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“Lucia di Lammermoor” by Gaetano Donizetti libretto (German)
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt |
1. Szene Schloßsaal wie im zweiten Akt. (Von den Nachbarräumen erklingt Tanzmusik. Im Hintergrund der Szene befinden sich Pagen und Bewohner des Schlosses Lammermoor; auch noch andere Damen und Ritter treten zu der fröhlichen Gruppe, die in Gesang ausbricht.) CHOR Freudigen Jubelruf laßt heut' erklingen! Laut tönt die Freude in Schottland nun wieder. Wisse der Feinde Schar, daß wir beglücket, daß uns gewogen noch die Sterne auch sei'n, daß uns die Furcht nimmer bedrücket, Freundschaft und Liebe schützt den Verein, wisse der Feinde Schar, daß wir beglücket, usw. |
RAIMONDO (um Atem ringend, kommt mit unsicheren Schritten näher) Ach!... Laßt diese Jubeltöne schweigen! CHOR Wie dich Totenblässe deckt! RAIMONDO Schweiget, schweiget! CHOR Gott, was bringst du? RAIMONDO Ach, Schreckenskunde! CHOR Ha, du machst uns starr vor Schrecken! RAIMONDO Ach! (bittet die anderen sich um ihn zu versammeln) Aus des Brautpaar's geheimem Zimmer, wo vor kurzem hin sie gingen, hört' ich deutlich ein Klagegewimmer wie ein Sterberöcheln dringen; eilends trat ich in die Kammer - Wer beschreibet meinen Jammer - Gräßlich lag in seinem Blute tot Arturo hingestrecket. Und Lucia mit wildem Blicke hielt sein Schwert noch blutbeflecket. |
Lächelnd tat sie mir die Frage: „Ha, wo ist mein Bräut'gam, sage!" Und in ihrem starren Blicke zeigt' sich ihr verwirrter Sinn. Unglückseliges Geschick, ihr Verstand, er ist dahin, unglückseliges Geschick, usw. Ach! CHOR O schweres Unglück, welchen Schrecken muß dies Ereignis in uns erwecken! O Nacht, mit deiner dichten Hülle sei der Schreckenstat ein Grab. RAIMONDO und CHOR Ach, komme nur nicht des Himmels Straf' auf uns herab! RAIMONDO Und Lucia mit wildem Blicke hielt sein Schwert noch blutbeflecket. CHOR ...hielt sein Schwert noch blutbeflecket. RAIMONDO und CHOR Ach, komme nur nicht des Himmels Straf' auf uns herab! (Lucia tritt ein. Sie ist weißgekleidet, ihr Haar zerzaust. Die Todesblässe im Gesicht gibt ihr einen geisterhaften Ausdruck. Ihr steinerner Blick, die krampfartigen Bewegungen und ihr bitteres Lächeln deuten nicht nur auf Wahnsinn hin; man fühlt, daß sie dem Tode nahe ist.) |
RAIMONDO Seht, sie naht! CHOR (Gerechter Himmel! Sie scheint vom Tode erstanden!) LUCIA Ich hörte sprechen - O, süße Töne! Ach, jene Stimme stieg mir ins Herz hernieder. Edgardo, du hast mich wieder! Edgardo, ach mein Edgardo! Entflohen bin ich deinen Feinden! Ein Schauer rieselt kalt mir durchs Herz, durch alle Glieder. Mein Fuß wankt. Hier bei der Quelle setz dich zu mir. O weh, der blut'ge Schatten erhebt sich, um uns zu scheiden. O weh! Edgardo! Edgardo! Ach! Der Schatten will uns scheiden. Hier am Altar wird er uns meiden. - Siehst du die Rosen? Hörst du himmlische Harmonien entönen? Ach, innig klingt die Nacht! Die Hochzeit für uns beginnt! O Freude! O Wonne, die ich fühle, nicht zu beschreiben! Die Kerzen leuchten,schon glimmt der Weihrauch, es naht der Priester! Reiche mir die Rechte! O Tag der Freude! Endlich bin ich dein, du bist der Meine! Wir sind auf immer vereint! |
RAIMONDO, NORMANNO und CHOR Und beide noch so jung! Nimm, o Herr, dich ihrer an! LUCIA Wir sind auf immer vereint! nichts kann uns mehr trennen! Der Erde höchste Wonne sei mir mit dir beschieden! (Enrico tritt ein.) Ein Himmel sei hienieden für uns des Lebens Bahn! An deiner Seite winkt mir ein neues Leben. Ach, ja, winkt mir, usw. RAIMONDO und CHOR In dieser Schreckensstunde nimm, Herr, dich ihrer an. ENRICO O welche Schreckenskunde! Die Strafe folgt zur Stunde. LUCIA Ein Himmel sei hienieden, usw. |
2. Szene Die Begräbnisstätte von Schloß Ravenswood (Gruft der Ravenswoods. Es ist Nacht.) EDGARDO Ihr Gräber meiner Ahnen! Den letzten Sproß des unglücksel'gen Stammes, o nehmt ihn friedlich auf! Der Rache Flamme ist schon verlodert; ja, des Feindes Klinge duchbohre meine Brust. Mir ist mein Leben verhaßte Bürde. Des Weltalls Rund ist mir eine Wüste ohne dich, Lucia! Hell schimmern Kerzen noch im Schloß, ach, kurz nur war die Nacht zum Feste. O Undankbare! Indes ich schmacht in Verzweiflung, du unter Scherzen lachest dem Gatten! Du voller Freude - ich an des Grabes Rand! Mein Leib wird bald in Grabes Nacht den Ahnen sich anschließen, und keine Träne wird auf meine Urne fließen. Sogar der Toten letzter Trost, er ist versagt für mich! Auch du vergißt mein Grab in dieser Weite. Geh nie vorüber an deines Gatten Seite! Und kränk' die Asche dessen nicht, der hier verschied für dich. Geh nie vorüber, auch du vergißt, und kränk' die Asche dessen nicht, usw. Ach! Undankbare! Kränk' die Asche, usw. |
(Die Gäste kommen aus dem Schloß.) CHOR Ach, die Arme! O Schreckensnacht! Es ist um sie gescheh'n! Ihre Blicke werden nicht den nächsten Morgen sehn! EDGARDO Gott, was hör' ich! So sagt! CHOR Ach, die Arme! EDGARDO Wer wird so von euch beklaget? Gebt mir Antwort, sagt es mir! CHOR Ach, Lucia! EDGARDO Lucia? O Himmel! CHOR Ach, die Arme! EDGARDO O so saget - CHOR Ja, die Arme liegt im Sterben - |
EDGARDO Ach! CHOR Flieht aus diesem Weltgetümmel, Liebe raubte ihre Sinne. Schon fühlt sie des Todes Bangen, nur nach dir steht ihr Verlangen. EDGARDO Ach, Lucia stirbt? Lucia! CHOR Ihre Blicke werden nicht den nächsten Morgen sehn! Liebe raubte ihre Sinne, nur nach dir steht ihr Verlangen! EDGARDO Ihre Blicke werden nicht den nächsten Morgen sehn? CHOR Liebe raubte ihre Sinne, für dich! EDGARDO Ach! CHOR Die Sterbeglocke tönet! Ruh' in Frieden! EDGARDO Wie sie ins Herz mir dröhnet! Ha, mein Schicksal ist entschieden! |
CHOR O höre! EDGARDO Noch einmal will ich sie sehen... CHOR Sammle vorher deine Sinne, o, gib unserm Rat Gehör! EDGARDO Dann enden. (Raimondo tritt ein.) RAIMONDO Armer, was ist dein Begehr? Lucia lebt nicht mehr. EDGARDO Lucia! RAIMONDO Unglücksel'ger! EDGARDO Lebt nicht mehr? Ist es Wahrheit? RAIMONDO Sie ist im Himmel. EDGARDO Sie lebt nicht mehr! CHOR Unglücksel'ger! Unglücksel'ger! |
EDGARDO Du, die schon zum Himmel eilet, reiner Geist auf lichten Schwingen, laß Verzeihung mich erringen! Dein Getreuer folget dir! Ach, wenn hier, wo wir geweilet, uns nur drohten stets Gefahren, wenn wir hier geschieden waren, eint ein Gott mich dort mit dir. Reiner Geist auf lichten Schwingen, mich eint ein Gott mit dir, usw. (Er zieht plötzlich seinen Dolch.) Sieh, ich folge! RAIMONDO Rasender! Rasender! RAIMONDO und CHOR Ha, was tust du? EDGARDO Laßt mich! Sterben will ich! RAIMONDO und CHOR O kehr zurück! EDGARDO Nein, nein, nein! (Er durchbohrt sich.) RAIMONDO und CHOR Ach! RAIMONDO Was tatest du? |
EDGARDO Sieh, ich folge, reine Seele! RAIMONDO Unglücksel'ger! EDGARDO Dein Treuer, er folget dir! RAIMONDO Himmel, vergib ihm! EDGARDO Ach, wenn hier, wo wir geweilet... CHOR Welch ein Ende! Welch ein Ende! EDGARDO Uns Gefahren drohten... o reine Seele, bald vereint mich Gott mit dir! O reine Seele, usw. Bald vereint mich Gott mit dir! RAIMONDO Himmel vergib ihm! Vergib ihm, Gott! Vergib ihm dies Vergehn! CHOR O grausames Schicksal! Vergib ihm, Gott, vergib ihm dies Vergehn! (Alle sinken in die Knie, Edgardo stirbt.) |
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt |