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Die Zauberflöte” by Wolfgang Amadeus Mozart libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt
ERSTER AKT

Das Theater ist eine felsige Gegend, hier und da
mit Bäumen überwachsen; auf beiden Seiten sind
gangbare Berge, nebst einem runden Tempel.

(Tamino kommt in einem prächtigen japonischen
Jagdkleide rechts von einem Felsen herunter, mit
einem Bogen, aber ohne Pfeil; eine Schlange
verfolgt ihn.)


Nr. 1: Introduktion

TAMINO
Zu Hilfe! Zu Hilfe! sonst bin ich verloren,
der listigen Schlange zum Opfer erkoren –
barmherzige Götter! Schon nahet sie sich,
ach rettet mich, ach rettet, schützet mich!
(Er fällt in Ohnmacht; sogleich öffnet sich die
Pforte des Tempels; drei verschleierte Damen
kommen heraus, jede mit einem silbernen Wurfspieß.)


DIE DREI DAMEN
Stirb, Ungeheuer, durch uns’re Macht!

Triumph! Triumph! Sie ist vollbracht
die Heldentat! Er ist befreit
durch uns’res Armes Tapferkeit.

ERSTE DAME (ihn betrachtend)
Ein holder Jüngling, sanft und schön!

ZWEITE DAME
So schön, als ich noch nie geseh’n.

DRITTE DAME
Ja, ja, gewiß! zum Malen schön.

ALLE DREI
Würd’ ich mein Herz der Liebe weih’n,
so müßt’ es dieser Jüngling sein.
Laßt uns zu uns’rer Fürstin eilen,
ihr diese Nachricht zu erteilen.
Vielleicht daß dieser schöne Mann,
die vor’ge Ruh’ ihr geben kann.

ERSTE DAME
So geht und sagt es ihr,
ich bleib’ indessen hier. –

ZWEITE DAME
Nein, nein, geht ihr nur hin,
ich wache hier für ihn!

DRITTE DAME
Nein, nein, das kann nicht sein,
ich schütze ihn allein!

ERSTE DAME
Ich bleib’ indessen hier ...

ZWEITE DAME
Ich wache hier für ihn ...

DRITTE DAME
Ich schütze ihn allein ...

ERSTE DAME
... ich bleibe ...

ZWEITE DAME
... ich wache ...

DRITTE DAME
... ich schütze ...

ERSTE DAME
... ich!

ZWEITE DAME
... ich!

DRITTE DAME
... ich!

ALLE DREI (für sich)
Ich sollte fort! Ei, ei! wie fein!
Sie wären gern bei ihm allein.
Nein, nein, das kann nicht sein!
Was sollte ich darum nicht geben,
könnt’ ich mit diesem Jüngling leben!
Hätt’ ich ihn doch so ganz allein!
Doch keine geht, es kann nicht sein.
Am besten ist es nun, ich geh’.
Du Jüngling schön und liebevoll,

du trauter Jüngling, lebe wohl,
bis ich dich wiederseh’.
(Die Damen gehen ab. Tamino erwacht und
entdeckt die Schlange tot zu seinen Füßen. Als er
jemanden kommen hört, versteckt er sich hinter
einem Baum. Papageno, in einen Mantel aus
Federn gehüllt, tritt auf, trägt auf dem Rücken eine
große Vogelsteige und hält mit beiden Händen ein
Faunenflötchen.)


Nr. 2: Lied

PAPAGENO
Der Vogelfänger bin ich ja –
stets lustig heißa hopsasa!
Ich Vogelfänger bin bekannt
bei Alt und Jung im ganzen Land.
Weiß mit dem Locken umzugehn
und mich aufs Pfeifen zu verstehn!
Drum kann ich froh und lustig sein,
denn alle Vögel sind ja mein.
Der Vogelfänger bin ich ja –
stets lustig, heißa hopsasa!
Ich Vogelfänger bin bekannt
bei Alt und Jung im ganzen Land.
Ein Netz für Mädchen möchte ich,
ich fing’ sie dutzendweis’ für mich.
Dann sperrte ich sie bei mir ein,
und alle Mädchen wären mein.
Wenn alle Mädchen wären mein,
so tauschte ich brav Zucker ein:
die, welche mir am liebsten wär’,
der gäb’ ich gleich den Zucker her.

