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Pagliacci” by Ruggero Leoncavallo libretto (German)

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Contents: Personen / Prolog; Erster Akt; Zweiter Akt
ERSTER AKT

Erste Szene

Eine Landstraßenkreuzung kurz vor dem Dorf.
(Trompetentöne und Trommellärm sind zu hören.
Landleute eilen herbei, Kinder schreien aufgeregt
dazwischen. Eine Gruppe fahrender Schauspieler,
denen das kleine Theater gehört, ist im Anmarsch.
Tonio, ein buckliger Schauspieler, sieht verdrossen der
nahenden Menge entgegen und kauert sich vor der
Bude auf den Boden. Es ist drei Uhr nachmittags an
einem heißen Augustnachmittag.)


MÄNNER und FRAUEN
(nach und nach auftretend)
Sie sind’s! Dort nahen sie! Bajazzo ist da!
Alle begleiten ihn, groß und klein,
ihren Witzen und Scherzen applaudiert ein jeder!
Doch blickt er düster, geht vorbei,

dann wieder schlägt er die große Trommel.
Heh! Heh! Peitschet den Esel, braver Harlekin!
Sie sind’s! Sie sind’s!
Hört, wie die Menge laut kreischet.
Werft die Hüte in die Luft!

CANIO
(von draußen)
Schert euch zum Teufel!

BEPPE
(von draußen)
Schweigt, schweigt, Gesinde!!

CHOR
Werft die Hüte hoch in die Luft.
Durch die schreiende Menge kommt er her.
Seht dort den Wagen, Gott sei Dank!
Sie sind nun da! Welch Durcheinander! Gerechter
Gott, sie sind nun da!
(Ein pittoreskes Gefährt, in bunten Farben bemalt,
kommt herein. Es wird von einem Esel, den der als
Harlekin verkleidete Beppe führt, gezogen. Vorn auf
dem Wagen steht Nedda, hinter dem Wagen geht
Canio, im Kostüm des Bajazzo. Er schlägt die große
Trommel.)

ALLE
Er lebe!
Der Fürst seid Ihr aller Gaukler!
Mit tollem Spiel
verkürzt ihr die Stunden.
Er lebe! Sie sind’s! usw.

CANIO
Danke!

CHOR
Bravo!

CANIO
Ich möchte...

CHOR
Und das Schauspiel?

CANIO
Herrschaften!

ALLE
Uh! Wie greulich! Hör doch auf!

CANIO
So laßt ihr mich reden?

ALLE
Oh! Seid ruhig, laßt ihn reden jetzt!
Schweigt still, hört endlich zu!

CANIO
Ein herrliches Schauspiel
heut’ abend um elf
bereitet euch euer armer
und guter Diener!
Ihr sehet die Eifersucht
des guten Bajazzo,
und wie er sich rächt
und eine Falle stellt.
Ihr sehet, wie dem Tonio
die Knochen zittern,
und wie im Intrigennetz
er sich fängt.
So kommt und beehrt uns,
ihr Damen und Herren.
Heute abend um elf!

ALLE
Wir kommen, doch du
sei dann bester Laune.
Bis heut’ abend um elf!
(Tonio nähert sich Nedda, um ihr vom Wagen zu helfen,
doch Canio gibt ihm eine Ohrfeige und hebt Nedda
selbst vom Wagen.)

CANIO
Scher dich zum Teufel!

FRAUEN
(lachend)
Nimm dich in acht, schöner Galan!

KINDER
(pfeifend)
Ganz ergebenst!

TONIO
(zu sich)
Das sollst du büßen, du Schutt!

EIN BAUER
(zu Canio)
Sag, kommst du mit uns zur Taverne,
ein Glas guten Wein dort zu trinken?
Sag, kommst du?

CANIO
Mit Vergnügen.

BEPPE
Wartet auf mich,
ich bin auch noch da!

CANIO
Sag, Tonio, kommst du mit?

TONIO
Ich säubere den Esel. Geht nur voraus!

BAUER
(lachend)
Glaub’s nicht, Bajazzo, er will nur hier noch bleiben,
um deiner Nedda den Hof zu machen!

CANIO
(scherzend, aber mit Ernst)
Heh! Heh! Du denkst?
(halb im Ernst: ein bißchen ironisch)
Besser ist es, einen solchen Scherz,
glaubet mir, nicht mit mir zu machen, meine Freunde,
und zu Tonio, wie zu allen, spreche ich jetzt!
Das Theater und das Leben sind nicht die gleiche Sache!
Wenn dort oben Bajazzo sein Weib
mit einem anderen Mann im Zimmer findet,
hält er eine komische Rede:
dann beruhigt er sich und ergibt sich
den Schlägen des Geschicks!
Und das Publikum zollt Beifall
und lacht fröhlich.
Doch wenn Nedda wirklich mich betröge,
anders, glaubt mir, würde die Geschichte enden,
und es ist wahr, was ich euch sage!
Wenn dies ein Scherz ist, glaubet mir,
ist es besser, nicht zu scherzen!

NEDDA
(zu sich)
Ich verstehe nicht!

BAUERN
So vermutest du
wirklich eine solche Sache?

CANIO
Ich? Glaubt ihr? Verzeiht mir.
Ich liebe meine Frau.
(Man hört Flötenklänge.)

KINDER
Die Musikanten! Die Musikanten!

MÄNNER
Zur Kirche ziehen die Freunde.
(Die Glocken rufen zur Vesper.)

DIE ALTEN
Es begleiten sie die Leute,
die in Paaren froh zur Vesper gehen.

FRAUEN
Die Glocken, ah, gehen wir!
Die Glocke ruft uns zum Herren!

CANIO
Doch dann, vergeßt es nicht!
Um elf Uhr diesen Abend!

CHOR
Nun kommt, nun kommt!
Ding, dong, es ruft der Glocke Ton,
die Mädchen und die Knaben.
Zu Paaren ziehn sie in die Kirche,
ding dong, schon ist die Sonne
beinahe untergegangen.

Ding, dong,
unsre Mütter beobachten uns,
seht euch vor, ihr Freunde!
Ding dong, und alles glühet hell
vor Liebe und vor Licht!
Doch die Alten bewachen
die mutigen Liebenden.
Ding, dong, usw.
(Während des Chores geht Canio in das Theater, um
sein Bajazzokostüm abzulegen. Dann kehrt er zurück
und geht, nachdem er sich lächelnd von Nedda
verabschiedet hat, mit Beppe und fünf oder sechs
Bauern hinaus. Nedda bleibt allein zurück.)

Zweite Szene

NEDDA
Wie flammte auf sein Auge!
Ich senkte die Blicke zur Erde, voller Furcht,
daß er meine geheimen Gedanken lesen könne!
Oh, wenn er mich überraschte, brutal, wie er ist!
Doch genug, er ist weg.
Diese Gedanken sind furchtbar und wirr!
Oh, diese schöne Sonne des Augusts!
Ich bin so voll von Leben und, voll von Sehnen,
geheimen Wünschen, die ich nicht kenne!
(Sie schaut zum Himmel.)
Oh! Wie die Vögelein fliegen, und wie sie singen!
Was singen sie? Wohin fliegen sie? Wer weiß?...
Meine Mutter, die die Zukunft weissagen konnte,
verstand ihr Singen
und sang zu mir in der Kindheit:
Hui! Dort oben rufend, frei
im Fluge sich vergessend, wie Pfeile fliegen die Vögel.

Sie achten weder Wolken noch die strahlende Sonne,
fliegen auf den Wegen des Himmels dahin.
Laß sie durch den Himmel fliegen,
auf der Suche nach Bläue und Glanz;
jeder folgt einem Traum, einem Wunsch,
wenn sie durch goldene Wolken fliegen!
Wie der Wind auch weht und der Donner rollt,
mit offenen Schwingen trotzen sie allem;
dem Regen, den Blitzen, nichts kann sie aufhalten,
sie fliegen über Abgrund und Meer.
Sie machen sich auf in ein fremdes Land,
von dem sie träumen und das sie vergebens suchen.
Doch die Wanderer des Himmels
folgen einer geheimen Macht, die sie fortzieht.
(Während des Liedes ist Tonio eingetreten und hat fröhlich
zugehört. Nedda dreht sich, als sie das Lied beendet hat, um.)

Du hier? Ich glaubte, du seiest gegangen!

TONIO
Mich fesselte dein Singen.
Ich bin bezaubert und froh!

NEDDA
Ha, Ha! Welche Poesie.

TONIO
Lache nicht, Nedda!

NEDDA
Geh, geh zum Wirtshaus!

TONIO
Ich weiß gut, daß ich ein Narr, entstellt bin ich;
ich verursache nur Spott und Furcht.
Doch hab’ ich auch Gefühle, Träume und Wünsche
und ein lebendiges Herz!
Nun begegnest auch du mir mit Verachtung;
du kennst nicht die Tränen, die der Schmerz mir bringt!
Weil ich, allem zum Trotze, so bald bezaubert war,
daß Liebe mich nun quält!
Oh, laß mich dir sagen!

NEDDA
Mich liebst du?
Bewahr deine Schwüre dir,
sag heut abend sie auf!
Im Anblick des Publikums,
dort, auf der Bühne!

TONIO
Lache nicht, Nedda!

NEDDA
Spare dir diese Schmerzen!

TONIO
Nein, jetzt will ich es dir sagen,
und du mußt nun es hören,
daß ich dich liebe und begehre,
und daß du mein sein wirst!

NEDDA
Heh! Sage Meister Tonio,
jucket dich heute das Fell,
oder soll ich dir an den Ohren ziehen,
um deine Glut zu kühlen?

TONIO
Du spottest? Du Hexe!
Beim Kreuze Gottes!
Hüte dich, das sollst du teuer zahlen!

NEDDA
Willst du, daß ich gehe
und Canio rufe?

TONIO
Nicht bevor ich dich geküßt hab’!

NEDDA
Hüte dich!

TONIO
(Er will auf Nedda zustürzen.)
Oh, bald wirst du mein sein!

NEDDA
(Sie ergreift eine Peitsche, die Beppe zurückgelassen
hat, und schlägt Tonio mit aller Kraft in das Gesicht.)

Du Elender!

TONIO (schreit und fällt)
Bei der himmlischen Jungfrau,
Nedda, ich schwöre ... das bezahlst du mir!
(Dann geht er drohend hinaus.)

NEDDA
Schlange! Geh! Du hast dich nun verraten!
Tonio der Narr!
Deine Seele ist wie dein Körper – entstellt – dreckig!
(Silvio kommt und ruft leise.)

SILVIO
Nedda!

NEDDA
Silvio! Zu dieser Stunde – wie unvorsichtig!

SILVIO
Ah, bah! Sei ruhig, denn ich wage nichts.
Canio und Beppe sind lang in der Taverne,
ich habe sie dort gesehen! Voller Vorsicht kam ich
durch die Wälder, die ich kenne, her.

NEDDA
Und beinahe hättest du Tonio noch getroffen!

SILVIO
Oh! Tonio der Narr!

NEDDA
Vor dem Narren muß man sich hüten!
Er liebt mich. Gerade jetzt gestand er’s,
und wie ein Tier in wildem Rasen
verlangte er einen Kuß und drang auf mich ein!

SILVIO
Hilf Gott!

NEDDA
Doch mit der Hundepeitsche
kühlte ich die Glut.

SILVIO
Und in diesem Unglück willst du ewig leben?
Nedda! Nedda!
Entscheide du mein Schicksal,
Nedda, Nedda, bleibst du?
Du weißt, das Fest geht zu Ende
und alle ziehn morgen davon.
Nedda! Nedda!
Und wenn du von hier fortgezogen bist, was wird
dann aus mir, aus meinem Leben?

NEDDA
Silvio!

SILVIO
Nedda, Nedda, gib Antwort mir,
Wenn es stimmt, daß du Canio nicht mehr liebst,
wenn es stimmt, daß du haßt
dieses Wanderleben, das du führst,
wenn deine gewaltige Liebe nicht eine Lüge ist,
so laß uns fliehen heut nacht! Fliehe, Nedda mit mir!

NEDDA
Dränge mich nicht! Willst du mein Leben zerstören?
Nein, Silvio, sag nichts ... es ist verrückt und toll!
Ich vertraute mich dir an, dir schenkte ich mein Herz!
Mißbrauche mich nicht, nicht meine Liebesglut!
Dränge mich nicht! Mitleid mit mir!
Dränge mich nicht! Und dann, wer weiß. Es ist besser, zu gehen.
Das Schicksal ist gegen uns, und was wir sagen, vergebens!
Doch aus meinem Herzen kann niemand dich mehr reißen,
nur für diese Liebe will ich leben, die du in mein Herz gebracht!

SILVIO
Ah, Nedda, fliehen wir!

NEDDA
Dränge mich nicht! Willst du mein Leben zerstören?
usw.

SILVIO
Nedda, bleibe!
Denn was wird dann aus mir, wenn du gegangen bist?
Bleibe, Nedda! Fliehen wir! So komm!
Ah! Fliehe mit mir! So komm!
Nein, du liebst mich nicht mehr!

TONIO
(beobachtet sie heimlich)
Ah! Du bist gefangen, Dirne!

NEDDA
Doch, ich lieb’ dich, ich lieb’ dich!

SILVIO
Und gehst doch morgen fort?
Und warum dann, sage, hast du mich verhext,
wenn du mich ohne Gnade verläßt?
Und jenen Kuß, warum gabst du ihn mir
mit solcher glühenden Leidenschaft?
Wenn du die seligen Stunden vergaßest,
ich kann es nicht und will noch immer
solches Liebesglühen, solche heißen Küsse,
die mein Herz in Fieber erglühen lassen!

NEDDA
Nichts hab’ ich vergessen, ich bin verwirrt und verstört
durch diese Liebe, die aus den Augen dir blitzt!
Nur mit dir will ich immer leben, verzaubert,
ein Leben voll Liebe, ruhig und voll Frieden!
Dir geb’ ich mich, du allein besitzt mich.
Und dich nehme ich und vergesse mich ganz!

