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Götterdämmerung” by Richard Wagner libretto (German)

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Contents: Personen; Vorspiel; Erster Aufzug; Zweiter Aufzug; Dritter Aufzug
Vorspiel

(Der Vorhang öffnet sich langsam. Die Scene ist
dieselbe wie am Schlusse des zweiten Tages, auf dem
Walkürenfelsen: Nacht. Aus der Tiefe des Hinter-
grundes leuchtet Feuerschein.)

(Die drei Nornen, hohe Frauengestalten in langen
dunklen und schleierartigen Faltengewändern. Die
erste (älteste) lagert im Vordergrunde rechts unter der
breitästigen Tanne; die zweite (jüngere) ist an einer
Steinbank hingestreckt vor dem Felsengemache; die
dritte (jüngste) sitzt in der Mitte des Hintergrundes
auf einem Felssteine des Höhenraumes. Düsteres
Schweigen und Bewegunglosigkeit.)


Erste Norn
Welch' Licht leuchtet dort?

Zweite Norn
Dämmert der Tag schon auf?

Dritte Norn
Loges Heer lodert feurig um den Fels.
Noch ist's Nacht.
Was spinnen und singen wir nicht?

2te Norn
(zu der ersten)
Wollen wir spinnen und singen,
woran spannst du das Seil?
(Die erste Norn ein goldenes Seil von sich löst, und
mit dem einen Ende es an einen Ast der Tanne knüpft.)


1ste Norn
So gut und schlimm es geh',
schling' ich das Seil, und singe.
An der Weltesche wob ich einst,
da groß und stark dem Stamm entgrünte
weihlicher Äste Wald.
Im kühlen Schatten rauscht ein Quell:
Weisheit raunend rann sein Gewell;
da sang ich heil'gen Sinn.
Ein kühner Gott trat zum Trunk an den Quell;
seiner Augen Eines zahlt' er als ewigen Zoll.
Von der Weltesche brach da Wotan einen Ast;
eines Speeres Schaft entschnitt der Starke dem Stamm.
In langer Zeiten Lauf
zehrte die Wunde den Wald;
falb fielen die Blätter, dürr darbte der Baum,
traurig versiegte des Quelles Trank:
trüben Sinnes ward mein Gesang.
Doch, web' ich heut' an der Weltesche nicht mehr,
muß mir die Tanne taugen zu fesseln das Seil,
singe, Schwester, dir werf' ich's zu:
weißt du, wie das wird?
(Die zweite Norn windet das zugeworfene Seil um
einen hervorspringenden Felsstein am Eingange des Gemaches.)


2te Norn
Treu berath'ner Verträge Runen
schnitt Wotan in des Speeres Schaft:
den hielt er als Haft der Welt.
Ein kühner Held zerhieb im Kampfe den Speer;
in Trümmer sprang der Verträge heiliger Haft.
Da hieß Wotan Walhalls Helden
der Weltesche welkes Geäst
mit dem Stamm in Stücke zu fällen:
die Esche sank;
ewig versiegte der Quell.
Fess'le ich heut' an den scharfen Fels das Seil,
singe, Schwester; dir werf' ich's zu:
weißt du, wie das wird?

3te Norn
(das Seil auffangend, und dessen Ende
hinter sich werfend)

Es ragt die Burg von Riesen gebaut:
mit der Götter und Helden heiliger Sippe
sitzt dort Wotan im Saal.
Gehau'ner Scheite hohe Schicht
ragt zu Hauf' rings um die Halle:
die Weltesche war diess einst!
Brennt das Holz heilig brünstig und hell,
sengt die Gluth sehrend den glänzenden Saal:
der ewigen Götter Ende
dämmert ewig da auf.
Wisset ihr noch?
So windet von Neuem das Seil;
von Norden wieder werf ich's dir nach.
(Sie wirft das Seil der zweiten Norn zu. Die zweite
Norn schwingt es der ersten hin, welche das Seil vom
Zweige löst und es an einen anderen Ast wieder anknüpft.)

Spinne, Schwester, und singe!

1ste Norn
(nach hinten blickend)
Dämmert der Tag? Oder leuchtet die Lohe?
Getrübt trügt sich mein Blick;
nicht hell eracht' ich das heilig Alte,
da Loge einst entbrannte in lichter Gluth.
Weißt du, was aus ihm ward?

2te Norn
(das zugeworfene Seil wieder um den Stein
windend)

Durch des Speeres Zauber
zähmte ihn Wotan;
Räthe raunt' er dem Gott.
An des Schaftes Runen, frei sich zu rathen,
nagte zehrend sein Zahn:
da, mit des Speeres zwingender Spitze
bannte ihn Wotan,
Brünnhildes Fels zu umbrennen.
Weißt du, was aus ihm wird?

3te Norn
(das zugeschwungene Seil wieder hinter
sich werfend)

Des zerschlag'nen Speeres stechende Splitter
taucht' einst Wotan dem Brünstigen tief in die
Brust:
zehrender Brand zündet da auf;
den wirft der Gott in der Weltesche
zu Hauf geschichtete Scheite.
(Sie wirft das Seil zurück; die zweite Norn windet es
auf, und wirft es der ersten wieder zu.)


2te Norn
Wollt ihr wissen wie das wird?
Schwinget, Schwestern, das Seil!

1ste Norn
(das Seil von neuem anknüpfend)
Die Nacht weicht; nichts mehr gewahr ich:
des Seiles Fäden find ich nicht mehr;
verflochten ist das Geflecht.
Ein wüstes Gesicht wirrt mir wüthend den Sinn:
das Rheingold raubte Alberich einst:
weißt du was aus ihm ward?

(Die zweite Norn windet mit mühevoller Hast das
Seil um den zackigen Stein des Gemaches.)


2te Norn
Des Steines Schärfe schnitt in das Seil,
nicht fest spannt mehr der Fäden Gespinnst;
verwirrt ist das Geweb':
Aus Noth und Neid
ragt mir des Niblungen Ring:
ein rächender Fluch
nagt meiner Fäden Geflecht.
Weißt du was daraus wird?

3te Norn
(das zugeworfene Seil hastig fassend)
Zu locker das Seil, mir langt es nicht.
Soll ich nach Norden neigen das Ende,
straffer sei es gestreckt!
(Sie zieht gewaltsam das Seil an; dieses reißt.)
Es riß!

2te Norn
Es riß!

1ste Norn
Es riß!
(Sie fassen die Stücken des zerrissenen Seiles und
binden damit ihre Leiber aneinander.)


Die Drei Nornen
Zu End' ewiges Wissen!
Der Welt melden Weise nichts mehr.

3te Norn
Hinab!

2te Norn
Zur Mutter!

1ste Norn
Hinab!
(Sie verschwinden.)
(Tagesgrauen. Wachsende Morgenröthe; immer
schwächeres Leuchten des Feuerscheines aus der Tiefe.)

(Sonnenaufgang.)
(Voller Tag. Siegfried und Brünnhilde treten aus
dem Steingemache auf; er ist in vollen Waffen; sie
führt ihr Roß am Zaume.)


Brünnhilde
Zu neuen Thaten, theurer Helde,
wie liebt' ich dich, liess' ich dich nicht?
Ein einzig Sorgen läßt mich säumen,
daß dir zu wenig mein Werth gewann.
Was Götter mich wiesen, gab ich dir:
heiliger Runen reichen Hort;
doch meiner Stärke magdlichen Stamm
nahm mir der Held, dem ich nun mich neige.
Des Wissens bar, doch des Wunsches voll:
an Liebe reich, doch ledig der Kraft,
mäg'st du die Arme nicht verachten,
die dir nur gönnen, nicht geben mehr kann.

Siegfried
Mehr gabst du, Wunderfrau,
als ich zu wahren weiß.
Nicht zürne, wenn dein Lehren mich unbelehret
ließ!

Ein Wissen doch wahr' ich wohl:
(feurig) daß mir Brünnhilde lebt;
eine Lehre lernt' ich leicht:
Brünnhildes zu gedenken!

Brünnhilde
Willst du mir Minne schenken,
gedenke deiner nur,
gedenke deiner Thaten:
gedenk' des wilden Feuers,
das furchtlos du durchschrittest,
da den Fels es rings umbrann!

Siegfried
Brünnhilde zu gewinnen!

Brünnhilde
Gedenk' der beschildeten Frau,
die in tiefem Schlaf du fandest,
der den festen Helm du erbrach'st.

Siegfried
Brünnhilde zu erwecken!

Brünnhilde
Gedenk' der Eide,
die uns einen;
gedenk' der Treue, die wir tragen;
gedenk' der Liebe, der wir leben:
Brünnhilde brennt dann ewig heilig
dir in der Brust!
(Sie umarmt Siegfried.)

Siegfried
Lass' ich, Liebste, dich hier
in der Lohe heiliger Hut;
(Er hat den Ring Alberichs von seinem Finger
gezogen und reicht ihn jetzt Brünnhilde dar.)

zum Tausche deiner Runen
reich' ich dir diesen Ring.
Was der Thaten je ich schuf,
dess' Tugend schließt er ein.
Ich erschlug einen wilden Wurm,
der grimmig lang ihn bewacht:
Nun wahre du seine Kraft
als Weihegruß meiner Treu'!

Brünnhilde
(voll Entzücken den Ring sich
ansteckend)

Ihn geiz' ich als einziges Gut!
Für den Ring nimm nun auch mein Roß!
Ging sein Lauf mit mir
einst kühn durch die Lüfte,
mit mir verlor es die mächt'ge Art;
über Wolken hin auf blitzenden Wettern
nicht mehr schwingt es sich muthig des Wegs;
doch wohin du ihn führ'st,
sei es durch's Feuer,
grauenlos folgt dir Grane:
denn dir, o Helde, soll er gehorchen!
Du hüt' ihn wohl; er hört dein Wort:
O, bringe Grane oft Brünnhildes Gruß!

Siegfried
Durch deine Tugend allein
soll so ich Thaten noch wirken?
Meine Kämpfe kiesest du,
meine Siege kehren zu dir:
auf deines Rosses Rücken,
in deines Schildes Schirm,
nicht Siegfried acht' ich mich mehr,
ich bin nur Brünnhildes Arm.

Brünnhilde
O wäre Brünnhild' deine Seele!

Siegfried
Durch sie entbrennt mir der Muth.

Brünnhilde
So wärs't du Siegfried und Brünnhild'?

Siegfried
Wo ich bin, bergen sich Beide.

Brünnhilde
(lebhaft)
So verödet mein Felsensaal?

Siegfried
Vereint, faßt er uns zwei!

Brünnhilde
(in großer Ergriffenheit)
O heilige Götter! Hehre Geschlechter!
Weidet eu'r Aug', an dem weihvollen Paar!
Getrennt, wer will es scheiden?
Geschieden, trennt es sich nie!

Siegfried
Heil dir, Brünnhilde, prangender Stern!

Brünnhilde
Heil dir, Siegfried, siegendes Licht!

Siegfried
Heil, strahlende Liebe!
Heil, strahlender Stern!
Heil, Brünnhild'!
Heil! Heil! Heil! Heil!

Brünnhilde
Heil, strahlendes Leben!
Heil, siegendes Licht!
Heil! Heil! Heil! Heil!
(Siegfried geleitet schnell das Roß dem Felsenab-
hangezu, wohin ihm Brünnhilde folgt.)

(Siegfried ist mit dem Rosse hinter dem Felsen vor-
sprunge abwärts verschwunden, so daß der Zu-
schauer ihn nicht mehr sieht; Brünnhilde steht so
plötzlich allein am Abhange, und blickt Siegfried in
die Tiefe nach.)

(Brünnhildes Gebärde zeigt, daß jetzt Siegfried
ihrem Blicke entschwindet. Man hört Siegfrieds Horn
aus der Tiefe. Brünnhilde lauscht.)

(Sie tritt weiter auf den Abhang hinaus. Jetzt
erblickt sie Siegfried nochmals in der Tiefe: sie winkt
ihm mit entzückender Gebärde zu. Aus ihrem freudi-
gen Lächeln deutet sich der Anblick des lustig davon
ziehenden Helden.)

(Hier muss der Vorhang soeben schnell herab-
gelaßen worden sein.)

(Während der letzten vier Takte ist der Vorhang
wieder aufgezogen worden.)


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