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La forza del destino” by Giuseppe Verdi libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt
VIERTER AKT

Umgebung von Hornachuelos

Erste Szene

Im Kloster „Madonna degli Angeli". Ein baufälliger
Säulengang umgibt einen kleinen Hof mit Orangen,
Oleander und Jasmin. Links das Tor zur Landstraße;
rechts eine Tür mit der Aufschrift: Clausura.
(Pater Guardiano geht, versunken in seinem Brevier
lesend, auf und ab. Von links tritt eine Schar Bettler
aller Altersstufen auf, primitive Näpfe, Teller und
Schüsseln in den Händen.)


CHOR DER BETTLER
Habt doch Barmherzigkeit...
Laßt nicht so lang uns stehen,
Wir müssen wieder gehn.
Barmherzigkeit!
(Fra Melitone kommt von rechts, eine große weiße
Schürze vorm Bauch, und schleppt mit Hilfe eines
Laienbruders einen großen Kessel herbei. Der
Laienbruder geht wieder ab.)


MELITONE
He! Seid ihr in der Schenke? Ruhe!
(teilt die Suppe aus.)

BETTLER (drängelnd und stoßend)
Hier, mir zuerst.

MELITONE
Ruhe! Ruhe! Ruhe! Ruhe!

DIEALTEN MÄNNER
Das nenne ich Portionen.
So viel bekam ich nie!
Seht nur, die kriegt gleich dreimal...

EINE BETTLERIN (zu Melitone)
Ich will vier . .

BETTLER
Sie will vier!

DIE BETTLERIN
Ja! Ich habe doch sechs Kinder...

MELITONE
Warum hast du denn sechs?
DIE
BETTLERIN
Mir schenkte sie der Himmel.

MELITONE
Ach was, der Himmel... Das wär anders,
Wenn man sich mehr kasteite, mit einer scharfen
Geißel den Rücken sich zerbläute.
Und zu der Jungfrau Ehre des Abends
Fleißig sänge ein keusches Miserere...

GUARDIANO
Sei still...

MELITONE
Ist mit der Armut die Fruchtbarkeit gepaart?
Fast könnte es so scheinen!

GUARDIANO
Behandle sie als Christ.

DIE ALTEN MÄNNER
Ist wohl von dieser Brühe noch etwas für uns übrig?

MELITONE
Die gute Gabe Gottes
Bezeichnet ihr als Brühe?

BETTLER (ihre Teller hinhaltend)
Gib her, Pater, gib her, usw.

MELITONE
Gesindel, geht zum Henker
Und laßt das laute Schreien,
Sonst soll euch hier mein Löffel
Den Buckel benedeien! usw.

GUARDIANO
Hab Geduld!

BETTLERINNEN
Barmherziger und milder war Pater Raffael!

MELITONE
Ja, ja, doch nach acht Tagen
Entsagte er auf immer
Den Armen und der Suppe,
Und blieb auf seinem Zimmer;
Er lud auf meinen Rücken
Die Plackerei und Mühe,
Und ich hab alle Tage
Den Ärger mit der Brühe!

GUARDIANO
Es ist die erste Christenpflicht,
Den Bittenden zu Geben.

MELITONE
Diesen Leuten, die das Betteln
Zum Daseinszweck erheben?
Gebt acht auf unsern Glockenturm,
Die stehlen wie die Raben.
Und nennen dann noch „Brühe",
Ja „Brühe" Gottes Gaben...
Gesindel!
Und nennen dann, usw.

BETTLERINNEN
Oh, der Pater Raffaele! usw.
MÄNNER
Er war ein Heiliger, ein Engel! usw.

MELITONE
Hört doch nur auf zu schreien!

BETTLER
Ein Heiliger! Ein Heiliger!
Ja, ja, ja, ja, ein Heiliger! usw.

MELITONE
(stößt mit einem Fußtritt den Kessel um)
Hört zu: Den Rest da schenk ich euch,
Doch haltet euren Schnabel! usw.
Fort, und verlaßt den Klosterhof,
Sonst könnt ihr was erleben!
Verlaßt den Klosterhof, usw.

Zu eurem Ahnherrn Lazarus
Könnt ihr in Frieden gehn.
Marsch fort, Gesindel, und läßt euch nie mehr sehn!
Schert euch fort! Jetzt hab ich es endlich satt!
Zu eurem Ahnherrn Lazarus, usw.

BETTLER
Oh, der Pater Raffaele!
Er war ein Engel! Er war ein Heiliger! usw.

MELITONE
Zu eurem Ahnherrn Lazarus, usw.

BETTLER
Der Pater Raffaele!
Er war ein Engel! Ein Heiliger! usw.

MELITONE
Fort, und verlaßt den Klosterhof!.
...Ihr Gesindel! Marsch, hinaus! usw.
(Wütend treibt der Mönch alle aus dem Klosterhof,
dann holt er ein Taschentuch aus seinem Ärmel,
trocknet sich damit die Stirn. Am Tor wird heftig
geläutet.)

GUARDIANO
Wer mag das sein? Geh öffnen...
(Er tritt ab. Fra Melitone öffnet die Türe. Don Carlo, in
einen großen Mantel gehüllt, tritt ohne Zögern ein.)

DON CARLO (herablassend)
Seid Ihr der Pförtner?

MELITONE (für sich)
Was soll die dumme Frage!
(laut)
Ihr seht ja: ich öffne...

DON CARLO
Lebt hier ein Pater Raffael?

MELITONE (für sich)
Was will er?
(laut)
Wir haben zweie!
Einer ein Weinfaß, mächtig,
schwerhörig wie ein Maulwurf, der andere
hager, dunkel, mit Augen...
(für sich)
Was für Augen!
(laut)
Welchen meint Ihr?

DON CARLO
Den aus der Hölle.

MELITONE (für sich)
Das ist er... Das ist er...
(laut)
Wen soll ich melden?

DON CARLO
Einen Kavalier...

MELITONE (für sich)
Ein Prahlhans! Wie der sich aufbläst!
(Fra Melitone tritt ab.)

DON CARLO
Umsonst, Alvaro, suchtest du hier im Kloster,
Im Gewande des Mönches Schutz vor dem Rächer
Deiner Tat. Den Weg zu diesem Kloster hat mir mein
Haß gezeigt und der heiße Durst nach Rache, und
Keinen gibt's auf der Welt, der uns noch trennte!
Dein Blut, allein dein Blut kann die Schande tilgen,
Die meine Ehre befleckte. Ja, fließen soll dein Blut!
Ich schwör's beim Himmel!
(Don Alvaro, in eine Mönchskutte gehüllt, tritt ein.)

DON ALVARO
Mein Bruder...

DON CARLO
So erkennst du mich?

DON ALVARO
Don Carlo! Du! Du lebst noch!

DON CARLO
Dich such ich seit fünf Jahren,
Und endlich, endlich hab ich dich gefunden...
Mit deinem Blute büßt du mir
Die Schande meines Hauses!
Es steht im Buch des Schicksals:
Du stirbst durch meine Hand!
Wenn aus dem Krieger ein Mönch nun ward,
Der Waffen nicht mehr trägt:
Heut mußt du doch den Degen ziehn!
Wähle: einer ist für dich!

DON ALVARO
Ich war ein Weltkind, ich weiß es...
Jetzt aber zeigt mein Büßerkleid,

Daß ich mein ganzes Leben
Fortan der Reu geweiht.
Drum zwing mich nicht, ich kämpfe nicht.

DON CARLO
O glaub nur nicht, ich ließe mich erweichen!
Du Feigling, komm und kämpf mit mir!

DON ALVARO (wutentbrannt)
Ein Feigling! Ich ein Feigling! Nein! Nein!
(versucht sich zu beherrschen)
Steh du mir bei, mein Heiland!
(zu Don Carlo)
All dein Drohen und dein Schmähen
Mag im Windeshauch verwehen,
Sei mein Bruder und verzeih!
Verzeihe mir, verzeih!
Kannst du kränken einen Menschen,
Der vom Schicksal so geschlagen?
Laß gemeinsam uns es tragen,
[Vergib, was einst geschah!

DON CARLO
Du wagst, Bruder mich zu nennen.
Du entehrtest meine Schwester,
Die du schnöde dann verlassen
Und gestürzt in tiefes Leid!

DON ALVARO
Unbefleckt blieb ihre Ehre!
Schenke Glauben dem Schwur des Priesters!
Wie ich sie auf Erden liebte,
Lieben Wesen reiner Sphären,

Und mir ahnt, daß Leonora
Mich mit gleicher Reinheit liebt.

DON CARLO
Dieses mönchische Gewinsel
Kann die Wut in mir nicht töten.
Nimm die Waffe, du Verräter,
Und stell dich endlich mir zum Kampf!

DON ALVARO
Rührt dich nicht mein heißes Flehen,
Spricht mein Jammern nicht zu dir,
Sieh, was nie ein Mensch gesehn:
Auf den Knien lieg ich hier.
(Er kniet vor Don Carlo.)

DON CARLO
Ha! Den Makel deiner Herkunft
Zeigst du klar mit solcher Haltung!

DON ALVARO (zornig aufspringend)
Ohne Makel ist mein Adel!

DON CARLO
Ja, vielleicht bei den Mulatten!

DON ALVARO (seiner selbst nicht mächtig)
Diesen Schimpf sollst du mir büßen!
Gib mir den Degen!
(Er greift nach einem Degen.)
Zum Kampfe!

DON CARLO
Also endlich!

DON ALVARO (ruhiger)
Nein... Nein... Die Hölle soll nicht siegen...
Geh, verlaß mich...
(Er wirft den Degen fort.)

DON CARLO
Hältst du mich für einen Narren?

DON ALVARO
Geh!

DON CARLO
Willst du Feigling es nicht wagen,
Dich im Kampf mit mir zu schlagen,
Nun, so fühle deine Schande...
(Er schlägt ihm ins Gesicht.)

DON ALVARO (voller Wut)
Ha, der Degen soll entscheiden!
Rache!
(Er rafft den Degen auf)

DON CARLO
Rache! Dein harrt der Tod!

DON CARLO und
DON ALVARO
Ach! Rache!
Dein harrt der Tod!
(Beide stürmen hinaus.)

Zweite Szene

Vor Leonoras Klause
Tal zwischen unersteigbaren Felsen, von einem
Gießbach durchflossen. Links im Hintergrund führt eine
Tür zu einer Behausung. Die Sonne geht unter.
Langsam bricht die Dunkelheit herein, der Mond geht
in vollem Glanze auf.

(Leonora, bleich, entstellt, kommt in tiefinnerer
Erregung aus ihrer Behausung.)


LEONORA
Frieden, mein Heiland,
Schenke mir Frieden!
Ach, diesem Jammer erliegt mein armes Herz!
Seit wieviel Jahren
Quält sich meine Seele
In Leid und bittrem Schmerz.
Ich liebte ihn!
War er doch schön und edel,
Wie keiner auf der Welt!
Ich lieb ihn noch: aus dem gequälten Herzen
Wird nie sein Bild entfliehn! O welch ein Los!
Ich denke sein bei Tag und Nacht...
Wenn hienieden auch
Schwere Schuld uns trennt.
Alvaro, ich lieb dich,
Doch steht im Buch des Schicksals,
Daß ich dich nie mehr seh.
Mein Herrgott! Laß mich sterben;
Denn die Ruhe gibt einzig mir der Tod.
Erlöse mich aus dieser Not
Und ende dieses Daseins Qual.

(Sie geht zu einem Felsen, auf der die Nahrung liegt,
die Pater Guardiano für sie hinterlassen hat.)
Nahrung, du scheinst mir nur gesendet,
Mein Elend zu verlängern! Das sind Menschen!
Wer wagt, die heilge Klause zu entweihen?
Wer es auch sein mag, er soll verdammt sein!
(Sie kehrt in die Behausung zurück, die sie hinter sich
verschließt.)

DON CARLO (hinter der Szene)
Ich sterbe... Ich will beichten...Helft meiner Seele...

DON ALVARO (tritt mit gezücktem Degen ein)
Nun floß erneut das Blut eines Vargas...

DON CARLO
Ich will beichten...

DON ALVARO (den Degen fortwerfend)
Nein, ich bin nicht würdig,
Doch ich ruf den Eremiten...
(Er läuft zu der Klause und klopft an die Tür.)
Gebt einem Sterbenden den letzten Trost.

LEONORA (von drinnen)
Ich darf nicht!

DON ALVARO
Mein Bruder! Im Namen unsres Herrn!

LEONORA
Ich darf nicht!

DON ALVARO (stärker klopfend)
Die Zeit drängt...

LEONORA (die Glocke läutend)
Zu Hilfe! Zu Hilfe!

DON ALVARO
Ihr müßt helfen!
(Leonora erscheint in der Tür.)

LEONORA
Ihr Verwegnen. entflieht dem Zorne des Himmels!

DON ALVARO
Ist es möglich? Die Stimme! Nein, nein...
Es ist Täuschung...

LEONORA (Alvaro erkennend)
Alvaro!

DON ALVARO
Du! Leonora...

LEONORA
Bist du's Alvaro?
Endlich seh ich dich wieder...

DON ALVARO
Fliehe vor mir, denn meine Hände
triefen vom Blute... Sieh dorthin...

LEONORA
Ich versteh nicht...

DON ALVARO (zeigt zum Wald hin)
Dort liegt ein Mann, der stirbt...

LEONORA
Bist du sein Mörder?

DON ALVARO
Alles versuchte ich, den Kampf zu meiden,
Ich lebte nur der Buße.
Er kam ins Kloster, reizte mich, so kam es...

LEONORA
Wer war es?

DON ALVARO
's war dein Bruder!

LEONORA
Mein Bruder!
(Sie eilt in den Wald.)

DON ALVARO
Grausames Schicksal, kannst du so meiner spotten?!
Noch lebt Leonora, aber ich fand sie wieder an diesem
Tag, da ich vergossen hab das Blut des Bruders.

LEONORA (hinter der Szene)
Ah!

DON ALVARO
Wer schreit da? Leonora!?
(Leonora, gestützt von Pater Guardiano, tritt
verwundet auf)
Bist du verwundet?

LEONORA (sterbend)
Sogar im Sterben konnt er nicht verzeihen.
Er rächte meine Schuld mit meinem Blute.

DON ALVARO
Ist die Rache des Himmels denn noch nicht vollendet!?
Ich fluch dem Himmel!

GUARDIANO (ernst)
Bruder, in Demut beuge dich vor deinem Gott,
Der gerecht und heilig,
Der uns führt zu ewgen Freuden
Über die Pfade des Leidens...
Zähme dein Wüten und lästre Gott nicht mehr,
Flehe zum Herrn um Gnade.
Sieh! Schon schwebt dieser reine Engel
Zum Throne unsres Herrn... Beuge dich!

LEONORA
Büße und bete!
Am Thron des Herrn fleh ich um Gnade.

DON ALVARO
Verdammt bin ich, verworfen auf ewig!
Uns trennt ein Strom von Blut für alle Zeit...

LEONORA
Büße und bete!

GUARDIANO
Wirf dich auf die Knie!

LEONORA
Am Thron des Herrn fleh ich um Gnade. Bete!

DON ALVARO
Aus deinen Worten spricht unser Herrgot selbst zu mir...
(Er stürzt vor ihr auf die Knie.)

GUARDIANO
Wirf dich auf die Knie!

DON ALVARO
Leonora, ja, mir hat Gott vergeben,
Der Himmel hat vergeben die Schuld!

LEONORA und GUARDIANO
Himmel! Gelobt seist du, o Herr!

LEONORA (zu Alvaro)
Freudig geh ich voran zu Gott
In seinen ewgen Frieden...
Da enden Streit und Rache,
Nur noch die Liebe bleibt.

DON ALVARO
Du läßt mich hier allein zurück
Und fliehst in bessre Welten! Weh mir!
Und ich allein bin an all dem Elend schuld!
Ach Geliebte, hab mit mir Erbarmen!

GUARDIANO
Heilig durch ihre Leiden
Schwebt sie zu Gottes Thron empor...
An ihrem Tod
Zeigt sich die Gnade unsres Herrn!

LEONORA
Ich seh dich wieder, Alvaro...

DON ALVARO
Ach. verlaß nicht nicht, Leonora, ach, nein...

GUARDIANO
An ihrem Tod, usw.

LEONORA
Alvaro, ich werde... Ah!
(Sie stirbt.)

DON ALVARO
Sie stirbt.

GUARDIANO
Sie ging zu Gott!

 
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