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Otello” by Giuseppe Verdi libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt
VIERTER AKT

Desdemonas Schlafgemach. Ein Bett, ein Betstuhl, ein
Tisch mit Spiegel und ein Stuhl. Vor dem Madonnenbild
über dem Betstuhl brennt eine Lampe. Rechts eine Tür.
Es ist Nacht.
(Desdemona bereitet sich auf die Nacht vor, Emilia hilft
ihr.)

EMILIA
War er ruhiger?

DESDEMONA
So schien er mir.
Er befahl mir, zu Bett zu gehen
und auf ihn zu warten.
Emilia, ich bitte dich,
leg auf mein Bett
mein weißes Brautkleid.
(Emilia tut es.)
Hör:
Wenn ich vor dir sterben sollte,
begrab mich in einem dieser Schleier.

EMILIA
Verjagt solche Gedanken.

DESDEMONA
Ich bin so traurig, so traurig.
(setzt sich mechanisch vor den Spiegel)
Meine Mutter hatte eine arme Magd,
die war verliebt und sehr schön;
ihr Name war Barbara.
Sie liebte einen Mann, der sie verließ.
Sie sang ein Lied,
das Lied von der Weide.
(zu Emilia)
Lös mir das Haar.
Heute Abend
ist mein Sinn erfüllt
von dieser Weise.
„Sie sang und weinte auf der einsamen Heide,
dort weinte die Arme.
O Weide! Weide! Weide!
Sie saß, den Kopf auf die Brust geneigt.
Weide! Weide! Weide!
Singt, singt!
Die Trauerweide soll mein Kranz sein!“

(Zu Emilia.)
Mach rasch, bald kommt Othello.
„Die Bäche flossen zwischen blumigen Ufern;
sie klagte mit brechendem Herzen,
und aus den Augen ergoss ihr Herz
die Flut bitterer Tränen.
Weide! Weide! Weide!
Singt, singt!
Die Trauerweide soll mein Kranz sein.
Die Vögel flogen von den dunklen Zweigen nieder
zu ihrem süßen Gesang.
Und ihre Augen weinten so sehr,
die Steine selbst zu erweichen.“
(streift einen Ring vom Finger, zu Emilia)
Leg diesen Ring weg.
(erhebt sich)
Arme Barbara!
Sie schloss ihr Lied immer
mit den schlichten Worten:
„Er wurde für den Ruhm geboren,
und ich, um zu lieben.“
(zu Emilia)
Horch! Ich höre einen Klagelaut!
(Emilia tut ein paar Schritte.)
Still! – Wer klopft da an die Tür?

EMILIA
Es war der Wind.

DESDEMONA
„... und ich, um zu lieben und zu sterben.
Singt, singt!
Weide, Weide, Weide!“
Emilia, leb wohl.
Wie mir die Augen brennen!
Das bedeutet Tränen.
Gute Nacht.
(Emilia will gehen.)
Ah! Emilia, Emilia, leb wohl!
Emilia, leb wohl!
(Emilia kehrt sich um, Desdemona umarmt sie.
Emilia ab.)
(Desdemona kniet auf dem Betstuhl nieder.)
Ave Maria, voll der Gnade,
auserwählt unter den Weibern und Jungfrauen bist du,
gebenedeit sei die Frucht, o Gebenedeite,
deines mütterlichen Schoßes, Jesus.
Bitte für den, der anbetend vor dir kniet,

bitte für den Sünder, für den Unschuldigen,
und für den Schwachen und Bedrückten,
und dem Mächtigen,
der gleichfalls elend ist, schenk dein Erbarmen.
Bitte für den, der vom Unrecht gebeugt ist
und vom grausamen Schicksal;
für uns, bitte für uns,
bitte du immer
und in der Stunde unseres Todes,
bitte für uns, bitte für uns,
bitte du!
(Bleibt noch eine Weile auf den Knien und legt ihre
Stirn auf das Pult, wobei sie im stillen das Gebet
wiederholt; nur die ersten und letzten Worte sind zu hören.)

Ave Maria...
... in der Stunde unseres Todes.
Ave! Amen.
(erhebt sich und geht zu Bett)
(Othello erscheint auf der Schwelle einer geheimen Tür.
Er kommt näher, legt einen Säbel auf den Tisch und
bleibt vor der Kerze stehen, unschlüssig, ob er sie
auslöschen soll oder nicht. Er erblickt Desdemona und
löscht das Licht. Dann macht er eine zornige Gebärde,
nähert sich dem Bett und bleibt stehen. Er hebt die
Vorhänge auf und betrachtet lange die schlafende
Desdemona. Er küsst sie dreimal; sie erwacht.)


DESDEMONA
Wer ist da?
(Richtet sich auf.)
Othello?

OTHELLO
Ja.
Habt Ihr heute abend Eure Gebete gesprochen?

DESDEMONA
Ich habe gebetet.

OTHELLO
Erinnert Ihr Euch
an eine begangene Sünde
und erhofft dafür die Gnade des Himmels,
erfleht sie jetzt gleich.

DESDEMONA
Weshalb?

OTHELLO
Mach rasch!
Ich will nicht deine Seele töten.

DESDEMONA
Du sprichst vom Töten?

OTHELLO
Ja.

DESDEMONA
Gott sei mir gnädig!

OTHELLO
Amen.

DESDEMONA
Und seid auch Ihr mir gnädig!

OTHELLO
Denk an deine Sünden.

DESDEMONA
Meine Sünde ist die Liebe!

OTHELLO
Und dafür stirbst du!

DESDEMONA
Und weil ich dich liebe, tötest du mich?

OTHELLO
Du liebst Cassio!

DESDEMONA
Nein, bei meiner Seele!

OTHELLO
Das Taschentuch, das ich dir schenkte,
gabst du ihm!

DESDEMONA
Das ist nicht wahr!

OTHELLO
Ich sah es in seiner Hand!

DESDEMONA
Ich bin nicht schuldig!

OTHELLO
Gesteh!

DESDEMONA
Ich schwöre!

OTHELLO
Hüte dich vor Meineid!
Denk, dass du auf deinem Sterbebett liegst!

DESDEMONA
Nicht um zu sterben!

OTHELLO
Um, jetzt zu sterben!

DESDEMONA
Zu Hilfe!
Ich liebe Cassio nicht!
Er soll herkommen! Er soll reden!

OTHELLO
Stumm ist er auf immer.

DESDEMONA
Himmel! Tot?

OTHELLO
Tot.

DESDEMONA
Ich bin verloren, er ist verraten!

OTHELLO
Du wagst, ihn zu beweinen?

DESDEMONA
Othello, töt mich nicht!

OTHELLO
Du verteidigst dich umsonst!

DESDEMONA
Lass mich leben...
... lass mich noch leben,
lass mich noch leben!

OTHELLO
Nieder, nieder mit dir,
du Hure!

DESDEMONA
Gnade!

OTHELLO
Stirb!

DESDEMONA
Lass mich nur diese Nacht noch leben!

OTHELLO
Nein!

DESDEMONA
Eine Stunde!

OTHELLO
Nein!

DESDEMONA
Einen Augenblick!

OTHELLO
Nein!

DESDEMONA
Nur noch für ein Gebet!

OTHELLO
Zu spät!
(erstickt sie)

DESDEMONA
Ah!
(Es klopft an der Tür.)

OTHELLO
(betrachtet Desdemonas reglosen Körper)
Still, wie das Grab.
(Es klopft wieder.)

EMILIA (draußen)
Öffnet! Öffnet!

OTHELLO (aufschreckend)
Wer ist da? Wer klopft?

EMILIA (klopft wieder)
O Herr, ich bitte Euch,
ich muss Euch sprechen,
öffnet!

OTHELLO (öffnet die Tür)
Emilia, was gibt es?