NEDDA und SILVIO
Alles wollen wir vergessen!

NEDDA
Schau mir in die Augen!
Küsse mich! Alles wollen wir vergessen!

SILVIO
Du kommst?

NEDDA
Ja, küsse mich!

NEDDA und SILVIO
Ja, ich seh’ dich an und küsse dich!
Ich liebe dich! Ich liebe dich!
(Während Nedda und Silvio sich der Mauer im
Hintergrunde nähern, kommen heimlich Canio und Tonio.)

TONIO
Schleich leise, und du wirst sie finden.

SILVIO
Um Mitternacht wirst du mich hier treffen.
Komm leise herunter, und du wirst mich finden.
(Silvio steigt über die Mauer.)

NEDDA
Bis Mitternacht, und für immer bin ich dein!

CANIO
Ah!

NEDDA
Fliehe!
(Canio springt ebenfalls über die Mauer und verfolgt Silvio.)
Hilf ihm, Herr!

CANIO
(von draußen)
Feigling! Versteckst du dich?

TONIO
(zynisch lachend)
Ha!... Ha!...

NEDDA
Bravo! Bravo, mein Tonio!

TONIO
Ich tu was ich kann.

NEDDA
Das, was ich mir dachte!

TONIO
Ich hoffe noch besseres zu tun.

NEDDA
Mich ekelt und schaudert vor dir!

TONIO
Oh, du weißt bestimmt.
wie froh mich das macht.
(Canio kommt zurück. Er schäumt vor Wut.)

CANIO
(wütend)
Schimpf und Spott! Nichts!
Er kennt seine Wege gut.
Macht nichts, denn den Namen des Schurken
wirst du mir nun sagen!

NEDDA
Wer?

CANIO
(zornig)
Du, beim himmlischen Vater!
(zieht einen Dolch aus seinem Gürtel)
Und wenn ich dich in diesem Moment
nicht schon umgebracht habe, so nur, weil du,
bevor ich mit deinem stinkenden Blut, o Schamlose,
den Dolch beflecke, seinen Namen wissen will! Rede!

NEDDA
Umsonst bedrohst du mich. Meine Lippen sind verschlossen.

CANIO
Den Namen, den Namen! Zögere nicht, Weib!

NEDDA
Nein, ich werde ihn nicht nennen!

CANIO
(nähert sich ihr mit gezücktem Dolch)
Bei der Madonna!
(Beppe kommt herbei und nimmt Canio das Messer aus der Hand.)

BEPPE
Herr! Was tust du! In Gottes Namen!
Die Leute kommen aus der Kirche und eilen hierher
zum Schauspiel! Gehen wir schnell; beruhige dich!

CANIO
(reißt sich los)
Laß mich, Beppe! Den Namen! Den Namen!

BEPPE
Tonio,
komm und halte ihn. Gehen wir, das Publikum kommt!
(Tonio nimmt Canio bei der Hand, während Beppe auf
Nedda zugeht.)
Sprecht euch später aus. Und zieh dich zurück.
Geh und kostümiere dich.
Ich weiß, Canio ist jähzornig, aber gut!
(Beppe führt Nedda in das Theater und verschwindet mit ihr.)

CANIO
Betrug! Betrug!

TONIO
Beruhige dich, Herr! Es ist besser, ruhig zu sein;
der Geliebte wird zurückkommen. Vertraue mir!
Ich bewache sie. Nun ist Zeit zur Vorstellung.
Wer weiß, ob er nicht zur Vorstellung
kommt und sich verrät! Man wird sehen.
Man muß ruhig sein, um Erfolg zu haben!

BEPPE
(kommt zurück)
Gehen wir, kostümiere dich, Herr.
Und du schlage die Trommel, Tonio!
(Tonio und Beppe gehen hinaus. Canio bleibt allein und
verzweifelt auf der Szene.)

CANIO
Jetzt spielen! Wo mich Wahnsinn umkrallet!
Ich weiß nicht mehr, was ich sage und was ich tue!
Doch ich muß mich zusammennehmen!
Bah! Bist du nicht ein Mann!
Du bist Bajazzo!
Hüll dich in Tand nur.
Die Leute zahlen und wollen lachen hier.
Und wenn dir Harlekin die Colombine raubt,
lache, Bajazzo, und jeder applaudiert!
Verwandle in Witze die Schmerzen
und die Tränen, und Weh!
Lache, Bajazzo, über die zerbrochene Liebe.
Lache über den Schmerz, der das Herz dir vergiftet.
(Er geht verzweifelt durch den Vorhang ab.)

Intermezzo

 
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