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Götterdämmerung” by Richard Wagner libretto (German)

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Contents: Personen; Vorspiel; Erster Aufzug; Zweiter Aufzug; Dritter Aufzug
Dritter Aufzug

Vorspiel und erste Scene

(Der Vorhang geht auf. Wildes Wald und Felsen-
thal am Rheine, welcher im Hintergrunde an einem
steilen Abhange vorbeifließt.)

(Die drei Rheintöchter, Woglinde, Wellgunde und
Flosshilde, tauchen aus der Fluth auf, und schwim-
men, wie im Reigentanze, im Kreise umher.)


Die Rheintöchter
(im Schwimmen mäßig einhaltend)
Frau Sonne sendet lichte Strahlen;
Nacht liegt in der Tiefe:
einst war sie hell, da heil und hehr
des Vaters Gold noch in ihr glänzte!
Rheingold, klares Gold,
wie hell du einstens strahltest,
hehrer Stern der Tiefe!
(Sie schließen wieder den Schwimmreigen.)
Weialala, weialala heia leia wallala la
heia la la lei la la la la la la lei,
walla la la la weia la wallala weia la
la la wallala la la leia leia leia leia la la la!
(Ferner Hornruf. Sie lauschen. Sie schlagen jauch-
zend das Wasser.)

Frau Sonne, sende uns den Helden,
der das Gold uns wieder gäbe!
Ließ er es uns, dein lichtes Auge
neideten dann wir nicht länger!
Rheingold! Klares Gold,
wie froh du dann strahltest,
freier Stern der Tiefe!
(Man hört Siegfrieds Horn von der Höhe her.)

Woglinde
Ich höre sein Horn.

Wellgunde
Der Helde naht.

Flosshilde
Laßt uns berathen!
(Sie tauchen alle Drei schnell unter.)
(Siegfried erscheint auf dem Abhange in vollen Waffen.)

Siegfried
Ein Albe führte mich irr:
daß ich die Fährte verlor.
He Schelm! In welchem Berge barg'st du so
schnell mir das Wild?
(Die drei Rheintöchter tauchen wieder auf und
schwimmen im Reigen.)


Rheintöchter
Siegfried!

Flosshilde
Was schilt'st du so in den Grund?

Wellgunde
Welchen Alben bist du gram?

Woglinde
Hat dich ein Nicker geneckt?

Alle Drei
Sag' es, Siegfried, sag' es uns.

Siegfried
(sie lächelnd betrachtend)
Entzücktet ihr zu euch den zottigen Gesellen, der
mir verschwand?
Ist's euer Friedel,
euch lustigen Frauen lass' ich ihn gern.
(Die Mädchen lachen.)

Woglinde
Siegfried, was giebst du uns,
wenn wir das Wild dir gönnen?

Siegfried
Noch bin ich beutelos;
so bittet was ihr begehrt!

Wellgunde
Ein goldner Ring glänzt dir am Finger:

Rheintöchter
Den gieb' uns!

Siegfried
Einen Riesenwurm
erschlug ich um den Reif,
für eines schlechten Bären Tatzen
böt' ich ihn nun zum Tausch?

Woglinde
Bist du so karg?

Wellgunde
So geizig beim Kauf?

Flosshilde
Freigebig solltest Frauen du sein!

Siegfried
Verzehrt' ich an euch mein Gut,
dass' zürnte mir wohl mein Weib.

Flosshilde
Sie ist wohl schlimm?

Wellgunde
Sie schlägt dich wohl?

Woglinde
Ihre Hand fühlt schon der Held!
(Sie lachen unmäßig.)

Siegfried
Nun lacht nur lustig zu!
In Harm lass' ich euch doch:
denn giert ihr nach dem Ring,
euch Nickern geb' ich ihn nie!
(Die Rheintöchter haben sich wieder zum Reigen gefaßt.)

Flosshilde
So schön!

Wellgunde
So stark!

Woglinde
So gehrenswerth!

Alle Drei
Wie schade daß er geizig ist!

(Sie lachen und tauchen unter.)
(Siegfried steigt tiefer in den Grund hinab.)


Siegfried
Was leid' ich doch das karge Lob?
Lass' ich so mich schmäh'n?
Kämen sie wieder zum Wasserrand,
den Ring könnten sie haben.
(laut rufend) He! He he!
Ihr munt'ren Wasserminnen!
Kommt rasch! Ich schenk' euch den Ring!
(Er hat den Ring vom Finger gezogen und hält ihn
in die Höhe. Die Rheintöchter tauchen wieder auf. Sie
zeigen sich ernst und feierlich.)


Flosshilde
Behalt' ihn Held, und wahr' ihn wohl,
bis du das Unheil erräth'st,

Wog., Well.
das in dem Ring du heg'st,

Alle Drei
Froh fühl'st du dich dann,
befrei'n wir dich von dem Fluch.

Siegfried
(steckt gelassen den Ring wieder an seinen
Finger)

So singet, was ihr wiß't!

Rheintöchter
Siegfried! Siegfried! Siegfried!
Schlimmes wissen wir dir.

Wellgunde
Zu deinem Unheil wahr'st du den Ring.

Well., Floss.
Aus des Rheines Gold

Alle Drei
ist der Reif geglüht:

Wellgunde
Der ihn listig geschmiedet

Woglinde
und schmählich verlor,

Wog., Well.
der verfluchte ihn,

Alle Drei
in fernster Zeit zu zeugen
den Tod dem der ihn trüg'.

Flosshilde
Wie den Wurm du fälltest,

Well., Floss.
so fällst auch du,

Alle Drei
und heute noch: so heißen wir's dir,
tauschest den Ring du uns nicht,

Well., Floss.
im tiefen Rhein ihn zu bergen.

Alle Drei
Nur seine Fluth sühnet den Fluch!

Siegfried
Ihr listigen Frauen, laß't das sein!
Traut' ich kaum eurem Schmeicheln,
euer Drohen schreckt mich noch minder!

Rheintöchter
Siegfried! Siegfried!
Wir weisen dich wahr.
Weiche! Weiche dem Fluch!
Ihn flochten nächtlich webende Nornen
in des Urgesetzes Seil!

Siegfried
Mein Schwert zerschwang einen Speer:
des Urgesetzes ewiges Seil,
flochten sie wilde Flüche hinein,
Nothung zerhaut es den Nornen!
Wohl warnte mich einst vor dem Fluch ein Wurm,
doch das Fürchten lehrt' er mich nicht.
(Er betrachtet den Ring.)
Der Welt Erbe gewänne mir ein Ring:
für der Minne Gunst miss ich ihn gern,
ich geb' ihn euch, gönnt ihr mir Gunst.
Doch bedroht ihr mir Leben und Leib,
faßte er nicht eines Fingers Werth,
den Reif entringt ihr mir nicht.
Denn Leben und Leib, seht:
(Er hebt eine Erdscholle vom Boden auf, hält sie
über seinem Haupte und wirft sie mit den letzten
Worten hinter sich.)

so werf' ich sie weit von mir!

Rheintöchter
Kommt, Schwestern!
Schwindet dem Thoren!
So weise und stark verwähnt sich der Held,
so weise und stark verwähnt sich der Held,
als gebunden und blind er doch ist!
(Sie schwimmen, wild aufgeregt, in weiten
Schwenk ungen dicht an das Ufer heran.)

Eide schwur er, und achtet sie nicht!
(Wieder heftige Bewegung.)
Runen weiß er, und räth sie nicht!

Flosshilde
Ein hehrstes Gut ward ihm gegönnt.

Woglinde
Ein hehrstes Gut ward ihm gegönnt.

Alle Drei
Daß er's verworfen, weiß er nicht;

Flosshilde
nur den Ring,

Wellgunde
der zum Tod ihm taugt,

Alle Drei
den Reif nur will er sich wahren!
Leb' wohl! Siegfried! Ein stolzes Weib
wird noch heute dich Argen beerben,
sie beut uns bess'res Gehör:
zu ihr!
(Sie wenden sich schnell zum Reigen, mit welchem
sie gemächlich, dem Hintergrunde zu, fortschwim-
men. Siegfried sieht ihnen lächelnd nach, stemmt ein
Bein auf ein Felsstück am Ufer, und verweilt mit auf
der Hand gestütztem Kinne.)


Rheintöchter
Weialala weialala
leia leia wallala la la lei
la la la lei la la la la la la lei
(immer ferner) walla la la la weia
la walla la weiala la lei wallala
la la leia leia leia leia la la la!

Siegfried
Im Wasser wie am Lande
lernte nun ich Weiberart:
wer nicht ihrem Schmeicheln traut,
den schrecken sie mit Drohen;
wer dem nun kühnlich trotzt,
dem kommt dann ihr Keifen dran!
(Die Rheintöchter sind hier gänzlich ver schwunden.)
Und doch, trüg' ich nicht Gutrun' Treu',...
(Die Rheintöchter werden aus grösserer Entfer-
nung nur gehört.)


Rheintöchter
La! la!

Siegfried
... der zieren Frauen eine
hätt' ich mir frisch gezähmt!
(Er blickt ihnen unverwandt nach.)
(Jagdhornrufe kommen von der Höhe näher.)

Hagen
(von fern) Hoiho!
(Siegfried fährt aus einer träumerischen Entrück-
heit auf, und antwortet dem vernommenen Rufe auf seinem Horn.)


Zweite Scene

Mannen
(außerhalb der Scene) Hoiho?
Hoiho? Hoiho?

Siegfried
(antwortend) Hoiho! Hoiho hoihe!
(Hagen kommt auf der Höhe hervor. Gunther folgt
ihm.)


Hagen
(Siegfried erblickend) Finden wir endlich,
wohin du flogest?

Siegfried
Kommt herab! Hier ist's frisch und kühl!
(Die Mannen kommen alle auf der Höhe an und
steigen nun, mit Hagen und Gunther, herab.)


Hagen
Hier rasten wir, und rüsten das Mahl.
(Jagdbeute wird zu Hauf gelegt.)
Laßt ruh'n die Beute,
und bietet die Schläuche!
(Schläuche und Trinkhörner werden hervorgeholt.
Alles lagert sich.)

Der uns das Wild verscheuchte,
nun sollt ihr Wunder hören,
was Siegfried sich erjagt.

Siegfried
Schlimm steht es um mein Mahl:
von eurer Beute bitte ich für mich!

Hagen
Du beutelos?

Siegfried
Auf Waldjagd zog ich aus,
doch Wasserwild zeigte sich nur:
war ich dazu recht berathen,
drei wilde Wasservögel hätt ich euch wohl gefangen,
die dort auf dem Rhein mir sangen,
erschlagen würd' ich noch heut'.
(Gunther erschrickt, und blickt düster auf Hagen)
(Siegfried lagert sich zwischen Gunther und Hagen.)


Hagen
Das wäre üble Jagd,
wenn den Beutelosen selbst
ein lauernd Wild erlegte.

Siegfried
Mich dürstet!

Hagen
(indem er für Siegfried ein Trinkhorn füllen
läßt und es diesem dann darreicht)

Ich hörte sagen, Siegfried,
der Vögel Sangessprache
verstündest du wohl:
so wäre das wahr?

Siegfried
Seit lange acht' ich des Lallens nicht mehr.
(Er faßt das Trinkhorn und wendet sich damit zu
Gunther. Er trinkt und reicht das Horn Gunther hin.)

Trink', Gunther, trink':
dein Bruder bringt es dir!
(Gunther blickt mit Grausen in das Horn.)

Gunther
(dumpf) Du mischtest matt und bleich:
(noch gedämpfter) dein Blut allein darin!

Siegfried
(lachend)
So misch' ich's mit dem Deinen!
(Er gießt aus Gunthers Horn in das seinige, so daß
dieses überläuft.)

Nun floß gemischt es über:
der Mutter Erde lass' das ein Labsal sein!

Gunther
(mit einem heftigen Seufzer)
Du überfroher Held!

Siegfried
(leise zu Hagen)
Ihm macht Brünnhilde Müh'?

Hagen
(leise zu Siegfried)
Verstünd' er sie so gut, wie du der Vögel Sang!

Siegfried
Seit Frauen ich singen hörte,
vergaß ich der Vöglein ganz.

Hagen
Doch einst vernahmst du sie?

Siegfried
(sich lebhaft zu Gunther wendend)
Hei, Gunther, grämlicher Mann!
Dank'st du es mir,
so sing' ich dir Mähren aus meinen jungen Tagen.

Gunther
Die hör' ich gern.
(Alle lagern sich nah an Siegfried, welcher allein
aufrecht sitzt, während die andern tiefer gestreckt liegen.)


Hagen
So singe Held!

Siegfried
Mime, hieß ein mürrischer Zwerg;
in des Neides Zwang zog er mich auf,
daß einst das Kind, wann kühn es erwuchs,
einen Wurm ihm fällt' im Wald,
der lang' schon hütet' einen Hort.
Er lehrte mich schmieden
und Erze schmelzen;
doch, was der Künstler selber nicht konnt',
des Lehrlings Muthe mußt' es gelingen:
eines zerschlag'nen Stahles Stücken
neu zu schmieden zum Schwert.
Des Vaters Wehr fügt' ich mir neu,
nagelfest schuf ich mir Nothung.
Tüchtig zum Kampf dünkt' er dem Zwerg;
der führte mich nun zum Wald:
dort fällt' ich Fafner, den Wurm.
Jetzt aber merkt wohl auf die Mähr':
Wunder muß ich euch melden.
Von des Wurmes Blut mir brannten die Finger;
sie führt' ich kühlend zum Mund:
kaum netzt ein wenig die Zunge das Naß,
was da die Vöglein sangen,
das konnt' ich flugs versteh'n.
Auf den Ästen saß es und sang:
"Hei! Siegfried gehört nun der Niblungen Hort!
Oh! fänd' in der Höhle den Hort er jetzt!
Wollt' er den Tarnhelm gewinnen,
der taugt ihm zu wonniger That:
doch möcht' er den Ring sich errathen,
der macht ihn zum Walter der Welt!"

Hagen
Ring und Tarnhelm trug'st du nun fort?

Ein Manne
Das Vöglein hörtest du wieder?

Siegfried
Ring und Tarnhelm hatt' ich gerafft:
da lauscht' ich wieder dem wonnigen Laller;
der saß im Wipfel und sang:
"Hei! Siegfried gehört nun der Helm und der Ring.
Oh, traute er Mime dem treulosen nicht!
Ihm sollt' er den Hort nur erheben;
nun lauert er listig am Weg:
nach dem Leben trachtet er Siegfried:
oh, traute Siegfried nicht Mime!"

Hagen
Es mahnte dich gut?

Vier Mannen
Vergaltest du Mime?

Siegfried
Mit tödtlichem Tranke trat er zu mir;
bang und stotternd gestand er mir Böses:
Nothung streckte den Strolch!

Hagen
(grell lachend)
Was nicht er geschmiedet schmeckte doch Mime!
(Er läßt ein Trinkhorn neu füllen und träufelt den
Saft eines Krautes hinein.)


Ein Manne
Was wies das Vöglein dich wieder?

Ein anderer Manne
Was wies das Vöglein dich wieder?

Hagen
Trink' erst, Held, aus meinem Horn:
ich würzte dir holden Trank,
die Erinnerung hell dir zu wecken,
(Er reicht Siegfried das Horn.)
daß Fernes nicht dir entfalle!
(Siegfried blickt gedankenvoll in das Horn, und
trinkt dann langsam.)


Siegfried
In Leid zu dem Wipfel lauscht' ich hinauf;
da saß es noch und sang:
"Hei! Siegfried erschlug nun den schlimmen Zwerg!
Jetzt wüßt' ich ihm noch das herrlichste Weib;
auf hohem Felsen sie schläft,
Feuer umbrennt ihren Saal:
durchschritt er die Brunst, weckt' er die Braut,
Brünnhilde wäre dann sein!"

Hagen
Und folgtest du des Vögleins Rathe?

Siegfried
Rasch ohne Zögern zog ich nun aus:
(Gunther hört mit immer größerem Erstaunen zu.)
Bis den feurigen Fels ich traf:
die Lohe durchschritt ich, und fand zum Lohn
(in immer größere Verzückung gerathend)
schlafend ein wonniges Weib
in lichter Waffen Gewand.
Den Helm löst' ich der herrlichen Maid;
mein Kuß erweckte sie kühn:
oh! Wie mich brünnstig da
umschlang der schönen Brünnhilde Arm!

Gunther
(in höchstem Schrecken aufspringend)
Was hör' ich!

(Zwei Raben fliegen aus einem Busche auf, kreisen
über Siegfried, und fliegen dann, dem Rheine zu davon.)


Hagen
Erräth'st du auch dieser Raben Geraun'?
(Siegfried fährt heftig auf, und blickt, Hagen den
Rücken zukehrend, den Raben nach.)

Rache riethen sie mir!
(Hagen stößt seinen Speer in Siegfrieds Rücken.
Gunther und die Mannen stürzen sich über Hagen.
Siegfried schwingt mit beiden Händen seinen Schild
hoch empor, um ihn nach Hagen zu werfen: die Kraft
verläßt ihn; der Schild entsinkt ihm rückwärts; er
selbst stürzt krachend über dem Schilde zusammen.)


Vier Mannen
(welche vergebens Hagen zurückzuhalten versucht)
Hagen, Was thu'st du?

Zwei andere Mannen
Was thatest du?

Gunther
Hagen, was thatest du?

Hagen
Meineid rächt' ich!
(Hagen wendet sich ruhig zur Seite ab, und verliert
sich dann über der Höhe, wo man ihn langsam durch
die anbrechende Dämmerung von dannen schreiten
sieht. Gunther beugt sich, schmerzergriffen, zu Sieg-
frieds Seite nieder. Die Mannen umstehen theil-
nahms voll den Sterbenden.)


Siegfried
(von zwei Mannen sitzend erhalten,
schlägt die Augen glanzvoll auf)

Brünnhilde! Heilige Braut!
Wach' auf! Öffne dein Auge!
Wer verschloß dich wieder in Schlaf?
Wer band dich in Schlummer so bang?
Der Wecker kam: er küßt dich wach,
und aber der Braut bricht er die Bande:
da lacht ihm Brünnhildes Lust.
Ach! Dieses Auge ewig nun offen!
Ach, dieses Athems wonniges Wehen!
Süßes Vergehen, seliges Grauen!
Brünnhild' bietet mir Gruß!
(Er sinkt zurück und stirbt. Regungslose Trauer der
Umstehenden.)

(Die Nacht ist hereingebrochen. Auf die stumme
Ermahnung Gunthers erheben die Mannen Siegfrieds
Leiche, und geleiten sie, mit dem Folgenden, in feier-
lichem Zuge über die Felsenhöhe langsam von
dannen. Gunther folgt der Leiche zunächst.)

(Der Mond bricht durch die Wolken, und beleuch-
tet immer heller den die Berghöhe erreichenden
Trauerzug. Aus dem Rheine sind Nebel aufgestiegen,
und erfüllen allmählich die ganze Bühne, auf welcher
der Trauerzug bereits unsichtbar geworden ist, so
daß diese, während des Zwischenspieles, gänzlich verhüllt bleibt.)

(Von hier an vertheilen die Nebel sich wieder, bis
endlich die Halle der Gibichungen, wie im ersten
Aufzuge, immer erkennbarer hervortritt.)


Dritte Scene

(Es ist Nacht. Der Mondschein spiegelt sich auf
dem Rheine. Gutrune tritt aus ihrem Gemache in die Halle hinaus.)


Gutrune
War das sein Horn? (Sie lauscht.)
Nein! Noch kehrt' er nicht heim.
Schlimme Träume störten mir den Schlaf.
Wild wieherte sein Roß;
Lachen Brünnhildes weckte mich auf.
Wer war das Weib,
das ich zum Ufer schreiten sah?
Ich fürchte Brünnhild'! Ist sie daheim?
(Sie lauscht an der Thüre rechts und ruft:)
Brünnhild'! Brünnhild'! Bist du wach?
(Sie öffnet schüchtern, und blickt in das innere
Gemach.)

Leer das Gemach. So war es sie,
die ich zum Rheine schreiten sah?
(Horn auf dem Theater fern.)
War das sein Horn? Nein! Öd' alles!
(Sie blickt ängstlich hinaus.)
Säh' ich Siegfried nur bald!

Hagen
(von außen sich nähernd)
Hoiho! Hoiho!
(Als Gutrune Hagens Stimme hört, bleibt sie, von
Furcht gefesselt, eine Zeit lang unbeweglich stehen.)

Wacht auf! Wacht auf!
Lichte, Lichte, helle Brände!
Jagdbeute bringen wir heim.
Hoiho! Hoiho!
(Wachsender Feuerschein von außen. Hagen tritt
in die Halle.)

Auf, Gutrun'! Begrüße Siegfried!
Der starke Held, er kehret heim.

Gutrune
(in großer Angst)
Was geschah? Hagen! Nicht hört' ich sein Horn!
(Männer und Frauen, mit Lichtern und Feuer-
bränden, geleiten in großer Verwirrung den Zug der
mit Siegfrieds Leiche Heimkehrenden.)


Hagen
Der bleiche Held, nicht bläs't er es mehr;
nicht stürmt er zur Jagd, zum Streite nicht mehr,
noch wirbt er um wonnige Frauen.

Gutrune
(mit wachsendem Entsetzen)
Was bringen die?
(Der Zug gelangt in die Mitte der Halle, und die
Mannen setzen dort die Leiche auf einer schnell
errichteten Erhöhung nieder.)


Hagen
Eines wilden Ebers Beute:
Siegfried, deinen todten Mann.
(Gutrune schreit auf, und stürzt über die Leiche
hin. Allgemeine Erschütterung und Trauer. Gunther
bemüht sich um die Ohnmächtige)


Gunther
Gutrun', holde Schwester,
hebe dein Auge, schweige mir nicht!

Gutrune
(wieder zu sich kommend)
Siegfried ... Siegfried erschlagen!
(Sie stößt Gunther heftig zurück.)
Fort, treuloser Bruder,
du Mörder meines Mannes,
O Hülfe! Hülfe! Wehe! Wehe!
Sie haben Siegfried erschlagen!

Gunther
Nicht klage wider mich,
dort klage wider Hagen.
Er ist der verfluchte Eber,
der diesen Edlen zerfleischt.

Hagen
Bist du mir gram darum?

Gunther
Angst und Unheil greife dich immer!

Hagen
(mit furchtbarem Trotze herantretend)
Ja denn! Ich hab' ihn erschlagen.
Ich, Hagen, schlug ihn zu todt.
Meinem Speer war er gespart,
bei dem er Meineid sprach.
Heiliges Beuterecht hab' ich mir nun errungen:
drum fordr' ich hier diesen Ring.

Gunther
Zurück! Was mir verfiel
sollst nimmer du empfah'n.

Hagen
Ihr Mannen, richtet mein Recht!

Gunther
Rühr'st du an Gutrunes Erbe,
schamloser Albensohn?
(Hagen zieht sein Schwert.)

Hagen
Des Alben Erbe fordert so sein Sohn!
(Er dringt auf Gunther ein; dieser wehrt sich; sie
fechten. Die Mannen werfen sich dazwischen. Gun-
ther fällt von einem Streiche Hagens darnieder.)

Her den Ring!
(Er greift nach Siegfrieds Hand; diese hebt sich
drohend empor. Gutrune hat bei Gunthers Falle ent-
setzt aufgeschreien. Alles bleibt in Schauder regungslos gefesselt.)

(Aus dem Hintergrunde schreitet Brünnhilde fest
und feierlich dem Vordergrunde zu.)


Brünnhilde
(noch im Hintergrunde)
Schweigt eures Jammers jauchzenden Schwall!
Das ihr Alle verriethet
zur Rache schreitet sein Weib.
(während sie ruhig weiter vorschreitet)
Kinder hört' ich greinen nach der Mutter, da
süße Milch sie verschüttet:
doch nicht erklang mir würdige Klage,
des höchsten Helden werth.

Gutrune
(vom Boden heftig sich aufrichtend)
Brünnhilde! Neiderbos'te!
Du brachtest uns diese Noth:
die du die Männer ihm verhetztest,
weh, daß du dem Haus genaht!

Brünnhilde
Armselige, schweig'!
Sein Eheweib war'st du nie,
als Buhlerin bandest du ihn.
Sein Mannesgemahl bin ich,
der ewige Eide er schwur,
eh' Siegfried je dich ersah!

Gutrune
(in jähe Verzweiflung ausbrechend)
Verfluchter Hagen! Daß du das Gift mir riethest,
das ihr den Gatten entrückt!
Ach, Jammer! Wie jäh' nun weiß ich's,
Brünnhild', war die Traute,
die durch den Trank er vergaß!
(Sie hatt sich voll Scheu von Siegfried abgewendet,
und beugt sich nun ersterbend über Gunthers Leiche;
so verbleibt sie regungslos bis zum Schlusse. Hagen
steht, trotzig auf Speer und Schild gelehnt, in finsteres
Sinnen versunken, auf der entgegengesetzen Seite.)

(Brünnhilde allein in der Mitte; nachdem sie lange
in den Anblick Siegfrieds versunken gewesen, wendet
sie sich jetzt, mit feierlicher Erhobenheit, an die
Männer und Frauen.)


Brünnhilde
(zu den Mannen)
Starke Scheite schichtet mir dort
am Rande des Rhein's zu Hauf'!
Hoch und hell lod're die Gluth,
die den edlen Leib des hehresten Helden
verzehrt.
Sein Roß führet daher,
daß mit mir dem Recken es folge:
denn des Helden heiligste Ehre zu theilen
verlangt mein eigener Leib.
Vollbringt Brünnhildes Wort!
(Die jüngeren Männer errichten, während des
Folgen den, vor der Halle, nahe am Rheinufer, einen
mächtigen Scheiterhaufen: Frauen schmücken die-
sen dann mit Decken, auf welche sie Kräuter und Blumen streuen.)

(Brünnhilde versinkt von Neuem in die Betrachtung des Antlitzes
der Leiche Siegfrieds. Ihre Mienen
nehmen eine immer sanftere Verklärung an.)


Wie Sonne lauter strahlt mir sein Licht:
der Reinste war er, der mich verrieth!
Die Gattin trügend, treu dem Freunde,
von der eig'nen Trauten einzig ihm theuer,
schied er sich durch sein Schwert.
Ächter als er schwur Keiner Eide;
treuer als er hielt Keiner Verträge;
lautrer als er liebte kein And'rer:
Und doch, alle Eide, alle Verträge,
die treueste Liebe, trog keiner wie Er!
Wiß't ihr, wie das ward?
(nach oben blickend)
O ihr, der Eide ewige Hüter!
Lenkt euren Blick auf mein blühendes Leid;
erschaut eure ewige Schuld!
Meine Klage hör', du hehrster Gott!
Durch seine tapferste That,
dir so tauglich erwünscht,
weihtest du den, der sie gewirkt,
dem Fluche dem du verfielest:
Mich mußte der Reinste verrathen,
daß wissend würde ein Weib!
Weiß ich nun was dir frommt?
Alles, Alles, Alles weiß ich,
Alles ward mir nun frei.
Auch deine Raben hör' ich rauschen;
mit bang ersehnter Botschaft
send' ich die Beiden nun heim.
Ruhe, ruhe, du Gott!
(Sie winkt den Mannen Siegfrieds Leiche auf den
Scheitehaufen zu tragen; zugleich zieht sie von Sieg-
frieds Finger den Ring ab, und betrachtet ihn sinnend.)


Mein Erbe nun nehm' ich zu eigen.
Verfluchter Reif! Furchtbarer Ring!
Dein Gold fass' ich und geb' es nun fort.
Der Wassertiefe weise Schwestern,
des Rheines schwimmende Töchter,
euch dank' ich redlichen Rath:
was ihr begehrt, ich geb' es euch:
aus meiner Asche nehmt es zu eigen!
Das Feuer, das mich verbrennt,
rein'ge vom Fluche den Ring!
Ihr in der Fluth löset ihn auf,
und lauter bewahrt das lichte Gold,
das Euch zum Unheil geraubt.
(Sie hat sich den Ring angesteckt, und wendet sich
jetzt zu dem Scheitergerüste, auf welchem Siegfrieds
Leiche ausgestreckt liegt. Sie entreißt einem Manne
den mächtigen Feuerbrand.)

(den Feuerbrand schwingend und nach dem
Hintergrunde deutend)
Fliegt heim, ihr Raben! Raun't es eurem Herren,
was hier am Rhein ihr gehört!
An Brünnhildes Felsen fahrt vorbei!
Der dort noch lodert,
weiset Loge nach Walhall!
Denn der Götter Ende dämmert nun auf.
So werf' ich den Brand
in Walhalls prangende Burg.
(Sie schleudert den Brand in den Holzstoß, welcher
sich schnell hell entzündet. Zwei Raben sind vom
Felsen am Ufer aufgeflogen, und verschwinden nach
dem Hintergrunde.)

(Brünnhilde gewahrt ihr Roß, welches soeben zwei
Männer herein führen.)

Grane, mein Roß! Sei mir gegrüßt!

(Sie ist ihm entgegen gesprungen, faßt es und ent-
zäumt es schnell: dann neigt sie sich traulich zu ihm.)

Weißt du auch, mein Freund,
wohin ich dich führe?
Im Feuer leuchtend, liegt dort dein Herr,
Siegfried, mein seliger Held.
Dem Freunde zu folgen wieherst du freudig?
Lockt dich zu ihm die lachende Lohe?
Fühl' meine Brust auch, wie sie entbrennt,
helles Feuer das Herz mir erfaßt,
ihn zu umschlingen, umschlossen von ihm,
in mächtigster Minne, vermählt ihm zu sein!
Heiajoho! Grane! Grüß' deinen Herren!
(Sie hat sich auf das Roß geschwungen und hebt
es jetzt zum Sprunge.)


Siegfried! Siegfried! Sieh!
Selig grüßt dich dein Weib!

(Sie sprengt das Roß mit einem Satze in den
brennenden Scheitehaufen. Sogleich steigt prasselt
der Brand hoch auf, so daß das Feuer den ganzen
Raum vor der Halle erfüllt und diese selbst schon zu
ergreifen scheint. Entsetzt drängen sich die Männer
und Frauen nach dem äußersten Vordergrunde.)


(Als der ganze Bühnenraum nur noch von Feuer
erfüllt erscheint, verlischt plötzlich der Gluthschein, so
daß bald bloß ein Dampfgewölke zurück bleibt,
welches sich dem Hintergrunde zu verzieht, und dort
am Horizonte sich als finstere Wolkenschicht lagert.
Zugleich ist vom Ufer her der Rhein mächtig ange-
schwollen, und hat seine Fluth über die Brandstätte
gewälzt. Auf den Wogen sind die drei Rheintöchter
herbei geschwommen und erscheinen jetzt über der Brandstätte.)

(Hagen, der seit dem Vorgange mit dem Ringe
Brünnhildes Benehmen mit wachsender Angst beo-
bachtet hat, geräth bei dem Anblicke der Rhein-
töchter in höchsten Schreck. Er wirft hastig Speer,
Schild und Helm von sich, und stürzt, wie wahn-
sinnig, sich in die Fluth.)


Hagen
Zurück vom Ring!
(Woglinde und Wellgunde umschlingen mit ihren
Armen seinen Nacken, und ziehen ihn, so zurück-
schwimmend, mit sich in die Tiefe. Flosshilde, den
anderen voran dem Hintergrunde zuschwimmend,
hält jubelnd den gewonnenen Ring in die Höhe.)

(Durch die Wolkenschicht, welche sich am Hori-
zonte gelagert, bricht ein röthlicher Gluthschein mit
wachsender Helligkeit aus. Von dieser Helligkeit
beleuchtet, sieht man die drei Rheintöchter auf den
ruhigeren Wellen des allmählich wieder in sein Bett
zurückgetretenen Rheines, lustig mit dem Ringe
spielend, im Reigen schwimmen.)

(Aus den Trümmern der zusammengestürzten
Halle sehen die Männer und Frauen, in höchster
Ergriffenheit, dem wachsenden Feuerscheine am
Himmel zu. Als dieser endlich in lichtester Helligkeit
leuchtet, erblickt man darin den Saal Walhalls, in
welchem die Götter und Helden, ganz nach der
Schilderung Waltrautes im ersten Aufzuge, versammelt sitzen.)

(Helle Flammen scheinen in dem Saale der Götter
aufzuschlagen. Als die Götter von den Flammen
gänzlich verhüllt sind, fällt der Vorhang.)


libretto by Richard Wagner 
Contents: Personen; Vorspiel; Erster Aufzug; Zweiter Aufzug; Dritter Aufzug

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