EMILIA (tritt auf)
Ein schweres Verbrechen!
Cassio hat Rodrigo getötet!

OTHELLO
Und Cassio?

EMILIA
Lebt!

OTHELLO
Cassio lebt!

DESDEMONA (vom Bett aus)
Ungerecht –
ungerechter Mord –

EMILIA (läuft auf das Bett zu)
Wer stöhnt da?
Entsetzen!

DESDEMONA
Ich sterbe schuldlos –

EMILIA
Großer Gott! Wer tat das? Wer?

DESDEMONA
Niemand – ich selbst –
befiehl mich meinem Herrn –
ich sterbe schuldlos –
leb wohl –
(stirbt)

OTHELLO
O Lügnerin!
Ich habe sie getötet!

EMILIA
Mörder!

OTHELLO
Sie war Cassios Hure,
frag Jago!

EMILIA
Jago?

OTHELLO
Jago.

EMILIA
Tor! Und du hast es geglaubt?

OTHELLO (auf Emilia losfahrend)
Wagst du zu leugnen?

EMILIA
Ich fürchte dich nicht!

OTHELLO (ergreift sie)
Hüte dich!

EMILIA
Holla! Helft, zu Hilfe!
(reisst sich los und läuft zur Tür)
Othello hat Desdemona getötet!
(Lodovico, Cassio und Jago treten auf, dann Montano
mit Bewaffneten.)

CASSIO, JAGO, LODOVICO
Welch ein Geschrei!
(sehen Desdemona)
Entsetzen! Entsetzen!

EMILIA (zu Jago)
Jago, straf diesen Meuchelmörder Lügen!
Hast du geglaubt, Desdemona sei treulos?
Sprich!

JAGO
Das habe ich geglaubt.

OTHELLO
Das Taschentuch, das ich ihr einst schenkte,
hat sie Cassio gegeben.

EMILIA
O himmlische Mächte!

JAGO (zu Emilia)
Schweig!

EMILIA
Nein, alles enthüll ich!

JAGO
Schweig!

EMILIA
Nein!
Dieser Mann hat mir
das Taschentuch mit Gewalt
entrissen!

CASSIO
Und ich fand das Tuch in meiner Wohnung!

MONTANO (eintretend, zeigt auf Jago)
Rodrigo hat mir sterbend die
Teufelskünste dieses Mannes entdeckt!

OTHELLO (zu Jago)
Ah! Rechtfertige dich!

JAGO (flieht)
Nein!

LODOVICO
Halt ein!

MONTANO
Ihm nach!
(Mehrere Bewaffnete eilen Jago nach.)

CASSIO, LODOVICO
Ergreift ihn!

OTHELLO
(stürzt auf den Tisch zu und ergreift den Säbel)
Hat der Himmel keine Blitze mehr?

LODOVICO
Gib mir das Schwert!

OTHELLO
Du wagst es?
Keiner fürchte mich,
wenn ich auch bewaffnet bin.

Ich bin am Ende meines Weges.
O Ruhm!
Othello war.
(Lässt den Säbel fallen, tritt an das Bett und betrachtet
Desdemona.)
Und du! Wie bist du bleich,
und müde, und stumm – und schön!
Du frommes Geschöpf, unter einem bösen Stern geboren!
Kalt, wie deine Keuschheit,
und aufgenommen in den Himmel!
Desdemona! Desdemona!
Ah, tot, tot! Tot!
(zieht heimlich einen Dolch aus seinem Gewand)
Ich hab noch eine Waffe!
(ersticht sich)

CASSIO
Ah, halt ein!

LODOVICO, MONTANO
Unglückseliger!

OTHELLO
Eh ich dich tötete, meine Gattin, küsste ich dich.
Nun, da ich sterbe und Dunkel mich umfängt:
Einen Kuss! Noch einen Kuss!
Ah! Und noch einen Kuss –
(stirbt)
libretto by Gerd Uekermann 
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt

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