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“La traviata” by Giuseppe Verdi libretto (German)
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt |
Salon in Violettas Haus. Im Hintergrund eine Tür, die in einen anderen Raum führt; seitlich zwei weitere Türen. Links ein Kamin mit einem Spiegel über dem Kaminsims. In der Mitte des Raumes eine sehr große, reichgedeckte Tafel. (Violetta sitzt auf einem Sofa und unterhält sich mit Dr. Grenvil und anderen Freunden. Einige ihrer Freunde gehen umher und begrüßen verschiedene ankommende Gäste. Unter ihnen befinden sich der Baron und Flora, begleitet vom Marquis.) I. CHOR Warum kommt Ihr so spät zu unserem Feste? II. CHOR Wir spielten bei Flora und vergaßen beim Spiele die Zeit. VIOLETTA (geht und begrüßt sie) Flora! Ihr Freunde! Laßt uns die letzten Stunden durch Frohsinn und Freude vertreiben. Nehmt Euer Glas, stürzt Euch ins Fest. FLORA, MARQUIS Und Ihr amüsiert Euch mit uns? |
VIOLETTA Ja, ich will's; ich geb mich der Freude hin, denn sie vertreibt jeden Schmerz. ALLE Ja, das Leben bringt Freude und Lust. (Der Graf Gastone de Letorières tritt ein mit Alfredo Germont. Diener sind mit der Tafel beschäftigt.) GASTONE Euch, meine Freundin, stelle ich vor Alfredo Germont, der Euch innig verehrt; nur wenig Freunde kommen ihm gleich. VIOLETTA (Sie reicht Alfredo ihre Hand zum Kuß.) Mein lieber Graf, Dank für die Ehre! MARQUIS Teurer Alfredo... ALFREDO Herr Marquis... (Sie reichen sich die Hände.) GASTONE (zu Alfredo) Sagt ich's nicht: hier amüsiert sich's in Freude und Lust! (In der Zwischenzeit haben die Diener den Tisch fertig vorbereitet.) VIOLETTA Ist alles bereit? (Ein Diener nickt zustimmend.) |
Meine Freunde, zur Tafel! Heiter sei jedes Herz und fröhlich. ALLE Das ist wahr; die heimlichen Sorgen entfliehen, wenn uns die Tafel winkt. (Sie nehmen an der Tafel Platz. Violetta sitzt zwischen Alfredo und Gastone. Flora sitzt ihr gegenüber zwischen dem Marquis und dem Baron. Die übrigen Gäste nehmen ihre Plätze um die Tafel ein. Ein Augenblick des Schweigens während das Essen serviert wird. Violetta und Gastone flüstern miteinander.) Und dem Genusse öffne sich Euer Herz! GASTONE An Euch muß Alfredo immer denken. VIOLETTA Ihr scherzt wohl? GASTONE Bei Eurer Krankheit neulich fragte er täglich nach Eurem Ergehen. VIOLETTA Was sagt Ihr? Bin ihm doch unbekannt. GASTONE Glaubt meinen Worten. VIOLETTA Ist es wahr? Doch weshalb? Ich begreif es nicht. |
ALFREDO Ja, nur zu wahr. VIOLETTA Nehmt meinen Dank, mein Herr. Und Euch, Baron, war dies kein Beispiel? BARON Ich kenn' Euch erst ein Jahr. VIOLETTA Bei ihm sind es ein paar Minuten. FLORA (zum Baron) Ihr hättet besser taktvoll geschwiegen. BARON (leise zu Flora) Dieser Jüngling mißfällt mir. FLORA Warum? Ich finde ihn recht sympathisch. GASTONE (zu Alfredo) So schweigsam amüsierst du dich? MARQUIS (zu Violetta) Vielleicht kann Violetta ihn ermuntern! VIOLETTA Darf ich Hebe Euch sein? ALFREDO Unsterblich wie jene wünsche ich Euch. |
ALLE Trinken wir! Erhebet das Glas! GASTONE O Baron, habt Ihr nicht einen Trinkspruch, der diese frohe Stunde würzen könnte? (Der Baron schüttelt den Kopf.) Alfredo, und du? (Alfredo zunickend) ALLE Ja, ja, ein Trinkspruch. ALFREDO Leider bin ich kein Dichter. GASTONE Ich kenn' dich doch, ein Meister bist du! ALFREDO (zu Violetta) Ist es auch Euer Wunsch? VIOLETTA Ja. ALFREDO (erhebt sich) Ja? Dann mit ganzem Herzen! MARQUIS So hört ihn an... ALLE Ja, wir lauschen seinem Lied. |
ALFREDO Auf, schlürfet in durstigen Zügen den Kelch, den die Schönheit kredenzt: die flüchtigen Stunden entfliegen. Drum fröhlich die Stirne bekränzt. Empfindet das himmlische Leben, denn Liebe ist höheres Leben. Ist himmlische, selige Lust! (auf Violetta zeigend) Den Kelch, den die Schönheit kredenzt. Der Liebe erschalle ein Hoch! Die Liebe, sie lebe hoch! ALLE Der Liebe erschalle ein Hoch! Die Liebe, sie lebe hoch! VIOLETTA (erhebt sich) Wer fröhlich das Leben genießet, der ist mir willkommen als lieber Gast; denn was nicht dem Frohsinn entsprießet, ist Torheit und drum mir verhaßt. Wir wollen der flüchtigen Wonne, so lange sie blühet uns weihn, sie sei unser Licht, unsere Sonne und strahle dem trauten Verein. Wer fröhlich das Leben genießet, der ist mir willkommen als lieber Gast. ALLE Auf, füllet die Becher! Es schalle der Jubel, die Freude vertreibe die Nacht; des Liedes Begeisterung werde dem Morgen entgegengebracht. |
VIOLETTA (zu Alfredo) Nur Heiterkeit würzet das Leben! ALFREDO (zu Violetta) Für den, der Liebe nicht kennt. VIOLETTA O kann es wohl Höheres geben? ALFREDO Dem nicht, dem hier es nicht brennt. ALLE Auf, füllet die Becher, es schalle der Jubel. Die Freude vertreibe die Nacht; des Liedes Begeisterung werde dem Morgen entgegengebracht. (Musik dringt aus einem angrenzenden Raum.) Was gibt's dort? VIOLETTA Nun folgt, wenn's Euch beliebt. ALLE Sehr charmant fürwahr! Wir wollen tanzen. VIOLETTA Wohlan, so gehen wir. (Beim Abgang durch die Mitteltür erbleicht Violetta plötzlich.) O Himmel! ALLE Was ist Euch? |
VIOLETTA Nichts, gar nichts. ALLE Warum bleibt Ihr zurück? VIOLETTA So folgt mir. (Sie geht ein paar Schritte, muß dann aber stehen bleiben und sich setzen.) O Gott! ALLE Da ist es wieder! ALFREDO Seid ihr leidend? ALLE So sagt, was ist Euch? VIOLETTA Ein Zittern ergreift mich. Geht dort hinüber. (Sie zeigt auf einen anderen Raum.) Bald werd' ich Euch folgen. ALLE Nach Eurem Wunsche. (Alle gehen in den anderen Salon hinüber, außer Alfredo.) VIOLETTA (schaut in den Spiegel) O wie blaß bin ich! |
(sich umdrehend erblickt sie Alfredo.) Ihr hier? ALFREDO Seid ihr vom bösen Schmerz jetzt wieder befreit? VIOLETTA Es geht mir besser. ALFREDO O denkt an Euch selbst, schont doch Euer Leben, das mir so teuer ist. VIOLETTA O, könnt' ich ein neues Leben... ALFREDO Wenn Ihr erst mein wäret, ich würde in treuer Sorge über Euch wachen, behutsam Euch schützen. VIOLETTA Was sagt Ihr? Niemand auf Erden nahm sich meiner an. ALFREDO (leidenschaftlich) Liebt Euch denn kein Mensch auf der Welt? VIOLETTA Niemand? ALFREDO Ich ausgenommen! |
VIOLETTA Ach, freilich, ich habe Eure große Liebe nur vergessen. ALFREDO Ihr lacht... und die Stimme Eures Herzens? VIOLETTA Mein Herz, wer fragt danach... Was kümmert's Euch? ALFREDO O hörtet Ihr seine Stimme, dann könntet Ihr nicht scherzen. VIOLETTA Und sprecht Ihr auch wahr? ALFREDO Ich belüg' Euch nicht. VIOLETTA Wie lang' ist's her, seit Ihr mich liebt? ALFREDO Seit einem Jahr schon. So hold, so reizend und engelsmild standst du vor meinen Blicken; nie füllte so mich ein Frauenbild mit himmlischer Wonn' und Entzücken. Liebe, ach, Liebe, allmächt'ges Gottesherz, das die ganze Welt beweget, Liebe, die mit Wonne und sel'gem Schmerz jede Brust erreget. |
VIOLETTA Redet Ihr wahr, so fliehet mich, Freundschaft nur kann ich geben. Denn gegen Liebe sträubet sich mein ganzes heit'res Leben! Offen und frei muß bitten ich, anderen Euch zu weihen, und zu vergessen mich, zu meiden, es wird nicht schwer Euch sein. ALFREDO Liebe, die mit Wonne und sel'gem Schmerz jede Brust erreget. VIOLETTA Und zu vergessen mich, es wird nicht schwer Euch sein. GASTONE (eintretend) Was ist mit Euch? Wo bleibt Ihr? VIOLETTA Wir neckten uns... GASTONE Haha! ganz gut... Bleibt hier. (Er zieht sich zurück.) VIOLETTA Liebe... nichts mehr von ihr. Wollt' Ihr's versprechen? ALFREDO Ich muß gehorchen. Lebt wohl. |
VIOLETTA (nimmt eine Blume von ihrem Busen) Ihr wollt schon gehen? Nehmt diese Blume! ALFREDO Wozu? VIOLETTA Bringt sie mir wieder. ALFREDO Und wann? VIOLETTA Wenn ihre Blätter welken. ALFREDO O Himmel! Schon morgen... VIOLETTA Nun ja, schon morgen! ALFREDO (überglücklich die Blume annehmend) Ich bin so glücklich! VIOLETTA Sagt's noch einmal, Ihr liebt mich? ALFREDO (im Begriff zu gehen) O unaussprechlich lieb' ich Euch. VIOLETTA Ihr geht? |
ALFREDO (geht auf sie zu und küßt ihre Hand) Ich scheide. VIOLETTA Addio. ALFREDO Von dir will ich nicht lassen. ALFREDO, VIOLETTA Addio, addio. (Alfredo geht hinaus. Die anderen Gäste, erhitzt vom Tanzen, treten wieder in den Salon ein.) ALLE Schon erstrahlt die Morgenröte. Und die Zeit ruft uns nach Haus. Dank Euch, holdeste der Frauen, für den festlich schönen Schmaus. Voll von Festen ist die Stadt, und im Rausch verfliegt die Zeit; nur durch Ruhe finden wir Kraft zu neuer Fröhlichkeit. (Sie gehen hinaus.) VIOLETTA (allein) 's ist seltsam! Im Herzen tönt stets seine liebe Stimme mir. Ist's ein ünglück, wahrhaft zu lieben? Was fühlst du, o zerrißne Seele? Für niemand erglühtest du - o Freude, die ich nie gekannt, wahrhaft geliebt zu werden. Ich sah den Himmel nicht, als mich der Taumel des Genusses umfangen hatte. |
Er ist es, dessen wonnig Bild mir wie aus weiten Fernen, mitten im Taumel lauter Lust leuchtete gleich den Sternen. Er, der an meiner Schwelle stand, sich sorgte um mein Leben, der mich fiebern, beben macht, jetzt vor der wahren Liebe. Liebe, ach Liebe, allmächt'ges Gottesherz, das die ganze Welt beweget, Liebe, die mit Wonne und sel'gem Schmerz jede Brust erreget... O Torheit, Torheit! Eitler Wahn! Du armes Mädchen, allein, einsam und verlassen in dieser rauschenden Wüste, die sich Paris nennt, was kann ich hoffen? Was soll ich beginnen? O Freude, die ich nur im Taumel der Lust empfinde. Fröhlichkeit, ja, Fröhlichkeit. Von der Freude Blumenkränzen sei mein Leben heiter durchzogen; auf des Jubels lust'gen Wogen rauschen schnell die Tage dahin. Jeder Morgen soll als Bote neue Feste fröhlich künden. Jeder Abend soll mich finden, wo die Lust man frei genießet! ALFREDO (draußen, unter dem Balkon) Liebe, ach Liebe, allmächtiges Gottesherz!... VIOLETTA Oh... |
ALFREDO ... das die ganze Welt beweget! VIOLETTA Ach, Liebe... ALFREDO Liebe, die mit Wonn' und sel'gem Schmerz jede Brust erreget, jede Brust erreget mit sel'gem Schmerz. VIOLETTA O Torheit, Torheit! O Freude, Freude. Von der Freude Blumenkränzen sei mein Leben heiter durchzogen; auf des Jubels lust'gen Wogen rauschen schnell die Tage hin. Jeder Morgen soll als Bote neue Feste fröhlich künden, jeder Abend soll mich finden, wo die Lust man frei genießet. ALFREDO Liebe, allmächtiges Gottesherz, das die Welt beweget. VIOLETTA Wo die Lust man frei genießet, dort ergreift es mich, Lust und Freude. |
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