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“La bohème” by Giacomo Puccini libretto (German)
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt |
Wieder in der Mansarde (Marcello vor seiner Staffelei, Rodolfo vor seinem Schreibtisch. Sie versuchen zu arbeiten, unterhalten sich aber stattdessen.) MARCELLO In einem Wagen? RODOLFO Mit zwei Pferden und Livree. Lächelnd sah ich sie grüßen. „Nun, Musetta", so frag ich, „was macht dein Herz?" „Es schlägt nicht - oder ich hör's nicht des Samtes wegen, der hüllt es gut ein." MARCELLO Wie sehr mich das freut! RODOLFO (Das lügt er gut ... Er lacht und schnaubt Wut!) MARCELLO Es schlägt nicht? Gut so! Hör, wen ich sah! - RODOLFO Musetta? MARCELLO Nein, Mimì. |
RODOLFO Du sahst sie? (seine Erregung verbergend) Ist's möglich! MARCELLO In einer Karosse fuhr sie, wie eine Königin gekleidet. RODOLFO Gut so! Ich bin's zufrieden! MARCELLO (Wie der Heuchler vor Liebe leidet.) RODOLFO An die Arbeit! MARCELLO An die Arbeit! (Sie nehmen ihre Arbeit wieder auf, dann wirft Rodolfo die Feder und Marcello seine Pinsel weg.) RODOLFO Infame Feder! MARCELLO Welch scheußliche Pinsel! RODOLFO (Ach, Mimì, du kehrst nicht wieder, oh glückliche Zeiten! Ihre zarten Hände, diese duftenden Locken ... 'der schneeweiße Hals! Ach, Mimì! Kurzlebige Jugend.) |
MARCELLO (Ich kann nicht versteh'n, wie der Pinsel arbeitet und sich die Farben mischt ohne mein Zutun. So oft ich Erde oder Himmel malen möchte, Frühling oder Winter, malt der Pinsel doch zwei dunkle Augen und ein Paar begehrliche Lippen, und Musettas Antlitz ersteht ...) RODOLFO (Und du, kleine rosa Haube, die sie unter dem Kissen versteckt, als sie ging - du kennst all unser Glück. Komm an mein Herz, mein gebrochenes Herz, gebrochen durch unsere Liebe.) MARCELLO (... Ihr Antlitz ersteht vor mir, so lieblich und verlogen. Doch Musetta ist nun glücklich, und mein furchtsames Herz ruft sehnsuchtsvoll nach ihr.) RODOLFO Wie spät ist es? MARCELLO Zeit zum Essen ... Für die gestrige Mahlzeit. |
RODOLFO Und Schaunard noch nicht da. (Schaunard tritt ein und legt vier Brötchen auf den Tisch. Colline folgt.) SCHAUNARD Da sind wir! RODOLFO und MARCELLO Nun - und? MARCELLO Nur Brot? COLLINE Seht dies Gericht, wert des Demosthenes! Ein Hering! SCHAUNARD Und gesalzen! COLLINE Der erste Gang, ihr Herren! (Sie setzen sich zu Tisch.) MARCELLO Gleicht dies nun nicht dem Lande der Schlaraffen? SCHAUNARD (stellt die Wasserflasche in Collines Hut) Jetzt rasch in Eis kühlt den Champagner! |
RODOLFO Ziehen Herr Baron vor Lachs oder Forellen? MARCELLO Herzog! Nehmt doch hier Papageienzungen ... SCHAUNARD Danke! Zuviel schon! Ich hab noch 'nen Ball vor. (Colline steht zuerst auf.) RODOLFO Schon fertig? COLLINE Bin in Eile! Der König wartet. MARCELLO Gibt's ein Geheimnis? RODOLFO, MARCELLO, SCHAUNARD Wohl ein Komplott? COLLINE Der König macht mich zum Minister. MARCELLO, RODOLFO, SCHAUNARD Sehr gut! COLLINE Vermutlich seh ich dort Guizot! |
SCHAUNARD Reicht den Pokal mir! MARCELLO Gut - trink du, ich esse. SCHAUNARD Es sei erlaubt mir, in diesem edlen Kreise ... RODOLFO und MARCELLO Schweig doch! MARCELLO Schwächling! COLLINE Welcher Mischmasch! MARCELLO Auf die Sohlen! COLLINE Mir das Glas her! SCHAUNARD Da fällt ein herrlich Lied mir ein, gleich soll es euch gesungen sein! DIE ANDEREN Nein! SCHAUNARD Gestattet ihr ein Tänzchen dann? |
DIE ANDEREN Ja! Ja! SCHAUNARD Der Tanz mit Gesang beginne! COLLINE Zuvor räumt aus die Säle! Gavotte. MARCELLO Menuett! RODOLFO Pavane! SCHAUNARD Fandango! COLLINE Ich schlage Quadrille vor! RODOLFO Führet die Damen! COLLINE Ich bin Tanzmeister! SCHAUNARD La lera la lera la! RODOLFO (mit einer Verbeugung zu Marcello tretend) Wie reizend Sie sind, Fräulein! |
MARCELLO Er ehret und beschämet mich! Ich bitte! COLLINE Balancez! SCHAUNARD Rondo zuerst. COLLINE Nein, Dummkopf! SCHAUNARD Ihr tanzt ja wie Lakaien! COLLINE Er provoziert mich, zweifellos. Zieh den Degen! SCHAUNARD Wehr dich! Alle Teufel! Nur dein Blut stillt meine Wut! (Colline läuft und holt sich die Feuerzange. Schaunard nimmt den Schürhaken. Sie kämpfen, während die anderen singen.) COLLINE Einer von uns beiden sterbe. SCHAUNARD Richtet immer eine Bahre! |
COLLINE Und begrabt ihn recht und gut! RODOLFO und MARCELLO Während sie sich blutig streiten, wollen wir zum Ringtanz schreiten. (Musetta tritt ein.) MARCELLO Musetta! MUSETTA Mimì kommt, sie ist hier, und sie ist sehr krank. RODOLFO Wo ist sie? MUSETTA Das Treppensteigen hat sie erschöpft. RODOLFO Oh! (Rodolfo sieht Mimì entkräftet auf der letzten Treppenstufe sitzen und eilt zu ihr; Marcello folgt. Rodolfo und Marcello tragen Mimì zum Bett.) SCHAUNARD Hilf das kleine Bett mir tragen! RODOLFO Hier - ein Schluck nur. |
MIMÌ O Rodolfo! RODOLFO Still jetzt ... du brauchst Ruhe! MIMÌ Ach, mein Geliebter! Willst du mich bei dir dulden? RODOLFO O Mimì, ja, wär's doch für ewig. MUSETTA (beiseite, zu den anderen) Jüngst hört ich sagen, daß Mimì ihren Grafen verlassen habe; sie sei krank zum Sterben. Wo sie wohne, fragte ich, vergebens ... Da sah ich sie auf der Straße,... wie sie mühsam sich schleppte. Und sie sagte: „Weiter geht's nicht, ... ... ich sterbe, ich fühle es! Wär ich bei ihm, der mich vielleicht erwartet!" MARCELLO Sch! MIMÌ Ich fühl mich besser ... MUSETTA „... führ mich zu ihm, Musetta!" |
MIMÌ Laßt im Zimmer mich umherschau'n. Ah, wie fühl' ich wohl mich hier! Neugeboren, neues Leben, neue Jugend kehrt zurück zu mir ... Nein, du darfst mich nicht verlassen! RODOLFO Gesegnete Lippen ... ... sie sprechen wieder zu mir! MUSETTA Was habt ihr im Hause? MARCELLO Gar nichts! MUSETTA Kein Kaffee? Kein Wein? MARCELLO Nichts als die Armut! SCHAUNARD Bald enden ihre Leiden. MIMÌ Mich friert entsetzlich! Hätt' ich einen Muff doch! Ob meine eiseskalten Hände nimmermehr werden warm? RODOLFO Nimm die meinen. Leise, schon' dich! |
MIMÌ Hab etwas Husten! Bin das gewöhnt schon. Marcello, guten Tag euch, Schaunard, Colline, ach, ihr guten! Alle hier um mich, lächelt freundlich mir zu. RODOLFO Nein, nicht sprechen, schweig! MIMÌ Nur ganz leis', seid nicht ängstlich! Marcello, ich will Ihnen sagen: Wahrhaft gut ist Musetta! MARCELLO (hält Musettas Hand) Ich weiß, ich weiß. MUSETTA (gibt Marcello ihre Ohrringe) Nimm hier, verkaufe das, und bring dafür Medizin und einen Doktor! RODOLFO Ruh' dich aus. MIMÌ Du verläßt mich nicht? RODOLFO Nein, nein! |
MUSETTA Noch eins! Wohl zum letzten Mal äußert die Ärmste einen Wunsch, er sei erfüllt ihr! Ich kauf ihr einen Muff! Nimm mich mit dir! MARCELLO Wie gut du bist, Musetta. (Sie gehen beide ab.) COLLINE (zieht seinen Mantel aus) Hör zu, Ehrenwertester, ich bleibe hier, während du zu Höherem bestimmt bist. Ich danke dir herzlichst, du hast den geschundenen Rücken nie vor Reichtum und Macht gebeugt. In deinen Taschen hast du stets Dichter und Denker getragen wie in beschaulichen Grotten ... Doch diese glücklichen Zeiten sind nun vorbei, ich sage Lebwohl, treuer alter Freund. Leb wohl. (Er nimmt das Bündel unter den Arm und flüstert Schaunard zu:) Schaunard, jeder auf seine Weise laßt uns zwei Freundschaftsdienste tun. Dies ist meiner - und du laß die beiden allein. SCHAUNARD Ein Philosoph mit Herz. Hast recht, ich geh! (Sie gehen hinaus.) |
MIMÌ Sind wir allein? Ich stellte nur mich schlafend, weil ich gern mit dir allein sein wollte. Ich hab so viel dir, ach so viel zu sagen, oder nur eines, doch groß wie das Meer, ein Gefühl wie das Meer, so unermeßlich ist meine Liebe zu dir. Sie füllt mein Leben. RODOLFO Ach, Mimì, meine schöne Mimì! MIMÌ Bin ich noch schön? RODOLFO Schön wie die Morgenröte. MIMÌ Das ist falsch verglichen, weit richtiger wär: Schön wie die sinkende Sonne. „Man nennt mich jetzt nur Mimì ... doch warum, weiß ich nicht!" RODOLFO Nun kam die Schwalbe zum Neste zwitschernd wieder. (Er nimmt die Haube von seiner Brust.) MIMÌ Sieh da, mein Häubchen! Mein Häubchen! Ach! Weißt du noch, wie ich zum ersten Mal hierher zu dir kam? |
RODOLFO Ob ich das weiß! MIMÌ In meiner Hand erlosch das Licht. RODOLFO Du warst ganz verwirrt. Dann verschwand der Schlüssel. MIMÌ Und du suchtest am Boden. RODOLFO Ich suchte und suchte ... MIMÌ Mein schönes Herrchen: Jetzt bist du durchschaut! Der Schlüssel war schnell gefunden. RODOLFO Hab' ein wenig Schicksal gespielt. MIMÌ Es war dunkel, und du sahst mich nicht erröten. „Wie eiskalt ist dies Händchen, lassen Sie, ich wärme es." Die Nacht allein war Zeuge, du nahmst sie in die deinen. (Sie hat einen heftigen Hustenanfall.) |
RODOLFO Ach, Gott, Mimì! (In diesem Moment kommt Schaunard zurück.) SCHAUNARD Was gibt's? MIMÌ Nichts, Freunde - recht wohl geht's. RODOLFO Sprich nicht, beim ew'gen Gott. MIMÌ Ach, verzeih mir, ich will brav sein! (Musetta und Marcello treten vorsichtig ein; dann Colline. Musetta setzt eine Kerze auf den Tisch.) MUSETTA Schläft sie? RODOLFO Sie ruht jetzt. MARCELLO Ich war eben beim Doktor! Er kommt; er beeilt sich. Hier, die Medizin. MIMÌ Wer spricht da? MUSETTA (reicht ihr den Muff) Ich, Musetta! |
MIMÌ Ah, wie weich er ist und wundervoll. Nun werde ich nie mehr kalte Hände haben. Und die Wärme - verfeinert sie. (zu Rodolfo) Hast du mir den geschenkt? MUSETTA Ja! MIMÌ So ein Verschwender! Danke! Er kostet viel. Tränen? Mir ist wohler. Sag mir, warum du weinst? Geliebter ... Ich bleib bei Dir! Die Hände ... erwärmen und ... süß schlafen. (Stille) RODOLFO Was hat der Arzt gesagt? MARCELLO Daß er kommt. MUSETTA (betend) Heilige Jungfrau Maria! Schenk deine Gnade dieser armen Kranken, daß sie nimmer uns sterbe! (sich unterbrechend - zu Marcello) Vor die Lampe gehört ein Schirm, daß die Flamme sie nicht blende. (Marcello legt ein Buch auf den Tisch, welches Schatten spendet.) |
So recht. Laß sie wieder genesen. Sieh, Mutter Gottes: ich knie sündhaft hier im Staube, während Mimì ein Engel ist an Herzensgüte. RODOLFO Ich hege Hoffnung. Scheint euch der Zustand trostlos? MUSETTA Ich zweifle. (Schaunard nähert sich dem Bett.) SCHAUNARD (leise zu Marcello) Marcello, sie ist tot! COLLINE (tritt ein und legt Geld auf den Tisch) Hier ist was, Musetta! Wie steht es? RODOLFO Sieh nur - sie ist ganz ruhig. (Rodolfo bemerkt das eigentümliche Betragen der anderen.) Was soll das? Was bedeutet euer Flüstern? Was seht ihr mich so an? MARCELLO Armer Freund! (Rodolfo stürzt sich plötzlich auf das Bett.) RODOLFO Mimì! Mimì! Mimì! ENDE |
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