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“Roméo et Juliette” by Charles Gounod libretto (German)
Contents: Besetzung; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt; Fünfter Akt |
Der Ball der Capulets (Ein glänzend erleuchteter Festsaal im Palast der Capulets. Herren und Damen, in Dominos und Masken.) Nr. 1 Einleitung CHOR Fröhlich heitere Stunden sind schnell entschwunden, ergreift sie, bevor sie verwehen! Pflücket die Rosen, die für uns erblühten in der Freude und im Glück! (die Männer) Wunderbarer Chor der Liebe unter der Maske von Seide zieht uns an. Dein Bild mit einem Lächeln, mit einem Blick. Und, Komplize, lehrst auf Zufall bauen und vertrauen dem Maskenscherz |
(die Damen) Nacht des Rausches und der Tollheit. Händedrücken, Jagd der Herzen! Selbst der Spröde gibt sich auf und fängt sich ein in unserem Netz. Wenn die Schöne immer lacht, gibt er froh sich diesem Laute hin. (Alle) Fröhlich heitere Stunden, usw. (Tybalt und Paris, ihre Masken in den Händen haltend, treten auf.) TYBALT Nun, werter Paris! Wie erscheint Euch das Fest der Capulets? PARIS Glanz und Schönheit im Verein sind Gäste des Palastes hier. TYBALT Ihr habt noch nicht gesehen das Wunder, das einzigartige Kleinod, das man Euch Glücklichem bestimmt hat. Das einzigartige Kleinod, das Paris bestimmt ist. Doch seht nur! Sie naht, ihr Vater führt sie. (Capulet führt Julia am Arm in den Festsaal. Bei seinem Anblick nehmen alle die Masken ab.) CAPULET Seid mir alle willkommen in meinem Haus! Bei diesem Feste der Familie schwingt die Freude das Panier! Denn abermals tritt mein Kind ins Leben ein! Mein Herz klopft noch einmal voller Freude, wenn ich daran denke! Doch verzeiht mir meine offene Zärtlichkeit. (Julia vorstellend) Hier ist meine Julia! Sei sie Eurer Huld empfohlen. DIE MÄNNER (mit Bewunderung) Oh, wie schön sie ist! Oh, wie schön sie ist! Wie eine junge Blume, die sich am Morgen öffnet! |
DIE DAMEN Oh, wie schön sie ist! Oh, wie schön sie ist! Sie scheint in sich zu vereinen alle Vorzüge des Schicksals! ALLE Ah, wie schön sie ist! Wie schön sie ist! (Man hört das Vorspiel zu einem Tanz.) JULIA Hört! hört! Wohl den Ton fröhlicher Instrumente, die einladend uns rufen! Ah! – Eine zauberhafte Welt tut sich vor meinen Augen auf! Alles blendet und berauscht mich! Und meine verzauberte Seele sehnt nach dem Leben sich wie ein Vogel nach dem freien Himmel! CAPULET Wohlan! Ihr jungen Leute! Wohlan! schöne Damen! Diese Augen voller Glut laßt erglühen! Achtet nicht auf jene Krittler, die unablässig grollen! Feiert Eure Jugend, und jetzt Platz zum Tanz! Wer an seinem Platze bleibt und nicht tanzt, macht das Geständnis daß er sich langweilt. Wer an seinem Platze bleibt, usw. Oh tiefes Bedauern! Wär’ ich jung nur so wie Ihr, selbst würd’ ich führen an diesen fröhlichen Reigen! Schmeichelnde Worte wüßt’ ich wohl zu sagen! Erinnern mich wohl der glühenden Wünsche! Oh glückliche Jahre, die die Zeit geraubt! Oh Blüte der Jugend, auf immer verweht! Wohlan! Ihr jungen Leute! usw. Achtet nicht auf jene Krittler, usw. |
CHOR Verachtet die Krittler, die unablässig grollen! Freuen wir uns unserer Jugend! Platz jetzt zum Tanz! (Alle verteilen sich jetzt auf die benachbarten Galerien. Julia geht am Arm des Paris aus dem Saal. Tybalt und Capulet folgen ihnen plaudernd. Romeo und Mercutio, in Gesellschaft von Freunden, erscheinen.) MERCUTIO Die Luft ist endlich rein, Freunde! Für einen Augenblick mag es erlaubt sein, die Masken abzunehmen. ROMEO Nein! ... Nein! Ihr habt es versprochen; Laßt uns vernünftig sein! Niemand darf uns erkennen. Verlassen wir dies Haus, ohne seinen Herrn zu reizen. MERCUTIO Bah! Sind die Capulets auch gleich voller Zorn, so wär’ es doch feige, sich zu verstecken. (an sein Schwert schlagend) Wir haben doch alles, ihren Mut zu kühlen! (mit Chor) Ja! Wir haben doch alles, ihren Mut zu kühlen! ROMEO Besser wär’s gewesen, hätten wir ihr Haus nie betreten! MERCUTIO Warum? ROMEO (geheimnisvoll) Ich hatte einen Traum! MERCUTIO (mit einem komischen Schrecken) Welch’ warnendes Gesicht! Königin Mab hat dich besucht? ROMEO (erstaunt) Wie das? |
Nr. 2 Ballade der Königin Mab MERCUTIO Mab, die Königin der Tränen, beherrscht die Träume; Leichter fliegend als der Wind, durch die Räume, durch die Nacht, sie weicht, Sie flieht! Ihr Wagen, schnell wie ein Lichtstrahl durch den lichten Äther dringt, aus Haselnuß ihn nagte mit Geschick der Meister Wurm! Das Versteck aus Grillenflügeln, von Spinnen Flügel fein gewirkt, es lenkt ihn über Wolken als Kutscher die Mücke! Der Stiel seiner Peitsche ist das zerbrechliche Gebein des Heimchens, die Zügel nur ein Strahl des Monds, wenn Phoebe Hoftag hält! Jede Nacht in ihrem Wagen besucht Mab, auf ihrer Runde, den Gatten, der von neuem Bunde träumt und den Liebenden, der von Liebe träumt! Wenn sie sich naht, träumt die Kokette von glänzendem Schmuck und Toilette. Der Hofschranze neigt sich im Bückling, der Dichter schmiedet seine Verse! Dem Geizigen auf dunklem Lager reicht sie Schätze ohne Zahl, die Freiheit lacht dem Gefangenen, der im Dunkeln in Ketten liegt. Der Soldat träumt von Hinterhalten, von Schlachten und wilden Kämpfen. Sie füllt ihm die Gläser bis zum Rande als Ehrentrunk seiner Triumphe. Das Seufzen dir vergeht, wenn auf dem Nachtlager du ruhst, oh, Jungfrau! sie streichelt deinen Mund und läßt dich von Küssen träumen! Mab, die Königin des Trugs, usw. |
Nr. 2a Rezitativ und Szene ROMEO Nun wohl! ... Ob diese Mahnung kam von Mab oder sonst woher, unter diesem Dach, das nicht das unsere, fühl’ von schwerer Ahnung ich mich bedrückt! MERCUTIO (scherzhaft) Deine Traurigkeit, denk’ ich, rührt daher, daß deine Rosalinde nicht hier ist; hundert andere auf diesem Fest jedoch lassen dich vergessen deinen Schülerstreich! Komm! ROMEO (nach draußen blickend) Ha! Sieh nur! MERCUTIO Was ist denn? ROMEO Die holde Schönheit dort, die wie ein Lichtstrahl ist in dunkler Nacht! MERCUTIO Die Anstandsdame, die ihr folgt, ist von bescheidener Schönheit. ROMEO (mit Leidenschaft) Oh, dieses himmlische Kleinod! Welche Klarheit hat plötzlich meine Augen geöffnet? Nie habe ich wahre Schönheit gekannt! Hab’ ich je geliebt zuvor? Hab’ ich je geliebt? ... MERCUTIO (lachend zu Benvolio und zu anderen jungen Leuten) Gut! Und Rosalinde ist zum Teufel! Wir haben es schon vorher gewußt! FREUNDE DES ROMEO Wir haben es schon vorher gewußt! MERCUTIO Unbetrauert gehet sie nach Hause, eh’ man sich’s versieht, ist die Komödie aus! FREUNDE DES ROMEO Unbetrauert gehet, usw . |
(Mercutio nimmt Romeo mit, als Julia von Gertrude gefolgt erscheint.) JULIA Seht nur, Amme, man harrt meiner! Sagt schnell. GERTRUDE Schöpft nur Atem! (tückisch) Oder stör’ ich gar? Ist es Paris, den Ihr sucht? JULIA (lässig) Paris? GERTRUDE Ihr habt, wie man sagt, die Perle der Männer! JULIA (lachend) Ha! ha! Ich träume wirklich vom Heiraten! GERTRUDE Ich schwör’ ich war verheiratet in Eurem Alter! JULIA Nein! nein, – ich möchte doch nicht länger hören – Lass’ meiner Seele ihren Frühling! |
Nr. 3 Ariette JULIA Ah! – Ich will leben in diesem Traum, der mich umgibt; leben noch lange. Süße Flamme, ich hüte dich in meiner Seele wie einen Schatz! Ich will leben, usw. Dieser Rausch der Jugend dauert nur einen Tag! Dann kommt die Stunde, in der man weint. Die Liebe zieht in die Herzen ein, und das Glück entflieht. Ah! – Ich will leben, usw. Fern vom kalten Winter lass’ mich träumen und den Duft der Rose atmen, den Duft der Rose atmen bevor sie welkt. Ah! – Ah! – Ah! – Süße Flamme, ich hüte dich in meiner Seele wie einen süßen Schatz, noch lange. Ah! – Wie ein Schatz noch lange! |