Und küßte sie mich zärtlich dann,
wär’ sie mein Weib und ich ihr Mann.
Sie schlief’ an meiner Seite ein,
ich wiegte wie ein Kind sie ein.
(Als Papageno seine Vogelsteige abgesetzt hat, tritt
Tamino vor und erfährt, daß Papageno ein
„einfacher Mensch wie du“ ist und Vögel fängt, die
er bei der „sternflammenden Königin“ für Speisen
und Trank eintauscht. Tamino indes ist adliger
Herkunft, ein Prinz, dessen Vater Länder und Völker
regierte. Papageno, beim Anblick der toten
Schlange tief erschrocken, gibt sich Tamino
gegenüber als deren Bezwinger aus, bis ihn die
drei Damen ob seiner Lügen bestrafen. Sie reichen
ihm Wasser statt Wein, einen Stein statt
Zuckerbrot und schlagen ihm an Stelle der
erwarteten Feigen ein goldenes Schloß vor den
Mund. Dann reichen sie Tamino ein Bild der
schönen Tochter ihrer Königin und versprechen ihm
Seligkeit, wenn er sie liebt. Darauf verschwinden
sie mit Papageno und lassen Tamino allein, der
sich verliebt und fasziniert über das Bild beugt.)


Nr. 3: Arie

TAMINO
Dies Bildnis ist bezaubernd schön,
wie noch kein Auge je geseh’n.
Ich fühl’ es, wie dies Götterbild
mein Herz mit neuer Regung füllt.
Dies Etwas kann ich zwar nicht nennen,
doch fühl’ ich’s hier wie Feuer brennen;
soll die Empfindung Liebe sein?
Ja, ja, die Liebe ist’s allein.

O wenn ich sie nur finden könnte!
O wenn sie doch schon vor mir stünde!
Ich würde – würde – warm und rein –
was würde ich?
Ich würde sie voll Entzücken
an diesen heißen Busen drücken,
und ewig wäre sie dann mein!
(Er will gerade gehen, als die Damen wieder
erscheinen und die Ankunft der Königin
ankündigen. Diese hat das Verhalten Taminos
beobachtet und veranlaßt ihn jetzt, ihre Tochter aus
der Gewalt Sarastros, des Hohen Priesters von Isis
und Osiris, zu befreien. Finsternis. Die Berge teilen
sich unter heftigem Donner auseinander, und die
Königin auf ihrem sternenverzierten Thron wird sichtbar.)


Nr. 4: Rezitativ und Arie

KÖNIGIN
O zitt’re nicht, mein lieber Sohn,
du bist unschuldig, weise, fromm –
Ein Jüngling so wie du, vermag am besten,
das tiefbetrübte Mutterherz zu trösten. –
Zum Leiden bin ich auserkoren,
denn meine Tochter fehlet mir.
Durch sie ging all mein Glück verloren,
ein Bösewicht entfloh mit ihr.
Noch seh’ ich ihr Zittern
mit bangem Erschüttern,
ihr ängstliches Beben,
ihr schüchternes Streben.
Ich mußte sie mir rauben sehen,
ach helft!, war alles was sie sprach –

allein vergebens war ihr Flehen,
denn meine Hilfe war zu schwach.
Du wirst sie zu befreien gehen,
du wirst der Tochter Retter sein.
Und werd’ ich dich als Sieger sehen,
so sei sie dann auf ewig dein.
(Sie verschwindet unter Donnergrollen mit ihren
Damen. Das Theater verwandelt sich wieder so,
wie es vorher war. Tamino will gerade gehen, als
Papageno ihm in den Weg tritt und traurig auf sein
Schloß am Munde deutet.)


Nr. 5: Quintett

PAPAGENO
(deutet traurig auf sein Schloß am Mund)
Hm! hm! hm! hm!

TAMINO
Der Arme kann von Strafe sagen,
denn seine Sprache ist dahin!

PAPAGENO
Hm! hm! hm! hm!

TAMINO
Ich kann nichts tun, als dich beklagen,
weil ich zu schwach zu helfen bin!

ERSTE DAME
Die Königin begnadigt dich,
entläßt die Strafe dir durch mich. –
(nimmt ihm das Schloß vom Mund weg)

PAPAGENO
Nun plaudert Papageno wieder!

ZWEITE DAME
Ja, plaud’re – lüge nur nicht wieder!

PAPAGENO
Ich lüge nimmermehr, nein, nein!

DIE DAMEN
Dies Schloß soll deine Warnung sein!

PAPAGENO
Dies Schloß soll meine Warnung sein!

ALLE
Bekämen doch die Lügner alle
ein solches Schloß vor ihren Mund:
Statt Haß, Verleumdung, schwarzer Galle
bestünde Lieb’ und Bruderbund!

ERSTE DAME
O Prinz, nimm dies Geschenk von mir,
dies sendet uns’re Fürstin dir.
(gibt ihm eine goldene Flöte)
Die Zauberflöte wird dich schützen,
im größten Unglück unterstützen.

DIE DAMEN
Hiermit kannst du allmächtig handeln,
der Menschen Leidenschaft verwandeln,
der Traurige wird freudig sein,
den Hagestolz nimmt Liebe ein.

ALLE
O! so eine Flöte ist mehr

als Gold und Kronen wert,
denn durch sie wird Menschenglück
und Zufriedenheit vermehrt.

PAPAGENO
Nun ihr schönen Frauenzimmer,
darf ich? So empfehl’ ich mich.

DIE DAMEN
Dich empfehlen kannst du immer,
doch bestimmt die Fürstin dich,
mit dem Prinzen ohn’ Verweilen
nach Sarastros Burg zu eilen.

PAPAGENO
Nein dafür bedank’ ich mich.
Von euch selbster hörte ich,
daß er wie ein Tigertier.
Sicher ließ’ ohn’ alle Gnaden
mich Sarastro rupfen, braten,
setzte mich den Hunden für.

DIE DAMEN
Dich schützt der Prinz, trau ihm allein,
dafür sollst du sein Diener sein.

PAPAGENO (für sich)
Daß doch der Prinz beim Teufel wäre.
Mein Leben ist mir lieb.
Am Ende schleicht, bei meiner Ehre,
er von mir wie ein Dieb. –

ERSTE DAME
(gibt ihm ein stahlnes Gelächter)
Hier, nimm dies Kleinod, es ist dein.

PAPAGENO
Ei! ei! was mag darinnen sein? –

DIE DAMEN
Darinnen hörst du Glöckchen tönen!

PAPAGENO
Werd’ ich sie auch wohl spielen können?

DIE DAMEN
O ganz gewiß! ja ja gewiß!

ALLE
Silberglöckchen, Zauberflöten
sind zu eurem/unserm Schutz vonnöten!
Lebet wohl! wir wollen gehn!
Lebet wohl – auf Wiedersehn!
(Alle wollen gehen.)

TAMINO
Doch schöne Damen saget an ...

PAPAGENO
... wo man die Burg wohl finden kann? –

TAMINO und PAPAGENO
... wo man die Burg wohl finden kann?

DIE DAMEN
Drei Knäbchen, jung, schön, hold und weise
umschweben euch auf eurer Reise.
Sie werden eure Führer sein,
folgt ihrem Rate ganz allein.

TAMINO und PAPAGENO
Drei Knäbchen, jung, schön, hold und weise
umschweben uns auf uns’rer Reise? –

DIE DAMEN
Sie werden eure Führer sein,
folgt ihrem Rate ganz allein.

TAMINO und PAPAGENO
So lebet wohl! wir wollen gehn;
lebt wohl, lebt wohl, auf Wiedersehn!

ALLE
So lebet wohl! wir wollen gehn!
lebt wohl, lebt wohl, auf Wiedersehn!
(Verwandlung: ein prächtiges Zimmer in
ägyptischem Stil.)

(Zwei Sklaven tragen schöne Polster nebst einem
feinen türkischen Tisch herein und breiten
Teppiche aus. Monostatos tritt herein, gefolgt von
Pamina, die von Sklaven geführt wird.)


Nr. 6: Terzett

MONOSTATOS
Du feines Täubchen, nur herein.

PAMINA
O welche Marter, welche Pein!

MONOSTATOS
Verloren ist dein Leben.

PAMINA
Der Tod macht mich nicht beben;
nur meine Mutter dauert mich,
sie stirbt vor Gram ganz sicherlich.

MONOSTATOS
He, Sklaven, legt ihr Fesseln an;
mein Haß soll dich verderben!
(Sie legen ihr Fesseln an.)

PAMINA
O laß mich lieber sterben,
weil nichts, Barbar! dich rühren kann.
(sinkt in Ohnmacht auf ein Sofa)

MONOSTATOS
Nun fort! Nun fort!
Laßt mich bei ihr allein.
(Die Sklaven gehen ab. Papageno am Fenster von
außen, ohne gleich gesehen zu werden.)


PAPAGENO
Wo bin ich woh?! wo mag ich sein?
Aha, da find’ ich Leute, gewagt; ich geh’ hinein.
(geht hinein)
Schön Mädchen jung und rein,
viel weißer noch als Kreide...
(Monostatos und Papageno sehen sich, –
erschrickt einer über den andern.)


PAPAGENO und MONOSTATOS
Hu – – das ist – der Teufel sicherlich.
Hab Mitleid – verschone mich – Hu – Hu –
(Jeder läuft in eine andere Richtung. Als Pamina
sich erholt, kehrt Papageno zurück und erkennt sie.
Er berichtet ihr, ein hübscher Prinz sei in sie


verliebt und von ihrer Mutter zur Befreiung
ausgesandt. Die überglückliche Pamina verheißt
dem Vogelfänger, der sich nach einem Mädchen
sehnt, bald eine Freundin.)


Nr. 7: Duett

PAMINA
Bei Männern, welche Liebe fühlen,
fehlt auch ein gutes Herze nicht.

PAPAGENO
Die süßen Triebe mitzufühlen,
ist dann der Weiber erste Pflicht.

BEIDE
Wir wollen uns der Liebe freu’n,
wir leben durch die Lieb’ allein.

PAMINA
Die Lieb’ versüßet jede Plage,
ihr opfert jede Kreatur.

PAPAGENO
Sie würzet uns’re Lebenstage,
sie wirkt im Kreise der Natur.

BEIDE
Ihr hoher Zweck zeigt deutlich an:
nichts Edler’s sei, als Weib und Mann.
Mann und Weib, und Weib und Mann,
reichen an die Gottheit an.
(beide ab)
(Das Theater verwandelt sich in einen Hain. Ganz
im Grunde der Bühne ist ein schöner Tempel,
worauf diese Worte stehen: „Tempel der Weisheit“;
dieser Tempel führt mit Säulen zu zwei anderen
Tempeln, rechts auf dem einen steht: „Tempel der
Vernunft“. Links steht: „Tempel der Natur“.)

(Drei Knaben führen den Tamino herein, jeder hat
einen silbernen Palmzweig in der Hand.)


Nr. 8: Finale

DIE DREI KNABEN
Zum Ziele führt dich diese Bahn,
doch mußt du Jüngling männlich siegen,
drum höre uns’re Lehre an:
Sei standhaft, duldsam, und verschwiegen! –

TAMINO
Ihr holden Knaben sagt mir an,
ob ich Pamina retten kann? –

DIE KNABEN
Dies kund zu tun steht uns nicht an;
sei standhaft, duldsam und verschwiegen!
Bedenke dies, kurz: sei ein Mann. –
Dann Jüngling wirst du männlich siegen.
(gehen ab)

TAMINO
Die Weisheitslehre dieser Knaben
sei ewig mir ins Herz gegraben.
Wo bin ich nun? – Was wird mit mir?
Ist dies der Sitz der Götter hier? –
Es zeigen die Pforten – es zeigen die Säulen,
daß Klugheit, und Arbeit, und Künste hier weilen.
Wo Tätigkeit thronet und Müßiggang weicht,

erhält seine Herrschaft das Laster nicht leicht.
Ich wage mich mutig zur Pforte hinein.
Die Absicht ist edel, und lauter, und rein.
Erzitt’re feiger Bösewicht!
Paminen retten ist mir Pflicht!
(geht an die Pforte rechts, macht sie auf, und als
er hinein will, hört man von fern eine Stimme)


ERSTE STIMME
Zurück!

TAMINO
Zurück? zurück? – so wag ich hier mein Glück!
(geht an die Pforte links)

ZWEITE STIMME (von innen)
Zurück!

TAMINO
Auch hier ruft man „zurück“?
(sieht sich um)
Da seh’ ich noch eine Tür.
Vielleicht find’ ich den Eingang hier!
(Er klopft, ein alter Priester erscheint.)

SPRECHER
Wo willst du kühner Fremdling hin?
Was suchst du hier im Heiligtum? –

TAMINO
Der Lieb’ und Tugend Eigentum.

SPRECHER
Die Worte sind von hohem Sinn –
allein, wie willst du diese finden?
Dich leitet Lieb’ und Tugend nicht,

weil Tod und Rache dich entzünden.

TAMINO
Nur Rache für den Bösewicht.

SPRECHER
Den wirst du wohl bei uns nicht finden.

TAMINO
Sarastro herrscht in diesen Gründen?

SPRECHER
Ja, ja, Sarastro herrschet hier.

TAMINO
Doch in der Weisheit Tempel nicht? –

SPRECHER
Er herrscht im Weisheitstempel hier! –

TAMINO
So ist denn alles Heuchelei! –

SPRECHER
Willst du schon wieder geh’n?

TAMINO
Ja ich will gehen, froh, und frei –
nie euren Tempel sehn! –

SPRECHER
Erklär dich näher mir,
dich täuschet ein Betrug! –

TAMINO
Sarastro wohnet hier,
das ist mir schon genug! –

SPRECHER
Wenn du dein Leben liebst, so rede, bleibe da! –
Sarastro hassest du?

TAMINO
Ich haß’ ihn ewig, ja! –

SPRECHER
So gib mir deine Gründe an! –

TAMINO
Er ist ein Unmensch, ein Tyrann! –

SPRECHER
Ist das, was du gesagt, erwiesen?

TAMINO
Durch ein unglücklich Weib bewiesen,
das Gram und Jammer niederdrückt!

SPRECHER
Ein Weib hat also dich berückt? –
Ein Weib tut wenig, plaudert viel,
du Jüngling glaubst dem Zungenspiel? –
O legte doch Sarastro dir
die Absicht seiner Handlung für. –

TAMINO
Die Absicht ist nur allzu klar!
Riß nicht der Räuber ohn’ Erbarmen
Pamina aus der Mutter Armen? –

SPRECHER
Ja Jüngling, was du sagst, ist wahr! –

TAMINO
Wo ist sie, die er uns geraubt?
Man opferte vielleicht sie schon? –

SPRECHER
Dir dies zu sagen, teurer Sohn,
ist jetz und mir noch nicht erlaubt. –

TAMINO
Erklär dies Rätsel, täusch mich nicht!

SPRECHER
Die Zunge bindet Eid und Pflicht!

TAMINO
Wann also wird die Decke schwinden? –

SPRECHER
Sobald dich führt der Freundschaft Hand
ins Heiligtum zum ew’gen Band.
(geht ab)

TAMINO
O ew’ge Nacht! Wann wirst du schwinden?
Wann wird das Licht mein Auge finden? –

PRIESTER (von innen)
Bald, Jüngling, oder nie!

TAMINO
Bald, sagt ihr, oder nie? –
Ihr Unsichtbaren saget mir:
lebt denn Pamina noch? –

PRIESTER
Pamina lebet noch!

TAMINO
Sie lebt, sie lebt!
Ich danke euch dafür.
(nimmt seine Flöte heraus)
O wenn ich doch im Stande wäre,
Allmächtige, zu eurer Ehre,
mit jedem Tone meinen Dank
zu schildern, wie er hier,
(aufs Herz deutend)
hier entsprang.
(Er spielt. Es kommen wilde Tiere von allen Arten
hervor, ihm zuzuhören. Er hört auf, und sie fliehen.
Die Vögel pfeifen dazu.)

Wie stark ist nicht dein Zauberton,
weil holde Flöte durch dein Spielen
selbst wilde Tiere Freude fühlen.
Doch nur Pamina bleibt davon.
Pamina! Pamina! höre, höre mich! –
Umsonst, umsonst! –
Wo? wo? wo? ach wo, wo find’ ich dich? –
(Papageno antwortet mit seinem Flötchen.)
Ha, das ist Papagenos Ton! –
Vielleicht sah er Paminen schon! –
Vielleicht eilt sie mit ihm zu mir! –
Vielleicht führt mich der Ton zu ihr!
(eilt ab)

PAMINA und PAPAGENO
Schnelle Füße, rascher Mut,
schützt vor Feindes List und Wut.
Fänden wir Tamino doch,
sonst erwischen sie uns noch!

PAMINA
Holder Jüngling! –

PAPAGENO
Stille, stille, ich kann’s besser! –
(Papageno pfeift. Tamino antwortet von innen auf
seiner Flöte.)


PAMINA und PAPAGENO
Welche Freude ist wohl größer,
Freund Tamino hört uns schon,
hieher kam der Flötenton.
Welch ein Glück, wenn ich ihn finde,
nur geschwinde, nur geschwinde!
(wollen hineingehen)

MONOSTATOS (ihrer spottend)
Nur geschwinde, nur geschwinde...
Ha! – hab’ ich euch noch erwischt!
Nur herbei mit Stahl und Eisen;
wart, man wird euch Mores weisen!
Den Monostatos berücken! –
Nun herbei mit Band und Stricken,
he, ihr Sklaven kommt herbei! –

PAMINA und PAPAGENO
Ach! nun ist’s mit uns vorbei!

MONOSTATOS
He! ihr Sklaven kommt herbei!
(Die Sklaven kommen mit Fesseln.)

PAPAGENO
Wer viel wagt, gewinnt oft viel!
Komm, du schönes Glockenspiel,
laß die Glöckchen klingen, klingen,
daß die Ohren ihnen singen.
(schlägt auf seinem Instrument)

MONOSTATOS und DIE SKLAVEN
Das klinget so herrlich, das klinget so schön!
La ra la la la la ra la la la la ra la.
Nie hab’ ich so etwas gehört und geseh’n!
La ra la la la la ra la la la la ra la.
(gehen marschmäßig ab)

PAMINA und PAPAGENO (lachen)
Könnte jeder brave Mann
solche Glöckchen finden,
seine Feinde würden dann
ohne Mühe schwinden.
Und er lebte ohne sie
in der besten Harmonie!
Nur der Freundschaft Harmonie
mildert die Beschwerden,
ohne diese Sympathie
ist kein Glück auf Erden.

GEFOLGE (von innen)
Es lebe Sarastro! Sarastro lebe! –

PAPAGENO
Was soll dies bedeuten? Ich zitt’re, ich bebe! –

PAMINA
O Freund! nun ist’s um uns getan!
Dies kündigt den Sarastro an!

PAPAGENO
O wär’ ich eine Maus,
wie wollt’ ich mich verstecken,
wär’ ich so klein wie Schnecken,
so kröch’ ich in mein Haus! –
Mein Kind, was werden wir nun sprechen? –

PAMINA
Die Wahrheit – die Wahrheit, sei sie auch Verbrechen! –
(Ein Zug von Gefolge; zuletzt fährt Sarastro auf
einem Triumphwagen heraus, der von sechs Löwen
gezogen wird.)


GEFOLGE
Es lebe Sarastro, Sarastro soll leben!
Er ist es, dem wir uns mit Freuden ergeben!
Stets mög’ er des Lebens als Weiser sich freu’n. –
Er ist unser Abgott, dem alle sich weih’n.

PAMINA (kniet)
Herr, ich bin zwar Verbrecherin! –
Ich wollte deiner Macht entfliehn. –
Allein die Schuld ist nicht an mir!
Der böse Mohr verlangte Liebe,
darum, o Herr, entfloh ich dir! –

SARASTRO
Steh auf, erheit’re dich, o Liebe,
denn ohne erst in dich zu dringen,
weiß ich von deinem Herzen mehr,
du liebest einen ander’n sehr.
Zur Liebe will ich dich nicht zwingen,
doch geb’ ich dir die Freiheit nicht.

PAMINA
Mich rufet ja die Kindespflicht,
denn meine Mutter –

SARASTRO
steht in meiner Macht,
du würdest um dein Glück gebracht,
wenn ich dich ihren Händen ließe. –

PAMINA
Mir klingt der Mutter Namen süße.
Sie ist es – sie ist es –

SARASTRO
und ein stolzes Weib. –
Ein Mann muß eure Herzen leiten,
denn ohne ihn pflegt jedes Weib
aus ihrem Wirkungskreis zu schreiten.

MONOSTATOS
Nun, stolzer Jüngling; nur hierher!
Hier ist Sarastro, unser Herr! –

PAMINA
Er ist’s,

TAMINO
Sie ist’s,

PAMINA
ich glaub’ es kaum,

TAMINO
sie ist’s,

PAMINA
er ist’s.

TAMINO
es ist kein Traum.

PAMINA und TAMINO
Es schling’ mein Arm sich um ihn/sie her,
und wenn es auch mein Ende wär’!

GEFOLGE
Was soll das heißen?

MONOSTATOS
Welch eine Dreistigkeit!
Gleich auseinander, das geht zu weit!
(trennt sie, kniet)
Dein Sklave liegt zu deinen Füßen,
laß den verweg’nen Frevler büßen.
Bedenk, wie frech der Knabe ist!
Durch dieses selt’nen Vogels List
wollt’ er Pamina dir entführen,
allein, ich wußt’ ihn aufzuspüren.
Du kennst mich! – meine Wachsamkeit –

SARASTRO
verdient, daß man ihr Lorbeer streut!
He! gebt dem Ehrenmann sogleich –

MONOSTATOS
Schon deine Gnade macht mich reich! –

SARASTRO
nur sieben und siebenzig Sohlenstreich’.

MONOSTATOS
Ach Herr, den Lohn verhofft’ ich nicht.

SARASTRO
Nicht Dank! Es ist ja meine Pflicht!
(Monostatos wird fortgeführt.)

GEFOLGE
Es lebe Sarastro, der göttliche Weise,
er lohnet, und strafet in ähnlichem Kreise.

SARASTRO
Führt diese beiden Fremdlinge
in unser’n Prüfungstempel ein,
bedecket ihre Häupter dann –
sie müssen erst gereinigt sein.
(Zwei bringen eine Art Sack und bedecken die
Häupter der beiden Fremden.)


GEFOLGE
Wenn Tugend und Gerechtigkeit
den Großen Pfad mit Ruhm bestreu’n,
dann ist die Erd’ ein Himmelreich,
und Sterbliche den Göttern gleich.

libretto by Emanuel Schikaneder 
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt

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