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Tosca” by Giacomo Puccini libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt
DRITTER AKT

Auf der Plattform der Engelsburg.
(Links eine Kasematte, darin eine Lampe, ein
dickes Protokollbuch und Schreibmaterialien; eine
Bank, ein Sessel. An der einen Wand der
Kasematte ein Kruzifix, davor eine Lampe. Rechts
die Öffnung für eine kleine Treppe, über die die
Plattform zu erreichen ist. Im Hintergrund der
Vatikan und Sankt Peter. Es ist noch Nacht.
Allmählich zeigt sich diffus graues Licht, das die
Morgendämmerung ankündigt. Die Kirchenglocken
läuten zur Frühmesse. Man hört die Stimme eines
singenden Hirten mit seiner Herde.)

(Orchester)

STIMME DES HIRTEN
Ach, ihr meine Seufzer,
ihr bleibt mir treu
in all meiner Sehnsucht.
Kein Sturm kann euch vertreiben.
Daß sie, der mein Sehnen gilt,
mich so verachtet, ist mein Tod.
(Orchester)
(Ein Gefängniswärter steigt mit einer Laterne die
Treppe herauf, geht in die Kasematte, entzündet
zuerst die Kerzen an der Wand vor dem Kruzifix, dann


die Lampe auf dem Tisch, setzt sich und wartet.
Später steigt ein Soldatenpikett unter der Führung
eines Sergeanten der Wache zur Begleitung von
Cavaradossi auf die Plattform. Sie machen halt, der
Sergeant führt Cavaradossi in die Kasematte, reicht
dem Schließer ein Blatt; dieser prüft es, öffnet das
Protokollbuch und fragt, während er schreibt:)

(Orchester)

SCHLIESSER
Mario Cavaradossi?
(Cavaradossi nickt. Der Schließer reicht dem
Sergeanten die Feder.)

Für Sie!
(zu Cavaradossi)
Euch bleibt eine Stunde.
Ein Priester hält sich für Euch bereit.

CAVARADOSSI
Nein, doch eine letzte Gunst erbitte ich von
Euch.

SCHLIESSER
Wenn ich kann ...

CAVARADOSSI
Ich lasse einen teuren Menschen
zurück. Gestattet,
daß ich ihr ein einziges Wort schreibe.
(Er zieht einen Ring vom Finger.)
Übrig von meinem Reichtum
bleibt mir einzig dieser Ring.
Wenn Ihr versprecht
die letzten Grüße zu bestellen,
gehört er Euch.

SCHLIESSER
(zaudert eine Weile, willigt dann ein und bedeutet
Cavaradossi, sich an den Tisch zu setzen. Er selbst
setzt sich auf die Bank.)

Schreibt!

CAVARADOSSI
(beginnt zu schreiben, aber nach einigen Zeilen
legt er, von Erinnerungen überwältigt, die Feder
nieder)

Die Sterne leuchteten, die Erde duftete,
die Gartentüre knarrte,
Schritte kündeten die Königin ...
Sie war es, die hereintrat,
sich mir in die Arme warf ...
O süße Küsse, schmachtendes Liebkosen,
während ich bebend enthüllte
die in Schleiern verborgenen Reize ihrer
Formen.
Für immer ist der Liebesrausch dahin,
verflogen ist die Stunde ...
und ich sterbe in Verzweiflung!
Und habe nie zuvor das Leben so geliebt!
(Er bricht in Tränen aus. Über die Treppe kommt
Spoletta mit dem Sergeanten, gefolgt von Tosca.
Spoletta zeigt Tosca, wo sie Cavaradossi findet,
dann ruft er den Schließer zu sich; mit ihm und
dem Sergeanten steigt er wieder hinab, nicht ohne
vorher der im Hintergrund stehenden Schildwache
den Befehl gegeben zu haben, den Gefangenen zu
überwachen. Tosca sieht Cavaradossi weinen, den
Kopf in den Händen. Sie geht zu ihm, hebt seinen
Kopf. Cavaradossi springt überrascht auf. Tosca
zeigt ihm ein Papier und kann vor Erregung nicht
sprechen.)


(Orchester)

CAVARADOSSI
(liest)
Ah! Freies Geleit für Tosca ...
... und für den Herrn, der sie begleitet.

TOSCA
(liest zusammen mit ihm mit schwankender
Stimme)

... und für den Herrn, der sie begleitet.
(mit einem Freudenruf zu Cavaradossi)

Du bist frei!

CAVARADOSSI
(betrachtet das Blatt, sieht das Signum)
Scarpia?
Scarpia läßt mich frei?
Das ist seine erste Gnade ...

TOSCA
Und die letzte!

CAVARADOSSI
Was sagst du?

TOSCA
Dein Blut wollte er oder meine Liebe.
Vergebens flehte ich und weinte.
Umsonst, verrückt vor Schrecken,
flehte ich zur Madonna und den Heiligen.

Das gottlose Scheusal sprach:
„Zum Himmel streckt schon
der Galgen die dürren Arme!"
Man rührte schon die Trommeln ...
Es lachte, das gottlose Ungeheuer, lachte,
bereit, sich auf die Beute zu stürzen!
„Bist du mein?" „Ja."
Seiner lüsternen Begierde versprach ich mich.
Dort nahe bei ihm leuchtete eine Klinge ...
Er schrieb das Blatt, das uns befreit,
dann wollte er mich umarmen ...
Ich stieß ihm jene Klinge ins Herz.

CAVARADOSSI
Du, mit deiner Hand hast ihn ermordet?
Du Fromme, du Gütige, und das für mich?

TOSCA
Mit Blut habe ich meine Hände besudelt!

CAVARADOSSI
(nimmt liebevoll Toscas Hände zwischen die
seinen)

Ihr zarten und reinen Hände,
o ihr Hände geschaffen zu Mitleidswerken,
zu liebendem Kosen, zu pflücken die Rosen.
Zum Beten gefaltet, also seid ihr
im Unglück und, der Liebe erstarkt,
zu den Waffen der Gerechtigkeit geworden?
Ihr gabet Tod, ihr siegreichen Hände,
o süße Hände, zart und rein.

TOSCA (macht ihre Hände los)
Höre, die Stunde naht. Gold und Schmuck
trage ich hier bei mir, ein Wagen wartet ...
Doch zuerst ... lache, Geliebter ...
wirst du erschossen zum Schein,
mit ungeladenen Waffen. Vorgetäuschte Hinrichtung.
Beim Schusse falle; die Soldaten gehen,
und wir sind gerettet! Dann nach Civitavecchia,
aufs Schiff und fort übers Meer!

CAVARADOSSI
Frei sind wir!

TOSCA
Frei sind wir!

CAVARADOSSI
Fort übers Meer!

TOSCA
Was schmerzt noch auf Erden?
Spürst du den Duft der Rosen?
Scheint es nicht auch dir,
als harrten alle Dinge der Sonne?

CAVARADOSSI
(mit liebevoller Exaltation)
Nur deinetwegen war der Tod bitter für mich,
nur von dir erhält mein Leben seinen Glanz,
um deine Liebe will ich ewig werben,

dir Freude geben in flammender Glut.
Den Himmel leuchten und sich färben
sehe ich in deinen Augen,
und die Schönheit aller Dinge der Welt
gewinnt durch dich Stimme und Farben.

TOSCA
Die Liebe, die dir das Leben gerettet, sei uns Führer,
zu Lande und auf dem nächtlichen Meer,
und lieblich läßt er uns die Welt erstehen.
Bis wir zu den himmlichen Sphären kommen,
werden sich, wie auf dem hohen Meer
beim Sonnenuntergang, die Wolken zerstreut haben.
(Sie sind gerührt und schweigen. Dann erinnert
Tosca sich und sieht beklommen herum.)

Sie kommen noch nicht ...
(Sie wendet sich mit liebender Sorge zu
Cavaradossi.)
Merke dir ...
Beim Schuß mußt du
sofort fallen ...

CAVARADOSSI (beruhigt sie)
Keine Sorge! Ich werde sofort fallen
und sehr natürlich.

TOSCA (beharrlich)
Aber gib acht, daß du dir nicht weh tust!
Ich vom Theater
wüßte die Bewegung besser.

CAVARADOSSI (zieht sie an sich)
Sprich noch einmal, wie du vorhin sprachst,
so süß ist deiner Stimme Klang!

TOSCA (vom Glück überkommen)
Endlich vereint ziehen wir in die Ferne,
zeigen der Welt unsere Liebe
in allen Farben der Palette ...

TOSCA und CAVARADOSSI
...und allen Farben des Gesanges!
(begeistert)
Triumph!
In neuer Hoffnung
flammt unsere Seele,
in den wachsenden
Strahlen des Himmels,
und in harmonischem Flug
steigt die Seele
zum Paradies der Liebe.

TOSCA
Die Augen schließe ich dir mit tausend Küssen,
und ich sage dir tausend Namen der Liebe.
(In der Zwischenzeit ist ein Kommando Soldaten
von der Treppe hereingekommen. Der Offizier
versammelt sie hinten. Spoletta, der Sergeant und
der Schließer treten ein. Spoletta gibt die
notwendigen Befehle. Der Himmel erhellt sich, die
Morgendämmerung erscheint; eine Glocke läutet
vier Uhr. Der Schließer geht zu Cavaradossi,
entfernt seine Kappe und nickt zum Offizier hin.)


SCHLIESSER
Es ist die Stunde!

CAVARADOSSI
Ich bin bereit.
(Der Schließer nimmt das Register des Verurteilten
und geht zur Treppe hinaus.)


TOSCA
(mit unterdrücktem Lachen zu Cavaradossi)
Vergiß nur nicht, beim ersten Schusse: fallen ...

CAVARADOSSI
(ebenfalls leise lachend)
Fallen!

TOSCA
Stehe nicht auf, bevor ich dich rufe ...

CAVARADOSSI
Nein, Geliebte!

TOSCA
Und falle gut ...

CAVARADOSSI
Wie Tosca im Theater.

TOSCA
Lache nicht ...

CAVARADOSSI
So recht?

TOSCA
So recht.
(Cavaradossi folgt dem Offizier, nachdem er Tosca
gegrüßt hat; diese steht links in der Kasematte,
um zu sehen was auf der Plattform geschieht. Sie
sieht den Offizier und den Sergeanten, die
Cavaradossi mit dem Gesicht zu ihr an die Mauer
stellen; der Sergeant will Cavaradossi eine
Augenbinde anlegen, dieser lehnt lächelnd ab. Die
schaurigen Vorbereitungen lassen Tosca
ungeduldig werden.)


TOSCA
Wie lange das Warten dauert!
Warum zögern sie? Die Sonne geht auf.
Warum zögern sie, es ist eine Komödie,
ich weiß es, doch diese Angst währt ewig!
(Der Offizier und der Sergeant stellen die Soldaten
auf und erteilen ihnen die entsprechenden
Befehle.)

Jetzt heben sie die Waffen!
Wie schön doch mein Mario ist!
(Der Offizier läßt den Säbel sinken, die Soldaten
drücken ab und Cavaradossi fällt.)
Da! Stirb jetzt! Das ist ein Künstler!
(Der Sergeant geht zu dem Gefallenen hin und
betrachtet ihn aufmerksam. Spoletta geht ihm
nach, ihn hindern, dem Sterbenden den
Gnadenschuß zu geben, und bedeckt Cavaradossi
mit einem Mantel. Der Offizier läßt die Soldaten
abtreten, der Sergeant zieht den Posten im
Hintergrund zurück. Dann steigen alle, unter
Spolettas Führung, die Treppe hinab. Tosca ist
höchst erregt, sie hat diese Manöver beobachtet,
besorgt, Cavaradossi könne sich aus Ungeduld zu

früh bewegen oder sprechen. Mit unterdrückter
Stimme sagt sie in Richtung auf Cavaradossi:)
O Mario, bewege dich nicht ...
Sie gehen. Schweig! Sie steigen hinab!
(Als sie die Plattform verlassen sieht, geht sie
lauschend an die Treppe. Dort bleibt sie ängstlich
stehen, da es ihr scheint, als kehrten die Soldaten
um. Wieder wendet sie sich leise an Cavaradossi.)
Bewege dich noch nicht ...
(Sie horcht, alle haben sich entfernt. Nun läuft sie
rasch zu Cavaradossi.)

Auf, Mario! Gehn wir! Mario!
Auf! Schnell!
(Sie kniet nieder, nimmt schnell den Mantel fort
und springt entsetzt auf.)

Mario! Mario! Tot! Tot!
(schluchzend wirft sie sich auf Cavaradossis
Körper)

O Mario, tot? Du? Wie? So endet es! So! usw.
(Vom Hof unter der Brustwehr und von der engen
Treppe kommen die erregten Stimmen Spolettas,
Sciarrones und der Soldaten. Sie kommen näher.)


STIMMENGEWIRR
Scarpia! Erstochen!

SCIARONE
Ja, erstochen!

STIMMENGEWIRR
Die Frau ist Tosca!
Daß sie nicht flieht!
Bewacht jeden Zugang zu der Treppe!
(Spoletta und Sciarrone kommen die Treppe
heraufgestürzt.)


SCIARRONE
Da ist sie!

SPOLETTA (läuft auf Tosca zu)
Ah, Tosca, sehr teuer
wirst du sein Leben bezahlen!
(Tosca springt auf und stößt Spoletta heftig
zurück.)

TOSCA
Mit dem meinen!
(Bei dem unerwarteten Stoß taumelt Spoletta
zurück. Tosca weicht ihm geschickt aus, läuft zur
Brüstung und stürzt sich in die Tiefe, mit dem Ruf:)

O Scarpia, auf denn zu Gott!
(Sciarrone und einige Soldaten rennen verwirrt zur
Brustwehr und sehen nach unten. Spoletta steht
blaß und erschüttert da.)


Ende der Oper
libretto by Gudrun Meier 
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt

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