Chapelou, Postillon, später unter dem Namen St. Phar Opernsänger (Tenor) Madeleine, Wirtin, später Frau von Latour (Sopran) Bijou, Schmied, später als Alcindor Chorist an der Oper (Bass) Marquis de Corcy, königlicher Kammerherr (Bariton) Bourdon, Chorsänger (Bass) Rose, Kammerzofe der Frau von Latour (Sprechrolle) Nr. 1 - Introduktion DORFBEWOHNER Welches Glück, welche Freude, endlich vereint zu seh’n Chapelou und Madeleine! Erfüllt hat sich ihr Streben, zu zweit fortan zu leben. Nun mag die Liebe geben, was lange sie ersehnt. Man kann in unsern Tagen das Leben leichter tragen, ein wenig Glück erjagen, wenn innig man sich liebt, Erfüllt hat sich ihr Streben, zu zweit fortan zu leben. Nun mag die Liebe geben, was lange sie ersehnt, das Glück, das sie so lang' ersehnt. CHAPELOU Welch ein Glückstag ist das heute, Madeleine ist nun mein! Jetzt zum Tanze, liebe Leute.... MADELEINE ... laden alle wir euch ein. CHAPELOU Schnell bringet Wein her, vom allerbesten! MADELEINE Seht, was der kann! CHAPELOU Auf unser Glück stosst mit uns an! MADELEINE, CHAPELOU Erfüllt ist unser Streben, zu zweit fortan zu leben, die Liebe wird uns geben. was lange wir ersehnt. Ein wenig Glück erjagen, das Leben leichter tragen, kann man in unsren Tagen, wenn innig man sich liebt. CHAPELOU Auf unsre Liebe! MADELEINE Stoss mit mir an! MADELEINE, CHAPELOU Dass nie das Glück uns schwinden kann! DORFBEWOHNER Erfüllt hat sich ihr Streben, etc. CHAPELOU zu Madeleine Heut' nacht an meiner Seite beginnt die schönste Zeit! MADELEINE Liebster,'s ist wahr, noch heute winkt mir die Seligkeit. DORFBEWOHNER O seht die Zärtlichkeit! MADELEINE Bald ist es Nacht, Liebe erwacht. CHAPELOU Wie dieser Kuss Glücklich mich macht. O Madeleine! MADELEINE Sei nur schön brav, hab'noch Geduld! CHAPELOU Muss denn das sein? MADELEINE Warte nur bald, bald bin ich dein! Dein für alle Zeit, bin ich stets bereit, Liebe dir zu geben ür das ganze Leben. Dich allein lieb'ich vor allen, dir allein will ich stets gefallen! Alle andern Männer, selbst verwöhnte Kenner, soll'n umsonst nun flehen, will sie nicht mehr sehen, denn ich habe schon einen Postillon, den ich liebe mehr als mich selbst. Doch mein Lieber, lass dir sagen, wirst du mich betrügen, zahle ich dir's heim. Andern Frauen nachzujagen, darf dich nicht vergnügen, lass es lieber sein! Ist auch aus der Mode Treue bis zum Tode, mir ist'seinerlei, und ich sag' dir aufs Neu': Dein für alle Zeit, etc. Ja, dir allein will immer treu ich sein. CHAPELOU Nun zum Tanz, liebe Leute, nur die Freude herrsche heute. MADELEINE Da, hört, es ruft zum Ball der Flöten heller Schall! DORFBEWOHNER Nun zum Tanze, kommt, ihr Leute, nur Freude herrsche heute; ihr hört, es ruft zum Ball der Flöten heller Schall. DIE MÄDCHEN zu Chapelou Zum Kontertanz, ich bitte! DIE BURSCHEN zu Madeleine Geh'n Sie in unsrer Mitte! MADELEINE Ich danke, meine Herrn! CHAPELOU Danke, Mesdames, wie Sie mich ehren: Doch bitt' ich euch, geht schon hinein! Sicher wollt ihr mir nicht verwehren einen Moment mit ihr allein zu sein, mit meiner Frau ein Wort zu reden elnen Moment mit ihr allein zu sein; drum geht! MADELEINE Schnell, ihr Herrn, führt die Damen schon zum ersten Tanz voran. Mädchen hört, jede findet beim Tanze einen Mann! DORFBEWOHNER Zum Tanze, wo man herrlich sich amüsieren kann! Hört, jedes Mädchen findet beim Tanze einen Mann! Nr. 2 - Duett MADELEINE Ja, ja, auch ich! man glaubt es kaum: Nein, dieser Spass ist kaum zusagen! CHAPELOU Ei was, auch du? Man glaubt es kaum: Nein, dieser Spass ist kaum zu sagen! MADELEINE Nun erzähle, was auf dein Fragen die Zauberin dir prophezeit, o sag, was sie dir prophezeit! CHAPELOU Ja, gewiss, hör nur zu, was sie sprach, war gescheit. Erst plagte sie sich mit Gesichten, dann las sie lang in meiner Hand; und danach wusst' sie zu berichten, ich sei schön und galant. MADELEINE Und galant? CHAPELOU Und galant. Ja, und nie würde ich belogen, ich wär' dazu doch viel zu schlau; ich würde drum auch nie betrogen von meinem Mädchen, von meiner Frau. MADELEINE Von deiner Frau? CHAPELOU Von meiner Frau. MADELEINE Bestimmt? CHAPELOU Bestimmt! MADELEINE Deine Hexe scheint mir nicht ganz richtig, ich sag', sie übertreibt infam! CHAPELOU Nein, nein, ihr Spruch ist sehr gewichtig, alles stimmt ganz genau, was aus ihrem Munde kam! MADELEINE Na schön, was krächzte denn dein Rabe von unsrer Ehe? Fahre fort! CHAPELOU Es wär' verkehrt, wenn ich vergrabe mein Talent an diesem kleinen Ort. MADELEINE Das ist abscheulich, ja, abscheulich, den Hals dreh' ich ihr um! CHAPELOU Weiter sagte sie, dass in der Ferne mich erwartete viel Glück und Ehr'. Vielleicht käm bald ich, ganz gut und gerne, nach Paris als Grandseigneur. MADELEINE Grandseigneur? CHAPELOU Grandseigneur! Um nun offen hier zu sprechen: Sie hat gesagt, dass ich dich nähme, sei… MADELEINE Sei was? CHAPELOU Das sag ich lieber nicht. MADELEINE Los, sprich! CHAPELOU ... sei ein Fehler und würd' sich rächen. MADELEINE Was sagst du? Na warte, das ist ja gemein! Dieser Alten bläue ich es ein! CHAPELOU Ich bitte dich, sei nicht so bös, die Frau ist wirklich sehr seriös, es ist nicht recht, wenn man sie schilt, weil ihr Bemüh'n der Zukunft gilt! MADELEINE Ha, das ist 'ne Frechheit, Bosheit, Unverschämtheit, ja, und ihre Dummheit treibe ich ihr aus! So was müsst' verderben und im Spinnhaus sterben; ihr das Fell vergerben sollt' man jeden Tag! CHAPELOU Kann voraus sie sehen, was mir wird geschehen, das ist kein Vergehen, das man strafen mag. Grundlos ist dein Toben, muss man es nicht loben, wenn sie nur die Wahrheit sagen mag? Aber nun ist's an mir zu fragen, welche Auskunft dir vom Schäfer ward; von dem Geheimnis sollst du sagen, von der Zukunft, die er offenbart. Nun geschwind, erzähle mir, was dir das Schicksal hat bewahrt. MADELEINE Er sagt, ich sollt' nicht meine Gaben schenken dem jungen Postillon: s'wären Bessere noch zu haben; vielleicht bekäm' ich einen Baron. CHAPELOU Einen Baron? MADELEINE Einen Baron! CHAPELOU Baron? MADELEINE Baron! CHAPELOU Dieser Schäfer scheint mir nicht ganz richtig, denn er übertreibt infam. MADELEINE Nein, nein, sein Spruch ist sehr gewichtig, alles stimmt ganz genau, was aus seinem Munde kam! Er behauptet auch noch, dass dein Wesen nicht taugt für ein Leben zu zweit; du könntest, ohn' vieles Federlesen, verlassen, die dir sich hat geweiht; und ausserdem seist eitel du und auch noch ehrgeizig dazu! CHAPELOU Und ausserdem sei eitel ich... MADELEINE Ja, und der Ehrgeiz plage dich! Kurz, um nun offen mit dir zu reden, er hat gesagt, es sei verfehlt, dass ich... CHAPELOU Nun was? MADELEINE Nein, frag' mich lieber nicht! CHAPELOU Also los! MADELEINE Dass ich dich... CHAPELOU Na was? MADELEINE ... mir zum Mann erwählt! CHAPELOU Na warte, das ist ja gemein! Diesem Schäfer bläue ich es ein! MADELEINE Ich bitte dich, sei nicht so bös, der Mann ist wirklich sehr seriös, es ist nicht recht, wenn man ihn schilt, weil sein Bemüh'n der Zukunft gilt! CHAPELOU Ha. das ist 'ne Frechheit, Bosheit, Unverschämtheit! Ja, und seine Dummheit treibe ich ihm aus! So was müsst' verderben und im Zuchthaus sterben; ihm das Fell vergerben sollt' man jeden Tag! MADELEINE Kann voraus er sehen, was mir wird geschehen, das ist kein Vergehen, das man strafen mag. Grundlos ist dein Toben, muss man es nicht loben, wenn er nur die Wahrheit sagen mag? Chapelou! Sag mal, glaubst an Wahrsager du? CHAPELOU Ich? Nein, ich glaub' nicht mehr daran als du! MADELEINE Von heut' ab soll für uns die Sonne immer scheinen, und immer lieb' ich dich, nur dich, das schwör ich dir! CHAPELOU Ich gehe niemals mehr zu Hexen im Geheimen, doch alle Zärtlichkeit der Liebe schenk ich Dir! MADELEINE, CHAPELOU Wie uns die Zukunft lacht, zu trennen uns hat nichts die Macht! Wir fürchten nichts mehr auf der Welt, wir leben so, wie's uns gefällt, und Wahrsagem bringen wir niemals mehr Geld, ein Schelm, wer diesen Schwur (dies Versprechen) nicht hält. Nr. 3 - Ensemble und Postillonlied DORFBEWOHNER Jetzt, junges Paar, schlägt für euch die schönste Stunde, da eurem Bunde die Erfüllung endlich winkt. CHAPELOU Meine Freunde, lasst Dank euch sagen, aber leider ist es schon spät! Drum darf euch zu bitten ich wagen, dass jetzt nach Haus ihr alle geht. BURSCHEN Ja, wir geh'n, es ist spät. BRAUTJUNGFERN Nein, auf eines noch müssen wir dringen, eh' nach Haus' wir geh'n, habt wohl acht: Dass die Braut zu Bett wir bringen! So ist's Brauch, dann gut' Nacht. CHAPELOU Wie ihr wollt! BRAUTJUNGFERN Nein, es heischt die Sitte.... CHAPELOU Nun was? BRAUTJUNGFERN ... die Braut begleiten wir allein. CHAPELOU Der Teufel hol' mich, wenn ich's litte! BRAUTJUNFERN Ihr Burschen nehmt ihn in die Mitte, gebt gut auf ihn acht, lasst ihn nicht mit hinein! DORFBEWOHNER Gebt acht, lasst ihn ja nicht hinein, gebt gut acht! CHAPELOU Ich will zu meiner Frau Madeleine! BURSCHEN Das gibt es nicht, bleib nur schön hier! CHAPELOU Lasst los, sonst werd' ich zur Hyäne! BURSCHEN Uns ist es recht, wir helfen dir! CHAPELOU Es gibt 'ne fürchterliche Szene! BURSCHEN Ganz wie du willst, nur bleib schön hier! So recht, geh lieber nicht aufs Ganze, sicher kommst du uns nicht davon. Wie wär's, sing uns doch die Romanze vom jungen galanten Postillon. CHAPELOU Ich mag nicht mehr, ich will hinein, es ist schon spät, lasst mich allein. BURSCHEN Singe; danach darfst du dann hinein. CHAPELOU Ist das auch wahr? BURSCHEN So soll es sein, danach darfst du hinein. CHAPELOU Nun gut, mag es sein, ich beginne. Freunde. vernehmet die Geschichte von einem jungen Postillon! Glaubt mir, dass ich euch nichts erdichte, jedermann hier weiss ja davon. Hörte man nur sein Horn erklingen, liefen die Mädchen schnell herbei; fing er dann gar noch an zu singen, brach manches Herzchen schier entzwei. Ho, ho, ho, ho, so schön und froh, du Postillon von Lonjumeau. DORFBEWOHNER Ho, schön und froh, du Postillon von Lonjumeau! CHAPELOU Damen aus allerbesten Kreisen liessen den eignen Wagen steh'n, nahmen die Post für ihre Reisen, nur um mit ihm die Welt zu sehn. Nicht nur geschwind ist er gefahren, war auch zu jedem Dienst bereit, manch feine Dame sprach nach Jahren von dieser Fahrt noch hocherfreut. Ho, ho, ho, ho, so schön und froh, du Postillon von Lonjumeau. DORFBEWOHNER Ho, schön und froh, du Postillon von Lonjumeau! MARQUIS Dies Organ! Wie berückend! Das klingt ja ganz entzückend! Hierher mein Stern mich wies: Der Tenor für Paris! CHAPELOU An einem Abend ist's geschehen, dass eine Schöne ihn entführt. Er ward hinfort nicht mehr gesehen, hat man auch gründlich nachgespürt, Später erfuhr man, dass die Dame ihm ihre Hand gereicht zum Lohn. Nun ziert ein hochberühmter Name unsern galanten Postillon! Ho,ho,ho,ho, so schön und froh, du Postillon von Lonjumeau. DORFBEWOHNER Ho, schön und froh, du Postillon von Lonjumeau! Der Herr darf nun ins Haus hinein, Madame erwartet ihn allein. Wir wünschen, was euch glücklich macht, dem schönen Tag folgt süsse Nacht. Jetzt, junges Paar, schlägt für euch die schönste Stunde, da eurem Bunde Erfüllung endlich winkt! Nr. 4 - Terzett und Finale MARQUIS In meine Pläne wirst du dich fügen, ich will es so, gehorche jetzt und komm mit mir! CHAPELOU Nein, nein, Madeleine so zu betrügen, daraus wird nichts, ich bleibe hier! MARQUIS Du wirst dich meinem Willen beugen! CHAPELOU Nein, daraus wird nichts, ich bleibe hier. MARQUIS Jetzt schweig, sei still! Dein Sträuben wirst du lassen, deine Frau zerstört dir dein Glück! CHAPELOU Madeleine wird mich hassen! Sie liebt mich heiss, teilt mein Geschick. MARQUIS Mein Gott, du wirst nicht gleich dran sterben, und bald bist du schon wieder hier! Komm! CHAPELOU Handelt so, Herr, ein Kavalier? Vielleicht demnächst, wie wär's denn nächste Woche, ja, nächste Woche. vielleicht auch schon morgen? MARQUIS Nein, sofort kommst du mit, es ist deine Pflicht! Nein, diese Stimme lass' ich nicht, die schöne Stimme lass ich nicht. CHAPELOU Wie nach ihr ich mich sehne! Heute kann ich nicht fort, sie verlassen. Meine Madeleine, liebend erwartet sie mich dort. MARQUIS Du wirst es erleben, wie dich mein Streben hoch wird erheben, glücklich dich macht. Du wirst seh'n, dass Frauen voll Lust auf dich schauen, dir blindlings vertrauen bei Tag und bei Nacht. Wie froh die Zukunft sich dir neigt, verspricht dir Geld und Abenteuer. Auch in der Liebe siegst du leicht, verführst die Frau'n mit deinem Feuer. CHAPELOU So meinen Ehrgeiz anzuschüren, muss mich endlich doch verführen, hört doch auf, ich bitte sehr, nicht lange widersteh' ich mehr! MARQUIS Nun, dann komm! CHAPELOU Morgen! MARQUIS Nein, jetzt sogleich! CHAPELOU Nein, nein, morgen! MARQUIS Nein, jetzt sogleich! CHAPELOU Was soll ich tun? Wie nach ihr ich mich sehne! Heute kann ich nicht fort, sie verlassen. Meine Madeleine, liebend erwartet sie mich dort. MARQUIS Ja, du wirst es erleben, wie dich mein Streben hoch wird erheben, glücklich dich macht. Du wirst seh'n, dass Frauen voll Lust auf dich schauen, dir blindlings vertrauen, ja, bei Tag und Nacht. Ja, du wirst es erleben, dass das Glück dir lacht! CHAPELOU Werd' ich es erleben, dass mich sein Streben hoch wird erheben, glücklich mich macht? Ja, ich werd' es erleben, dass das Glück mir lacht! BIJOU Herr, ich bin fertig mit dem Rade. MARQUIS Sehr gut, sehr gut! Mach' doch schnell! Um jeden Augenblick ist's schade, lass uns geh'n, denn es ist schon spät. Schon morgen.... CHAPELOU Was? MARQUIS ... wenn gut alles geht, stehst du vor Seiner Majestät! CHAPELOU Wieso,vor wem? MARQUIS Vor Seiner Majestät! CHAPELOU Majestät? BIJOU Du sollst zu Seiner Majestät? CHAPELOU Ja doch, mein Lieber, zur Majestät, ich werde sicher noch berühmt, wie das so geht! BIJOU Erkläre mir, was hier geschehen, den König sollst du wirkl ich sehen? CHAPELOU Dort, der Herr, hört' eben mich singen, will mich nach Paris nun bringen. BIJOU Nein, so was von Glück ist unglaublich! Stimme hab' auch ich; wenn er sie hört, wird er von ihrem Glanz betört. Tralala! MARQUIS Was ist denn das? Was will der Kerl? Hör doch auf! Sei doch still! Ist er krank, dieser Kerl? Hör auf! zu Chapelou Komm mit! BIJOU Wie, du willst geh'n? Madeleine wartet doch auf dich. CHAPELOU Sag'ihr, ich käme wieder sicherlich, noch heut', nein morgen würd' sie mich wiedersehen! MARQUIS Beeile dich, wir müssen geh'n! BIJOU Wie was, du willst jetzt geh'n'!? CHAPELOU Schon gut, ich werde geh'n! Halt, nicht so laut! Ja, ich will geh'n, doch nicht so laut, wenn sie es hört, so ist 's gescheh'n! Leise, dass Madeleine nichts hört, denn wenn sie was merkte, wär' sie empört, dass ich am ersten Tag uns'rer Eh' in die Fremde geh'! Doch werd' ich mit Ehren zurück zu ihr kehren, wird sie mir sicherlich verzeih'n. Sie braucht nicht zu hören, wenn Frau'n mich betören, nicht heiss macht sie, was sie nicht weiss! Drum Vorsicht, dass Madeleine nichts hört, denn wenn sie was merkte, wär' sie empört, dass gleich am ersten Tag uns'rer Eh' in die Fremde ich schon geh'! Leb' wohl, mach's gut, ich muss jetzt geh'n, mach's gut, denn wir müssen jetzt geh'n! Nun grüss Madeleine! Auf Wiederseh'n! MARQUIS Bald wirst du mit Ehren zurück zu ihr kehren, und sie wird dir sicherlich verzeih'n. Sie braucht nicht zu hören, wenn Frau'n dich betören, nicht heiss macht sie, was sie nicht weiss. Ja, du wirst nun erleben, wie hoch dich mein Streben zum Ruhm wird erheben und glücklich dich macht. Du wirst seh'n, dass die Frauen voll Lust auf dich schauen, dir blindlings vertrauen bei Tag und bei Nacht; ja, du wirst schon bald erleben, dass Glück, ja, dass Glück dir lacht. Nun komm nur schnell und lass uns geh'n, ja komm, denn wir müssen jetzt geh'n. Nur schnell, komm mit! Lass ihn doch geh’n BIJOU Nie wird er mit Ehren zurück zu ihr kehren, und sie wird ihm sicherlich niemals verzeih'n. Gewiss wird sie hören. dass Frau'n ihn betören, dann macht sie die Hölle ihm fürchterlich heiss. Doch wird er erleben, dass hoch ihn sein Strebe zum Ruhm wird erheben und glücklich ihn macht? Wohl werden die Frauen voll Lust auf ihn schauen, ihm blindlings vertrauen bei Tag und bei Nacht; ja, er wird es erleben, dass Glück, ja, dass Glück ihm lacht. Madeleine, sie wird vor Schmerz vergeh'n. Es gibt ein Unglück, wirst es seh'n! Chapelou und Marquis ab MADELEINE Chapelou! Komm, o komm zu mir, Geliebter, ach, komm, umarme mich! Komm doch, voll Sehnsucht harr' ich deiner, komm zu mir, ich warte hier auf dich! Komm doch! Wo mag er sein? Komm doch! Bin so allein! Chapelou! Chapelou! BIJOU Rufst du nach deinem Postillon? Ich muss das Lachen mir verbeissen! Da hinten fährt er dir davon! MADELEINE Davon? Wieso, was soll das heissen? BIJOU Man entführt deinen Herrn Gemahl! MADELEINE Man entführt... BIJOU Statt Hochzeitsnacht - Skandal! MADELEINE O Gott, man entführt meinen Mann! Kommt zu Hilfe, ach zu Hilf'! BIJOU Ja, ruf die Leute nur heran! Glaub' nicht, dass man ihn halten kann! DORFBEWOHNER Woher kam dieser Lärm, dies Geschrei, dieses Toben? Wer hat uns um den Schlaf gebracht? Das junge Ehepaar dort oben streitet in der Hochzeitsnacht. Am Morgen Treue sich geloben und sich streiten in der Nacht! Nein. so etwas kann man nicht loben, schlimm ist's, wenn man solchen Anfang macht! Sie streiten in der Hochzeitsnacht! MADELEINE Ach, mein Mann, schafft ihn mir doch heran! Ganz bestimmt wird er wieder kommen! BIJOU Er ist schon fort, das geht nicht an! Ach wo, ach wo! Hört nur, was ich vernommen: Er geht als Sänger nach Paris, berühmt wird er dort, wie es hiess! MADELEINE O, wie gemein. kann man es fassen? So treulos seine Frau verlassen! BIJOU Höret doch'. MADELEINE Und auch noch vor der Hochzeitsnacht, das ist doch wahrlich Niedertracht. BIJOU Höret doch! Hört ihr ihn? CHAPELOU aus der Ferne Ho, ho, ho, ho! So schön und froh, du Postillon von Lonjumeau! BIJOU, DORFBEWOHNER Gemein ist das, man kann's nicht fassen, treulos seine Frau verlassen mitten in derHochzeitsnacht! Ja, das ist wahrlich Niedertracht! MADELEINE Wiegemein! Niedertracht! Kann man's fassen? Dieser Kerl geht davon! O Niedertracht! Treulos seine Frau verlassen in der Hochzeitsnacht! Da so mein Mann von mir sich wandte und meine Liebe von sich wies, geh' fort von hier ich zu meiner Tante ins ferne Inselparadies. In Einsamkeit will leben ich da mich mein Mann verliess! FRAUEN So ein Kerl. man sollt' ihn fassen, sollte Prügel ihm verpassen, so ihm lohnen seine Missetat. Wie gemein, man kann's nicht fassen. etc. MÄNNER Arme Madeleine! Sich so betrogen hier zu seh'n! O wie gemein, man kann's nicht fassen. etc. BIJOU Chapelou ist wirklich zu beneiden, doch könnte es mir nicht genau so ergeh'n, mir ganz genau so geh'n? Morgen schon will von hier ich scheiden, sicher wird auch mich man als Sänger bald seh'n! Auch ich will singen, will das Publikum bezwingen, und vor Neid soll'n sie zerspringen, wenn mein Geld sie hören klingen! Ja, es wird gelingen ohne Müh'! Ja, ich werde reisen morgen früh! Frau von Latours Landhaus bei Fontainebleau. Zehn.Jahre später Nr. 5: Vorspiel Nr. 6: Arie ST. PHAR Frau von Latour heisst die Dame? Welch ein Name! Das klingt vornehm. reich und fein, und schon bald soll sie die Meine sein! Nicht die erste ist sie, die mich entflammt, doch die erste. die blauem Blut entstammt! Mein Wunsch wird endlich in Erfüllung gehen, in ersten Kreisen mich zu sehen. Ja, ein Sänger kann viel erreichen, er ragt aus der Menge stolz hervor; jedoch dem Adel sich vergleichen kann gewiss nur ein Tenor. Ich will dem Adel mich vergleichen, darum nehme ich mir vor: Diesmal wird adlig geliebt, man lernt es so mit den Jahren, dass es nichts Dümmeres gibt, als mit Pöbel sich zu paaren. Einst nahm ich mir eine Frau, ganz hübsch, doch furchtbar simpel, heute, da weiss ich genau: Ich war ein arger Gimpel! Nr. 7: Arie ALCINDOR Im Chor bin ich der erste Sänger, alle sing' ich an die Wand! Viel lauter kann ich und auch länger, als man es je im Chore fand. Die Wache naht, da bin ich Soldat und dien' dem Staat, hab' Rat und Tat stets parat. Ich singe gar nicht delikat, denn als Soldat ist man rabiat und singt n icht delikat. Soll ich ein Lüftchen zärtlich säuseln fliegt meine Stimme sanft und leicht; muss dann als Fluss ich Wellen kräuseln, dem Wasserfall die Stimme gleicht; soll mit Gesang ich Nymphen reizen, ist das für mich ein Kinderspiel; und muss als Standbild ich mich spreizen, ernt' ich Beifall mit meinem Stil. Ich bin im Chor der erste Sänger, die andern sing' ich an die Wand, weil ich viel lauter kann und länger, als man es je im Chore fand. Ich sing' im Chor, rag' stolz draus empor, man ist ganz Ohr, wenn mit Humor ich trag vor, denn der Humor ist mein Ressort. Ich bin bekannt wie ein Tenor und rage stolz hervor aus dem Chor. Nr. 8: Zwischenspiel Nr. 9: Arie FRAU VON LATOUR Chapelou kommt hierher, nach zehn Jahren der Trennung! Warum noch lässt sein Name mir das Herz schneller schlagen? Liebe ist es wohl nicht mehr, nein, der Wunsch, ihn zu bestrafen, beseelt mich nur allein, erregt mich, macht m ich froh. Doch nein, nie kann ich hassen, den noch immer ich liebe. Das Glück wär' nicht zu fassen, wenn bei mir er nun bliebe. Wird er mich wohl erkennen? Wird er für mich entbrennen in Liebe aufs neu', mir lohnen meine Treu’? Wie wird er mich wohl nennen, und wird er sich bekennen zu mir aufs neu'? Der Liebling aller Damen weiss nicht meinen wahren Namen, und mein Eifer soll nicht erlahmen, Komödie zu spielen, genauso wie er. Müsste ich mich nicht rächen, weil er sein Versprechen treulos mir konnte brechen? Nein, trotz all'seiner Schwächen ist mein Herz auf ewig sein! Der Liebling aller Damen weiss nicht meinen wahren Namen, und mein Eifer soll nicht erlahmen, Komödie zu spielen wie er. Doch ein wenig zu erschrecken, tut ihm gut, dem grossen Tenor, nur darf er es nicht zuvor entdecken, dass seine Frau zur Geliebten er erkor. Er kommt zu mir, das Spiel beginnt. Er soll mir büssen! Zu meinen Füssen will ich noch heute den Treulosen seh'n. Dann will mit Küssen ich ihn begrüssen. Mein Gemahl! Wie fatal! Der Liebling aller Damen, etc. Nr. 10: Chor und Ensemble CHOR Nein. jetzt ist Schluss! Wir geh'n daran zugrunde: Immer Gesang von früh bis spät! Nein, wir leben wie die Hunde, unser Gebell macht uns schon selbst verdreht! ST. PHAR Nein, heut' ist's wirklich ganz unmöglich, schon jeden Abend singen wir. Ein Stimmband ist nicht so beweglich, am Ende reisst es wie Papier. MARQUIS Das ... das ist ja Revolution! ALCINDOR Die ganzen Herr'n der Oper, Sire, vom Singen sind halbtot sie schier. MARQUIS Hochverrat! ST. PHAR Der junge Held ist gänzlich heiser, die Heroine steckt er an. ALCINDOR Ihr Liebessang wird immer leiser, im Parkett schläft jedermann. ST. PHAR Der Feldherr ruft: „Auf in die Schlacht", und bei der "Schlacht" bricht ihrn der Ton. ALCINDOR Was Wunder. dass da alles lacht und applaudiert, als wie zum Hohn'? ST. PHAR, ALCINDOR, CHOR Die Sänger in der Oper, Sire, vom Singen sind halbtot sie schier, und deshalb sagen wir Euch hier... CHOR Jetzt ist Schluss, wir geh'n daran zugrunde: immer Gesang von früh bis spät! Das bringt uns um! Ha. nur Gesang! ST. PHAR zu Alcindor Recht gut, recht gut! Die Burschen muss ich loben. Unsre Revolte, sie gelingt. Wär' es nicht dumm, jetzt hier zu proben, wenn mir woanders Liebesfreude winkt? Es könnte doch passieren, dass während wir probieren, die Dame wollt'risk- icren mit mir ein Tête-à-tête. Ich müsste doch verzagen, wenn jetzt vielleicht ihr Wagen, zu ihr mich hinzutragen, vor meinem Hause steht! MARQUIS Ihr Kerls habt zu parieren, wer meutert, wird bestraft. Ich befehl's. und probieren werdet ihr mit ganzer Kraft. ST. PHAR Lasst euch nicht droh'n, wir schaffen's schon. Macht nur genau, was ich gesagt, tut so, als ob euch Husten plagt! ALCINDOR Macht nur genau, was er gesagt, tut so, als ob euch Husten plagt, ganz schrecklich plagt! CHOR Tut so als ob euch Husten plagt. ST. PHAR zum Marquis Da sie befehlen, werd' ich also singen, doch Sie sind schuld, wird die Arie misslingen. mit sehr heiserer Stimme "Von frühster Morgenröte …" Da hör'n Sie selbst, es ist unmöglich! Mein Stimmband schmerzt mich jetzt ganz eklig, mein ganzer, Hals ist rot! MARQUIS Nicht doch, es geht schon 'mal zur Not. ST. PHAR Nein, es geht nicht! So was kommt vor! MARQUIS für sich 's ist fürwahr ein grosser Tenor. Na gut. dann nicht! zu den Sängern Jetzt singt der Chor. ALCINDOR Herr Intendant, es ist unmöglich, es kann nicht sein, dass man probiert. denn wir sind alle sehr indisponiert! MARQUIS Welch ein Malheur, was mach' ich nur? Und wie sag' ich's Frau von Latour? ST. PHAR Sie sagten eben "Frau von Latour“? MARQUIS Sie ist die Herrin dieser Räume. ST. PHAR Hör' ich denn recht, die Dame meiner Träume wohnt hier in diesem Schloss? Das ist wirklich famos! Natürlich bleib' ich hier, denn bald begegn' ich ihr. Also los.jetzt probieren wir, es gilt mein Glück! Bleibt noch hier. denn bei mir.... hier ... ja, besser geht es mir! MARQUIS Wie, ist das wahr? ST. PHAR Soeben kommt die Stimme mir ganz plötzlich zurück, nun kann ich wieder singen. ALCINDOR Du wolltest doch gleich geh'n? ST. PHAR Ich denke nicht daran. Hört mir nun zu, ich fange an. Von frühster Morgenröte klag' ich bei jedem Baum auf meiner Hirtenflöte mein Leid dem weiten Raum! Komm, süsses Turteltäubchen, dein Tauber rufet dich! Sei doch mein liebes Weibchen! Warum, ach, fliehst du mich? Ich eil' so oft vergebens ach dieser Wiese hier! Das Ende meines Lebens, ersehnet wär'es mir! Komm. süsses Turteltäubchen, dein Tauber rufet dich! Sei doch mein liebes Weibchen! Warum. ach, fliehst du mich?" MARQUIS Bravo! Sehr schön! Das war superb, wie du gesungen, du hast mein Werk so ganz durchdrungen! zu den Sängern Ihr habt getan nach meinem Willen, ich will nun euren Durst euch stillen, kommt mit, die Gläser lass' ich füllen. ST. PHAR, CHOR Die Gläser lässt er füllen! ALCINDOR Submissest danken wir dafür, zu Ihren Diensten stehen wir! ST. PHAR, ALCINDOR, MARQUIS Die Gläser lasst füllen! Der Stimme gibt der Wein Schönheit und Stärke obendrein. CHOR Wer unsem Durst mit Wein trakliert, dem sind wir treu ergeben. dem rufen zu wir ungeniert: Der Spender, er soll loben! Wir danken für das Angebot und werden uns nicht zieren! Vielleicht sind morgen wir schon alle tot, d'rum woll'n wir heut' uns amüsieren! Jawohl, wir sind ihrn ganz ergeben, der Herr Marquis soll leben! Genau so gut wie jetzt der Wein wird unser Singen später sein, ja, das Konzert wird ganz grandios, wenn Wein durch unsre Kehlen floss. Die Gläser lasst füllen! Der Stimme gibt der Wein Schönheit und Stärke obendrein. Nr. 11: Duett ST. PHAR Welch ein Zufall, Sie hier zu sehen, welche Wonne, Ihnen zu gestehen, dass mein Herz vor Liebe will vergehen, seit ich Sie zum erstenmal erblickt. FRAU VON LATOUR Was soll ich ihm nur sagen, ich weiss nicht ein, noch aus? ST. PHAR für sich Die Frau wird mir behagen, bezaubernd sieht sie aus. laut Ich will Sie lieben, Sie verehren, lassen Sie mich Ihren Sklaven sein zu Ihren Füssen will ich schwören, dass ich liebe Sie allein! FRAU VON LATOUR Ach Erbarmen, hören Sie mein Flehen, denn Ihr Charme verführt mich arme Frau. Ich ertrag'es nicht, ich muss jetzt gehen, denn was sonst geschieht, weiss ich genau! ST. PHAR Ob's mir gelingt, Sie zu verführen? Heut'noch muss sie die Meine sein; mit Raserei werd' ich sie rühren, das Mittel wirkt ganz ungemein! laut Ich muss dem Wahnsinn noch verfallen! Komm, küss mich und sei mein! FRAU VON LATOUR Nein, nein, ich kann nichts gewähren! BEIDE Wie ich in ihrer (seiner) Nähe vor Sehnsucht fast vergehe, wenn ich sie (ihn) vor mir sehe, wie schlägt mir da mein Herz. FRAU VON LATOUR Doch erst soll er mir büssen, doch dann will ich gnädig sein, ihn lieben., ihm verzeih'n, noch heute will ich verzeih'n. ST. PHAR für sich Das Leben wird sie mir versüssen! Die Liebe will ich geniessen, heute noch wird sie sicher mein, und die Liebe, ja, die Liebe wird sicher gedeih'n. laut Wenn Sie mein Flehen nicht betört, wenn meine Tränen Sie nicht rühren, wenn mein Herz Sie wollen ruinieren, töte ich mich hier mit meinem Schwert' FRAU VON LATOUR Bitte nicht, o Gott! All die Damen, die Sie verehren, würden in Trauer sich verzehren, und das Theater machte bankrott! ST. PHAR So berühmt zu sein ist eine Not! Da Kunst es mit gebeut, verschieb' ich meinen Tod. Sterben ist ja ohnedies im Leben zu entbehren! Die Liebe macht das Leben süss, schenkt uns das Paradies. FRAU VON LATOUR Dieser Antrag ehrt mich sehr, doch kommt er etwas plötzlich und ausserdem hatt' ich bisher mit Männern stets Malheur. Diesmal ist umsonst Ihr Fleh'n, ich müsste es bereuen! Ein Unglück könnte sonst gescheh'n, wie ich's schon mal geseh’n. ST. PHAR Lassen Sie mich so nicht geh'n, Sie würden es bereuen! Ein Unglück könnte sonst gescheh'n, wie Sie 's noch nicht geseh'n. Mein ganzes Leben will ich Ihnen weih'n! FRAU VON LATOUR Das ist sehr nett, doch wie lang ist denn Ihr Leben'? ST. PHAR Sie können spotten über meine Pein? Noch kein Mann war Ihnen so ergeben, ich liebe Sie, Sie ganz allein, hören Sie mich, Sie ganz allein! FRAU VON LATOUR Nein, solchen Schwüren trau' ich nie, denn jeden Abend in der Oper hört man sie! Nein, ich traue Ihnen nicht, ich hab' es schon erfahren, gar oft vergisst ein Mann die Pflicht, hält nicht, was er verspricht. ST. PHAR Nein, was einmal ich gesagt, das gilt für alle Zeiten, und dass Sie noch ein Zweifel plagt, macht mich schon ganz verzagt. Lassen Sie mich so nicht geh’n, etc. FRAU VON LATOUR Diesmal ist umsonst Ihr Fleh'n. etc. ST. PHAR Komm doch, komm und sei mein! Küsse mich, komm küss mich und sei mein! FRAU VON LATOUR Nein, es kann nicht sein, mein Herr, es kann niemals sein. Nr. 12: Ensemble CHORSÄNGER Dazu müssen wir gratulieren, solche Heirat ist schon was wert. Die schöne reiche Frau zu verführen, ist eine Tat, die jeden ehrt! ST. PHAR Ich dank' euch sehr, ich bin noch ganz benommen von diesem Glück, das heut' ich überkommen. Doch trotz Ruhm und Gewinn huldvoll zu bleiben, will ich mich bemüh'n. Preisen sollt ihr alle meinen neuen Stand, stets sei mir willkommen jeder Komödiant. Küche steht und Keller Offen jederzeit, schöne Pächtersfrauen sind für euch bereit. Vornehmheit verpflichtet, Reichtum noch viel mehr, nur mit offnen Händen wird man populär. CHORSÄNGER Hurra! Küche steht und Keller offen jederzeit, schöne Pächtersfrauen sind für uns bereit. Preisen woll'n wir alle seinen neuen Stand, stets ist ihm willkommen jeder Komödiant. Adel verpflichtet und Reichtum noch mehr, mit offenen Händen wird er populär' Ja, Küch’ und Keller steh’n uns offen jederzeit und schöne Frauen sind immer zur Liebe bereit. Ein Hoch unserm Freund! ST. PHAR Frau von Latour kommt, seid galant, und benehmt euch wie Männer von Stand. CHORSÄNGER Schönste Frau, wir erstaunen, dass 'nen Sänger Sie nehmen zum Mann. Ja, fürwahr, das sind Launen, ganz charmant, beinah wie im Roman! ST. PHAR Freunde, hört, seid galant, benehmt wie Männer euch von Stand! CHORSÄNGERINNEN Er erscheint echt manierlich, und als Sänger ist er ja brillant, seine Haltung ist zierlich, hoffentlich hat er auch noch Verstand! MARQUIS Der Kaplan, Madame, ist bereit, er wartet schon in der Kapelle. ST. PHAR für sich Bijou ist schon wieder zur Stelle? MARQUIS zu Frau von Latour Darf ich bitten jetzt um Ihre schöne Hand? Denn schon bald bin ich Ihr Gemahl! FRAU VON LATOUR Hiermit mache ich Sie nun bekannt mit ihm, dem Manne meiner Wahl: ST. PHAR für sich Ganz recht, ’s ist Zeit Ich bin bereit. MARQUIS Ganz recht, ich bin bereit. Mein Gott, wie ist sie doch charmant. FRAU VON LATOUR Der mich führt zum Altar, meine Freunde, es ist Herr Saint Phar. ST. PHAR Der Kerl? Wie grässlich und gemein! ST. PHAR für sich Ja. Herr Saint Phar wird bald adlig sein! ALLE GÄSTE Wir gratulieren dem Paar, wir wünschen Glück immerdar! heimlich Und vielleicht gar in einem Jahr sind sie zur Scheidung schon beim Notar. FRAU VON LATOUR Bald, lieber Freund, zahlst du meine Pein! Da ruft die Glocke uns zur Kapelle, hoffentlich gelingt’s, dass ich mich verstelle. ST. PHAR Nun lasst uns gehn! Nr. 13: Chor HOCHZEITSGÄSTE Geniesset nun die Ehefreuden ganz ohne Gefahr. Heut' nacht soll keine Stunde läuten dem liebenden Paar. Wir wünschen Ihnen wohl zu ruh'n, FRAU VON LATOUR Meine Freunde, lasst mich euch danken! Herr Saint Phar liebt heiss und innig mich fürwahr. ST. PHAR Meine Treue wird niemals wanken! Sie alIein soll Herrin meines Herzens sein! FRAU VON LATOUR Gute Nacht! ST. PHAR Gute Nacht! HOCHZEITSGÄSTE Gute Nacht! Nr. 14: Terzett ALCINDOR, BOURDON Gehenkt, gehenkt, gehenkt! ST. PHAR Hört doch auf! Was ist los? Saget mir, wen man hängt! Gehenkt? Seid ihr krank, seid ihr toll,¨ oder seid ihr betrunken, ihr Narren, so antwortet doch! Gehenkt? Wollt ihr endlich mir sagen, was euch so sehr erschreckt? ALCINDOR Ach, wir müssen verzagen, unsre Tat ist entdeckt! ST. PHAR Wie entdeckt? Was geschah'? ALCINDOR Das hast du ausgeheckt! ST. PHAR Dein Verstand hat gelitten, das ist wirklich kurios! BOURDON Nach den hiesigen Sitten ist der Galgen mein Los! ST. PHAR Sag doch, warum? BOURDON Ahnst du denn nicht? ST. PHAR Frag nicht so dumm! ALCINDOR Uns droht Gericht! ST. PHAR Seid ihr denn stumm? BOURDON Frag lieber nicht! ST. PHAR So sagt mir doch. was euch bedrängt! ALCINDOR, BOURDON Gehenkt, gehenkt, gehenkt! ST. PHAR Hört doch auf, was ist los, saget mir. weit man hängt! Gehenkt? Seid ihr krank, seid ihr toll, oder seid ihr betrunken, ihr Narren, so antwortet doch! Gehenkt! ALCINDOR, BOURDON Dieser Teufelsmarquis, das vergess' ich ihm nie! Wollte grossmütig sein, schloss uns beide dort ein. ST. PHAR Er schloss euch ein? BOURDON Schnell, lass uns gehen! ST. PHAR Aber warurn? ALCINDOR Sonst ist's geschehen! ST. PHAR Sagt mir doch endlich, wovor euch graut! ALCINDOR Weil ich am Galgen uns schon sehe! BOURDON Dich hat ein echter Priester getraut! ALCINDOR Zwei Frauen hast du nun, und das ist Doppelehe! ALLE DREI Bigamie! Doppelehe! Wehe! ALCINDOR Weisst du jetzt, was uns droht? ST. PHAR Ja. ich weiss! BOURDON 's ist ein schrecklicher Tod! ST. PHAR Himmel, wenn man mich fängt, dann werde ich... ALCINDOR, BOURDON Gehenkt, gehenkt, gehenkt! ALCINDOR Fürchterlich, wie dies Wort schon den Hals mir verengt. Gehenkt! O wie schaurig das klingt, beinah' stirbt man vor Angst, wenn man denkt, dass man würde gehenkt! Lasset uns verschwinden, ehe man uns fängt; wenn sie uns hier finden, werden wir gehenkt! Nein, da will ich lieber Schmied doch wieder sein, als an einem Galgen meine Tat bereu'n. BOURDON Lasset uns verschwinden, ehe man uns fängt; wenn sie uns hier finden, werden wir gehenkt! ST. PHAR Ach, so jung schon zu sterben, ist gar zu schwer, ich kann nicht mehr! ALCINDOR Nun, so komm! BOURDON Komm nur schnell! ST. PHAR Nein, jetzt ist mir's egal. ALCINDOR, BOURDON Steh doch auf! ST. PHAR 's ist umsonst! Kraftlos macht mich diese Qual. ALCINDOR Komm nur schnell! Wir helfen dir! BOURDON O komm zu dir! ST. PHAR Nein. lasst mich hier! Mir ist es jetzt egal, kraftlos macht mich die Qual. ALCINDOR Lass uns doch geh'n! Nun ist es gut, komm, lass uns geh'n! BOURDON Hör unser Fleh'n! ALCINDOR, BOURDON Man hängt dich auf du wirst es seh'n! Komm! ST. PHAR Gehenkt, gehenkt, gehenkt! ALLE Gehenkt! Nr. 15: Duett und Finale FRAU VON LATOUR Das ist nicht wahr, ich kann's nicht glauben, sagen Sie, dass diese Frau dort lügt. verstellt sich als Madeleine Das soll er ja sich nicht erlauben. der Kerl, der uns hier so betrügt! als Frau von Latour Heute morgen noch hat er geschworen, dass er mich ganz allein nur liebt, als Madeleine Er müsste in der Hölle schmoren, weil zwei Frau'n sein Wort er gibt,¨ denn vor zehn Jahren hat auch er mir geschworen, dass er mich, ja, dass er mich alleine liebt. ST. PHAR Meine Damen, ach bitte hört mein Fleh'n! Habt Erbarmen, sonst ist's um mich gescheh'n! Lasst ihr von Eifersucht euch leiten, so führt man morgen mich schon aufs Schaffott. Zu euren Füssen schwör' ich euch beiden ew'ge Treue bis in den Tod! für sich Ob mir's gelingt, Mitleid zu erwecken? Was fang' ich an, wenn sie nicht mal mein Tod berührt? Könnt' ich mich doch vor ihrer Wut verstecken, dass man zum Galgen nicht von hier hinweg mich führt! FRAU VON LATOUR für sich Wie er sich müht, Mitleid zu wecken, alles geht nach meinern Plan. Rache ist süss. ihn zu erschrecken, tu’ ich alles, was ich kann! laut Nun, mein Herr, das ist ja ein Skandal! Es klopft heftig Wer mag's sein, der so spät alle Leute weckt auf? ST. PHAR Lieber Gott, nun ist's aus, Schicksal, nimm nur deinen Lauf! WACHLEUTE Öffnet für die Wache, im Namen des Königs, macht auf! FRAU VON LATOUR Wie. Der Wache soll ich öffnen, wie kommt man wohl darauf? ST. PHAR Ja, der Wache wird sie öffnen, man hängt mich morgen auf! WACHLEUTE Im Namen des Königs, macht auf! Die Tür wird aufgerissen. St. Phar flüchtet in das Kabinett; der Marquis führt die Wache zum Kabinett und lässt die Tür gewaltsam öffnen. Es folgen Hochzeitsgäste, die Komödianten. Zuletzt werden Bourdon und Alcindor gefesselt hereingeführt. ALLE Man muss ihn arretieren und vor den Richter führen, den Schurken, der zwei Frauen sich zur Ehe nahm! Wo steckt der Kerl, der gehandelt so infam! Ja. dies Verbrechen ist unerhört infam! ST. PHAR, ALCINDOR, BOURDON Was nun beginnen, kein Ausweg ist zu seh'n! Nein, kein Entrinnen, um uns ist es gescheh'n! MARQUIS Er ist's, ihn legt nur gleich in Ketten, genau wie dieses saub're Paar! Keine Macht soll vom Tod sie retten, ihre Schuld wird nun offenbar! ALCINDOR Madeleine erblickend Madeleine, wie kommt die erste Frau hierher? MARQUIS Seine erste Frau? Wo ist die Zweite? FRAU VON LATOUR als Madeleine Im Zimmer nebenan sitzt sie und grämt sich schier zu Tode! MARQUIS für sich Witwen zu trösten, fiel mir schon immer leicht, ja, jetzt wird sie mein, das Ziel ist bald erreicht! laut Sie können kommen, Madame, und fürchten Sie sich nicht, man hat ihn sicher, entkommen kann er nicht! geht in das Zimmer ST. PHAR, ALCINDOR, BOURDON Was nun beginnen, kein Ausweg ist zu seh'n! Nein, kein Entrinnen, um mich ist es gescheh'n! MARQUIS kommt zurück Du hast dich wohl getäuscht? Kein Mensch ist in dem Zimmer, ich fand nur diesen Brief. ALLE Wie, ein Brief? Lesen Sie.' MARQUIS liest "Forschen Sie nicht nach mir, es wäre sinnlos. Frau von Latour ist gestorben." ALLE Sie ist tot! ST. PHAR Sie starb für mich, so hat sie mich geliebt! zu Madeleine Ach, wärst du doch an ihrer Stelle! MARQUIS Sie wird gerächt, ich schwör'es dir, Geselle! Hoffe nicht, dass man dir vergibt! FRAU VON LATOUR als Madeleine Wartet noch! Einen Moment! Wenn ich mich auch schäme, ich geh' mit ihm, der mich so sehr gekränkt; es ist gerecht. wenn Madeleine sieht, wie ihr Mann wird aufgehängt. MARQUIS Da.hat sie recht; wenn sie mit uns käme, wär sie als Zeuge dabei. FRAU VON LATOUR als Madeleine Ein Zeuge? Ich zähl’ ja für zwei! Sie hören recht, ich spreche hier für zwei: Lasst ja ihn nicht auf Mitleid bauen, hängt ihn auf für Vielweiberei! FRAU VON LATOUR nimmt ihr Kopftuch ab, darunter kommt die Perücke der Frau von Latour zum Vorschein Meine Herrn, er hat nun mal zwei Frauen, drum hängt ihn nicht, lasst lieber ihn frei. Schlimmer noch ist die Quälerei, wenn er behalten muss nun alle zwei! ALLE ANDEREN Was heisst denn das? War sie's alleine? Zwei Frauen sind auf einmal eine? ST. PHAR Madeleine, du bist Frau von Latour? Gott, wo hatt' ich denn nur meine Augen? FRAU VON LATOUR Ich glaube auch, dass sie nichts taugen, ja, ich bin es, die dir Rache schwur! MARQUIS So recht. Sie lassen sich nicht rühren. Er wird bestraft für die Schelmerei. FRAU VON LATOUR Nein! Zweimal dieselbe zum Altar zu führen, ist kein Vergeh'n. drum lasst ihn frei! ST. PHAR Madeleine, wie ich's bereue, dass so ich dich gekränkt! Aufs neue schwör' ich Treue, ich werd' ja nicht gehängt. