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Lucia di Lammermoor” by Gaetano Donizetti libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt
ERSTER AKT

1. Szene

Wald beim Schloß

NORMANNO
Auf, durchstreichet die Gestade...

CHOR
Wir durchstreichen die Gestade...

NORMA
...der Ruinen verödete Pfade.

CHOR
...der Ruinen verödete Pfade.

NORMANNO
Fall' des Geheimnisses Schleier,
es gebietet's die Ehre, die Pflicht.

CHOR
Fall' des Geheimnisses Schleier,
es gebietet's die Ehre, die Pflicht.

NORMANNO und CHOR
Leuchte Wahrheit in gräßlichem Feuer,
wie des Blitzes verderbendes Licht,

leuchte Wahrheit in gräßlichem Feuer,
usw.

fall' des Geheimnisses Schleier,
usw.

...so gebietet's die Ehre.
(Der Chor entfernt sich. Enrico und Raimondo treten ein.)

NORMANNO
(zu Enrico)

Dich quälet Unruh'!

ENRICO
Wohl hab' ich Ursach, du weißt es -
daß meines Schicksals Stern sich hat verdunkelt,
indes Edgardo, Todfeind meines Geschlechts,
hebt übermütig nun die stolze Stirne,
aus seiner Trümmerburg mit frechem Hohne!
Nur eine Hand mich schützen konnte
von meinem nahen Sturz, doch nein -
Lucia stößt sie zurück mit eitlem Schmähen,
ach, Schwester war sie mir nie!

RAIMONDO
Betrübte Jungfrau, die innig mit bittern Tränen
am frischen Grab der Mutter weinet,
denkt die an Hymen? O, vergib dem Herzen,
das der Liebe entsagt, gebeugt von Schmerzen.

NORMANNO
Der Liebe entsagt? - Lucia glüht vor Liebe!

ENRICO
Ha, was sprichst du?

RAIMONDO
(beiseite)
(Nur Worte!)

NORMANNO
Einst wandelte sie im Haine,
auf jenem öden Pfad, der ihrer Mutter
Grab umschließt, als unter wildem Brüllen
auf sie ein Stier losstürzet.
Doch durch die Lüfte fährt
ein Schwertstreich, und hingestrecket
fällt das Untier.

ENRICO
Und wer hat es erschlagen?

NORMANNO
Der, dessen Namen ich nie nennen wollte.

ENRICO
Nun, und Lucia?

NORMANNO
Sie liebt.

ENRICO
Sah sie ihn wieder?

NORMANNO
Ja, täglich.

ENRICO
Und wo denn?

NORMANNO
In jenem Haine.

ENRICO
Ich bebe! Und den Verführer kennst du nicht?

NORMANNO
Nur Argwohn konnt' ich schöpfen.

ENRICO
Ha, rede!

NORMANNO
Es ist dein Todfeind.

RAIMONDO
(beiseite)
O Gott!

NORMANNO
Den du verbanntest.

ENRICO
Wäre es möglich! Edgardo?

RAIMONDO
(beiseite)
Ach!

NORMANNO
Ja, du sagst es.

ENRICO
Grausam flammt die Höllenwut,
die du mir weckst im Herzen!
Entsetzlich wühlt mit wilder Glut
Argwohn in meinem Herzen.
Des Hauptes Haare sträuben sich,
es zerreißet mir das Herz!,
usw.
So ist von Schuld beladen
die Schwester, meine Schwester.

NORMANNO
Um dich nicht entehrt zu sehn
war grausam ich mit dir.

RAIMONDO
(beiseite)
O Himmel, hör' mein Flehen!
Schütz du die Unschuld hier.

ENRICO
Ach, wär', eh schuldig so entdecket,
sie aus der Welt geschieden!
Hätt' sie ein Blitz dahin gestrecket...
Es wär' nicht größ'rer Schmerz!
usw.

NORMANNO und RAIMONDO
O Gott!

ENRICO
War grausam ich mit dir.

RAIMONDO
Schütz du die Unschuld hier, o Gott! ach! o Gott.

CHOR
(auf Normanno zueilend)
Deine Zweifel sind berechtigt.

NORMANNO
(zu Enrico)
Hörst du es?

ENRICO
Erzählet!

CHOR
O unglückseliger Tag!
In das Gras dahingestrecket,

von dem langen Jagen müde,
saßen wir in jenem Tale,
von des Turmes Dach beschattet,
als ein Mann in voller Eile
totenbleich vorüber sprenget.
Als er näher uns gekommen,
ward er scharf ins Aug' genommen;
doch auf seines Rosses Rücken
floh er pfeilschnell unsern Blicken.
Dennoch nannt' ein Falkonierer
uns des Unbekannten Namen.

ENRICO
Und welchen?

CHOR
Edgardo.

ENRICO
Er ist's!
Rache, ich schwöre,
dir entgeht dein Opfer nicht.

RAIMONDO
Ach nein, das glaube ich nicht!
Nein, nein...

ENRICO
Dir entgeht dein Opfer nicht,
dir entgeht nicht! Nein, nein!

RAIMONDO
O, so höre! Höre doch!

ENRICO
Nein, nein!

RAIMONDO
Ach, so höre!

ENRICO
Ich höre nicht! Ganz vergebens ist dein Streben,
mich um Mitleid anzusprechen,
wirst du mir von Rache sprechen,
dann, nur dann versteh' ich dich.
Verwegnes Paar, es könnt' euer Leben
ja mein Grimm verdammen,
und der argen Liebe Flammen
lösch mit eurem Blute ich.
Mit Blute löschen!
usw.

RAIMONDO
Nein, nein, er darf nicht!
usw.

CHOR
Ach, ja, löschen!
usw.

2. Szene

Park bei Schloß Ravenswood

(Am Brunnen der Sirene, eine Quelle, die früher im
Schutz eines imposanten Gewölbes lag, das mit den für
die gotische Architektur typischen Verzierungen
geschmückt war; jetzt aber liegt es in Trümmern. Es
dämmert. Lucia tritt erregt mit Alisa ein.)


LUCIA
Noch ist er ferne!

ALISA
Verwegne. Und du kannst es wagen,
hier sein zu harren, wo auch der Bruder weilt?
Es war allzu kühn!

LUCIA
Du sprichst wahr! Edgardo wisse,
daß ihn bedrohen gräßliche Gefahren.

ALISA
Was ist dir
widerfahren?

LUCIA
Jene Quelle - ach, nie
kann ich ohne Furcht sie sehen.
Ja, du weißt es; ein Ravenswood hat
in blinder Eifersucht die Gattin dort ermordet.
Die Arme stürzte in die Wogen,
dort liegt sie nun begraben,
und mir erschien ihr Schatten.

ALISA
Was sagst du?

LUCIA
So höre!
Schweigende, dunkle Mitternacht
umhüllte Berg und Haine,
und traurig rieselte der Bach
bei mattem Mondenscheine,
als ich ein Ächzen hier vernahm,
das mich mit Schauder füllt',
und plötzlich aus des Baches Wellen kam, ah!
das bleiche Schattenbild. Ah!

Als ob es spräche, sah ich's
die Lippen nun bewegen;
als ob es winkte, schien es mir
die Totenhand zu regen.
So stand es einen Augenblick,
dann schwand es schnell dahin;
das Wasser, erst wie Silber klar,
floß blutig nun dahin.
Ja, Silber klar,
usw.

ALISA
Deutlich, o Himmel,
liegt es hier zutage.
O, Lucia, Lucia! Entsage
dieser Unglücksliebe!

LUCIA
Ach, was sagst du? Dem wunden Herzen
lindert Liebe nur die Schmerzen.
Wenn er, entzückt vom Hochgefühl
der reinsten, wärmsten Liebe,
aus wahren Herzenstrieben
mir ewige Treue schwört,

dann schwindet all mein Kummer hin;
Tränen, sie werden zur Freude.
Mir scheint, daß ihm zur Seite
der Himmel mir gehört,
usw.

ALISA
Ach, würde dir nicht die Freude
in Angst und Leid verkehret!
Ach, Lucia, entsage!

LUCIA
Wenn er, entzückt vom Hochgefühl,
usw.

ALISA
Ich hör' ihn kommen. Bei der nahen Pforte
werd' auf der Hut ich sein.
(Sie geht. Edgardo tritt ein.)

EDGARDO
Verzeihe, wenn ich zu solcher Stunde
dich zu sehn heut' wünschte.
Dazu bestimmen mich gewichtige Gründe!
Eh am Himmel nahes Morgenrot dämmert,
werd' ich fern vom Heimatlande sein.

LUCIA
Was hör' ich?

EDGARDO
Nach Frankreichs Freundesküste
richt' ich die Segel, dort kann ich
das Schicksal Schottlands wenden.

LUCIA
Und so in Trauer
verläßt du mich hier?

EDGARDO
Eh' ich dich verlasse,
seh' mich noch Enrico; ich will versöhnt erst
reichen ihm die Rechte und deine Hand
zum Pfande des Friedens verlangen.

LUCIA
Ach nein!
Es bleibe dunkel verborgen
noch unser Bund der Liebe.

EDGARDO
Verstehe! Meines Stammes
geschworener ärgster Feind
ist noch nicht zufrieden mit dem, was er getan.
Er nahm mir alles, den Vater, meine Habe!
Was weiter, was will er noch?
Was soll, was kann ich noch geben?
Soll ganz ich untergehen?
Will er mein Blut? Ja, er haßt mich!

LUCIA
Ach, nein!

EDGARDO
Er haßt mich!

LUCIA
Mäß'ge deines Zornes Regen.

EDGARDO
Flammen glühn im Busen mir.
Höre!

LUCIA
Edgardo.

EDGARDO
Höre und bebe!
Auf dem Grabe,
das die Glieder des verratenen Vaters
decket, ihn zu rächen einst an den Deinen,
schwur ich bei dem ewigen Gotte.

LUCIA
Ah!

EDGARDO
Aber ich sah dich -
und im Herzen fühlt' ich Liebe.
Doch mein Schwur ist nicht gebrochen,
noch kann er vollzogen sein!

LUCIA
O sei ruhig, o so schweige!

EDGARDO
Ach, Lucia!

LUCIA
Jeder Laut kann dich hier verraten.
Siehst du nicht, wie sehr ich leide?
Soll ich sterben noch vor Schrecken?

EDGARDO
Ach! Nein, nein!

LUCIA
Weichen müssen nun die wilden Triebe.
Dich entflamme nur die Liebe.
Und der Eid, den du geschworen,
sei für Liebe nur allein,
ach, dich entflamme,
usw.
Nur sie allein.

EDGARDO
Doch der Schwur ist nicht gebrochen,
usw.

Noch kann er vollzogen sein.

(jäh, entschlossen)

Schwör' in dieser heiligen Stunde
als Braut mir ew'ge Treue;

Gott ist Zeuge in diesem Bunde,
und der Himmel ist unser Altar.

(streift einen Ring auf Lucias Finger)

Dein Geschick ist nun auch das meine.
Ich bin dein Gatte!

LUCIA
(auch sie gibt Edgardo einen Ring)

Und ich die Deine!

EDGARDO und LUCIA
Unserer Herzen reine Triebe
kann verlöschen nur der Tod.

LUCIA
Unser Schicksal lenkt die Liebe,
unsre Liebe schirmt ein Gott.

EDGARDO
Unsre Liebe schirmt ein Gott.
Doch es ist nun Zeit zu scheiden.

LUCIA
Welche Schreckensworte!
O, mein Herz wird dich begleiten.

EDGARDO
Mein's bleibt hier bei dir zurück,
usw.

LUCIA
Ach, Edgardo!

EDGARDO
Trennen müssen wir uns nun.

LUCIA
Mögen öfters ein'ge Zeilen
Kunde mir von dir erteilen.
Und das halb entfloh'ne Leben
nähret Hoffnung immerhin.

EDGARDO
Stets wird mich dein Bild begleiten,
und ewig, Teure, bin ich dein.

LUCIA
Ach!
Es wird dir meine Seufzer
der Zephir übertragen;
du hörst im Meer, das murmelnd braust,
das Echo meiner Klagen.
Wenn du bedenkst, daß Seufzer nur
mein Los, nur Schmerz -
So drück', von einer Träne feucht,
diesen Ring dann an dein Herz,
ach, diesen Ring,
usw.

EDGARDO
Es wird dir meine Seufzer,
usw.

EDGARDO und LUCIA
Es wird dir meine Seufzer,
usw.

EDGARDO
Erinnere dich, uns bindet ein Schwur.

EDGARDO und LUCIA
Leb wohl!

 
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