pyramide.) (Die Priester, von Sarastro angeführt, marschieren ein.) Nr. 18: Chor der Priester CHOR DER PRIESTER O Isis und Osiris, welche Wonne! Die düst’re Nacht verscheucht der Glanz der Sonne! – Bald fühlt der edle Jüngling neues Leben, bald ist er unser’m Dienste ganz gegeben. Sein Geist ist kühn, sein Herz ist rein, bald wird er unser würdig sein. (Tamino wird hereingeführt, und Sarastro bittet ihn erneut, männlich und standhaft den Weg weiter zu gehen. Dann bringt man auch Pamina, und während Sarastro die Bande an dem sie verhüllenden Sack löst, eröffnet er ihr, Tamino erwarte sie zum letzten Lebewohl.) |
Nr. 19: Terzett PAMINA Soll ich dich, Teurer, nicht mehr seh’n? – SARASTRO Ihr werdet froh euch wiederseh’n! – PAMINA Dein warten tödliche Gefahren! TAMINO Die Götter mögen mich bewahren! PAMINA Dein warten tödliche Gefahren! – TAMINO Die Götter mögen mich bewahren! SARASTRO Die Götter mögen ihn bewahren! PAMINA Du wirst dem Tode nicht entgehen, mir flüstert dieses Ahnung ein! TAMINO Der Götter Wille mag geschehen, ihr Wink soll mir Gesetze sein! SARASTRO Der Götter Wille mag geschehen, ihr Wink soll ihm Gesetze sein. PAMINA O liebtest du, wie ich dich liebe, du würdest nicht so ruhig sein. |
TAMINO Glaub mir, ich fühle gleiche Triebe, werd’ ewig dein Getreuer sein. SARASTRO Glaub mir, er fühlet gleiche Triebe, wird ewig dein Getreuer sein. Die Stunde schlägt, nun müßt ihr scheiden! PAMINA und TAMINO Wie bitter sind der Trennung Leiden! SARASTRO Tamino muß nun wieder fort! Die Stunde schlägt, nun müßt ihr scheiden, Tamino muß nun wieder fort! Nun muß er fort! TAMINO Pamina, ich muß wirklich fort! Wie bitter sind der Trennung Leiden! Pamina, ich muß wirklich fort! Nun muß ich fort! PAMINA Tamino muß nun wirklich fort! Tamino! Tamino! so mußt du fort! TAMINO Pamina! lebe wohl! PAMINA Tamino! lebe wohl! SARASTRO Nun eile fort! dich ruft dein Wort! Die Stunde schlägt! Wir seh’n uns wieder! |
PAMINA und TAMINO O gold’ne Ruhe! kehre wieder! Lebe wohl! (Zwei Priester begleiten Pamina zur Pforte. Sarastro führt Tamino in die entgegengesetzte Richtung, die übrigen Priester folgen ihnen. Finsternis. Papageno tritt ein und sieht sich sofort von züngelnden Flammen umgeben. Er begehrt sehnlichst ein Glas Wein, und sofort kommt ein großer Becher mit rotem Wein angefüllt aus der Erde. Kaum hat er ihn geleert, verspürt er neue Wünsche. Er greift nach seinem Glockenspiel.) Nr. 20: Arie PAPAGENO Ein Mädchen oder Weibchen wünscht Papageno sich! O so ein sanftes Täubchen wär’ Seligkeit für mich! Dann schmeckte mir Trinken und Essen, dann könnt’ ich mit Fürsten mich messen, des Lebens als Weiser mich freu’n, und wie im Elysium sein! Ein Mädchen,usw. Ach, kann ich denn keiner von allen den reizenden Mädchen gefallen? Helf’ eine mir nur aus der Not, sonst gräm’ ich mich wahrlich zu Tod. Ein Mädchen,usw. |
Wird keine mir Liebe gewähren, so muß mich die Flamme verzehren, doch küßt mich ein weiblicher Mund – so bin ich schon wieder gesund. (Die Alte tanzt hinein, während sie sich auf ihren Stock stützt. Sie versichert Papageno, daß er entweder sie lieben oder hier allein sterben müsse, und Papageno reicht ihr die Hand zum Ehebund. Da fällt die Verkleidung ab, und es erscheint ein junges Mädchen genauso gekleidet wie Papageno. Bevor sie sich umarmen können, führt der Sprecher Papagena ab, weil sich Papageno ihrer nicht als würdig erwiesen habe.) (Verwandlung: Ein kleiner Palmengarten, kurz vor Sonnenaufgang.) (Die drei Knaben beobachten Pamina aus der Ferne.) Nr. 21: Finale DIE KNABEN Bald prangt, den Morgen zu verkünden, die Sonn’ auf gold’ner Bahn – bald soll der Aberglaube schwinden, bald siegt der weise Mann! – O holde Ruhe, steig hernieder, kehr in der Menschen Herzen wieder; dann ist die Erd’ ein Himmelreich, und Sterbliche den Göttern gleich. |
ERSTER KNABE Doch seht, Verzweiflung quält Paminen! – ZWEITER und DRITTER KNABE Wo ist sie denn? ERSTER KNABE Sie ist von Sinnen! – DIE KNABEN Sie quält verschmähter Liebe Leiden, laßt uns der Armen Trost bereiten! – Führwahr ihr Schicksal geht uns nah! O wäre nur ihr Jüngling da! – Sie kommt, laßt uns beiseite geh’n, damit wir, was sie mache, seh’n. (Pamina halb wahnwitzig, mit einem Dolch) PAMINA Du also bist mein Bräutigam – durch dich vollend’ ich meinen Gram! – DIE KNABEN (beiseite) Welch dunkle Worte sprach sie da! – Die Arme ist dem Wahnsinn nah! – PAMINA Geduld! mein Trauter, ich bin dein – bald werden wir vermählet sein! DIE KNABEN Wahnsinn tobt ihr im Gehirne – Selbstmord steht auf ihrer Stirne! – (zu Pamina) Holdes Mädchen, sieh uns an! |
PAMINA Sterben will ich – weil der Mann, den ich nimmermehr kann hassen, seine Traute kann verlassen! – (auf den Dolch zeigend) Dies gab meine Mutter mir – DIE KNABEN Selbstmord strafet Gott an dir! – PAMINA Lieber durch dies Eisen sterben, als durch Liebesgram verderben. – Mutter! durch dich leide ich, und dein Fluch verfolget mich! DIE KNABEN Mädchen! willst du mit uns geh’n? PAMINA Ha! des Jammers Maß ist voll! Falscher Jüngling, lebe wohl! Sieh, Pamina stirbt durch dich! (will sich erstechen) Dieses Eisen töte mich! – DIE KNABEN (halten ihr den Arm) Ha! Unglückliche, halt ein! Sollte dies dein Jüngling sehen, würde er vor Gram vergehen, denn er liebet dich allein. – |
PAMINA (erholt sich) Was? er fühlte Gegenliebe? und verbarg mir seine Triebe – wandte sein Gesicht von mir? Warum sprach er nicht mit mir? – DIE KNABEN Dieses müssen wir verschweigen, doch wir wollen ihn dir zeigen, und du wirst mit Staunen seh’n, daß er dir sein Herz geweiht, und den Tod für dich nicht scheut! Komm, wir wollen zu ihm geh’n. PAMINA Führt mich hin, ich möcht’ ihn seh’n. ALLE Zwei Herzen, die von Liebe brennen, kann Menschenohnmacht niemals trennen. – Verloren ist der Feinde Müh’, die Götter selbsten schützen sie. (gehen ab) (Das Theater verwandelt sich in zwei große Berge; in dem einen ist ein Wasserfall, worin man Sausen und Brausen hört; der andere speit Feuer aus; jeder Berg hat ein durchbrochenes Gitter, worin man Feuer und Wasser sieht; da, wo das Feuer brennt, muß der Horizont hellrot sein, und wo das Wasser ist, liegt schwarzer Nebel. Die Szenen sind Felsen, jede Szene schließt sich mit einer eisernen Türe.) (Tamino ist leicht angezogen, ohne Sandalen. Zwei schwarz geharnischte Männer führen Tamino herein. Auf ihren Helmen brennt Feuer. Sie lesen ihm die transparente Schrift vor, welche auf einer Pyramide geschrieben steht. Diese Pyramide steht in der Mitte ganz in der Höhe, nahe am Gitter.) |
DIE ZWEI GEHARNISCHTEN (Diese Melodie ist identisch mit Luthers Choral `Ach Gott, vom Himmel sieh darein' (Psalm 12). Luthers Gedicht wiederum liegt dem Text für Bachs Kantate BWV 2 zugrunde.) Der, welcher wandert diese Straße voll Beschwerden, wird rein durch Feuer, Wasser, Luft und Erden. Wenn er des Todes Schrecken überwinden kann, schwingt er sich aus der Erde himmelan! Erleuchtet wird er dann im Stande sein, sich den Mysterien der Isis ganz zu weih’n. TAMINO Mich schreckt kein Tod, als Mann zu handeln, den Weg der Tugend fortzuwandeln! – Schließt mir des Schreckens Pforte auf – ich wage froh den kühnen Lauf. – (will gehen) PAMINA (von innen) Tamino halt! ich muß dich sehn! TAMINO Was hör’ ich? Paminens Stimme? – DIE ZWEI GEHARNISCHTEN Ja ja, das ist Paminens Stimme! – |
TAMINO Wohl mir, nun kann sie mit mir geh’n! Nun trennet uns kein Schicksal mehr, wenn auch der Tod beschieden wär’. DIE ZWEI GEHARNISCHTEN Wohl dir, nun kann sie mit dir geh’n! Nun trennet euch kein Schicksal mehr, wenn auch der Tod beschieden wär’. TAMINO Ist mir erlaubt mit ihr zu sprechen? – DIE ZWEI GEHARNISCHTEN Es ist erlaubt mit ihr zu sprechen! TAMINO Welch Glück, wenn wir uns wiederseh’n, froh Hand in Hand in Tempel geh’n. Ein Weib, das Nacht und Tod nicht scheut, ist würdig, und wird eingeweiht. DIE ZWEI GEHARNISCHTEN Welch Glück, wenn wir euch wiederseh’n, froh Hand in Hand in Tempel geh’n. Ein Weib, das Nacht und Tod nicht scheut, ist würdig, und wird eingeweiht. (Die Türe wird aufgemacht, Tamino und Pamina umarmen sich.) PAMINA Tamino mein! O welch ein Glück! TAMINO Pamina mein! O welch ein Glück! Hier sind die Schreckenspforten, die Not und Tod mir dräu’n. |
PAMINA Ich werde aller Orten an deiner Seite sein. – Ich selbsten führe dich – die Liebe leitet mich! – (nimmt ihn bei der Hand) Sie mag den Weg mit Rosen streu’n, weil Rosen stets bei Dornen sein. Spiel du die Zauberflöte an, sie schütze uns auf uns’rer Bahn. Es schnitt in einer Zauberstunde mein Vater sie aus tiefstem Grunde der tausendjähr’gen Eiche aus bei Blitz und Donner – Sturm und Braus. – Nun komm und spiel die Flöte an! Sie leite uns auf grauser Bahn. PAMINA und TAMINO Wir wandeln durch des Tones Macht froh durch des Todes düst’re Nacht. DIE ZWEI GEHARNISCHTEN Ihr wandelt durch des Tones Macht froh durch des Todes düst’re Nacht. (Die Türen werden nach ihnen zugeschlagen; man sieht Tamino und Pamina wandern. Tamino bläst seine Flöte. Sobald sie vom Feuer herauskommen, umarmen sie sich und bleiben in der Mitte.) PAMINA und TAMINO Wir wandelten durch Feuergluten, bekämpften mutig die Gefahr, dein Ton sei Schutz in Wasserfluten, so wie er es im Feuer war. |
(Tamino bläst; man sieht sie hinuntersteigen und nach einiger Zeit wieder heraufkommen; sogleich öffnet sich eine Türe; man sieht einen Eingang in einen Tempel, welcher hell beleuchtet ist.) PAMINA und TAMINO Ihr Götter, welch ein Augenblick! Gewähret ist uns Isis’ Glück! – GEFOLGE und PRIESTER (von innen) Triumph, Triumph, Triumph, du edles Paar, besieget hast du die Gefahr! Der Isis Weihe ist nun dein! Kommt, kommt, tretet in den Tempel ein. (Das Theater verwandelt sich wieder in den vorigen Garten.) PAPAGENO Papagena! Papagena! Papagena! (pfeift) Weibchen! Täubchen! meine Schöne! – Vergebens! Ach! sie ist verloren! ich bin zum Unglück schon geboren! – Ich plauderte, und das war schlecht, und drum geschieht es mir schon recht! – Seit ich gekostet diesen Wein – seit ich das schöne Weibchen sah, so brennt’s im Herzenskämmerlein, so zwicket’s hier, so zwicket’s da! Papagena! Herzensweibchen! Papagena liebes Täubchen! ‘S ist umsonst, es ist vergebens, müde bin ich meines Lebens! |
Sterben macht der Lieb’ ein End, wenn’s im Herzen noch so brennt. (nimmt einen Strick von seiner Mitte) Diesen Baum da will ich zieren, mir an ihm den Hals zuschnüren, weil das Leben mir mißfällt, gute Nacht, du falsche Welt! – Weil du böse an mir handelst, mir kein schönes Kind zubandelst, so ist’s aus, so sterbe ich. Schöne Mädchen, denkt an mich! – Will sich eine um mich Armen, eh’ ich hänge, noch erbarmen – wohl, so laß ich’s diesmal sein! Rufet nur, Ja oder Nein! – Keine hört mich! alles stille! Also ist es euer Wille! Papageno frisch hinauf, ende deinen Lebenslauf. Nun! ich warte noch! es sei – bis man zählet: eins, zwei, drei! (pfeift, sieht sich um) eins! zwei! drei! Nun wohlan! es bleibt dabei! Weil mich nichts zurücke hält, gute Nacht, du falsche Welt! (will sich hängen) DIE KNABEN (fahren herunter) Halt ein! o Papageno, und sei klug! Man lebt nur einmal, dies sei dir genug! PAPAGENO Ihr habt gut reden, gut zu scherzen; doch brennt es euch, wie mich im Herzen, ihr würdet auch nach Mädchen geh’n. |
DIE KNABEN So lasse deine Glöckchen klingen, dies wird dein Weibchen zu dir bringen. PAPAGENO Ich Narr vergaß der Zauberdinge! (nimmt sein Instrument heraus) Erklinge, Glockenspiel, erklinge, ich muß mein liebes Mädchen seh’n! (Die drei Knaben laufen zu ihrem Flugwerk und bringen das Weib heraus.) Klinget, Glöckchen, klinget, schafft mein Mädchen her! Klinget, Glöckchen, klinget, bringt mein Mädchen her! Klinget, Glöckchen, klinget, bringt mein Weibchen her! bringt sie her! mein Mädchen her! mein Weibchen her! DIE KNABEN Nun Papageno, sieh dich um! (fahren auf. Papageno sieht sich um.) PAPAGENO Pa-pa-ge-na! PAPAGENA Pa-pa-ge-no! PAPAGENO Bist du mir nun ganz ergeben? – |
PAPAGENA Nun bin ich dir ganz ergeben! PAPAGENO Nun so sei mein liebes Weibchen! PAPAGENA Nun so sei mein Herzenstäubchen! BEIDE Welche Freude wird das sein, wenn die Götter uns bedenken, uns’rer Liebe Kinder schenken, so liebe kleine Kinderlein! PAPAGENO Erst einen kleinen Papageno! PAPAGENA Dann eine kleine Papagena! PAPAGENO Dann wieder einen Papageno! PAPAGENA Dann wieder eine Papagena! PAPAGENO Papageno! PAPAGENA Papagena! |
BEIDE Es ist das höchste der Gefühle, wenn viele, viele Papagena/Papageno der Eltern Segen werden sein! (beide ab. Der Mohr, die Königin mit allen ihren Damen kommen von beiden Versenkungen; sie tragen schwarze Fackeln in der Hand.) MONOSTATOS Nur stille! stille! stille! bald dringen wir im Tempel ein! KÖNIGIN und DAMEN Nur stille! stille! stille! bald dringen wir in Tempel ein! MONOSTATOS Doch Fürstin! halte Wort! erfülle! Dein Kind muß meine Gattin sein! – KÖNIGIN Ich halte Wort! es ist mein Wille, mein Kind soll deine Gattin sein! DIE DAMEN Ihr Kind soll deine Gattin sein! (Man hört dumpfen Donner und Wassergeräusch.) MONOSTATOS Doch still, ich höre schrecklich Rauschen, wie Donnerton und Wasserfall. – KÖNIGIN und DAMEN Ja, fürchterlich ist dieses Rauschen, wie fernen Donners Widerhall! – |
MONOSTATOS Nun sind sie in des Tempels Hallen. ALLE Dort wollen wir sie überfallen, die Frömmler tilgen von der Erd’ mit Feuersglut und mächt’gem Schwert! MONOSTATOS und DAMEN (kniend) Dir, große Königin der Nacht, sei uns’rer Rache Opfer gebracht! (Donner, Blitz, Sturm) ALLE Zerschmettert, zernichtet ist unsere Macht, wir alle gestürzet in ewige Nacht! – (versinken) (Sogleich verwandelt sich das ganze Theater in eine Sonne. Sarastro steht erhöht; Tamino, Pamina, beide in priesterlicher Kleidung. Neben ihnen die ägyptischen Priester auf beiden Seiten. Die drei Knaben halten Blumen.) SARASTRO Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht, zernichten der Heuchler erschlichene Macht! CHOR Heil sei euch Geweihten! Ihr dränget durch Nacht! Dank! sei dir Osiris! Dank! dir Isis gebracht! Es siegte die Stärke und krönet zum Lohn die Schönheit und Weisheit mit ewiger Kron’! |
libretto by Emanuel Schikaneder |
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt |