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“Rigoletto” by Giuseppe Verdi libretto (German)
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt |
Erste Szene Mantua. Ein prächtiger Säulensaal im herzoglichen palast (Hellstrahlende Festbeleuchtung. Eine glänzende Festversammlung: Herren und Damen, Pagen und Diener kommen, gehen und servieren im Saale hinten. Ballorchester unsichtbar hinten. Der Herzog von Mantua und sein Höfling Borsa kommen nach einiger Zeit in Festkleidung rechts aus dem Hintergrund.) HERZOG Zum Schluß bring’ ich das Abenteuer Mit jener spröden, unbekannten Schönen! BORSA Die in der Kirche öfter Sie gesehen? HERZOG Jeden Festtag seit drei Monden. BORSA Und ihre Wohnung? HERZOG In einem düstern Winkel. Jede Nacht besucht ein Mann die Schöne. |
BORSA Und kennt das Mädchen Ihren Stand und Namen? HERZOG O nein! (Eine Gruppe von Damen und Herren geht durch den Saal.) BORSA Ha, welche Reize! O sehen Sie. HERZOG Alle verdunkelt Cepranos junge Gattin. BORSA Der Graf darf das nicht hören. HERZOG Mag er es wissen. BORSA Einer Andern könnt’ er’s sagen. HERZOG Dieses Unglück wäre für mich leicht zu ertragen. Freundlich blick ich auf diese und jene, Die wie Sterne mich leuchtend umschweben, Doch mich fesseln soll nie eine Schöne, Denn ich glühe für keine allein. Die Natur will uns alle beglücken, Nur der Wechsel verschönert das Leben! Mag die Eine mich heute entzücken, Morgen wird mich die Andre erfreuen. Treue hält uns in lästigen Banden, Nimmer will ich dies Schicksal erfahren, |
Mag ein Tor sie für eine bewahren! Nur in Freiheit kann Liebe gedeihen. Niemals hemmt mich das Auge der Gatten, Ihrer Eifersucht kann ich nur lachen. Mag ein Argus ihr Kleinod bewahren! Ja, der Sieg bleibt am Ende doch mein. (Graf Ceprano wacht sorgfältig über seine Gattin, die von einem anderen Herrn begleitet wird; Damen und Herren gesellen sich nach und nach zur Gruppe.) HERZOG (tritt ihnen entgegen, begrüßt das gräfliche Paar und führt die Gräfin in den Vordergrund.) Sie fliehen mich. Wie grausam! GRÄFIN Ceprano zu folgen, geziemet der Gattin. HERZOG In strahlendem Schimmer Am Hofe zu glänzen, geziemet der Sonne, Und zu verbreiten Entzücken und Wonne. Sie sehen vor Liebe mich glühen, Und können nicht länger ihr Herz mir entziehen. GRÄFIN O schweigen Sie! HERZOG Liebe mich glühen, usw. GRÄFIN O schweigen Sie! (Er reicht ihr den Arm und entfernt sich mit ihr. Rigoletto eintretend, vertritt Ceprano den Weg.) |
RIGOLETTO Was spukt dir im Kopfe, Herr Graf von Ceprano? (Ceprano folgt mit einer aufschäumenden Bewegung dem Herzog. Zu den Hofherren:) O, seht doch, wie er schnaubet! BORSA, CHOR Welch’ ein Fest! RIGOLETTO Nun Ja! BORSA, CHOR Den Herzog erfreuen solche Gelage. RIGOLETTO Das merkst du erst heute? So geht’s alle Tage, Er findet Vergnügen an Festen und Tänzen, An Wein und an Spiel, Oft sucht er Erholung in zärtlichen Siegen, Heut’ nahm er sich die Gräfin zum Ziel! (Er geht. Marullo eilig auftretend.) MARULLO Was Neues! Was Neues! CHOR Was ist es? Erzähle! MARULLO Ihr werdet erstaunen! CHOR, BORSA O rede doch endlich! |
MARULLO Ha, ha! Rigoletto! CHOR, BORSA So sprich! MARULLO Ihr mög’t raten!. CHOR, BORSA Verlor er den Höcker? Ward er zum Adonis? MARULLO O nichts von dem allen! Der Narr Rigoletto... CHOR, BORSA Nur weiter. MARULLO Hat ein Liebchen! CHOR Wie! Ein Liebchen! Ist’s möglich? MARULLO Der Bucklige ist zum Cupido geworden. CHOR Der Krüppel Cupido? O süßer Cupido! (Der Herzog, gefolgt von Rigoletto, dann von Ceprano, tritt ein.) HERZOG (zu Rigoletto) Wie lästig. Ceprano ist immer um sie! Ein Weib gleich der Gräfin sah ich noch nie. |
RIGOLETTO Entführe sie! HERZOG Wie wäre das möglich? RIGOLETTO Heut’ abend. HERZOG Bewacht von dem Grafen? RIGOLETTO Den setzt man gefangen. HERZOG Nein, nein! RIGOLETTO Nun, dann verbann’ ihn! HERZOG Das darf nicht geschehen! RIGOLETTO (mit einer Gebärde des Kopfabschlagens) Wohlan! Dann gilt’s seinem Kopfe! CEPRANO (beiseite) Der schändliche Bube! HERZOG (klopft dem Grafen auf die Schulter) Der Kopf sollte fallen? |
RIGOLETTO Er ist wie ein anderer, sieh! Warum ihn verschonen? CEPRANO (wütend die Hand am Degen) Ha, Schurke! HERZOG (zu Ceprano) O, laß ihn! RIGOLETTO Ich fürcht’ ihn nicht sehr! MARULLO, CHOR (zueinander) Der Zorn übermannt ihn! HERZOG (zu Rigoletto) He! Narr! Komm hierher! BORSA, MARULLO, CHOR Der Zorn übermannt ihn! HERZOG Zu weit treibst du immer den Scherz! Einmal wird es dir übel ergehen! CEPRANO (zu den Hofherren) Wir werden uns rächen!... RIGOLETTO Was soll es mir schaden! Was kann einem Liebling des Fürsten geschehen? |
CEPRANO Er wagt sich an Jeden, Nicht einer ist frei! Rache! BORSA, MARULLO, CHOR (zu Ceprano) Doch wie denn? CEPRANO Kommt alle morgen zu mir, Mit Waffen versehen. BORSA, MARULLO, CHOR Ja! CEPRANO Bei Nacht. BORSA, MARULLO, CHOR Es sei! RIGOLETTO Was soll es mir schaden! usw. HERZOG Zu weit treibst du immer den Scherz! usw. BORSA, CEPRANO, MARULLO, CHOR Wir werden uns rächen! Wer von uns hegt Keinen Groll gegen ihn Und seine grausamen Späße? Ja, Rache! usw. Ja, Rache! |
HERZOG, RIGOLETTO Diese Tänze, diese Klänge! (Eine Gruppe von Tänzern belebt die Szenerie.) ALLE Diese Tänze, diese Klänge, Diese Tänze laden uns zur Freude ein, So entzückend, so berauschend Kann’s im Paradies nicht sein! (Graf Monterone tritt ein.) MONTERONE Ich muß ihn sprechen! HERZOG Nein. MONTERONE (vortretend) Ich will es! BORSA, RIGOLETTO, MARULLO, CEPRANO, CHOR Monterone! MONTERONE (den Herzog mit edlem Stolze anblickend) Ja! Monterone! Gleich dem Donner aus den Wolken! RIGOLETTO (aufstehend, zum Herzog, Monterones Stimme nachahmend) Ich will ihn sprechen! (mit komischer Ernsthaftigkeit und geziertem Wesen) Als ein Verschwörer wurdest du gerichtet! Doch unsre Gnade hat den Spruch vernichtet, |
