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“La bohème” by Giacomo Puccini libretto (German)
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt |
Die Enfer Zollbarriere (Jenseits der Zollschranke sieht man den äußeren Boulevard. Links steht ein Wirtshaus, davor ein kleiner Platz, von Platanen umsäumt. Um ein Kohlenbecken sitzen eingeschlafen einige Zollbeamte. Aus dem Wirtshaus tönen Lärm und Lachen. Der Morgen graut; es ist Februar, und alles ist tief verschneit. Jenseits des Zollgitters stehen Straßenarbeiter, die mit den Füßen aufstampfen, um sich zu wärmen.) STRASSENKEHRER Holla, ihr Wächter, macht auf! Heda, wir kommen von Gentilly! Hu, es schneit! Ihr da, wir erfrieren! ZOLLBEAMTER (gähnend) Ich komme! AUS DEM WIRTSHAUS Wer als Trinker im vollen Glas Vergessen sucht von allem Erdenleid, der ist gefeit in Ewigkeit, im Wein steckt Liebesseligkeit. |
MUSETTES STIMME Ah! Und wenn im Glas nur Freundschaft steckt, sie wird zur Liebe aufgeweckt vom Wein. AUS DER KNEIPE Trallerala, trallerala! Eva und Noah! STIMMEN VON DER LANDSTRASSE Hoppla, hoppla! ZOLLBEAMTER Die Milchfrauen sind schon zeitig da! (Er öffnet den Schlagbaum. Die Milchfrauen gehen zusammen mit einer Reihe Bauernkarren hindurch.) MILCHMÄDCHEN Guten Morgen! BÄUERINNEN Butter und Käse, Hühner und Eier! Wohin führt der Weg heut? Nach St. Michel! Wollen wir uns später treffen? Zu Mittag, ja! (Sie treten ab. Mimì tritt ein. Als sie beim ersten Baum ankommt, hustet sie. Sich wieder erholend sagt sie zum Sergeanten:) MIMÌ Entschuldigen Sie, kennen Sie hier ein Wirtshaus, wo ein Künstler jetzt malt? |
SERGEANT Dieses ist's. MIMÌ Danke! (Eine Magd tritt aus dem Wirtshaus, und Mimì nähert sich ihr.) Ach, gute Frau, seien Sie doch so gut, mir den Maler Marcello herzurufen. Ich muß ihn sprechen. Ich bin in Eile. Sagen Sie leise, daß Mimì wartet. SERGEANT (zu einem Vorübergehenden) He, zeig den Korb her! ZOLLBEAMTER Ganz leer! SERGEANT Passieren! (Marcello kommt aus der Schenke.) MARCELLO Mimì! MIMÌ Ich hoffte, Sie hier zu finden. MARCELLO Seit einem Monat sind wir hier des Wirts Gäste. Musetta lehrt die Singkunst Nachbarn aufs beste. |
Ich mal die stolzen Krieger hier auf die Türwand. 's ist frostig - treten Sie ein! MIMÌ Rodolfo ist dort? MARCELLO Ja! MIMÌ Dann trete ich nicht ein. MARCELLO Warum? MIMÌ Bester Marcello, helfen Sie mir. MARCELLO Was ist geschehen? MIMÌ Ach, Rodolfo liebt mich von Herzen, doch flieht er vor mir, will mich nicht sehen, und er verzehrt sich in toller Eifersucht. Ein Schritt, ein Wort, 'ne Schmeichelei nennt er mißtrauend „Untreu", die wütend er an mir verflucht! Ich stellt' mich manchmal, als ob fest ich schliefe, dann hört' ich, wie er seufzend träumt! Aus seines Herzens Tiefe und traurig klang sein Wort: Daß wir uns geirrt, 'nen andern |
möcht ich suchen; ich solle fort, o weh. Was tun? Er spricht nur in der Wut, ich weiß - doch was, Marcello, beginn' ich nun? MARCELLO Wenn es so mit euch beiden steht, nun, dann lebt doch nicht zusammen. MIMÌ Ganz recht, wir sollten uns trennen. Helfen Sie uns bitte, Marcello. Wir haben's versucht, mehrmals schon, doch umsonst. MARCELLO Ich nehm' Musetta, wie sie ist. Und sie macht's genau wie ich. Wir lieben leichten Herzens. Gelächter und Gesang sind das Geheimnis dauerhafter Liebe. MIMÌ Ganz recht, Sie haben recht. Wir sollten uns trennen. Helfen Sie uns doch. MARCELLO Nun wohl, es sei, ich werde ihn wecken. MIMÌ Schläft er? MARCELLO Heute früh plötzlich, vor des Tages Grauen, |
kam er her, zu kurzem Schlafe. Seht! (Mimì hustet.) Welch ein Husten! MIMÌ Ich fühl', mir geht es schlecht, heut' nacht stürmte er hinaus, sein Abschied war: „Nun ist alles aus" Bei Morgengrauen lief ich schon hierher, um Sie zu sehen. MARCELLO (beobachtet Rodolfo durchs Fenster) Er erwacht, er erhebt sich, er vermißt mich. Jetzt kommt er ... MIMÌ Nein, lassen Sie mich gehen! MARCELLO Jetzt geh'n Sie nach Haus, um Gottes willen! Machen Sie keine Szene hier. (Mimì versteckt sich hinter einem Baum. Rodolfo tritt aus dem Wirtshaus.) RODOLFO Marcello! Da bist du endlich! Hier kann uns niemand hören. Ich muß mit Mimì brechen. MARCELLO Du glaubst, das fällt dir leicht? |
RODOLFO Manchmal schon früher, da wähnt ich tot schon mein Herz. Doch in dem Strahl der azurblauen Augen lebt es neu auf! Der Liebesschmerz, ach, er faßt mich jetzt schon wieder ... MARCELLO Und begräbst dann dein Herz abermals? RODOLFO Auf ewig! MARCELLO Du gehst irre! Nur Narren lieben traurig mit Stöhnen und mit Tränen! Strahlend soll die Lieb' und lachend das Dasein uns verschönen. Du kennst nur Eifersucht. RODOLFO Mag sein. MARCELLO Bist zornig, schnell und ungerecht, voll von Vorurteil und Mißtrau'n, von Launen und Härten! MIMÌ (Jetzt befällt ihn die Wut. Ich Unglücksel'ge!) |
RODOLFO Kokett ist dieses Mädchen. Treibt ihr Spiel keck mit allen. Macht ein Baron ihr, ein Dummkopf, den Hof und schmeichelt, sie hab' ihm gefallen. - Dann kommt sie lächelnd und skrupellos entgegen; heuchelt jede Zärtlichkeit. MARCELLO Die Wahrheit sag: Bist du aufrichtig jetzt? RODOLFO So hör denn: nein, ich bin's nicht. Umsonst tracht' ich, zu verhehlen Dinge, die mich tief quälen. Heiß liebe ich! Und Mimì ist auf Erden mein Abgott! Doch sieh; - ich fürchte ... mehr noch, ich weiß es: Sie hustet, ist krank, leider tödlich. Langsam seh' ich sie schwinden und kurz bemeß' ich ihre Lebensdauer. MARCELLO Mimì? MIMÌ (Was meint er wohl?) RODOLFO Schrecklich klingt dieser Husten, der die Brust ihr erschüttert; und das Rot der Wangen ist ein Kuß des Todes. |
MARCELLO Arme Mimì! MIMÌ (Gott, so früh zu sterben?) RODOLFO Sieh, mein Zimmer ist eine Höhle nur, nie brennt dort Feuer, und bitterkalt der Nordwind pfeift durch Tür und Gemäuer. Fröhlich singt sie und lacht gar, doch mich peinigt die Reue, daß den Keim der Krankheit ich schüre aufs neue. MARCELLO Was ist zu tun? MIMÌ (Ach, mein Leben! Weh mir, schon zu Ende! Gott, so früh zu sterben, usw.) RODOLFO Der zarten Blume gleicht sie, die verkümmernd dahinsiecht. Um sie am Leben zu halten, glaubst du, die Lieb' allein genügt? MARCELLO Arme Mimì! Armes Ding! (Mimì schluchzt und hustet.) |
RODOLFO Wie? Mimì, du? Hörtest du mich sprechen? MARCELLO Sie hat alles gehört. RODOLFO Ich bin wohl ängstlich sehr, das Kleinste macht mich beben. Komm, drinnen ist es warm! (Er versucht, sie hineinzuführen.) MIMÌ Nein, die Luft dort erstickt mich fast. (Man hört Musettas Lachen aus der Kneipe.) RODOLFO Ach, Mimì! MARCELLO Das ist Musettas Gelächter! Der werd' ich's zeigen! Diese Kokotte! (Marcello läuft ins Wirtshaus.) MIMÌ (zu Rodolfo) Leb wohl jetzt! RODOLFO Wie, gehst du? MIMÌ Wo du glücklich mich beschwörtest, bleibst du allein zurück. |
Mimì kehrt einsam ins Nest zu falschen Blumen zurück. Leb wohl denn! Heg' kein Hassen! Noch laß dich bitten, sammle die Dinge, die ich bei dir gelassen. Im kleinen Kästchen, verschlossen, liegt der goldene Ring und mein Gebetbuch. Tu alles wohlverpackt ganz still in mein Brusttuch; der Portier soll mir's holen. Eins noch! Unter dem Kissen findest du die rosa Haube ... Doch die, wenn du willst, behalt' zum Gedächtnis meiner Lieb' ohn' Unterlaß! Leb wohl! Und ohne Haß! RODOLFO Dies wär' wirklich das Ende? So gehst du also, mein Kind? Adieu, du Liebestraum! MIMÌ Vorbei ist das süße Erwachen. RODOLFO Leb wohl, idyllisches Leben ... MIMÌ Vorbei sind Eifersucht und Wüten! RODOLFO Dein Lächeln nimmer. MIMÌ ... Mißtrauen und Schelten ... |
RODOLFO Küsse ... MIMÌ ... Gar schmerzliche Stunden! ... RODOLFO ... Die als Dichter ich reimte: süße Schäferstunden! RODOLFO und MIMÌ Einsam im Winter! Das ist wie Todesqual! MIMÌ Allein ... RODOLFO und MIMÌ Weit besser im Frühling; dann ist mit uns der Sonne Strahl. MIMÌ Dann ist mit uns der Sonne Strahl. (Marcello und Musetta kommen heraus, sich streitend.) MARCELLO Sag, was war das? Was tust du denn? Dort am Feuer mit dem Herrn? MUSETTA Was willst du? MIMÌ Nicht einsam läßt uns der Mai. |
MARCELLO Als ich gekommen, sah ich deutlich dich erröten. MUSETTA Der Mann hat mich gefragt: „Tanzen Sie gern, Fräulein?" RODOLFO Man kann zu Rosen und Lilien sprechen. MIMÌ Vögel zwitschern im Nest. MARCELLO Eitles, hohlköpfiges Tändeln! MUSETTA Errötend gab ich zur Antwort: „Tag und Nacht könnt' ich tanzen!" MARCELLO Was du da sagst, verrät Begierde. MUSETTA Ich möchte volle Freiheit. MARCELLO Ich werd' dich lehren ... RODOLFO und MIMÌ Im nahenden Frühling begleitet uns die Sonne! |
MUSETTA Was fällt dir denn eigentlich ein? Wir sind ja nicht verheiratet. MARCELLO ... wenn ich dich erwische! Merk dir eins: Hörner wachsen nicht unter meinem Hut. MUSETTA Ich hasse Liebhaber, die sich wie Ehemänner aufführen. RODOLFO und MIMÌ Die Brunnen flüstern leise, die Abendbrise heilt den Schmerz menschlicher Kreatur. MARCELLO Ich lass' mich nicht verspotten von einem jungen Spund. Eitles, hohlköpfiges Tändeln! Du gehst? Da dank' ich dir, ich werd' ein reicher Mann sein. MUSETTA Ich tändle, mit wem es mir gefällt. Du magst das nicht? Ich tändle, mit wem es mir gefällt. Musetta geht ihrer Wege. MARCELLO und MUSETTA Leb wohl. |
RODOLFO und MIMÌ Sollen wir warten bis der Frühling wiederkehrt? MUSETTA Ich bitte, mein Herr, leb wohl - mit Vergnügen! MARCELLO Ergebenst, ich gehe! MUSETTA (im Abgehen) Du Pinselschwinger! MARCELLO Schlange! MUSETTA Kröte! MARCELLO (ins Wirtshaus eintretend) Hexe! MIMÌ Für immer die deine ... für's Leben. RODOLFO und MIMÌ Wir scheiden, wenn die Blumen blüh'n! MIMÌ Ich wollte, der Winter könnt' ewig dauern! RODOLFO und MIMÌ Wir scheiden, wenn die Blumen blüh'n! |
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