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Rigoletto” by Giuseppe Verdi libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt
ERSTER AKT

Erste Szene

Mantua. Ein prächtiger Säulensaal im herzoglichen palast
(Hellstrahlende Festbeleuchtung. Eine glänzende
Festversammlung: Herren und Damen, Pagen und
Diener kommen, gehen und servieren im Saale hinten.
Ballorchester unsichtbar hinten. Der Herzog von
Mantua und sein Höfling Borsa kommen nach einiger
Zeit in Festkleidung rechts aus dem Hintergrund.)


HERZOG
Zum Schluß bring’ ich das Abenteuer
Mit jener spröden, unbekannten Schönen!

BORSA
Die in der Kirche öfter Sie gesehen?

HERZOG
Jeden Festtag seit drei Monden.

BORSA
Und ihre Wohnung?

HERZOG
In einem düstern Winkel.
Jede Nacht besucht ein Mann die Schöne.

BORSA
Und kennt das Mädchen Ihren Stand und Namen?

HERZOG
O nein!
(Eine Gruppe von Damen und Herren geht durch den
Saal.)

BORSA
Ha, welche Reize! O sehen Sie.

HERZOG
Alle verdunkelt Cepranos junge Gattin.

BORSA
Der Graf darf das nicht hören.

HERZOG
Mag er es wissen.

BORSA
Einer Andern könnt’ er’s sagen.

HERZOG
Dieses Unglück wäre für mich leicht zu ertragen.
Freundlich blick ich auf diese und jene,
Die wie Sterne mich leuchtend umschweben,
Doch mich fesseln soll nie eine Schöne,
Denn ich glühe für keine allein.
Die Natur will uns alle beglücken,
Nur der Wechsel verschönert das Leben!
Mag die Eine mich heute entzücken,
Morgen wird mich die Andre erfreuen.
Treue hält uns in lästigen Banden,
Nimmer will ich dies Schicksal erfahren,

Mag ein Tor sie für eine bewahren!
Nur in Freiheit kann Liebe gedeihen.
Niemals hemmt mich das Auge der Gatten,
Ihrer Eifersucht kann ich nur lachen.
Mag ein Argus ihr Kleinod bewahren!
Ja, der Sieg bleibt am Ende doch mein.
(Graf Ceprano wacht sorgfältig über seine Gattin, die
von einem anderen Herrn begleitet wird; Damen und
Herren gesellen sich nach und nach zur Gruppe.)

HERZOG
(tritt ihnen entgegen, begrüßt das gräfliche Paar und
führt die Gräfin in den Vordergrund.)
Sie fliehen mich. Wie grausam!

GRÄFIN
Ceprano zu folgen, geziemet der Gattin.

HERZOG
In strahlendem Schimmer
Am Hofe zu glänzen, geziemet der Sonne,
Und zu verbreiten Entzücken und Wonne.
Sie sehen vor Liebe mich glühen,
Und können nicht länger ihr Herz mir entziehen.

GRÄFIN
O schweigen Sie!

HERZOG
Liebe mich glühen, usw.

GRÄFIN
O schweigen Sie!
(Er reicht ihr den Arm und entfernt sich mit ihr.
Rigoletto eintretend, vertritt Ceprano den Weg.)

RIGOLETTO
Was spukt dir im Kopfe,
Herr Graf von Ceprano?
(Ceprano folgt mit einer aufschäumenden Bewegung
dem Herzog. Zu den Hofherren:)
O, seht doch, wie er schnaubet!

BORSA, CHOR
Welch’ ein Fest!

RIGOLETTO
Nun Ja!

BORSA, CHOR
Den Herzog erfreuen solche Gelage.

RIGOLETTO
Das merkst du erst heute? So geht’s alle Tage,
Er findet Vergnügen an Festen und Tänzen,
An Wein und an Spiel,
Oft sucht er Erholung in zärtlichen Siegen,
Heut’ nahm er sich die Gräfin zum Ziel!
(Er geht. Marullo eilig auftretend.)

MARULLO
Was Neues! Was Neues!

CHOR
Was ist es? Erzähle!

MARULLO
Ihr werdet erstaunen!

CHOR, BORSA
O rede doch endlich!

MARULLO
Ha, ha! Rigoletto!

CHOR, BORSA
So sprich!

MARULLO
Ihr mög’t raten!.

CHOR, BORSA
Verlor er den Höcker? Ward er zum Adonis?

MARULLO
O nichts von dem allen! Der Narr Rigoletto...

CHOR, BORSA
Nur weiter.

MARULLO
Hat ein Liebchen!

CHOR
Wie! Ein Liebchen! Ist’s möglich?

MARULLO
Der Bucklige ist zum Cupido geworden.

CHOR
Der Krüppel Cupido? O süßer Cupido!
(Der Herzog, gefolgt von Rigoletto, dann von Ceprano,
tritt ein.)

HERZOG (zu Rigoletto)
Wie lästig. Ceprano ist immer um sie!
Ein Weib gleich der Gräfin sah ich noch nie.

RIGOLETTO
Entführe sie!

HERZOG
Wie wäre das möglich?

RIGOLETTO
Heut’ abend.

HERZOG
Bewacht von dem Grafen?

RIGOLETTO
Den setzt man gefangen.

HERZOG
Nein, nein!

RIGOLETTO
Nun, dann verbann’ ihn!

HERZOG
Das darf nicht geschehen!

RIGOLETTO (mit einer Gebärde des Kopfabschlagens)
Wohlan! Dann gilt’s seinem Kopfe!

CEPRANO (beiseite)
Der schändliche Bube!

HERZOG (klopft dem Grafen auf die Schulter)
Der Kopf sollte fallen?

RIGOLETTO
Er ist wie ein anderer, sieh!
Warum ihn verschonen?

CEPRANO (wütend die Hand am Degen)
Ha, Schurke!

HERZOG (zu Ceprano)
O, laß ihn!

RIGOLETTO
Ich fürcht’ ihn nicht sehr!

MARULLO, CHOR (zueinander)
Der Zorn übermannt ihn!

HERZOG (zu Rigoletto)
He! Narr! Komm hierher!

BORSA, MARULLO, CHOR
Der Zorn übermannt ihn!

HERZOG
Zu weit treibst du immer den Scherz!
Einmal wird es dir übel ergehen!

CEPRANO (zu den Hofherren)
Wir werden uns rächen!...

RIGOLETTO
Was soll es mir schaden!
Was kann einem Liebling des Fürsten geschehen?

CEPRANO
Er wagt sich an Jeden,
Nicht einer ist frei!
Rache!

BORSA, MARULLO, CHOR (zu Ceprano)
Doch wie denn?

CEPRANO
Kommt alle morgen zu mir,
Mit Waffen versehen.

BORSA, MARULLO, CHOR
Ja!

CEPRANO
Bei Nacht.

BORSA, MARULLO, CHOR
Es sei!

RIGOLETTO
Was soll es mir schaden! usw.

HERZOG
Zu weit treibst du immer den Scherz! usw.

BORSA, CEPRANO, MARULLO, CHOR
Wir werden uns rächen!
Wer von uns hegt
Keinen Groll gegen ihn
Und seine grausamen Späße?
Ja, Rache! usw.
Ja, Rache!

HERZOG, RIGOLETTO
Diese Tänze, diese Klänge!
(Eine Gruppe von Tänzern belebt die Szenerie.)

ALLE
Diese Tänze, diese Klänge,
Diese Tänze laden uns zur Freude ein,
So entzückend, so berauschend
Kann’s im Paradies nicht sein!
(Graf Monterone tritt ein.)

MONTERONE
Ich muß ihn sprechen!

HERZOG
Nein.

MONTERONE (vortretend)
Ich will es!

BORSA, RIGOLETTO, MARULLO, CEPRANO, CHOR
Monterone!

MONTERONE
(den Herzog mit edlem Stolze anblickend)
Ja! Monterone!
Gleich dem Donner aus den Wolken!

RIGOLETTO
(aufstehend, zum Herzog, Monterones Stimme
nachahmend)
Ich will ihn sprechen!
(mit komischer Ernsthaftigkeit und geziertem Wesen)
Als ein Verschwörer wurdest du gerichtet!
Doch unsre Gnade hat den Spruch vernichtet,

Und nun kommst du und forderst jammernd
Deiner Tochter Ehre?

MONTERONE
(verächtlich Rigoletto anblickend)
Ein neuer Schimpf!
(zum Herzog)
Ja, täglich komm’ ich –
Ihr sollt mich hören! Stets soll mein Ruf
Eure Orgien stören, bis für den Frevel,
Den du begangen, gerechte Strafe dich ereilt.
Und willst du mich dem Henker übergeben,
Wirst du mich sehen, ein fürchterlicher Geist;
Werd’ ich um Rache zu Gott
Mich flehend wenden!

HERZOG
Genug! Ergreifet ihn!

RIGOLETTO
Der Tor!

CHOR
O Frevel!

MONTERONE (zum Herzog und Rigoletto)
So mögt Ihr beide verflucht sein.

BORSA, MARULLO, CEPRANO, CHOR
Ah!

MONTERONE
Du hetzest den Hund auf den sterbenden Löwen!
Ha, welche Feigheit!

(zu Rigoletto)
Und du, o Schlange!
Höhnest den Schmerz des weinenden Vaters!
Sei denn verfluchet!

RIGOLETTO (für sich, angstvoll)
Was hör ich? O Grauen!

ALLE (außer Rigoletto)
(zu Monterone)
O du, der Angst hier verbreitet,
Ein Dämon hat dich zu dem Feste geleitet.
So wenig nur gilt dir dein trauriges Leben!
Du magst vor dem Zorne, usw.

RIGOLETTO
Grauen!
O Grauen!

MONTERONE
Sei denn verflucht! Und du, o Schlange! usw.

ALLE (außer Rigoletto)
Des Herrschers erbeben. O hoffe nichts mehr,
Der Arm des Gesetzes, er treffe dich schwer.
(Die Wachen führen Monterone fort; alle folgen dem
Herzog.)

Szene 2

Der Eingang in eine öde Sackgasse.
(Links ein Haus von schlichtem Aussehen, mit einem
Vorhof, von einer Mauer umgeben. Im Vorhof ist ein
großer Baum, daneben eine Bank aus Marmor. Eine Tür
in der Mauer öffnet sich zur Straße. Über der Mauer ist
eine Terrasse von Arkaden gestützt. Vom zweiten
Stockwerk öffnet sich eine Türe auf die Terrasse, die
auch von einer Treppe vorn erreicht werden kann.
Rechts von der Straße, eine noch höhere Mauer über
die man eine Seite des Palastes des Grafen Ceprano
sehen kann. Es ist Abend. Rigoletto, in einen Mantel
gehüllt, tritt ein, gefolgt von Sparafucile, welcher einen
Degen, unter seinem Umhang versteckt, trägt.)


RIGOLETTO (beiseite)
Der alte Mann verfluchte mich!

SPARAFUCILE
O Herr!

RIGOLETTO
Geh’! Kann nichts geben!

SPARAFUCILE
Ich bettle nicht! Ein Mann steht hier,
Mit dem Degen wohl bekannt!

RIGOLETTO
Ein Räuber!

SPARAFUCILE
Ein Mann, der Nebenbuhler
Für wenig läßt verschwinden;
Auch du hast welche.

RIGOLETTO
Wirklich?

SPARAFUCILE
Dein Liebchen wohnt hier im Haus.

RIGOLETTO (beiseite)
Was soll das heißen!
(zu Sparafucile)
Und wieviel
müßte ich für einen Herrn wohl geben?

SPARAFUCILE
Mehr förder ich für sein Leben –

RIGOLETTO
Als man gewöhnlich gibt?

SPARAFUCILE
Die Hälfte voraus, der Rest folgt später nach.

RIGOLETTO (beiseite)
Du Satan.
(zu Sparafucile)
Und wie wird sicher
Solch eine Tat verübt?

SPARAFUCILE
Bald auf einer freien Straße,
Bald unter einem Dache,
Nachts harr’ ich meines Mannes,
Mit einem Stoße ist’s geschehen!
RIGOLETTO
Du Satan!
(zu Sparafucile)
Doch wie im Hause?

SPARAFUCILE
Leicht macht es sich
Mit Hilfe meiner Schwester.
Auf den Straßen tanzt sie,
Ist reizend – sie lockt die Opfer und dann –

RIGOLETTO
Verstehe!

SPARAFUCILE
Ohne Lärmen...

RIGOLETTO
Verstehe!

SPARAFUCILE
Dies ist mein Instrument!
(Er zeigt den Degen.)
Ist’s gefällig?

RIGOLETTO
Nein, jetzt nicht!

SPARAFUCILE
Desto schlimmer für dich.

RIGOLETTO
Wer weiß.

SPARAFUCILE
Sparafucile, so nenn’ ich mich!

RIGOLETTO
Ein Fremder?

SPARAFUCILE (sich entfernend)
Aus Burgund.

RIGOLETTO
Und wo bist du zu finden?

SPARAFUCILE
Hier jeden Abend.

RIGOLETTO
Geh!

SPARAFUCILE
Sparafucile, Sparafucile.
(Sparafucile geht.)

RIGOLETTO (ihm nachschauend))
Geh! Geh! Geh! Geh!
Gleich sind wir beide! Mir dient die Zunge,
Ihm dient der Stahl.
Ich bin der Mann des Scherzes,
Er des blutigen Ernstes. – Der alte Mann
Verfluchte mich! O Menschen, o Natur,
Ihr habt mich beide zum Bösewicht gebildet!
O schrecklich! so häßlich zu sein,
Den Narren zu spielen!
Ewig scherzhaft zu sein, ewig zu lachen!
Mir versagt ist des Menschen Erbe, die Träne.

Der Fürst, mein Gebieter, jung noch und mächtig
Immer scherzhaft, heiter,
Sagt mir oft, halb im Schlummer:
Narr komm’ her, mach’ mich lachen!
Und ich muß schnell gehorchen.
Tod und Haß, euch Höflingen!
Ihr mitleidlosen Spötter! Über euch der Hölle Plagen!
Wenn ich gottlos bin, Ihr habt die Schuld zu tragen.
Der alte Mann verfluchte mich!
Der Gedanke, warum, wenn er mich floh,
Kehrt er stets wieder?
Sollt’ er mir Unheil bringen?
O nein! Eitle Sorge!
(Er öffnet mit einem Schlüssel leise die Hoftür; Gilda
eilt die Trepe herab in seine Arme.)
Tochter!

GILDA
Mein Vater!

RIGOLETTO
Wenn ich dich sehe,
Wie fühl’ ich glücklich mich in deiner Nähe!

GILDA
O welche Liebe, mein Vater!

RIGOLETTO
Du bist mein Leben!
Welch’ anderes Glück kann die Erde mir geben?
O meine Tochter!

GILDA
O du seufztest, was kann dich quälen?
Der Tochter magst du’s entdecken!
Wirst du denn ewig dich mir verhehlen?
Und von den Unsern nie mir erzählen?

RIGOLETTO
Wir stehen allein.

GILDA
Wie ist dein Name?

RIGOLETTO
O laß mich schweigen!

GILDA
So willst du nie
Mir Vertrauen zeigen?

RIGOLETTO (sie unterbrechend)
Du gehst nicht aus?

GILDA
Nur in die Kirche!

RIGOLETTO
So ist es gut!

GILDA
Willst du dich mir niemals nennen,
So laß die Mutter mich endlich kennen.

RIGOLETTO
Ach! Sprich nie mit einem Armen
Von dem verlorenen Glücke!

Sie, ach, sie fühlt’ Erbarmen
Mit meinem Mißgeschicke.
Häßlich, verlassen, elend,
Rührt ich ihr sanftes Herz! Ach, sie ruht
Nun im Grabe, Leicht sei die Erde ihr,
Süß ihr der Todesschlummer!
Du bleibst allein mir in meinem Kummer,
Nimm, gütiger Gott, meinen Dank dafür!

GILDA (schluchzend)
Ach, welch bitterer Schmerz,
Zerreißt, o Vater, dein armes Herz!
Ich kann dein tiefes Leid nicht sehen,
Es läßt mich selbst im Schmerz vergehen.

RIGOLETTO
Du bleibst allein mir in meinem Kummer, usw.

GILDA
O sag’ mir deinen Namen,
Entdecke mir dein Leiden!

RIGOLETTO
Wozu mein Name, Was frommt er dir?
Genug, ich bin dein Vater!
Wenn manche mich beneiden,
Mich fürchten oder hassen,
So fluchen wieder andre mir!

GILDA
Heimat, Verwandte und Freunde,
Sie hätten dich verlassen?

RIGOLETTO
Heimat, Verwandte und Freunde,
Mein Glaube, meine Verwandten, meine Heimat,
Ach, alles hab’ ich nur in dir.

GILDA
O kann dich das beglücken,
Welche Wonne schafft es mir.

RIGOLETTO
Mein Glaube, meine Verwandten, usw.

GILDA
Schon seit drei Monden, die nun verflossen,
Bin ich im Hause hier eingeschlossen.
Gern möcht’ ich einmal die Stadt besehen.

RIGOLETTO
Nein, nie! Du wagtest doch nicht auszugehen?

GILDA
Nein!

RIGOLETTO
Weh!

GILDA (beiseite)
Ach, was sagt’ ich?

RIGOLETTO
Du magst dich hüten.
(beiseite)
(Leicht wär’ es ihnen, ihr nachzuspüren,
Des Narren Tochter zu entführen.
Welch’ köstlicher Scherz für die Buben!)

(laut)
Hallo?
(Giovanna kommt aus dem Hause.)

GIOVANNA
Gebieter!

RIGOLETTO
Hat jemand mich kommen sehen?
Rede die Wahrheit!

GIOVANNA
O nein, niemand!

RIGOLETTO
Recht gut! Die Türe nach der Bastei
Bleibt doch geschlossen?

GIOVANNA
Stets ist sie zu, ja Herr, gewiß!

RIGOLETTO
Rede die Wahrheit!
Ach, wache sorglich und behüte,
Was ich bang dir anvertraue.
Diese zarte reine Blüte,
Sie ist ja mein einzig Glück!
Schütze treu sie vor dem Sturme,
Der manch Andre schon zerstörte,
Und gib rein die Unversehrte
In des Vaters Hand zurück.

GILDA
Laß so Sorgen
Deine Ruhe nimmer stören.

Dort, bei Gott, in höheren Sphären
Lenkt ein Engel mein Geschick!
Ja, der Mutter frommes Flehen
Wird vor Unglück mich bewahren.
Diese zarte reine Blüte, die dein einzig Glück;
Wird niemals geschändet und zerstört.
(Der Herzog in bürgerlicher Kleidung zeigt sich auf der
Straße.)

RIGOLETTO
Ach, wache sorglich und behüte,
Was ich bang dir anvertraue...
Ich höre Tritte!
(Er öffnet die Hoftür, und während er geht, um auf die
Straße zu sehen, schlüpft der Herzog in den Vorhof und
tritt hinter einen Strauch, Giovanna mit einem Wink zu
schweigen, eine Börse zuwerfend.)

GILDA
Himmel!
Immer ein neuer Argwohn.

RIGOLETTO (sich Giovanna zuwendend)
Folgte niemand Euch zur Kirche jemals nach?

GIOVANNA
Nie!

HERZOG
(Rigoletto!)

RIGOLETTO
Sollte jemand klopfen,
So dürft Ihr nie ihm öffnen!
GIOVANNA
Auch nicht dem Herzog?

RIGOLETTO
Ihm viel weniger als andern!
Leb’ wohl, meine Tochter!

HERZOG (beiseite)
Seine Tochter?

GILDA
Leb’ wohl, teurer Vater!

RIGOLETTO
Ach, wache sorglich und behüte, usw.
Meine Tochter, leb’ wohl!

GILDA
Laß so Sorgen
Teurer Vater, leb’ wohl!
(Sie umarmen sich. Rigoletto geht fort; die Türe hinter
sich schließend. Gilda, Giovanna, Herzog hinter dem
Strauch.)

GILDA
Giovanna, mir ist so bang!

GIOVANNA
O sprich, weshalb?

GILDA
Ich sagt’ ihm nichts
Von jenem jungen Mann.

GIOVANNA
Warum es sagen? So glaubst Du etwa,
Den jungen Mann zu hassen?

GILDA
Nein, was ich hier fühle,
Kann ich es sagen?

GIOVANNA
Er ist sicher von Stand, dies zeigt sein Betragen!

GILDA
Ich denk’ ihn lieber mir
Von meinem Stande,
Dann schließen fester sich der Liebe Bande.
Stets ruft mein Herz ihm zu, ich lie –

HERZOG
(eilt herbei, gibt Giovanna ein Zeichen, sich zu
entfernen und wirft sich zu Füßen Gildas, den Satz
vollendend)
- liebe dich!
O wiederhole mir die süßen Worte
Und erschließe mir des Himmels Pforte!

GILDA
Giovanna! Giovanna! Ach weh’ mir! Sie konnte gehen!
Und ganz verlassen muß ich mich hier sehen.

HERZOG
Was sagst du? Ein zärtlich Herz schlägt
An deiner Seite!

GILDA
O sag’, wer führte dich hierher zu mir?

HERZOG
Ob Engel, ob Dämon,
Gleich sei es dir, Ich liebe dich!

GILDA
Verlaß mich!

HERZOG
Ich sollte dich fliehen,
Da Lieb’ und Sehnsucht mich zu dir ziehen?
Der Gott der Liebe ließ mich dich finden,
Um dein Geschick mit meinem zu verbinden.
Liebe ist Seligkeit, ist Licht und Leben,
Und ihre Sprache ist des Herzens Beben.
Nichts sind dem Liebenden
Schätze und Kronen,
Wenn Treu’
Und Zärtlichkeit sein Sehnen lohnen.
Komm’ denn, umarme mich, du holdes Wesen,
O laß durch Liebe glücklich uns sein!

GILDA (beiseite)
In seinen Blicken kann ich es lesen,
Er wird auf ewig sein Herz mir weihn!

HERZOG
Komm’ denn,
O laß durch Liebe glücklich uns sein, usw.
Umarme mich! Du liebst mich?

GILDA
Du weißt es!

HERZOG
O, welche Wonne!

GILDA
Nun, sag’ mir deinen Namen!
Ich darf ihn doch wohl wissen?
(Ceprano und Borsa erscheinen auf der Straße.)

CEPRANO (zu Borsa)
Dies ist der Ort!

HERZOG (nachdenkend)
Ich nenne mich –

BORSA (zu Ceprano)
Recht gut.
(Er und Ceprano treten ab.)

HERZOG
Gualtier Maldé,
Student der Rechte und mittellos.

GIOVANNA (sie dreht sich erschrocken um)
Ich hörte draußen Schritte.

GILDA
Vielleicht mein Vater!

HERZOG (beiseite)
(Verderben jedem übersättigen Frevler,
Der hier mich störet!)

GILDA
Die Türe nach dem Wall
Magst du ihm öffnen! O eile!

HERZOG
Sag’, ob du mich liebst.

GILDA
Und du?

HERZOG
Mein ganzes Leben! Ja!

GILDA
Genug, nun geh’!

BEIDE
Leb’ wohl! Mein Leben!
Für dich schlägt ewig dies Herz allein.
O leb’ wohl! Nie wanket meine Treue,
Ja, auf ewig bin ich dein!
Leb’ wohl, usw.
(Der Herzog geht, von Giovanna begleitet. Gilda behält
die Türe im Auge, durch die er entschwand.)

GILDA (allein)
Gualtier Maldé! O, du geliebter Name!
Ewig bleibst du mir ins Herz gegraben!
Teurer Name, dessen Klang
Tief mir in die Seele drang.
Rufe meiner Liebe Glück
Ewig mir ins Herz zurück!
Kaum gehört, erklang dein Laut
Mir so lieblich und vertraut!
Süßer Name, du allein
Sollst mein letzter Seufzer sein.
Kaum gehört, usw.
(Sie geht auf die Terrasse und bleibt dort stehen.)
Gulatier Maldé!

(Marullo, Ceprano, Borsa und andere Höflinge kommen
maskiert und bewaffnet, mit Blendlaternen und einer
Leiter; Gilda geht ins Haus.)
Sollst mein letzter, usw.

BORSA
O seht-

CEPRANO
Wie anmutsvoll –

CHOR
O welche Schönheit!

MARULLO
Sie ist ein Engel!

CHOR
Dies die Geliebte
Von Rigoletto!
O welche Schönheit!
(Rigoletto, nachdenklich, kehrt zurück.)

RIGOLETTO (beiseite)
Warum kehr’ ich zurück?

BORSA
Nur stille zu Werke, gebt Acht auf mich.

RIGOLETTO
(Der alte Mann verfluchte mich.)
(Er stößt auf Borsa.)
Wer ist da!

BORSA (zu den anderen)
Seid stille! ’s ist Rigoletto!

CEPRANO
Nehmt ihm das Leben!

BORSA
Nein, er soll uns morgen zu lachen geben.

MARULLO
Bereit ist alles!

RIGOLETTO
Wer redet hier?

MARULLO
Ha, Rigoletto, sprich!

RIGOLETTO
Wer ist da?

MARULLO

Nur nicht so grimmig! Ich bin –

RIGOLETTO
Wer?

MARULLO
Marullo.

RIGOLETTO
In solchem Dunkel kann man nicht sehen!

MARULLO
Laßt nicht umsonst uns die Zeit verlieren.
Man wird die Gattin Cepranos entführen!

RIGOLETTO (beiseite)
Ich atme wieder.
(zu Marullo)
Seid Ihr auch sicher?

MARULLO (zu Ceprano)
Gib deinen Schlüssel!
(zu Rigoletto)
Zweifle nicht länger!
Das Abenteuer muß uns gelingen.
(Er gibt ihm den Schlüssel, den er von Ceprano erhalten
hat.)
Hier ist der Schlüssel.

RIGOLETTO (befühlt ihn)
Das ist sein Wappen.
(aufatmend)
Wohl mir, das Unheil ist von mir ferne.
(zu Marullo)
Hier der Palast – ich helfe gerne!

MARULLO
Wir sind maskiert!

RIGOLETTO
Gebt eine Maske mir,
Daß ich mich verhülle!

MARULLO
Da nimm geschwind.

(Er gibt ihm eine Maske, zugleich verbinden sie ihm die
Augen mit einem Taschentuch. Die andern stellen ihn
an die Leiter, die an der Terrasse lehnt.)

Du hältst die Leiter!

RIGOLETTO
Ha, welche Finsternis.

MARULLO
Die Binde macht ihn jetzt blind!

CHOR
Leise, leise! Wir schreiten zur Rache,
Den sie trifft, der steht selbst hier Wache!
Daß er nimmer uns necke und höhne,
Ward für ihn dieser Streich ausgedacht!
Still! Wir rauben ihm heut seine Schöne,
Morgen wird er vom Hof derb verlacht!
Stille, stille, usw.
Daß er nimmer uns necke,
Leise, leise,
stille, stille,
Zu Arbeit, zu Arbeit.
(Einige der Gruppe steigen hoch auf die Terrasse. Sie
brechen die Tür auf für die anderen, die von der Straße
kommen. Dann gehen sie mit der gefesselten und
geknebelten Gilda fort. Als sie die Szene überquert,
verliert sie ihren Schal.)

GILDA (von ferne)
Zu Hilfe, ach, zu Hilfe!

CHOR
Victoria!

GILDA (von weither)
Zu Hilfe!

RIGOLETTO
Ist’s denn noch nicht vorbei?
(Er befühlt seine Augen.)
Ich muß doch sehen – Gar eine Binde!...
Gilda!... Gilda!
(Er reißt Binde und Larve herab, sieht die offene Tür
läuft die Treppe hinauf, zerrt Giovanna aus dem Hause,
starrt sie vernichtend an; dann läuft er nach der
Straße, ergreift die Laterne, die an der Leiter stehen
geblieben ist, erblickt Gildas Schal, nimmt ihn auf und
hebt sie empor.)
Ha, o jener Fluch des Alten!
(Er bricht zusammen.)

 
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt

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