Und nun kommst du und forderst jammernd Deiner Tochter Ehre? MONTERONE (verächtlich Rigoletto anblickend) Ein neuer Schimpf! (zum Herzog) Ja, täglich komm’ ich – Ihr sollt mich hören! Stets soll mein Ruf Eure Orgien stören, bis für den Frevel, Den du begangen, gerechte Strafe dich ereilt. Und willst du mich dem Henker übergeben, Wirst du mich sehen, ein fürchterlicher Geist; Werd’ ich um Rache zu Gott Mich flehend wenden! HERZOG Genug! Ergreifet ihn! RIGOLETTO Der Tor! CHOR O Frevel! MONTERONE (zum Herzog und Rigoletto) So mögt Ihr beide verflucht sein. BORSA, MARULLO, CEPRANO, CHOR Ah! MONTERONE Du hetzest den Hund auf den sterbenden Löwen! Ha, welche Feigheit! |
(zu Rigoletto) Und du, o Schlange! Höhnest den Schmerz des weinenden Vaters! Sei denn verfluchet! RIGOLETTO (für sich, angstvoll) Was hör ich? O Grauen! ALLE (außer Rigoletto) (zu Monterone) O du, der Angst hier verbreitet, Ein Dämon hat dich zu dem Feste geleitet. So wenig nur gilt dir dein trauriges Leben! Du magst vor dem Zorne, usw. RIGOLETTO Grauen! O Grauen! MONTERONE Sei denn verflucht! Und du, o Schlange! usw. ALLE (außer Rigoletto) Des Herrschers erbeben. O hoffe nichts mehr, Der Arm des Gesetzes, er treffe dich schwer. (Die Wachen führen Monterone fort; alle folgen dem Herzog.) |
Szene 2 Der Eingang in eine öde Sackgasse. (Links ein Haus von schlichtem Aussehen, mit einem Vorhof, von einer Mauer umgeben. Im Vorhof ist ein großer Baum, daneben eine Bank aus Marmor. Eine Tür in der Mauer öffnet sich zur Straße. Über der Mauer ist eine Terrasse von Arkaden gestützt. Vom zweiten Stockwerk öffnet sich eine Türe auf die Terrasse, die auch von einer Treppe vorn erreicht werden kann. Rechts von der Straße, eine noch höhere Mauer über die man eine Seite des Palastes des Grafen Ceprano sehen kann. Es ist Abend. Rigoletto, in einen Mantel gehüllt, tritt ein, gefolgt von Sparafucile, welcher einen Degen, unter seinem Umhang versteckt, trägt.) RIGOLETTO (beiseite) Der alte Mann verfluchte mich! SPARAFUCILE O Herr! RIGOLETTO Geh’! Kann nichts geben! SPARAFUCILE Ich bettle nicht! Ein Mann steht hier, Mit dem Degen wohl bekannt! RIGOLETTO Ein Räuber! SPARAFUCILE Ein Mann, der Nebenbuhler Für wenig läßt verschwinden; Auch du hast welche. |
RIGOLETTO Wirklich? SPARAFUCILE Dein Liebchen wohnt hier im Haus. RIGOLETTO (beiseite) Was soll das heißen! (zu Sparafucile) Und wieviel müßte ich für einen Herrn wohl geben? SPARAFUCILE Mehr förder ich für sein Leben – RIGOLETTO Als man gewöhnlich gibt? SPARAFUCILE Die Hälfte voraus, der Rest folgt später nach. RIGOLETTO (beiseite) Du Satan. (zu Sparafucile) Und wie wird sicher Solch eine Tat verübt? SPARAFUCILE Bald auf einer freien Straße, Bald unter einem Dache, Nachts harr’ ich meines Mannes, Mit einem Stoße ist’s geschehen! |
RIGOLETTO Du Satan! (zu Sparafucile) Doch wie im Hause? SPARAFUCILE Leicht macht es sich Mit Hilfe meiner Schwester. Auf den Straßen tanzt sie, Ist reizend – sie lockt die Opfer und dann – RIGOLETTO Verstehe! SPARAFUCILE Ohne Lärmen... RIGOLETTO Verstehe! SPARAFUCILE Dies ist mein Instrument! (Er zeigt den Degen.) Ist’s gefällig? RIGOLETTO Nein, jetzt nicht! SPARAFUCILE Desto schlimmer für dich. RIGOLETTO Wer weiß. |
SPARAFUCILE Sparafucile, so nenn’ ich mich! RIGOLETTO Ein Fremder? SPARAFUCILE (sich entfernend) Aus Burgund. RIGOLETTO Und wo bist du zu finden? SPARAFUCILE Hier jeden Abend. RIGOLETTO Geh! SPARAFUCILE Sparafucile, Sparafucile. (Sparafucile geht.) RIGOLETTO (ihm nachschauend)) Geh! Geh! Geh! Geh! Gleich sind wir beide! Mir dient die Zunge, Ihm dient der Stahl. Ich bin der Mann des Scherzes, Er des blutigen Ernstes. – Der alte Mann Verfluchte mich! O Menschen, o Natur, Ihr habt mich beide zum Bösewicht gebildet! O schrecklich! so häßlich zu sein, Den Narren zu spielen! Ewig scherzhaft zu sein, ewig zu lachen! Mir versagt ist des Menschen Erbe, die Träne. |
Der Fürst, mein Gebieter, jung noch und mächtig Immer scherzhaft, heiter, Sagt mir oft, halb im Schlummer: Narr komm’ her, mach’ mich lachen! Und ich muß schnell gehorchen. Tod und Haß, euch Höflingen! Ihr mitleidlosen Spötter! Über euch der Hölle Plagen! Wenn ich gottlos bin, Ihr habt die Schuld zu tragen. Der alte Mann verfluchte mich! Der Gedanke, warum, wenn er mich floh, Kehrt er stets wieder? Sollt’ er mir Unheil bringen? O nein! Eitle Sorge! (Er öffnet mit einem Schlüssel leise die Hoftür; Gilda eilt die Trepe herab in seine Arme.) Tochter! GILDA Mein Vater! RIGOLETTO Wenn ich dich sehe, Wie fühl’ ich glücklich mich in deiner Nähe! GILDA O welche Liebe, mein Vater! RIGOLETTO Du bist mein Leben! Welch’ anderes Glück kann die Erde mir geben? O meine Tochter! |
GILDA O du seufztest, was kann dich quälen? Der Tochter magst du’s entdecken! Wirst du denn ewig dich mir verhehlen? Und von den Unsern nie mir erzählen? RIGOLETTO Wir stehen allein. GILDA Wie ist dein Name? RIGOLETTO O laß mich schweigen! GILDA So willst du nie Mir Vertrauen zeigen? RIGOLETTO (sie unterbrechend) Du gehst nicht aus? GILDA Nur in die Kirche! RIGOLETTO So ist es gut! GILDA Willst du dich mir niemals nennen, So laß die Mutter mich endlich kennen. RIGOLETTO Ach! Sprich nie mit einem Armen Von dem verlorenen Glücke! |
Sie, ach, sie fühlt’ Erbarmen Mit meinem Mißgeschicke. Häßlich, verlassen, elend, Rührt ich ihr sanftes Herz! Ach, sie ruht Nun im Grabe, Leicht sei die Erde ihr, Süß ihr der Todesschlummer! Du bleibst allein mir in meinem Kummer, Nimm, gütiger Gott, meinen Dank dafür! GILDA (schluchzend) Ach, welch bitterer Schmerz, Zerreißt, o Vater, dein armes Herz! Ich kann dein tiefes Leid nicht sehen, Es läßt mich selbst im Schmerz vergehen. RIGOLETTO Du bleibst allein mir in meinem Kummer, usw. GILDA O sag’ mir deinen Namen, Entdecke mir dein Leiden! RIGOLETTO Wozu mein Name, Was frommt er dir? Genug, ich bin dein Vater! Wenn manche mich beneiden, Mich fürchten oder hassen, So fluchen wieder andre mir! GILDA Heimat, Verwandte und Freunde, Sie hätten dich verlassen? |
RIGOLETTO Heimat, Verwandte und Freunde, Mein Glaube, meine Verwandten, meine Heimat, Ach, alles hab’ ich nur in dir. GILDA O kann dich das beglücken, Welche Wonne schafft es mir. RIGOLETTO Mein Glaube, meine Verwandten, usw. GILDA Schon seit drei Monden, die nun verflossen, Bin ich im Hause hier eingeschlossen. Gern möcht’ ich einmal die Stadt besehen. RIGOLETTO Nein, nie! Du wagtest doch nicht auszugehen? GILDA Nein! RIGOLETTO Weh! GILDA (beiseite) Ach, was sagt’ ich? RIGOLETTO Du magst dich hüten. (beiseite) (Leicht wär’ es ihnen, ihr nachzuspüren, Des Narren Tochter zu entführen. Welch’ köstlicher Scherz für die Buben!) |
(laut) Hallo? (Giovanna kommt aus dem Hause.) GIOVANNA Gebieter! RIGOLETTO Hat jemand mich kommen sehen? Rede die Wahrheit! GIOVANNA O nein, niemand! RIGOLETTO Recht gut! Die Türe nach der Bastei Bleibt doch geschlossen? GIOVANNA Stets ist sie zu, ja Herr, gewiß! RIGOLETTO Rede die Wahrheit! Ach, wache sorglich und behüte, Was ich bang dir anvertraue. Diese zarte reine Blüte, Sie ist ja mein einzig Glück! Schütze treu sie vor dem Sturme, Der manch Andre schon zerstörte, Und gib rein die Unversehrte In des Vaters Hand zurück. GILDA Laß so Sorgen Deine Ruhe nimmer stören. |
Dort, bei Gott, in höheren Sphären Lenkt ein Engel mein Geschick! Ja, der Mutter frommes Flehen Wird vor Unglück mich bewahren. Diese zarte reine Blüte, die dein einzig Glück; Wird niemals geschändet und zerstört. (Der Herzog in bürgerlicher Kleidung zeigt sich auf der Straße.) RIGOLETTO Ach, wache sorglich und behüte, Was ich bang dir anvertraue... Ich höre Tritte! (Er öffnet die Hoftür, und während er geht, um auf die Straße zu sehen, schlüpft der Herzog in den Vorhof und tritt hinter einen Strauch, Giovanna mit einem Wink zu schweigen, eine Börse zuwerfend.) GILDA Himmel! Immer ein neuer Argwohn. RIGOLETTO (sich Giovanna zuwendend) Folgte niemand Euch zur Kirche jemals nach? GIOVANNA Nie! HERZOG (Rigoletto!) RIGOLETTO Sollte jemand klopfen, So dürft Ihr nie ihm öffnen! |
GIOVANNA Auch nicht dem Herzog? RIGOLETTO Ihm viel weniger als andern! Leb’ wohl, meine Tochter! HERZOG (beiseite) Seine Tochter? GILDA Leb’ wohl, teurer Vater! RIGOLETTO Ach, wache sorglich und behüte, usw. Meine Tochter, leb’ wohl! GILDA Laß so Sorgen Teurer Vater, leb’ wohl! (Sie umarmen sich. Rigoletto geht fort; die Türe hinter sich schließend. Gilda, Giovanna, Herzog hinter dem Strauch.) GILDA Giovanna, mir ist so bang! GIOVANNA O sprich, weshalb? GILDA Ich sagt’ ihm nichts Von jenem jungen Mann. |
GIOVANNA Warum es sagen? So glaubst Du etwa, Den jungen Mann zu hassen? GILDA Nein, was ich hier fühle, Kann ich es sagen? GIOVANNA Er ist sicher von Stand, dies zeigt sein Betragen! GILDA Ich denk’ ihn lieber mir Von meinem Stande, Dann schließen fester sich der Liebe Bande. Stets ruft mein Herz ihm zu, ich lie – HERZOG (eilt herbei, gibt Giovanna ein Zeichen, sich zu entfernen und wirft sich zu Füßen Gildas, den Satz vollendend) - liebe dich! O wiederhole mir die süßen Worte Und erschließe mir des Himmels Pforte! GILDA Giovanna! Giovanna! Ach weh’ mir! Sie konnte gehen! Und ganz verlassen muß ich mich hier sehen. HERZOG Was sagst du? Ein zärtlich Herz schlägt An deiner Seite! GILDA O sag’, wer führte dich hierher zu mir? |
HERZOG Ob Engel, ob Dämon, Gleich sei es dir, Ich liebe dich! GILDA Verlaß mich! HERZOG Ich sollte dich fliehen, Da Lieb’ und Sehnsucht mich zu dir ziehen? Der Gott der Liebe ließ mich dich finden, Um dein Geschick mit meinem zu verbinden. Liebe ist Seligkeit, ist Licht und Leben, Und ihre Sprache ist des Herzens Beben. Nichts sind dem Liebenden Schätze und Kronen, Wenn Treu’ Und Zärtlichkeit sein Sehnen lohnen. Komm’ denn, umarme mich, du holdes Wesen, O laß durch Liebe glücklich uns sein! GILDA (beiseite) In seinen Blicken kann ich es lesen, Er wird auf ewig sein Herz mir weihn! HERZOG Komm’ denn, O laß durch Liebe glücklich uns sein, usw. Umarme mich! Du liebst mich? GILDA Du weißt es! HERZOG O, welche Wonne! |
GILDA Nun, sag’ mir deinen Namen! Ich darf ihn doch wohl wissen? (Ceprano und Borsa erscheinen auf der Straße.) CEPRANO (zu Borsa) Dies ist der Ort! HERZOG (nachdenkend) Ich nenne mich – BORSA (zu Ceprano) Recht gut. (Er und Ceprano treten ab.) HERZOG Gualtier Maldé, Student der Rechte und mittellos. GIOVANNA (sie dreht sich erschrocken um) Ich hörte draußen Schritte. GILDA Vielleicht mein Vater! HERZOG (beiseite) (Verderben jedem übersättigen Frevler, Der hier mich störet!) GILDA Die Türe nach dem Wall Magst du ihm öffnen! O eile! HERZOG Sag’, ob du mich liebst. |
GILDA Und du? HERZOG Mein ganzes Leben! Ja! GILDA Genug, nun geh’! BEIDE Leb’ wohl! Mein Leben! Für dich schlägt ewig dies Herz allein. O leb’ wohl! Nie wanket meine Treue, Ja, auf ewig bin ich dein! Leb’ wohl, usw. (Der Herzog geht, von Giovanna begleitet. Gilda behält die Türe im Auge, durch die er entschwand.) GILDA (allein) Gualtier Maldé! O, du geliebter Name! Ewig bleibst du mir ins Herz gegraben! Teurer Name, dessen Klang Tief mir in die Seele drang. Rufe meiner Liebe Glück Ewig mir ins Herz zurück! Kaum gehört, erklang dein Laut Mir so lieblich und vertraut! Süßer Name, du allein Sollst mein letzter Seufzer sein. Kaum gehört, usw. (Sie geht auf die Terrasse und bleibt dort stehen.) Gulatier Maldé! |
(Marullo, Ceprano, Borsa und andere Höflinge kommen maskiert und bewaffnet, mit Blendlaternen und einer Leiter; Gilda geht ins Haus.) Sollst mein letzter, usw. BORSA O seht- CEPRANO Wie anmutsvoll – CHOR O welche Schönheit! MARULLO Sie ist ein Engel! CHOR Dies die Geliebte Von Rigoletto! O welche Schönheit! (Rigoletto, nachdenklich, kehrt zurück.) RIGOLETTO (beiseite) Warum kehr’ ich zurück? BORSA Nur stille zu Werke, gebt Acht auf mich. RIGOLETTO (Der alte Mann verfluchte mich.) (Er stößt auf Borsa.) Wer ist da! |
BORSA (zu den anderen) Seid stille! ’s ist Rigoletto! CEPRANO Nehmt ihm das Leben! BORSA Nein, er soll uns morgen zu lachen geben. MARULLO Bereit ist alles! RIGOLETTO Wer redet hier? MARULLO Ha, Rigoletto, sprich! RIGOLETTO Wer ist da? MARULLO Nur nicht so grimmig! Ich bin – RIGOLETTO Wer? MARULLO Marullo. RIGOLETTO In solchem Dunkel kann man nicht sehen! |
MARULLO Laßt nicht umsonst uns die Zeit verlieren. Man wird die Gattin Cepranos entführen! RIGOLETTO (beiseite) Ich atme wieder. (zu Marullo) Seid Ihr auch sicher? MARULLO (zu Ceprano) Gib deinen Schlüssel! (zu Rigoletto) Zweifle nicht länger! Das Abenteuer muß uns gelingen. (Er gibt ihm den Schlüssel, den er von Ceprano erhalten hat.) Hier ist der Schlüssel. RIGOLETTO (befühlt ihn) Das ist sein Wappen. (aufatmend) Wohl mir, das Unheil ist von mir ferne. (zu Marullo) Hier der Palast – ich helfe gerne! MARULLO Wir sind maskiert! RIGOLETTO Gebt eine Maske mir, Daß ich mich verhülle! MARULLO Da nimm geschwind. |
(Er gibt ihm eine Maske, zugleich verbinden sie ihm die Augen mit einem Taschentuch. Die andern stellen ihn an die Leiter, die an der Terrasse lehnt.) Du hältst die Leiter! RIGOLETTO Ha, welche Finsternis. MARULLO Die Binde macht ihn jetzt blind! CHOR Leise, leise! Wir schreiten zur Rache, Den sie trifft, der steht selbst hier Wache! Daß er nimmer uns necke und höhne, Ward für ihn dieser Streich ausgedacht! Still! Wir rauben ihm heut seine Schöne, Morgen wird er vom Hof derb verlacht! Stille, stille, usw. Daß er nimmer uns necke, Leise, leise, stille, stille, Zu Arbeit, zu Arbeit. (Einige der Gruppe steigen hoch auf die Terrasse. Sie brechen die Tür auf für die anderen, die von der Straße kommen. Dann gehen sie mit der gefesselten und geknebelten Gilda fort. Als sie die Szene überquert, verliert sie ihren Schal.) GILDA (von ferne) Zu Hilfe, ach, zu Hilfe! CHOR Victoria! |
GILDA (von weither) Zu Hilfe! RIGOLETTO Ist’s denn noch nicht vorbei? (Er befühlt seine Augen.) Ich muß doch sehen – Gar eine Binde!... Gilda!... Gilda! (Er reißt Binde und Larve herab, sieht die offene Tür läuft die Treppe hinauf, zerrt Giovanna aus dem Hause, starrt sie vernichtend an; dann läuft er nach der Straße, ergreift die Laterne, die an der Leiter stehen geblieben ist, erblickt Gildas Schal, nimmt ihn auf und hebt sie empor.) Ha, o jener Fluch des Alten! (Er bricht zusammen.) |
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt |