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Manon Lescaut” by Giacomo Puccini libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt
ERSTER AKT

IN AMIENS

Ein geräumiger Platz bei der Pariser Poststation
(Rechts eine Allee, links ein Wirtshaus mit einer
Vorhalle, in der Tische und Stühle stehen. Eine äußere
Treppe führt in den ersten Stock. Studenten, Bürger
und Soldaten passieren den Platz. Andere sitzen an den
Tischen und spielen Karten.)


EDMONDO (umgeben von Studenten)
Sei gegrüßt, Abend, mag das Licht still vergehn.
Zünd’ an die Sterne, laß den Zephyr wehn.
Seid, Poeten, gegrüßt und, ach, die Liebe...

STUDENTEN
Ha ha ha!
Auf Diebe und Betrunkene!
Wir unterbrachen recht brutal dein Madrigal!

EDMONDO
Ich bin euch dankbar!
Seht das fröhliche Gedränge im grünen Schatten;
frisch, lachend, gehen die Schönen,
unsre jungen Arbeiterinnen.

STUDENTEN
Fürwahr, das tummelt froh sich...

EDMONDO
Shet, hier ist mein Madrigal,
launig, dreist und lustig.
Sie kommen in hellen Scharen,
unsre jungen Arbeiterinnen.

STUDENTEN
Frisch, lachend, gehen die Schönen.

EDMONDO
Seht, hier ist mein Madrigal, dreist und lustig,
getaucht sei meine Muse ganz in Galanterie.
(zu einigen Mädchen)
Mein Panier ist die frohe Jugend,
und die Hoffnung mein Ideal.
Hat beim Schopfe uns die Tugend,
unbezwinglich sind wir dann.

STUDENTEN
Mein Panier ist die frohe Jugend,
und die Hoffnung mein Ideal.
Hat beim Schopfe uns die Tugend,
unbezwinglich sind wir dann.
Eil’ger Frohsinn, bann’, was schmerzt,
noch blüht des Lebens holder Mai,
drum singt und scherzt...

MÄDCHEN
Wehen vom Himmel des Abendwindes Düfte,
eilen heimwärts die Schwalben
pfeilschnell durch die Lüfte.

STUDENTEN dann BÜRGER
Reicht die Herzen. reicht den Mund,
unsrer Jugend frohem Bund!

MÄDCHEN
Dann schlägt die Stunde aller Phantasie...
Dann ringt die Lebenslust mit tiefer Melancholie.
(Des Grieux tritt auf.)

STUDENTEN
Seht, Des Grieux!

EDMONDO (zu Des Grieux)
Mit uns gemeinsam, Freund, sei heiter,
überwinde den Groll um jenes Abenteuer.
Keine Antwort? Was gibt’s?
Quält dich, o Freund, weil eine Schöne
dich verschmäht, glücklos die Liebe?

DES GRIEUX
Die Liebe?... Die Liebe?...
Nicht als Tragödie, noch als Komödie
kenn’ ich diese Triebe!
(Edmondo und einige Studenten halten Des Grieux im
Gespräch fest. Andere machen den vorbeiflanierenden
Mädchen den Hof.)

STUDENTEN
Kostbar! Deine heimlichen Siege möchtest du uns
verhehlen!

DES GRIEUX
Zu viel der Ehr’ ist das, ihr Freunde.

EDMONDO und STUDENTEN
Beim Zeus! Du bist verstimmt, gesteh’s nur...
Vielleicht durch eine spröde Nippfigur...

DES GRIEUX
Nein, nein, ihr irrt euch...
Doch wenn’s euch Vergnügen macht...
Das Opfer sei gebracht!
(Er geht zu einer Gruppe Mädchen.)
Unter all euch schönen Kindern, blond und braun,
ist eine wohl, die gern mich beglückt,
mit rosigem Mündchen nur auf ein Stündchen?
Sag, bist du es, die ich lieben soll?
Sprich es keck nur aus, mein Kind,
daß ich mein Schicksal bald erfahre;
zeig mir geschwind deine glühenden Wangen,
dein heiß’ Verlangen.
(Edmondo und die Studenten lachen.)
Unter all euch schönen Kindern, blond und braun, usw.
Sag, bist du es, die ich lieben soll?

EDMONDO und STUDENTEN
Vortrefflich!

EDMONDO
Nun seht, Kameraden!
Wem brächte solche Werbung Schaden?

CHOR
Vortrefflich!
Laßt den Abend uns feiern!
Dabei fehlt nie ein Zecher...
Hell ertönt
und begeistert
Musik im Becherklang,

froh mit Tanz und Gesang!
Laßt den Abend uns feiern!
Lieder und Wein und bunte Reigen
feuern an die Lebenslust;
hüllet sich die Nacht in Schweigen,
klopft das Herz bang in der Brust.
Schimmernd taucht auf am Himmel,
wie ein Gedicht, der Sterne Heer!
Leuchte uns mächtig,
Licht der Lust!
Schimmernd taucht auf am Himmel, usw.
(Von fern hört man das Horn des Postillons.)
Seht! Von Arras die Post!
(Die Postkutsche hält vor dem Gasthaus. Aus dem
Wagen steigt Lescaut, dann Geronte, der galant Manon
hilft; dann folgen weitere Passagiere.)
Sie steigen aus, schaut zu!
Elegante Leute! Wohl vornehm gar!

STUDENTEN (Manon bewundernd)
Wer böt’ nicht dieser zarten Schönen
von Herzend kommen einen Willkommensgruß?

LESCAUT
He! Wirtschaft!
(zu Geronte)
Werter Herr! Ihr seid ein Muster jeder Tugend...
He! Wirtschaft!

WIRT (herbeilaufend, von Kellnern begleitet)
Da bin ich schon!

DES GRIEUX (Manon beobachtend)
Götter, wie sie schön ist!

GERONTE (zu dem Wirt)
Diese Nacht, mein Freund, beschütz’ uns Euer Haus.
(zu Lescaut)
Entschuldigt!
(zu dem Wirt)
Und jetzt seid wohl besorgt, Herr Wirt, um meine
Koffer.

WIRT
(gibt dem Personal Befehle)
Gewiß, sogleich!
(zu Geronte und Lescaut)
Ich bitte mir zu folgen, ihr Herrn...
(Die Außentreppe zum ersten Stock hinaufsteigend,
gefolgt von Geronte und Lescaut, der Manon ein
Zeichen gibt, zu warten.)

DES GRIEUX (zu Manon)
Mein gnädiges Fräulein, darf ich eine Bitte wagen:
Laßt Euren süßen Mund mir Euren Namen sagen...

MANON
Man ruft mich Manon Lescaut.

DES GRIEUX
Wollt verzeihn meine Kühnheit,
doch ein tiefes Gefühl zog mich unhaltsam zu Euch!
Seit Euer Auge mir zeigte ein Himmelreich,
bin ich verwandelt im Herzen;
drum verzeiht,
wenn ich nimmer kann scherzen! Sprecht, wann reist
Ihr weiter?

MANON
Bei Tagesanbruch morgen...
mein wartet das Kloster...

DES GRIEUX
Um zu begraben dies wunderschöne Antlitz
in der Blüte? O teures Mädchen...
Ach, welches Schicksal verfolgt Euch?

MANON
Ach, mein Schicksal ist einfach;
es heißt: der Wille des Vaters.

DES GRIEUX
Wie ist sie zum Entzücken! Ach nein, nein,
in keinem Kloster begrabt Euer Leben!
Euer Stern wird neu erstrahlen,
Euch neue Hoffnung geben.

MANON
Mein Stern ist im Erlöschen!

DES GRIEUX
Jetzt können wir nicht sprechen;
zur Nacht kehrt heimlich wieder,
uns zu verschwören
und das Schicksal zu betören...

MANON
Ach, so viel Mitleid tönt mir aus Euren Worten.
Ich denke Euer.
Sagt Euren Namen mir!

DES GRIEUX
Bin Renato des Grieux!

LESCAUT (von innen)
Manon!

MANON
Ich muß Euch lassen...
(zum Gasthaus gewendet)
Ich komme!
(zu Des Grieux)
Der Bruder hat gerufen!

DES GRIEUX
Kehrt Ihr wieder?

MANON
Nein, ich kann nicht, laßt mich ziehen.

DES GRIEUX
Ach Teure, ich beschwöre Euch...

MANON
Nun, Ihr siegtet...
Wenn die Nacht herabsank, kehre ich zurück...
(Unterbricht sich, Lescaut erblickend, der vom Balkon
des Gasthauses kommt. Sie treten ins Zimmer.)

DES GRIEUX
Wo lebte wohl ein Wesen, an Reiz gleichend ihr?
Nun, da ich sie liebe,
wacht auf ein neues Leben tief in mir.
„Man ruft mich Manon Lescaut.“
Ah, dieses Wort strömt aus einem Meer von Düften,
den Geist mir kühn berauschend,
und tausend Seufzer fiebern in den Lüften!
Holdes Flüstern vom Glücke, ach ende nimmermehr,
usw.


„Man ruft mich Manon Lescaut!“
Holdes Flüstern vom Glücke, ach ende nimmermehr!
(Edmondo und die Studenten haben Des Grieux
beobachtet und nähern sich ihm nun langsam.)


EDMONDO und STUDENTEN
Es hat dein Schicksal sich froh gewendet!
Cupidos würdig, einem Engel
gleich ist diese Schöne,
die voll von Reizen schwebt zum Himmelreich! usw.
(Des Grieux geht unwillig rasch davon.)
Er ist verliebt zum Sterben!
(Sie gehen wieder zum Wirtshaus zurück, mit einigen
Mädchen galant neckend.)

STUDENTEN
Kommt, liebliche Mädchen,
wir weissagen Gutes!

MÄDCHEN
Wer wählt eine Blonde? Nein, braun mag man leiden.
Die Göttin der Liebe soll jegliches Streiten entscheiden.

GERONTE
Also nimmt Eure Schwester im Ernst den Schleier?

LESCAUT
So hat’s beschlossen die Familie, leider...

GERONTE
Ihr, wie mich dünkt, seid andrer Meinung?

LESCAUT
Seht,
ich urteile klarer als meine Umgebung,

so klug sie sich vorkommt bei ihren Entschlüssen.
Glaubt, ich kenne das Leben schon zu vielfach.
Paris gilt mir als hohe Schule...
Doch als der Leiter gleichsam meiner Schwester füg’
ich mich den Dingen
wie ein guter Soldat.

MÄDCHEN
Für Stunden nur schwöret ihr Treu’ uns, möchtet,
Seufzer und Küsse nicht achtend, unser Herz.
Ah! Im Taumel kurz genießen
die Küsse auf Stunden im Raub!

STUDENTEN
Nicht wäget Gewinn und Verlust:
O Mädchen, weise lebet der Lust!

LESCAUT
Nur dünkt mich: falsch ist’s, zu entsagen der Welt;
für nicht genoß’ne Freuden
wird uns nie ein Ersatz.
Gern, Herr, wüßt ich, wer Ihr seid.

GERONTE
Geronte di Ravoir.

STUDENTEN
Ob weinend, ob lachend, man duldet sein Los.
Wir werden genarrt und betrogen,
zum Troste ist eines bloß:
Es locken die Stimmen zum ewigen Lieben, usw.

MÄDCHEN
Wir feiern Siege gern und schmücken
Besiegten das Herz.

Im zitternden Leben, ach,
tauschend Kuß um Kuß,
vergessen kühn wir Schande und Schmerz.,usw.

EDMONDO (zu einem Mädchen)
Leb wohl, mein Stern, liebliche Blüte, leb wohl!
Reizende Schwester der Aphrodite, dir gefällt stets
mein Seufzen neu... Für einen Tag
glaub’ ich deiner Treu.
(Er verabschiedet sich von dem Mädchen, erblickt
Geronte und Lescaut, tritt zurück und belauscht deren
Gespräch.)

LESCAUT
Es scheint, Ihr reiset zum Vergnügen?

GERONTE
Nein, im Amte.
Die Pachtung aller Steuern ward mir vertraut durch
königliche Gunst. Und davon leb’ ich.

LESCAUT (für sich)
Ein Geldsack ist er!

GERONTE
Mir scheint, Eure Schwester ist nicht heiter.

LESCAUT
Mit achtzehn ins Kloster!
Ohne Trost, ohne Hoffen...

GERONTE
Verstehe! Ja, die Ärmste:
Man muß sie trösten, zerstreuen...
Darf zu Tisch ich Euch heute abend bitten?

LESCAUT
Besten Dank, zu viel Ehre!
(Er gibt ein Zeichen nach dem Gasthause hin.)
Erlaubt, daß ich bis dahin...

GERONTE
Verzeihung! Im Moment bin ich wieder bei Euch.
Eine Kleinigkeit ist noch im Gasthof zu ordnen!
(Lescaut verbeugt sich, Geronte geht ins Haus. Es
beginnt zu dunkeln; aus dem Hause bringt man
Lampen für die Spieler.)


BÜRGER
Ein Ass hier... Ein Bube...

STUDENTEN
Die Drei!

ALLE
Das Spiel hol’ doch der Teufel!

LESCAUT (mit fiebernder Spannung)
Ja, das Spiel! Ob ich auch mal mein Glück versuch’?
Einige tüchtige Stiche...

ALLE
Schnell setzet... Gebet... Ein Ass!

LESCAUT
(Er nähert sich eifrig einigen Studenten, sieht einem
der Spieler über die Schulter, beobachtet ihn.)
Das Ass sticht? Nein, ihr Herrn, der Bube!
Das ist wohl ein Irrtum!

ALLE
Ganz recht: der Bube! Ihr seid ein Meister!

LESCAUT
Ihr scherzet wohl! Ein Dilettant nur...
(Er folgt einer Einladung und setzt sich zum Spiel.
Geronte, der Lescaut die ganze Zeit beobachtet hat
und ihn nun beschäftigt sieht, winkt den Wirt zu sich
in den Schatten.)

GERONTE
Freund, hört mich.. laßt rasch mich zahlen! Dann aber
sorgt, daß ein Wagen
mit windschnellen Pferden bereitsteht in einer Stunde.

WIRT
Wird besorgt, Herr

GERONTE
Hinter dem Hause... in einer Stunde... Verstanden?
Ein Mann steigt ein, mit einem Mädchen...
dann fort mit Windeseile, schnell, gen Paris!
Ferner bedenkt, Euer Schweigen bringt Euch Gold!

WIRT
‘s ist mein Abgott!

GERONTE
Gut so, gut so!
(gibt ihm eine Börse)
Betet’s an, doch streng gehorcht. Sagt mir jetzt noch:
hat das Gasthaus denn nur diesen einen Ausgang?

WIRT
Nein, noch einen..

GERONTE
Zeigt zu diesem mir den Weg...
(Sie gehen hinaus.)

MÄDCHEN
Ihr wollt Küsse, Seufzer!
DIE SPIELER (zu Lescaut)
Nehmt teil... Willkommen beim Spiele...

LESCAUT
Ich halte!

EDMONDO
(Edmondo läuft nach dem Hintergrunde, immer noch
nach Geronte spähend.)
Würdiger Alter,
du bist ein gepuderter Pluto ja!
Doch Proserpina hat vielleicht Tugend genug,
zu widerstehen!
(Des Grieux kommt.)
(zu Des Grieux)
Freund, man spielt Euch einen Possen!

DES GRIEUX (überrascht)
Was wäre das?

EDMONDO
Wie eine Blume,
die gestern süß duftete, und heut’ ihrem Stengel
welk und müde entsinkt, so welkt die Freude bin,
die Euch das liebliche Fräulein eben noch bot:
man raubt sie.
Es bläst sein Horn der Postillon,

dein hübsches Mädchen rollt,
keck entführt, davon!

DES GRIEUX
Wär’s möglich?

EDMONDO
Ich seh Euch erbeben!
Bei Gott: ein Alter stiehlt sie.

DES GRIEUX
Ich will sie hier erwarten, verstehst du?

EDMONDO
Und gut gerüstet..

DES GRIEUX
Rettet mich!

EDMONDO
Euch retten? Die Entführung verhindern?
Laßt sehn... Sei’s drum! So wird es gehen...
Mit Spielen ködern wir den Soldaten dort!

DES GRIEUX
Und der Alte?

EDMONDO
Der Alte?... nun, den übernehme ich!
(Er nähert sich den Spielern, spricht mehreren ins Ohr,
dann geht er durch das Portal hinaus. Man unterbricht
das Spiel. Lescaut trinkt mit den Studenten weiter.
Manon erscheint auf der Treppe oben, schaut sich
ängstlich um und steigt, Des Grieux erblickend, die
Treppe herunter)

MANON
Nun seht Ihr! Ich hab’ getreulich,
was ich versprach, gehalten.
Ihr batet heiß mich, noch einmal zu erscheinen.
Ich tat’s! Nun mag das Schicksal walten.
Doch jetzt ist’s besser, daß wir scheiden;
ich muß dem Flehen tapfer widerstehn!

DES GRIEUX
Wie Eure Worte mir ins Herz schneiden...
In Euren jungen Jahren. was habt
Ihr Herbes wohl erfahren?
Euer Grübeln und Wägen stehet allem Genießen
schroff entgegen... Laßt sie beiseite,
ach, diese Traurigkeit.

MANON
Und doch war ich einst so fröhlich, so vergnügt!
Die stille Hütte hallt’ laut wieder
von den tollsten Streichen...
Mit jungen Mädchen im Reigen sang ich
die froh’sten Lieder.
Sonnige Kinderzeit, wie liegst du weit!

DES GRIEUX
In deinen Himmelsaugen leuchtet mächtig
die Sehnsucht nach der Liebe stillen Freuden...
Und Liebe ist’s, die jetzt zu Euch spricht!
Gebt dem süßen Zauber Euch hin;
reicht die ros’gen Lippen dar und das Herz,
denn ich lieb’ Euch tief und wahr,
nach Euch in Flammen steht ewig,
ach, mein Sinn!

MANON
Bin nur ein armes Mädchen,
o Herr, nicht Schönheit lacht mir vom Angesicht,
mein Schicksal drückt mich schwer...

DES GRIEUX
Die Glut der Liebe wird schmelzen Euren Schmerz,
und Eure Schönheit berauschen
ewig dies Herz!
Ah, mein Seufzer bist du, meine Sonne, mein Stern!

MANON
Sprichst du wahr. oder trügt mich dein Blick?
Ah! Erfülle dich, Traum, meine Sonne, mein Stern!

LESCAUT
(sich mühsam aufrichtend und berauscht auf den Tisch
pochend)
Was, keinen Wein mehr?
Verwünscht! Pfui, wenn der Krug leer!
(Die Studenten nötigen ihn, sich wieder zu setzen.
Manon und Des Grieux ziehen sich beim Ertönen seiner
Stimme auf die Seite zurück.)

DES GRIEUX
O laßt Euch warnen...
Euch bedrohen Schimpf und Schande...
Man will Euch rauben!
Jener verruchte Alte,
der gleichzeitig mit Euch ankam,
hegt den Anschlag zu entführen Euch!...

MANON
Was sagt Ihr?

DES GRIEUX
Die Wahrheit

EDMONDO
(kommt schnell zu Manon und Des Grieux gelaufen)
Der Streich gelingt, der Wagen steht bereit schon...
Welch königlicher Spaß!
Schnell auf die Reise!

MANON
Wie? Entfliehen?

DES GRIEUX
O kommt doch! Wir reisen!
Erlaubt, daß statt des Andren ich Euch entführe!...

MANON
Ach nein! Ach nein! Das wäre Raub ja!

DES GRIEUX
Nein! Nein! Der Liebe folgt Ihr!

MANON
Ah! Nein!

DES GRIEUX
Ich bitte Euch!

EDMONDO
Rasch fort, Kinder!

DES GRIEUX
Ah, laß und fliehen, laß uns fliehen!
Manon, ich bitte Euch... o kommt, o kommt!

MANON
Nein! Nein! Nein! Nein!

EDMONDO
Rasch fort, rasch fort!

DES GRIEUX
Manon, ich bitte Euch...
Ah! Kommt!
Kommt!

MANON
Fliehn wir!

EDMONDO
Närrische Leute!
(Er wirft Des Grieux seinen Studentenmantel über, in
dem Des Grieux sein Gesicht verbirgt, dann fliehen alle
drei hinter das Gasthaus. Geronte tritt ein, wirft einen
Blick auf Lescaut und seufzt erleichtert auf)

GERONTE
Jetzt die Schwester zu bereden,
zu verführen laßt mich machen!
Mir ganz recht, er ist betrunken!
’s ist zum Lachen!
(zu dem Wirt)
Nun also, ist das Essen fertig?

WIRT
Zu dienen. Herr!

GERONTE
Sagt’s dem Fräulein, das später, Ihr wißt es, mit...

EDMONDO (zu Geronte)
Euer Gnaden, seht doch nur hin! Sie entflieht,
und nicht allein! Seht doch nur hin!

GERONTE
(rennt dann in höchster Verwirrung zu Lescaut)
Man hat sie entführt!

LESCAUT (weiterspielend)
Wen?

GERONTE
Eure Schwester!

LESCAUT
Bomben und Granaten!

GERONTE
Schnell ihr nach! Ein Student ist bei ihr!
Schnell ihr nach, schnell ihr nach!

LESCAUT
‘s ist zu spät. denkt nur nach, denkt nur nach...
Habt Pferde Ihr bereit?
(Geronte schüttelt den Kopf)
‘’ ist nichts zu machen!
Nur vergessen und lachen!
Jawohl, Manon, so jung und reizend lieblich;
Ihr liebt sie nur als Vater, ich glaub ,es ist so, wirklich...

GERONTE
Nichts anderes.

LESCAUT
Ihr wißt, wem Ihr’s sagt...
Nehmt von mir den guten Rat noch an und befolgt
ihn ohn’ Bedenken...
Paris, ja, dort ist Manon... Manon!
Noch ist sie nicht verloren.
Denn ein Studentenbeutel
ist nie gar voll gespickt:
Manon will nicht entbehren,
sie wird ihn sitzenlassen,
’s wird Gold ihr besser passen.
Guter Vater werdet
Ihr dem Töchterlein wohl sein,
Laßt im Bunde, Euer Gnaden, dann wohl auch mich
sein.
Zum Teufel auch...
Philosoph muß man sein...

EDMONDO und STUDENTEN
Lose Lüftchen, leise Düftchen,
die ihr unter Blumen weilet, gehet und eilet
zu verkünden allen Winden
diese Mähr.
Schon zum Becher neigten sich die Lippen gierig,
wollten sich erquicken, schlürften schon begehrlich.

LESCAUT
Nehmt den Hut jetzt und gebt acht!
Morgen früh wir brechen auf!
Zur Abendtafel
gehn wir nun! Reicht mir den Arm!
Mit dem Strom muß man zu schwimmen wissen,
denn...
(Sie gehen ab.)

STUDENTEN
Lose Lüftchen, leise Düftchen, usw.
Die Trauben, die frischen,
die süßen sind zu hoch, zu herb,
Altes Füchslein, altes Füchslein, Ade!
(Lescaut kommt beim Gelächter drohend heraus, die
Studenten entfliehen lachend.)

 
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt

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