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La forza del destino” by Giuseppe Verdi libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt
DRITTER AKT

Erste Szene

Bei Velletri in Italien
Wald. Tiefdunkle Nacht. Don Alvaro in der Uniform
eines spanischen Grenardierhauptmannes kommt
langsam aus dem Hintergrunde. Von rechts hört man
Stimmen hinter der Szene.


STIMMEN
Beim Spiel gilt Schlauheit, nur Schlauheit...

ERSTE STIMME
Ich hab den Buben!

ZWEITE STIMME
Gewonnen!

ERSTE STIMME
Ich hab die Dame!
Ich den König.

ZWEITE STIMME
Verloren!

DON ALVARO
Mein Dasein ward für mich zur Hölle.
Vergebens wünsch ich mein Ende.
Sevilla! Leonora!
Welch ein Erinnern! O Nacht,
In der mein Glück ich verloren!
Mir gab das Leben nichts als Leiden, nur Unheil!
Es wollte einst mein Vater unsre Heimat

Von fremdem Joch befreien,
Er nahm zum Weib der Inka letzte Tochter.
Nach der Krone trachtete kühn sein Mut.
Es war ein Fehlschlag! Im Gefängnis geboren,
In der Fremde erzogen, leb ich nur, weil niemand
ahnt, daß ich königlicher Abkunft. Meine Eltern!
Sie träumten vom Throne, starben durchs Beil des
Henkers!
Wie lang soll ich das Leben noch ertragen!?
Du darfst im Schoß der Ewigkeit
Oben im Himmel weilen,
Du darfst die höchste Seligkeit
Dort mit den Engeln teilen.
O blick auf mich hernieder,
Geliebte, denke mein, laß mich in meinem Elend,
Meinem Jammer nicht allein!
Nicht ganz verloren sein!
Ich sehne meinen Tod herbei,
Dann endet alle Qual.
Leonora erbarm dich mein, o du mein Engel.
Erbarm dich meiner Not!
Erbarm dich mein!

DON CARLO (hinter der Szene)
Verdammter Schurke!

STIMMEN
Stirb!

DON ALVARO
Welch ein Schreien?

DON CARLO
Zu Hilfe!

DON ALVARO
Ja, ich komme!

STIMMEN
Stirb! Stirb!
(Alvaro eilt nach der Seite, von der die Rufe ertönen;
man hört Degenklirren; einige Offiziere eilen in
regelloser Flucht über die Szene. Don Alvaro kehrt mit
Don Carlo zurück.)


DON ALVARO
Sie fliehn! Seid Ihr verwundet?

DON CARLO
Nein, ich dank Euch mein Leben.

DON ALVARO
Wer waren sie?

DON CARLO
Feige Mörder.

DON ALVARO
Hier dem Lager so nah?

DON CARLO
Ich will's gestehn: ein Streit beim Spiele.

DON ALVARO
Verstehe... Im Haus dort drüben?

DON CARLO
Ja.

DON ALVARO
Doch sagt mir, wie kommt ein Mann von Stande
In eine solche Spelunke?

DON CARLO
Fremd noch bin ich,
kam gestern erst her mit Befehl vom Generale!
Ohne Euch wäre ich tot.
Nun sagt mir: wem verdank ich mein Leben?

DON ALVARO
Dem Zufall . .

DON CARLO
Hört meinen Namen zuvor
(beiseite)
doch nicht den wahren!:
(zu Don Alvaro)
Don Felice de Bornos, Adjutant unsres Herzogs.

DON ALVARO
Ich bin Hauptmann bei den Grenadieren:
Don Federico Herreros.

DON CARLO
Der Stolz des ganzen Heeres!

DON ALVARO
Zu gütig...

DON CARLO
Gewährt mir Eure Freundschaft!
Ich bitte und hoffe.

DON ALVARO
Und ich bin stolz, mich Euren Freund zu nennen!
(Sie reichen sich die Hand.)

DON ALVARO und DON CARLO
Als Freunde sind wir verbunden
Auf ewig, welch Schicksal uns auch droht!
Verbunden fürs ganze Leben;
Es trennt uns nur der Tod!
(Hinter der Szene hört man Rufe und den Klang einer
Trompete.)

CHOR
Zum Kampfe!

DON ALVARO und
DON CARLO
Nun gilt es! Zum Kampfe!

DON CARLO
Euch zur Seite zieh ich in den Kampf,
Um es Euch an Kühnheit gleich zu tun.

DON ALVARO
Werd ich Zeuge von Eurem Mut,
Wird mein Blick voller Stolz auf Euch ruhn.

CHOR
Zum Kampfe!
(Beide eilen fort.)

Zweite Szene

Ein Raum in der Nähe von Velletri
Es ist Morgen. Empfangsraum eines höheren Offiziers
der spanischen Truppen in Italien, unfern Velletri. Man
hört den Lärm der nahen Schlacht.
(Ein Militärarzt und einige Ordonnanzen treten ein und
eilen zum Fenster.)

SOLDATEN
Seht, wie sie kämpfen!

CHIRURG (schaut durch das Fernrohr)
Brave Grenadiere!

SOLDATEN
Herreros führt sie.

CHIRURG
Gott! Er ist verwundet!
Sie müssen weichen!
Der Adjutant bringt sie zum Stehen...
Sie formieren sich zum Angriff!.
Jetzt fliehen unsre Feinde!
Der Sieg ist unser!

STIMMEN (hinter der Szene)
Es lebe Spanien!
ANDERE
STIMMEN
Es lebe Italien!

ALLE
Sieg!

CHIRURG
Sie bringen den verwundeten Capitano.
(Don Alvaro wird verwundet und ohnmächtig auf einer
Bahre von vier Grenadieren hereingetragen. Neben ihm
auf der einen Seite der Arzt, auf der anderen Don Carlo,
staubbedeckt, mit bekümmertem Gesichtsausdruck. Ein
Soldat legt ein Felleisen auf ein Tischchen.)


DON CARLO
Sachte... Setzt nieder. Bereitet schnell sein Lager.

CHIRURG
Nur Ruhe.

DON CARLO
Ist's gefährlich?

CHIRURG
Die Kugel in der Brust macht mir Bedenken.

DON CARLO
Ihr müßt ihn retten.

DON ALVARO (kommt zu sich)
Sagt, wo bin ich?

DON CARLO
Bei deinem Freunde.

DON ALVARO
Es geht mit mir zu Ende.

DON CARLO
Nein! Treue Pflege wird dich heilen... Deinen
Heldenmut lohnt der Orden von Calatrava.

DON ALVARO
Von Calatrava! Nein! Nie...

DON CARLO (für sich)
Wie? Warum erschrak er denn bei meinem Namen?

DON ALVARO
Felice...

CHIRURG
Nur nicht sprechen...

DON ALVARO
Ein einzig Wort...

DON CARLO (zu dem Chirurg)
Verlaßt uns, Herr Chirurgus.
(Der Chirurg zieht sich in den Hintergrund zurück.
Alvaro winkt Carlo dicht zu sich.)

DON ALVARO
Die Stunde ist heilig,
Drum schwör, was ich fordre,
Getreu zu erfüllen!

DON CARLO
Ich schwör es.

DON ALVARO
Such hier an dem Herzen .

DON CARLO
Diesen Schlüssel!

DON ALVARO (zeigt auf das Felleisen)
Dort drin wirst du finden ein Bündel von Briefen.
Ich hab es versiegelt. Es birgt ein Geheimnis;
Das sterbe mit mir. Du sollst es verbrennen.

DON CARLO
Ich schwör es, mein Freund.

DON ALVARO
Nun sterb ich in Frieden
In meines Freundes Armen . .

DON CARLO
Vertraue dem Himmel. vertraue auf Gott.

DON ALVARO und DON CARLO
Leb wohl'.
(Der Chirurg und die Ordonnanzen bringen den
Verwundeten in den Schlafraum.)


DON CARLO
O Gott'. So jung zu sterben!
So unverzagt. so tapfer!
Grausames Los! Wer kann sich ihm vergleichen?
Was schreckte ihn an meinem Namen?
Ob er erfahren des Hauses tiefe Schmach?
Himmel... Ich ahne: ist er wohl der Verführer?...
In meinen Händen! Und lebt noch!
Wenn ich mich täuschte? Mag der Schlüssel reden!
(Er öffnet hastig das Felleisen und zieht ein
versiegeltes Päckchen hervor.)

Hier die Briefe! Was tu ich?
(Er hält inne.)
Hab ich ihm nicht geschworen?

Daß ich noch lebe,
Verdanke ich seinem Mut! Das ist vergolten!
Ist er der verfluchte Indianer,
Der mein edles Blut geschändet?
Ich erbreche das Siegel! Hier sieht es niemand! Ha!
Seh ich's nicht selber?
(Er wirft das Päckchen weg.)
In meinen Händen halt ich mein Schicksal!
Doch der Versucher, er bleibe mir ferne!
Ich kam zu rächen unsere Ehre,
Nicht neuen Makel zu häufen auf mich.
Ich schwur dem Freunde als Mann von Ehre:
Drum bleibe unentschleiert das Geheimnis.
Nie darf ich wagen. daran zu denken,
Es wäre Verrat an dem Freunde und mir.
Sollt ich nach anderen Beweisen suchen?
Ich wag's.
(Er durchsucht das Felleisen.)
Hier ist kein Siegel...
's ist ein Bild... Von einem Bilde
war nicht die Rede... Drum laß sehen...
Gott! Leonora!
Ja, es ist Don Alvaro! Jetzt soll er leben,
Um dann durch mich zu sterben!...
(Der Chirurg tritt ein.)

CHIRURG
Freudige Botschaft: gerettet!
(geht ab)

DON CARLO
Gerettet! O Wonne! Ah! Er wird leben!
O welche Freude weckt das Wort
in meinem Herzen! Meine Rache

soll er fühlen! O wie grausam
wird sie sein!
Leonora, sag, wo weilst du?
Bist mit ihm du noch verbunden,
Der die Ehre dir geschändet, der aus
Deines Vaters Wunden dich mit rotem Blut befleckt?
Ah! Die Rache wär vollendet,
Könnte ich mit meinem Degen
Dich zugleich mit dem Verräter
Ganz dem Gott der Hölle weihn!
(Eilt schnell fort.)

Dritte Szene

Feldlager bei Velletri
Links vorn ein Trödlerladen, rechts eine Bude mit
Lebensmitteln, Getränken und Früchten. Ringsum
Soldatenzelte, Krämerbaracken, usw. Es ist Nacht. Die
Bühne ist leer.

(Eine Patrouille kommt, vorsichtig das Gelände
absuchend.)


CHOR
Auf Wache wir gehen,
Den Feind zu erspähen...
Man hört keinen Laut...
Kein Lichtschein zu sehen,
Und rings in den Zelten
Liegt alles im Schlaf.
Auf Wache wir gehen.
Bald künden Trompeten
Den nahenden Tag...
So kommt! 's ist alles still!

(Langsam graut der Morgen. Don Alvaro tritt, in
Gedanken verloren, ein.)


DON ALVARO
Ist mir niemals beschieden
Nur eine Stunde Ruhe?
Die Qual der Seele, ich ertrage sie nicht mehr!
Ruhe und Frieden such ich vergebens!
(Don Carlo tritt auf)

DON CARLO
Mein Hauptmann...

DON ALVARO
Wer ruft mich?
(Er erkennt Carlo.)
Du, laß für deine treue Pflege dir danken!

DON CARLO
Seid Ihr nun genesen von eurer Wunde?

DON ALVARO
Ja.

DON CARLO
Kräftig?

DON ALVARO
Wie früher.

DON CARLO
Sogar für ein Duell?

DON ALVARO
Mit wem?

DON CARLO
Habt Ihr denn keine Feinde?

DON ALVARO
Wer hat die nicht... Doch was soll das?
Ich kann nicht begreifen...

DON CARLO
Nicht? So habt Ihr nie gehört
Von dem Indianer Alvaro?

DON ALVARO
Ich bin verraten! Du Schurke!
Pflegst du so deine Schwüre zu halten?

DON CARLO
Nicht brach ich das Siegel,
Dies Bild gab mir Kunde: Vor Euch steht
Don Carlo di Vargas als Rächer!

DON ALVARO
Mit wütendem Drohen
Kannst du mich nicht schrecken..

DON CARLO
Nun zieht Euren Degen und stellt Euch zum Kampfe...

DON ALVARO
Ich fürchte den Tod nicht und weiß mich zu wehren,
Doch nicht gegen dich, dem als Freund ich verbunden.

DON CARLO
O schweigt! Dieses Wort wird durch Euch nur entweiht.

DON ALVARO
Ein unselger Zufall entriß dir den Vater,
Und sie, Leonora, blieb rein wie ein Engel!
Nun schauen sie beide dort vom Himmel nieder!
Sie mögen bezeugen, daß ich ganz frei von Schuld.

DON CARLO
Leonora wär tot?

DON ALVARO
In jener unseligen Nacht
Ward im Kampfe ich tödlich verwundet,
Ich suchte sie, ein Jahr lang verfolgt ich ihre Spur.
Doch bald schien mir sicher: Leonora sei tot.

DON CARLO
Wie schändlich gelogen!
Die Schwester fand Hilfe bei nahen Verwandten:
Ich suchte vergehens...

DON ALVARO
Wo war sie?

DON CARLO
Entflohen .

DON ALVARO (glückselig)
Sie lebt! O Freund!

DON CARLO
Ja, sie lebt!

DON ALVARO
Wie freudig schlägt mir das Herz!
Kannst du ermessen, was das bedeutet?

Ach, fühlst du nicht die Seligkeit,
Die mir die Nachricht bereitet?
Carlo! Sie lebt! O Seligkeit! O Freude!

DON CARLO
Leonora lebt, doch bald trifft sie der Tod!
Sie lebt, doch bald trifft sie der Tod!

DON ALVARO
Nein, wenn sie noch am Leben ist,
Sollst unsern Bund du segnen!
Eilen wir beide gemeinsam zu suchen,
Wo Leonora weilt.
Daß ich von edler Abkunft bin,
Schwör ich mit heilgen Eiden.
Leuchtend erstrahlt mein Adel!
Glaub mir, er ist dem deinen gleich.

DON CARLO
Wahnsinn! Wahnsinn! Für alle Zeiten
Wird des Vaters Gruft uns trennen!
Glaubst du im Ernst, ich könnte
Bruder nennen, der alles mir geraubt?
Ob hohen oder niedern Stamms,
Noch heute mußt du sterben,
Dann stirbt auch Leonora,
Weil sie ihr Blut verriet.

DON ALVARO
Was sagst du?

DON CARLO
Leonora stirbt.

DON ALVARO
O schweige!

DON CARLO
Ja, Leonora folgt dir zur Hölle!

DON ALVARO
Du stirbst als erster hier auf dieser Stelle!

DON CARLO
Rache! Und wehe Leonora,
Gibt mein Degen dir den Tod!
Denn soll er ihr Herz durchbohren,
Noch von deinem Blute rot!

DON ALVARO
Rache! Glaube nur:
Banditen schafft mein Degen harte Not!
Deine Stunde hat geschlagen.
Auf, bereite dich zum Tod!

DON ALVARO,
DON CARLO
Auf! Zum Tod!
(Sie ziehen die Degen und kämpfen wutentbrannt
miteinander. Die Lagerwache eilt herbei, um sie zu
trennen.)


CHOR
Halt! Auseinander!

DON CARLO (wutentbrannt)
Nein! 's geht um Leben und Sterben

CHOR
Macht diesem Kampf ein Ende!

DON ALVARO (für sich)
Herrgott! Erbarm dich meiner müden Seele!

DON CARLO
Ich schwur ihm Tod!

CHOR (zu Don Carlo, der sich zu befreien sucht)
Laß ihn!

DON CARLO (zu Alvaro)
Du Mörder meines edlen Vaters!

DON ALVARO
Was soll nun werden? Die Güte Gottes
Erleuchte gnadenvoll meinen Geist...
Im Kloster, in Einsamkeit, am heilgen Altare
Wird Trost und Vergessen der Seele zuteil.
(Er tritt ab. Alle verlassen nach und nach die Szene. Die
Sonne geht auf. Der Weckruf, Trommeln und
Trompeten erklingt. Die Szene belebt sich allmählich.
Spanische und italienische Soldaten aller
Waffengattungen kommen aus den Zelten, putzen
Gewehre, reinigen Uniformen, usw. Marketenderinnen
bieten Getränke, Früchte, Brot, usw. feil. In einer Bude,
erhöht stehend, betätigt sich Preziosilla als
Wahrsagerin. Äußerst lebhaftes Treiben.)

CHOR
Trommeln wirbeln, Pfeifen schallen
Und die Donnerbüchsen knallen!
Froh im Winde weht das Banner!
Jauchzend, jubelnd folgt man ihm nach!
Ein Soldat hat keine Sorgen,
Fragt nach gestern nicht und morgen,

Seine einzigen Gedanken
Gelten nur dem heutgen Tag.

PREZIOSILLA (zu den Frauen)
Herbei, ihr hübschen Mädchen,
Und zeigt mir eure Hände!
Ich mach euch das Geheimnis
Der Zukunft offenbar!
(zu den Soldaten)
Heran, ihr wackern Krieger,
Ich will euch ehrlich sagen,
Wem seine Liebste treu ist,
Und wem sie untreu war.

CHOR
Geht doch zu der Prophetin!
Sie will euch ehrlich sagen,
Wem seine Liebste treu ist
Und wem sie untreu war.
Herbei, herbei, ihr Leute.

SOLDATEN
Gebt uns zu trinken, ihr Mädchen!
(Marketenderinnen reichen ihnen Getränke)
SOLDAT
Auf unsere Gesundheit!

ALLE (trinken)
Prosit!
(Die allgemeine Aufmerksamkeit richtet sich auf den
Hausierer Trabuco, der aus seinem Laden links
herauskommt, um den Hals einen Kasten mit
Trödelkram tragend.)


TRABUCO
Wer möchte kaufen billige Waren,
Scheren, Nadeln, duftende Seifen?
Doch habt ihr Leute etwas zu bieten,
Kauf ich selber zu gutem Preis.
SOLDAT
Hier ist ein Halsband; was gibst du mir?

EIN ANDERER
Ich hab 'ne Kette; schau her! Was zahlst du?

EIN ANDERER
Ohrringe hab ich; kaufst du sie ab?

ALLE (zeigen ihm Uhren, Ringe usw.)
Sag, was du zahlen willst...

TRABUCO
Was ich da sehe,
Ist lauter wertloser Plunder.

ALLE
Wertloser Plunder ist deine Visage!

TRABUCO
Nicht gleich so aufgeregt! Ich nehm's ja schon...
Für jedes Stück zahl ich dreißig Soldi.

ALLE
Du bist ein Gauner!

TRABUCO
Nur nicht so hitzig! Man darf doch handeln!
Ich zahl was drauf, und dann sind wir einig.
Gebt mir die Sächelchen.

ALLE
Erst die Moneten!
Laßt einmal sehen, ob sie auch echt sind!...

TRABUCO
Erst eure Ware... dann die Bezahlung.

ALLE (geben ihm die Sachen)
Da nimm.

TRABUCO (nimmt die Sachen an sich und zahlt)
Gib her! Nur weiter, nur weiter!

ALLE (treiben ihn weg)
Nimm! Pack dich!

TRABUCO (für sich, ins Fäustchen lachend)
So haut man Dumme übers Ohr!
(laut)
Wer möchte kaufen billige Waren.
(Er geht nach der anderen Seite des Lagers. Die Vorigen,
dazu bettelnde Bauern mir Kindern an der Hand.)

BAUERN
Ach, erbarmt euch unsrer Not,
Geht uns doch ein Stückchen Brot!
Unser Haus der Krieg zerstörte,
Unser Feld der Feind verheerte!
(Die Vorigen und einige frisch eingezogene jammernde
Rekruten.)

REKRUTEN
Von unsern Müttern, die weinen und klagen,
Riß uns ein grausames, hartes Geschick!
Kaum kann die Liebste die Trennung ertragen.
Schickt uns doch wieder nach Hause zurück!

MARKETENDERINNEN
(fröhlich umringen sie die Rekruten und schenken
ihnen Wein ein.)

Nur nicht weinen, arme Knaben,
Statt der Mütter und der Bräute
Findet ihr hier brave Schwestern,
Die euch trösten Tag und Nacht!
Wir sind auch nicht zu verachten!
Darum trocknet eure Tränen.
Warum sich nach andern sehnen,
Wenn auch hier die Liebe lacht?!

PREZIOSILLA
(tritt unter die Rekruten und nimmt einige am Arm und
sagt im Spaß:)

Es ist wahrlich eine Schande!
Diese Buben, sie benehmen sich wie Narren!
Sehn die Mädchen eure Tränen,
Lachen sie euch alle aus.
Laßt von mir euch prophezeien:
schaut euch um in diesem Kreise,
Und ihr findet mehr als eine,
Die euch süßen Trost gewährt.
Auf, nun, fasset Mut!

ALLE
Wir sind wirklich liebe Schwestern!
Warum sehnt ihr euch nach andern,

Wenn euch hier die Liebe lacht?
Die Buben sollen leben!
(Die Marketenderinnen nehmen die Rekruten ungeniert
am Arm, und es beginnt ein lebhafter allgemeinerTanz.
Melitone tritt auf; der in den Tanzwirbel mitgerissen
und im ersten Augenblick gezwungen wird, mit den
Marketenderinnen zu tanzen. Es gelingt ihm endlich,
sich zu befreien, und er ruft im Predigtton:)


MELITONE
Ho, ho! Heißa juchhei! Hier geht's ja hoch her!
Ist denn so etwas möglich? 's ist nicht zu glauben!
Eure armen Seelen mit frommem Trost zu ölen,
Dazu kam ich her! Was seh ich?
Ist dies ein Lager von Christen?
Seid ihr denn Türken?
Sah man wohl jemals weit und breit, daß man
Den heilgen Sonntag so entweiht? Mächtiger ziehen
Die Bouteillen euch an, als die Bataillen!
Statt Buße zu tun in Sack und Asche,
Leert ihr weidlich dem Wandrer Pack und Tasche!
Und lieber als Messen und Litaneien
Sind eure Karessen und Liebeleien!
Statt durch Gebet euch zu stählen im Glauben,
Denkt ihr an Sengen. an Stehlen und Rauben!
Und jedes Bistum verwandelt eure Wut in eitel
Wüsttum. Nicht sicher ist der Kelch im Tabernakel!
Alles geht durcheinander!
Und woher kommt's?
Pro peccata vestra, von euren vielen Sünden.

SOLDATEN
Halt deinen Schnabel!

MELITONE
Ihr verhöhnt die heilgen Feste
Durch Raufen und durch Saufen!

ITALIENISCHE SOLDATEN
Verdammte Kutte!

SPANISCHE SOLDATEN
Mach nur weiter, Pfaffe!

MELITONE
Ich kenn euch längst! Ihr alle seid ja Ketzer:
Einer wie der andere!
Alle schwimmt ihr in Lastern und in Sünden.
Doch Geduld! Seinen Lohn wird jeder finden!
Euch ist gesichert lange schon die Stelle
In dem ewigen Flammenpfuhl der Hölle!

ITALIENISCHE SOLDATEN (umzingeln ihn)
Laufe! Laufe!

SPANISCHE SOLDATEN (verteidigen ihn)
Nein, zum Himmel!

ITALIENISCHE SOLDATEN
Geh zum Teufel!
(Sie trachten danach ihn zu schlagen, aber er
entkommt ihnen, immer weiter predigend.)


PREZIOSILLA
(zu den Soldaten, die ihm nachlaufen)
Ach, laßt den Schwätzer laufen!
Mit Pfaffen sich zu raufen! Welche Torheit!
Ihr hört nicht! So muß der Trommel Klang ihn retten.

(Sie ergreift die erstbeste Trommel und trommelt. Die
Soldaten laufen eiligst herbei, dazu der ganze Troß.)


PREZIOSILLA und CHOR
Rataplan, rataplan, rataplan, heil dem Sieger.
Dem Soldaten weist die Trommel zur Ehre di Bahn!
Rataplan, rataplan, rataplan, heil dem Sieger.
Jedem Sieger gehen wirbelnd, die Trommeln voran!
Rataplan, auf zum Kampfe!
Rataplan, trommeln schützen in jeder Gefahr!
Rataplan, und zu Boden sinkt
Die Fahne der feindlichen Schar!
Rataplan, pfui dem Feigling, der im Kampfe
Zur Flucht sich hat gewandt!
Rataplan, doch wer wacker sich geschlagen,
Wird nach Jahren noch von Enkeln genannt.
Rataplan, rataplan, heil dem Sieger,
Der im Kampfe den Lorbeer gewann!
Rataplan, rataplan, nach dem Siege
Grüßt die Trommel den tapfersten Mann.
Rataplan, rataplan!
(Alle eilen fort.)

 
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt

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