Nr. 3a Rezitativ (Gregorio erscheint und trifft auf Romeo.) ROMEO (zu Gregorio, indem er auf Julia weist) Wer ist dies schöne Kind? GREGORIO Ihr fragt noch? Es ist Gertrude. GERTRUDE (sich umwendend) Was gibt’s? GREGORIO (zu Gertrude) Verehrte Dame! wegen des Gastmahls wird nach Euch gefragt. GERTRUDE (ungeduldig) ’s ist gut! Hier bin ich! JULIA Geh nur. (Gertrude mit Gregorio ab. Romeo erreicht Julia in dem Moment, da sie gehen will.) ROMEO Ich bitt’ Euch, bleibt. |
Nr. 4 Madrigal (zweistimmig) ROMEO Heil’ger Engel, meine schuldige Hand entweihte, indem sie zu berühren wagte, die göttliche Hand, die niemand zu berühren wagen darf! Doch seht, ich denke, daß die Strafe die mir auferlegt, heißt tilgen die unwürdige Spur der Hände mit einem Kuß! JULIA Laßt ab von Euren Sorgen! Diese Umarmungen des demütigen Pilgers haben selbst die Heiligen, wenn er liebt, ihm von vorhinein vergeben. (ihre Hand zurückziehend) Doch seinem Mund muß sie die Hand füglich entziehen. Diese Zärtlichkeit voll Zauber gewähren darf sie nicht den Kuß! ROMEO Den Heil’gen sind doch Lippen auch gegeben ... JULIA Nur um zu beten! ROMEO Hören Sie nicht die Stimme, die Ihnen sagt, das zu beenden? JULIA Ihr Herz ist Liebesbitten fest verschlossen, selbst wenn Sie sie zugestehen! ROMEO So erhört denn meine Wünsche, mein Mund nimmt, was er erfleht. (Er küßt Julias Hand.) |
JULIA (lächelnd) Nicht konnt’ ich mich verteidigen! So kam die Sünde auf mich! ROMEO Um Euch zu beruhigen, wollt’ Ihr diese Sünde mir zurückgeben? JULIA Nein! ich behalte sie! Laßt sie mir! ROMEO Ihr habt sie genommen! Gebt sie zurück! JULIA Nein! ich behalte sie! Laßt sie mir! usw. ROMEO Ihr habt sie genommen! Gebt sie zurück! usw. |
Nr. 5 Finale ROMEO Wer kommt? (setzt die Maske wieder auf) JULIA Mein Vetter Tybalt. ROMEO Oh Gott! wer seid Ihr? ... JULIA Die Tochter Capulets. ROMEO (beiseite) Gott! TYBALT (sich nähernd) Verzeiht, Cousine! ... Unsere Freunde verlassen das Fest, wenn Ihr vor ihren Blicken flieht! So kommt jetzt! So kommt jetzt! (leise) Wer ist der Kavalier, der sich so schnell maskierte, da er mich kommen sah? JULIA Ich weiß es nicht! TYBALT (mißtrauisch) Es scheint, er weicht mir aus. ROMEO Gott sei mit Euch, Herr. (geht ab) TYBALT Ha, ich erkenne seine Stimme! ... bei meinem Haß! Er ist’s! Es ist Romeo! |
JULIA (mit Schrecken) Romeo! TYBALT Bei meiner Ehre, ich werde den Verräter strafen, sein Tod ist gewiß! (geht ab) JULIA (mit Schrecken) Das war Romeo! (nachdenklich und mit starrem Blick) Ach, ich sah zu früh, den ich zu spät nun kenne! Und Haß ist Wiege nun fataler Liebe! Denn das ist sicher! Wenn ich nicht sein darf die Seine, wird der Sarg mein Brautbett sein! (Sie entfernt sich langsam; die Gäste kommen zurück. Tybalt tritt zusammen mit Paris auf. Romeo, Mercutio, Benvolio und ihre maskierten Freunde kommen von der anderen Seite.) TYBALT (Romeo erblickend) Das ist er! Das ist er! PARIS (Tybalt fragend) Was gibt’s denn? TYBALT (zeigt ihm Romeo) Romeo!!! PARIS Romeo! (Tybalt will sich auf die Gruppe stürzen; Capulet gebietet ihm energisch, Ruhe zu wahren.) ROMEO (beiseite) Mein Name bedeutet ihm ein Übel schon! Welch Schmerz! Capulet ihr Vater, und ich liebe sie! MERCUTIO (zu Romeo) Seht nur! Mit wie wütendem Blick Tybalt uns ansieht! Ein Sturm liegt in der Luft! TYBALT Die Wut macht mich beben! |
CAPULET (zu seinen Gästen) Wie! Ihr geht schon? Verweilet noch! Denn Eurer harrt die Tafel! TYBALT Besonnen nur! besonnen! Für diese tödliche Beleidigung wird Romeo, ich schwör’ es, seine Strafe zu erleiden haben! MERCUTIO Man beobachtet uns, gebt acht! Wir müssen Klugheit zeigen! Wir wollen nicht töricht unheilvollen Abgang machen. CAPULET (zu seinen Gästen) Lasset das Fest beginnen! Laßt uns tanzen und trinken! Ehemals, bei meiner Ehre, tanzten wir ausgelassener! Tanzten wir, usw. CHOR Lasset das Fest beginnen! Laßt uns tanzen und trinken! Vergnügen ist nur dem Augenblick gegeben! Laßt die Nacht uns fröhlich enden! Vergnügen, usw. (Mercutio führt Romeo fort; Benvolio und ihre Freunde folgen.) |
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