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“Il trovatore” by Giuseppe Verdi libretto (German)
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt |
Erste Szene Halle im Schloß Aliaferia, seitlich eine Tür zu den Gemächern des Grafen Luna. Ferrando und zahlreiche Gefolgsleute haben sich neben der Tür gelagert; im Hintergrund patrouillieren einige Bewaffnete. FERRANDO Habt acht! Habt acht! Den Graf habt ihr wachend zu erwarten. Manchmal verbringt er die ganze Nacht unter den Balkonen seiner Liebsten. GEFOLGE Die wilden Schlangen der Eifersucht nagen in seiner Brust. FERRANDO In dem Troubadour, der nächtens seine Stimme in den Gärten erhebt, fürchtet zu Recht er einen Rivalen. GEFOLGE Nimm doch den Schlaf von unsern schweren Lidern und erzähle uns die wahre Geschichte von Garcia, dem Bruder unseres Grafen! FERRANDO Das werde ich tun; bildet einen Kreis. |
BEWAFFNETE Laßt uns hören, laßt uns hören. FERRANDO Der gute Graf Luna lebte glücklich als Vater zweier Söhne. Die treue Amme des Jüngeren schlief an der Wiege. Beim ersten Schimmer des neuen Tages öffnet sie eines schönen Morgens die Augen, und was sieht sie bei dem Kinde? GEFOLGE Wen?... Sprich... Wen? Wen nur? FERRANDO Eine böse Zigeunerin, eine finstere Alte mit allen Symbolen einer Hexe! Auf den Knaben heftet sie mit düsterem Antlitz ihre grausigen, blutunterlaufenen Augen. Die Amme packt Entsetzen... Einen schrillen Schrei stößt sie aus, und schneller, als der Mund es sagen kann, stürzen die Diener ins Zimmer, und mit Drohungen, Geschrei und Hieben verjagen sie das böse Weib, das einzudringen wagte. GEFOLGE Gerecht war die Wut in ihrer Brust; die verrückte Alte hatte es herausgefordert. FERRANDO Sie versicherte, nichts anderes habe sie gewollt |
als des Knäbleins Zukunft zu sehen. Das log sie! Ein langsames Fieber zerstörte die Gesundheit des Armen! Bleich, ermattet und erschöpft zitterte das Kind am Abend, indessen es tagsüber jämmerlich weinte... Es war verhext! Man verfolgte die Hexe, ergriff sie und verdammte sie zum Scheiterhaufen; doch es überlebte die verfluchte Tochter, das Werkzeug ihrer bösen Rache. Sie beging ein scheußliches Verbrechen! Der Knabe verschwand, und man fand die Glut eines Feuers just an der Stelle, wo man die Hexe verbrannt hatte! Darin aber lagen... o weh!... die Knochen eines Kindes, die, halb verbrannt, noch immer rauchten! GEFOLGE Die Schändliche! Welch ein infames Weib! Ekel, Entsetzen weckt sie in mir. Und der Vater? FERRANDO Er lebte wenige und traurige Tage: Doch ein unbekanntes Gefühl des Herzens ließ ihn ahnen, daß sein Sohn nicht tot sei. Und als er im Sterben lag, begehrte er, daß unser Herr ihm schwor, die Suche |
nie aufzugeben... Ach! Es war vergebens! GEFOLGE Und von jener dort gab's keine weitere Kunde mehr? FERRANDO Keine Kunde! Oh, wenn ich sie nur eines Tages entdeckte!... GEFOLGE Könntest du sie denn erkennen? FERRANDO Trotz all der vergangenen Jahre... Ja, ich könnte es! GEFOLGE Es wäre an der Zeit, sie ihrer Mutter in die Hölle folgen zu lassen. FERRANDO In die Hölle? Manche denken, daß die verlorene Seele der frevelhaften Hexe noch auf der Erde lebt und sich bei verfinstertem Himmel in verschiedenen Formen zeigt. ALLE Wie wahr! Wie wahr! Wie wahr! Wie wahr! Am Rand der Dächer |
hat sie einer gesehen! Mal wird sie ein Wiederhopf, dann eine Eule! Gelegentlich in einen Raben, öfter in einen Kauz, der beim Morgengrauen pfeilschnell davonfliegt. FERRANDO Vor Angst starb ein Diener des Grafen, der die Zigeunerin auf die Stirn geschlagen hatte. Er starb vor Angst, er starb, er starb vor Angst! GEFOLGE O weh! O weh! Er starb! O weh! O weh! Er starb! FERRANDO Sie erschien ihm als Uhu in der völligen Stille seines Zimmers! GEFOLGE Als Uhu! Als Uhu! FERRANDO Mit leuchtenden Augen schaute sie ... schaute sie, dann erschreckte sie den Himmel mit einem unheilvollen Schrei. GEFOLGE Schaute sie! Schaute sie! FERRANDO Gerade als es Mitternacht schlug... Ah! |
GEFOLGE Ah! (Es schlägt Mitternacht.) ALLE Ah! Sie sei verflucht, die Hexe der Hölle! Ah! (Das Gefolge eilt zur Tür, die Bewaffneten begeben sich rasch auf ihre Posten.) Zweite Szene Die Gärten des Palastes. Rechts führt eine Marmortreppe zu den Gemächern. Dichte Wolken verbergen den Mond. Leonora und Ines gehen spazieren. INES Was verweilst du noch? Es ist spät, komm. Du hörtest, daß die Prinzessin nach dir gefragt hat! LEONORA Eine weitere Nacht, in der ich ihn nicht sehe! INES Du nährst eine gefährliche Flamme! Oh, wie nur und wo hat sich der erste Funke in dir entzündet? LEONORA Beim Turnier. Ich sah ihn: In dunklem Gewand und Helm, |
dunkel auch der wappenlose Schild, ein unbekannter Ritter, der beim Tjost die Ehren errang... Den Kranz drückte ich ihm aufs Haar... Seither begann der Bürgerkrieg... Ich sah ihn nie mehr! Als verginge das Bild von einem goldenen Traum! Eine lange Zeit verstrich... doch dann... INES Was geschah? LEONORA Höre denn! Still war die milde Nacht, und schön zeigte sich am heitern Himmel das silberne Antlitz des Mondes fröhlich und voll... Da klang es in der Luft, die bis dahin so still gewesen war... Sanft und klagend waren die Akkorde einer Laute zu hören, und ein Troubadour sang seine melancholischen Verse. Es waren bittende, demütige Verse, als flehte ein Mensch zu Gott; Darinnen kam immer wieder ein Name vor... mein Name! Ich stürzte auf den Balkon... Er war es, er selbst war es!... Eine Freude erlebte ich wie sonst wohl nur Engel sie kennen!... Dem Herzen, dem ekstatischen Blick |
erschien die Erde wie ein Himmel! Den Herzen, usw. INES Was du erzählst, verstört meine Seele zutiefst!... Ich fürchte... LEONORA Vergebens! INES Unklar und doch traurig ist die Ahnung, die mir durch diesen rätselhaften Mann entsteht! Sieh zu, daß du ihn vergißt. LENORA Was sagst du? Genug! INES Höre auf den Rat der Freundin, Höre! LEONORA Ihn vergessen! Ah! Du sagst etwas, das meine Seele nicht versteht. Von dieser Liebe, die sich kaum in Worte fassen läßt, von dieser Liebe, die nur ich begreife, ist das Herz berauscht! Mein Schicksal kann sich nur erfüllen, wenn er mir nahe ist... Wenn ich nicht für ihn leben kann, dann sterbe ich für ihn! |
Wenn ich nicht für ihn leben kann, usw. (Sie verschwinden in ihren Gemächern. Danach tritt der Graf auf.) GRAF Still ist die Nacht! In tiefem Schlaf wird sicher die Prinzessin liegen. Doch ihre Dame schläft nicht - Oh! Leonora, du bist wach: das sagt mir der zitternde Strahl dort am Balkon der nächtlichen Lampe. Ah! Die Flamme der Liebe verbrennt mir jede Faser! Ich muß dich einfachen sehen, du mußt mich erhören! Ich komme. Für uns ist das höchste dieser Augenblick. (Blind vor Liebe stürzt er auf die Treppe zu... Es erklingt eine Laute; der Graf verhält seinen Schritt.) Der Troubadour! Ich bebe! MANRICO (hinter der Szene) Auf Erden verlassen, im Krieg ein böses Geschick, da kann nur ein einziges Herz dem Troubadour Hoffnung geben! GRAF Oh, diese Worte! Ich zittere! MANRICO Doch wenn ihm dies Herz gehört, so schön in seinem keuschen Glauben... |
GRAF Oh, diese Worte! MANRICO Dann ist er größer als jeder König... GRAF O Eifersucht! MANRICO Dann ist er größer als jeder König, der Troubadour! GRAF Ich irre mich nicht... Sie kommt herunter! (Leonora geht in den Garten hinunter und eilt auf den Grafen zu.) LEONORA Mein Liebster! GRAF (Was tun?) LEONORA Die Stunde ist später als sonst; die Schläge meines Herzens zählten die Augenblicke! Doch jetzt führt dich die barmherzige Liebe in diese Arme. MANRICO (noch zwischen den Sträuchern) Ungetreue! (Der Mond scheint zwischen den Wolken hervor; man sieht eine Person, deren Gesicht sich hinter einem Visier verbirgt.) |
LEONORA Welche Stimme! (Sie erkennt die beiden und wirft sich vor Manrico nieder.) Ah! Im Dunkeln ließ ich mich täuschen! An dich glaubte ich mein Wort zu richten, nicht an ihn... An dich, nach dem allein meine Seele fragt, den sie ersehnt. Ich liebe dich, das schwöre ich, ich liebe dich mit einer gewaltigen, ewigen Liebe! GRAF Das wagst du? MANRICO Ah! Nichts mehr begehre ich! GRAF Ich lodere vor Wut! Ich lodere vor Wut! LEONORA Ich liebe dich! Ich liebe dich! MANRICO Ah! Nichts mehr begehre ich! GRAF So du kein Feigling bist, entdecke dich! LEONORA (O weh!) GRAF Offenbare deinen Namen! |
LEONORA (Ach, um der Barmherzigkeit willen!) MANRICO So wisse, daß ich Manrico bin! GRAF Du! Wie? Wahnsinniger, Verwegener! Gefolgsmann des Urgel, zum Tode verurteilt, du wagst dich in die Nähe dieser königlichen Tore? MANRICO Was zauderst du? Rasch, rufe die Wachen und überantwor te den Rivalen dem Henker. GRAF Dein tödlicher Augenblick ist noch näher, Unsinniger! Komm... ! LEONORA Graf! GRAF Als Opfer meiner Empörung mußt du ganz einfach sterben! LEONORA O Himmel! Halte ein! GRAF Komm mit mir! |
MANRICO Laß uns gehen! LEONORA (Was soll ich tun?) GRAF Komm mit mir! MANRICO Laß uns gehen! LEONORA (Ein einziger Schrei von mir, und er ist verloren!) Höre mich an! GRAF Nein! Die Lohe eifersüchtiger, unerwiderter Liebe wütet in mir! Dein Blut, du Schurke, ist nicht genug, ihre Flammen zu löschen! Du Wahnsinnige wagtest, ihm „Ich liebe dich" zu sagen! Er kann nicht länger leben... Du hat ein Wort gesagt, das ihn zum Tode verdammt! Du hat ein Wort, usw. LEONORA Laß nur für einen Augenblick die Wut der Vernunft weichen! Ich, nur ich allein, bin der Quell eines solchen Feuers! Treffe also deine Wut die Sünderin, |
der du dein Leid verdankst... Dein Schwert fahre in dieses Herz, daß weder dich lieben will noch kann! MANRICO Hohl ist der Zorn des Hochmütigen, er wird fallen, von mir durchbohrt. Den Sterblichen, der in dir die Liebe weckte, macht eben diese Liebe unbesiegbar! (zum Grafen) Dein Schicksal ist bereits beschlossen, deine Todesstunde hat geschlagen! Ihr Herz und dein Leben sind Gaben, die mir das Schicksal aufbewahrte. GRAF Du Wahnsinnige! Ihm zu sagen, usw. Dein Blut, du Schurke, ist nicht genug, ihre Flammen zu löschen! Du Wahnsinnige wagtest, ihm „Ich liebe dich" zu sagen! Er kann nicht länger, usw. LEONORA Treffe also deine Wut die Sünderin, der du dein Leid verdankst... Dein Schwert fahre in dieses Herz, daß weder dich lieben will noch kann! usw. MANRICO Dein Schicksal ist bereits beschlossen, deine Todesstunde hat geschlagen! Ihr Herz und dein Leben sind Gaben, die mir das Schicksal aufbewahrte, usw. |
GRAF Die Lohe eifersüchtiger, unerwiderter Liebe wütet in mir! Du hat ein Wort gesagt, das ihn zum Tode verdammt! usw. (Die beiden Widersacher entfernen sich mit gezogenen Schwertern. Leonora sinkt ohnmächtig zu Boden.) |
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