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Tannhäuser” by Richard Wagner libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Aufzug; Zweiter Aufzug; Dritter Aufzug
ZWEITER AUFZUG

EINLEITUNG

ERSTE SZENE
(Die Sängerhalle auf der Wartburg; im Hintergrunde freie Aussicht auf den Hofund das Tal)

ELISABETH
Dich, teure Halle, grüss ich wieder,
froh grüss ich dich, geliebter Raum!
In dir erwachen seine Lieder
und wecken mich aus düstrem Traum.
Da er aus dir geschieden,
wie öd erschienst du mir!
Aus mir entfloh der Frieden,
die Freude zog aus dir!
Wie jetzt mein Busen hoch sich hebet,
so scheinst du jetzt mir stolz und hehr,
der mich und dich so neu belebet,
nicht weilt er ferne mehr!
Sei mir gegrüsst!
Sei mir gegrüsst!
Du, teure Halle,
Sei mir gegrüsst!
(Tannhäser, von Wolfram geleitet, tritt mit diesem aus der Treppe im Hintergrunde auf)

ZWEITE SZENE
(Elisabeth erblickt Tannhäuser)

WOLFRAM
(zu Tannhäuser)
Dort ist sie: nahe dich ihr ungestört!
(Er bleibt an die Mauerbrüstung gelehnt im Hintergrund)

TANNHÄUSER
(stürzt ungestüm zu den Füssen Elisabeths)

O Fürstin!

ELISABETH
(in schüchterner Verwirrung)
Gott! Stehet auf! Lasst mich!
Nicht darf ich Euch hier sehn!

(Sie macht eine Bewegung,
sich zu entfernen)


TANNHÄUSER
Du darfst! O bleib, und lass'
zu deinen Füssen mich!

ELISABETH
(wendet sich ihm freundlich zu)
So stehet auf!
Nicht sollet hier Ihr knien, denn diese Halle
ist Euer Königreich. O stehet auf!
Nehmt meinen Dank, dass Ihr zurückgekehrt!
Wo weiltet Ihr so lange?

TANNHÄUSER
Fern von hier,
in weiten, weiten Landen; dichtes Vergessen
hat zwischen heut und gestern sich gesenkt.
All mein Erinnern ist mir schnell geschwunden,
und nur des Einen muss ich mich entsinnen,
dass ich nie mehr gehofft, Euch zu begrüssen,
noch je zu Euch mein Auge zu erheben.

ELISABETH
Was war es dann, das Euch zurückgeführt?

TANNHÄUSER
Ein Wunder war's,
ein unbegreiflich hohes Wunder!

ELISABETH
Ich preise dieses Wunder
aus meines Herzens Tiefe!
(sich mässigend, in Verwirrung)
Verzeiht, wenn ich nicht weiss, was ich beginne!
Im Traum bin ich und tör'ger als ein Kind,
machtlos der Macht der Wunder preisgegeben.
Fast kenn ich mich nicht mehr... O helfet mir,
dass ich das Rätsel meines Herzens löse!
Der Sänger klugen Weisen
lauscht ich sonst wohl gern und viel;
ihr Singen und ihr Preisen
schien mir ein holdes Spiel.
Doch welch ein seltsam neues Leben
rief Euer Lied mir in die Brust!
Bald wollt es mich wie Schmerz durchbeben,
bald drang's in mich wie jähe Lust;
Gefühle, die ich nie empfunden,
Verlangen, das ich nie gekannt!
Was sonst mir lieblich, war verschwunden
vor Wonnen, die noch nie genannt!
Und als Ihr nun von uns gegangen,
war Frieden mir und Lust dahin;
die Weisen, die die Sänger sangen,
erschienen matt mir, trüb ihr Sinn;
im Traume fühlt ich dumpfe Schmerzen,
mein Wachen ward trübsel'ger Wahn; -
die Freude zog aus meinem Herzen: -
Heinrich! Heinrich! Was tatet Ihr mir an?

TANNHÄUSER
(begeistert)
Den Gott der Liebe sollst du preisen!
Er hat die Saiten mir berührt,
er sprach zu dir aus meinen Weisen,
zu dir hat er mich hergeführt.

ELISABETH
Gepriesen sei die Stunde,
gepriesen sei die Macht,
die mir so holde Kunde
von Eurer Näh' gebracht!
Von Wonneglanz umgeben,
lacht mir der Sonne Schein;
erwacht zu neuem Leben,
nenn ich die Freude mein!

TANNHÄUSER
Gepriesen sei die Stunde,
gepriesen sei die Macht,
die mir so holde Kunde
aus deinem Mund gebracht!
Dem neu erkannten Leben
darf ich mich mutig weihn;
ich nenn in freud'gem Beben
sein schönstes Wunder mein!

WOLFRAM
(im Hintergrunde)
So flieht für dieses Leben
mir jeder Hoffnung Schein!

(Tannhäuser trennt sich von Elisabeth; er geht auf Wolfram zu, umarmt ihn heftig und entfernt sich mit ihm durch die Treppe)
(Elisabeth blickt Tannhäuser vom Balkon aus nach)

DRITTE SZENE

(Der Landgraf tritt aus einer Seitentüre ein, Elisabeth eilt auf ihn zu und birgt ihr Gesicht an seiner Brust)

LANDGRAF
Dich treff ich hier in dieser Halle, die so lange du gemieden?
Endlich denn lockt dich ein Sängerfest, das wir bereiten?

ELISABETH
Mein Oheim! O, mein güt'ger Vater!

LANDGRAF
Drängt
Es dich, dein Herz mir endlich zu erschliessen?

ELISABETH
Sieh mir ins Auge! Sprechen kann ich nicht.

LANDGRAF
Noch bleibe denn unausgesprochen
dein süss Geheimnis kurze Frist;
der Zauber bleibe ungebrochen,
bis du der Lösung mächtig bist.
So sei's! Was der Gesang so Wunderbares
erweckt und angeregt, soll heute er
enthüllen und mit Vollendung krönen;
die holde Kunst, sie werde jetzt zur Tat!

(Trompeten im Hintergrunde tief,
wie im Burghofte)


Schon nahen sich die Edlen meiner Lande,
die ich zum seltnen Fest hierher beschied;
zahlreicher nahen sie als je, da sie
gehört, dass du des Festes Fürstin sei'st.

VIERTE SZENE

(Der Landgraf und Elisabeth treten an den Balkon, um nach der Ankunft der Gäste zu sehen. Vier Edelknaben treten auf und melden an. Sie erhalten vom Landgrafen Befehl für den Empfang usw)
(Trompeten im Burghof) (Von hier an treten die Ritter und Grafen einzeln mit Edelfrauen und Gefolge, welches im Hintergrunde bleibt, ein und werden vom Landgrafen und von Elisabeth empfangen)

CHOR DER RITTER UND EDLEN
Freudig begrüssen wir die edle Halle,
wo Kunst und Frieden immer nur verweil,
wo lange noch der Ruf erschalle,
Thüringens Fürsten, Landgraf Hermann, Heil!

CHOR DER EDELFRAUEN
Freudig begrüssen wir die edle Halle
wo Kunst und Frieden immer nur verweil,
wo lange noch der Ruf erschalle,
Thüringens Fürsten, Landgraf Hermann, Heil!
(Die Versammelten haben alle die ihnen angewiesenen, einen grossen Halbkreis bildenden Plätze eingenommen. Der Landgraf und Elisabeth nehmen im Vordergrunde unter einem Baldachin Ehrensitze ein)
(Trompeten auf dem Theater)
(Die Sänger treten auf und verneigen sich feierlich mit ritterlichem Grusse gegen die Versammlung; darauf nehmen sie in der leergelassenen Mitte des Saales die in einem engeren Halbkreise für sie bestimmten Sitze ein, Tannhäuser im Mittelgrunde rechts, Wolfram am rntgegengesetzten Ende links, der Versammlung gegenüber)
(Der Landgraf erhebt sich)

LANDGRAF
Gar viel und schön ward hier in dieser Halle
von euch, ihr lieben Sänger, schon gesungen,
in weisen Rätseln, wie in heitern Liedern
erfreutet ihr gleich sinnig unser Herz.
Wenn unser Schwert in blutig ernstern Kämpfen
stritt für des deutschen Reiches Majestät,
wenn wir dem grimmen Welfen widerstanden
und dem verderbenvollen Zwiespalt wehrten:
so ward von euch nicht minder Preis errungen.
Der Anmut und der holden Sitte,
der Tugend und dem reinen Glauben
erstrittet ihr durch eure Kunst
gar hohen, herrlich schönen Sieg.
Bereitet heute uns denn auch ein Fest,
heut, wo der kühne Sänger uns zurückgekehrt,
den wir so ungern lang vermissten.
Was wieder ihn in unsre Nähe brachte,
ein wunderbar Geheimnis dünkt es mich;
durch Liedes Kunst sollt ihr es uns enthüllen:
deshalb stell ich die Frage jetzt an euch:
könnt ihr der Liebe Wesen mir ergründen?
Wer es vermag, wer sie am würdigsten besingt,
dem reich' Elisabeth den Preis,
er fordre ihn, so hoch und kühn er wolle,
ich sorge, dass sie ihn gewähren solle!
Auf, liebe Sänger! Greifet in die Saiten!
Die Aufgab' ist gestellt, kämpft um den Preis,
und nehmet all im voraus unsem Dank!
(Trompeten auf dem Theater)

CHOR
Heil! Heil! Thüringens Fürsten Heil!
Der holden Kunst Beschützer, Heil! Heil! Heil!
(Alle setzen sich)
(Die vier Edelknaben treten hervor, sie sammeln in einem goldenen Becher von jedem der Sänger seinen auf ein zusammengerolltes Blättchen gezeichneten Namen; - darauf reichen sie den Becher Elisabeth, welche eines der Blättchen herauszieht und es wiederum den Edelknaben reicht; diese lesen den Namen und treten dann feierlich in die Mitte)

VIER EDELKNABEN
Wolfram von Eschenbach, beginne!
(Sie setzen sich zu Füssen des Landgrafen und Elisabeths nieder. Wolfram erhebt sich. Tannhäuser stützt sich, wie in Träumerei verfallend, auf seine Harfe)  

DER SÄNGERKRIEG

WOLFRAM
Blick ich umher in diesem edlen Kreise,
welch hoher Anblick macht mein Herz erglühn!
So viel der Helden, tapfer, deutsch und weise,
ein stolzer Eichwald, herrlich, frisch und grün; -
und hold und tugendsam erblick ich Frauen,
lieblicher Blüten düftereichsten Kranz.
Es wird der Blick wohl trunken mir vom Schauen,
mein Lied verstummt vor solcher Anmut Glanz.
Da blick ich auf zu einem nur der Sterne,
der an dem Himmel, der mich blendet, steht: -
es sammelt sich mein Geist aus jeder Ferne,
andächtig sinkt die Seele im Gebet.
Und sieh, mir zeiget sich ein Wunderbronnen,
in den mein Geist voll hohen Staunens blickt:
aus ihm er schöpfet gnadenreiche Wonnen,
durch die mein Herz er namenlos erquickt.
Und nimmer möcht ich diesen Bronnen trüben,
berühren nicht den Quell mit frevlem Mut:
in Anbetung möcht ich mich opfernd üben,
vergiessen froh mein letztes Herzensblut!
Ihr Edlen möght in diesen Worten lesen,
wie ich erkenn der Liebe reinstes Wesen.

(Er setzt sich)

CHOR DER RITTER UND FRAUEN
(in beifälliger Bewegung)
So ist's! So ist's! Gepriesen sei dein Lied! (Tannhäuser fährt wie aus dem Traume auf; seine trotzige Miene nimmt sofort den Ausdruck der Entzückung an, mit welchem er in die Luft vor sich hinstarrt; ein leises Zittern der Hand, die bewusstlos nach den Saiten der Harfe sucht, ein unheimliches Lächen des Mundes zeight an, dass ein fremder Zauber sich seiner bemächligt. Als er dann, wie erwachend, kräftig in die Harfe greift, verrät seine ganze Haltung, dass er kaum mehr weiss, wo er ist und namentlich Elisabeth nicht mehr beachtet)

TANNHÄUSER
O Wolfram, der du also sangest,
du hast die Liebe arg entstellt;
wenn du in solchem Schmachten bangest,
versiegte wahrlich wohl die Welt!
Zu Gottes Preis in hoch erhabne Fernen,
blickt auf zum Himmel, blickt auf zu seinen Sternen:
Anbetung solchen Wundern zollt,
da ihr sie nicht begreifen sollt!
Doch was sich der Berührung beuget,
euch Herz und Sinnen nahe liegt,
was sich, aus gleichem Stoff erzeuget,
in weicher Formung an mich schmiegt:
ich nah ihm kühn, dem Quell der Wonnen,
in die kein Zagen je sich mischt,
denn unversiegbar ist der Bronnen,
wie mein Verlangen nie erlischt:
so, dass mein Sehnen ewig brenne;
lab an dem Quell ich ewig mich!
und wisse, Wolfram, so erkenne
der Liebe wahrstes Wesen ich.
(Allgemeines Erstaunen. Elisabeth im Widerstreit mit Hinterissenheit und banger Befremdung)
(Biterolf erhebt sich schnell und zornig)

BITEROLF
Heraus zum Kampfe mit uns allen!
Wer bliebe ruhig, hört er dich?
Wird deinem Hochmut es gefallen,
so höre, Lästrer, nun auch mich!
Wenn mich begeistert hohe Liebe,
stählt sie die Waffen mir mit Mut;
dass ewig ungeschmäht sie bliebe,
vergöss' ich stolz mein letztes Blut!
Für Frauenehr und hohe Tugend
als Ritter kämpf ich mit dem Schwert;
doch, was Genuss beut deiner Jugend,
ist wohlfeil, keines Streiches wert!

CHOR DER RITTER UND FRAUEN
(in tobendem Beifalle)
Heil, Biterolf! Hier unser Schwert!

TANNHÄUSER
(mit immer steigender Hitze auffahrend)
Ha, tör'ger Prahler Biterolf!
Singst du von Liebe, grimmer Wolf!
Gewisslich hast du nicht gemeint,
was mir geniessenswert erscheint!
Was hast du, Ärmster, wohl genossen?
Dein Leben war nicht liebereich, -
und was von Freuden dir entsprossen,
das galt wohl wahrlich keinen Streich!

DIE RITTER
(in grösster Aufregung)
Lasst ihn nicht enden! Wehret seiner Kühnheit!

DER LANDGRAF
(zu Biterolf, der das Schwert zieht)
Zurück das Schwert! lhr, Sänger, haltet Frieden!

WOLFRAM
(erhebt sich; bei seinem Beginn tritt sogleich wieder die grösste Ruhe ein)

O Himmel, lass' dich jetzt erflehen!
Gib meinem Lied der Weihe Preis!
Gebannt lass' mich die Sünde sehen
aus diesem edlen, reinen Kreis!
Dir, hohe Liebe töne
begeistert mein Gesang,
die mir in Engelsschöne
tief in die Seele drang!
Du nahst als Gottgesandte,
ich folg aus holder Fern:
so führst du in die Lande,
wo ewig strahlt dein Stern!

TANNHÄUSER
(springt auf, in äusserster Verzückung)
Dir, Göttin der Liebe, soll mein Lied ertönen,
gesungen laut sei jetzt dein Preis von mir!
Dein süsser Reiz ist Quelle alles Schönen,
und jedes holde Wunder stammt von dir!
Wer dich mit Glut in seine Arme geschlossen,
was Liebe ist, kennt der, nur der allein!
Armsel'ge, die ihr Liebe nie genossen,
zieht hin! Zieht in den Berg der Venus ein!
(Allgemeiner Aufbruch und Entsetzen)

DER LANDGRAF UND DIE SÄNGER
Ha, der Verruchte! Fliehet ihn!
Hört es! Er war im Venusberg!

CHOR DER RITTER UND FRAUEN
Ha, der Verruchte! Fliehet ihn!
Hört es! Er war im Venusberg!
Hinweg! Hinweg, aus seiner Näh'!
(Alle Frauen verlassen in grösster Bestürzung und mit Gebärden des Abscheus die Halle. Elisabeth, die dem Streite der Sänger mit wachsender Angst zugehört hatte, bleibt von den Frauen allein zurück, - bleich, nur mit dem grössten Aufwande ihrer Kraft an einer der hölzernen Säulen des Baldachins sich aufrecht erhaltend. - Der Landgraf, alle Ritter und Sänger haben ihre Sitze verlassen und treten zusammen. - Tannhäuser, zur äussersten Linken, verbleibt noch eine Zeitlang wie in Verzückung)

DER LANDGRAF. DIE SÄNGER. CHOR DER RITTER

Ihr habt's gehört! Sein frevler Mund
tat das Verbrechen schrecklich kund;
er hat der Hölle Lust geteilt,
im Venusberg hat er geweilt!
Entsetzlich! Scheusslich! Fluchenswert!
In seinem Blute netzt das Schwert!
Zum Höllenpfuhl zurückgesandt,
sei er gefehmt, sei er gebannt!
(Alle dringen mit gezücktem Schwerte auf Tannhäuser ein, welcher eine trotzige Stellung einnimmt; Elisabeth stürzt dazwischen)

ELISABETH
Haltet ein!
(Alle halten in grösster Betroffenheit an)

DER LANDGRAF. DIE SÄNGER. CHOR DER RITTER
Was hör ich? Wie? Was seh ich? Elisabeth,
die keusche Jungfrau für den Sünder?

ELISABETH
(Tannhäuser mit ihrem Leibe deckend)
Zurück! Des Todes achte ich sonst nicht!
Was ist die Wunde eures Eisens gegen
den Todesstoss, den ich von ihm empfing?

DER LANDGRAF UND DIE SÄNGER
Elisabeth! Was muss ich hören?
Wie liess dein Herz dich so betören,
von dem die Strafe zu beschwören,
der auch so furchtbar dich verriet?

CHOR DER RITTER
Elisabeth! Wie liessest du dich so betören,
von dem die Strafe zu beschwören,
der auch so furchtbar dich verriet?

ELISABETH
Was liegt an mir? Doch er, - sein Heil!
Wollt ihr sein ewig Heil ihm rauben?

DER LANDGRAF. DIE SÄNGER CHOR. DER RITTER

Verworfen hat er jedes Hoffen,
niemals wird ihm des Heils Gewinn!
Des Himmels Fluch hat ihn getroffen!
(Sie dringen von neuen auf Tannhäuser ein)
in seinen Sünden fahr er hin!

ELISABETH
Zurück von ihm! Nicht ihr seid seine Richter!
Grausame! Werft von euch das wilde Schwert!
Und gebt Gehör der reinen Jungfrau Wort!
Vernehmt durch mich, was Gottes Wille ist!
Der Unglücksel'ge, den gefangen
ein furchtbar mächt'ger Zauber hält,
wie? sollt er nie zum Heil gelangen,
durch Sühn' und Buss' in dieser Welt?
Die ihr so stark im reinen Glauben,
verkennt ihr so des Höchsten Rat?
Wollt ihr des Sünders Hoffnung rauben,
so sagt, was euch er Leides tat?
Seht mich, die Jungfrau, deren Blüte
mit einem jähen Schlag er brach,
die ihn geliebt tief im Gemüte,
der jubelnd er das Herz zerstach!
Ich fleh für ihn, ich flehe für sein Leben;
reuvoll zur Busse lenke er den Schritt!
Der Mut des Glaubens sei ihm neu gegeben,
dass auch für ihn einst der Erlöser litt!

TANNHÄUSER
(nach und nach von der Höhe seiner Aufregung
und seines Trotzes herabgesunken, durch Elisabeths Fürsprache
auf das Heftigste ergriffen, sinkt in Zerknirschung zusammen)


Weh! Weh mir Unglücksel'gem!

DER LANDGRAF UND DIE SÄNGER
(allmählich beruhigt und gerührt)
Ein Engel stieg aus lichtem Äther,
zu künden Gottes heil'gen Rat! Blick hin, du schändlicher Verräter!
Werd inne deiner Missetat!
Du gabst ihr Tod, sie bittet für dein Leben!
Wer bliebe rauh, hört er des Engels Flehn?
Darf ich auch nicht dem Schuldigen vergeben,
dem Himmelswort kann nicht ich widerstehn!

CHOR DER RITTER
Blick hin! Blick hin, du schändlicher Verräter!
Blick hin auf sie!
Du gabst ihr Tod, sie bittet für dein Leben!
Wer bliebe rauh, hört er des Engels Flehn?
Darf ich auch nie dem Schuldigen vergeben,
dem Engelswort darf nicht ich widerstehn!

TANNHÄUSER
Zum Heil den Sündigen zu führen,
die Gottgesandte nahte mir;
doch ach! sie frevelnd zu berühren,
hob ich den Lästerblick zu ihr!
O du, hoch über diesen Erdengründen,
die mir den Engel meines Heils gesandt!
Erbarm dich mein, der, ach! so tief in Sünden,
schmachvoll des Himmels Mittlerin verkannt!
Erbarm dich mein! Erbarm dich mein!
Ach, erbarm dich mein!

ELISABETH
Ich fleh' für ihn, ich flehe für sein Leben!
Der Mut des Glaubens sei ihm neu gegeben,
dass auch für ihn einst der Erlöser litt!
(Der Landgraf tritt feierlich in die Mitte)

LANDGRAF
Ein furchtbares Verbrechen ward begangen;
es stahl mit heuchlerischer Larve sich
zu uns der Sünde fluchbeladner Sohn!
Wir stossen dich von uns, bei uns darfst du
nicht weilen! Schmachbefleckt ist unser Herd
durch dich, und dräuend blickt der Himmel selbst
auf dieses Dach, das dich zu lang schon birgt!
Zur Rettung doch vor ewigem Verderben
steht offen dir ein Weg: von mir dich stossend,
zeig ich ihn dir: nütz ihn zu deinem Heil!
Versammelt sind aus meinen Landen
bussfert'ge Pilger, stark an Zahl;
die ältren schon voran sich wandten,
die jüngern rasten noch im Tal.
Nur um geringer Sünde willen
ihr Herz nicht Ruhe ihnen lässt;
der Busse frommen Drang zu stillen,
ziehn sie nach Rom zum Gnadenfest.

DER LANDGRAF. DIE SÄNGER. CHOR DER RITTER
Mit ihnen sollst du wallen
zur Stadt der Gnadenhuld,
im Staub dort niederfallen
und büssen deine Schuld;
vor ihm stürz dich darnieder,
der Gottes Urteil spricht!
Doch kehre niemals wieder,
ward dir sein Segen nicht! Musst unsre Rache weichen,
weil sie ein Engel brach,
dies Schwert wird dich erreichen,
harrst du in Sünd' und Schmach!

ELISABETH
Lass' hin zu dir ihn wallen,
du Gott der Gnad' und Huld!
Ihm, der so tief gefallen,
vergib der Sünden Schuld!
Für ihn nur will ich flehen,
mein Leben sei Gebet!
Lass ihn dein Leuchten sehen,
eh' er in Nacht vergeht!
Mit freudigem Erbeben
lass' dir ein Opfer weihn;
nimm hin, o! nimm mein Leben!
Ich nenn es nicht mehr mein!

TANNHÄUSER
Wie soll ich Gnade finden?
Wie büssen meine Schuld?
Mein Heil sah ich entschwinden,
mich flieht des Himmels Huld!
Doch will ich büssend wallen,
zerschlagen meine Brust,
im Staube niederfallen;
Zerknirschung sei mir Lust!
O, dass nur er versöhnet,
der Engel meiner Not,
der sich, so frech verhöhnet,
zum Opfer doch mir bot!

CHOR DER JÜNGEREN PILGER
(im Hintergrunde, tief, wie aus dem Tale heraufschallend)
Am hohen Fest der Gnad' und Huld,
in Demut sühn ich meine Schuld.
Gesegnet, wer im Glauben treu!
Er wird erlöst durch Büss' und Reu'.
(Alle haben unwillkürlich ihre Gebärden gemässigt; Elisabeth, wie um Tannhäuser nochmals zu schützen, hatte sich den von neuem Andringenden entgegengestellt; sie verwiest jetzt auf den verheissungsvollen Gesang der jungen Pilger. - Tannhäuser hält plötzlich in den Bewegungen der leidenschaftlichsten Zerknirschung ein und lauscht dem Gesange)

TANNHÄUSER
(Ein jäher Hoffnungsstrahl leuchtet ihm,
er stürzt sich mit krampfhafter
Heftigkeit zu Elisabeth Füssen küsst
inbrünstig hastig den Saum ihrer Gewandes
und bricht dann, von ungeheurer Erregung
taumelnd, auf mit dem Rufe:)


Nach Rom!

ALLE
(rufen ihm nach:)
Nach Rom!

(Der Vorhang fällt)

libretto by Richard Wagner 
Contents: Personen; Erster Aufzug; Zweiter Aufzug; Dritter Aufzug

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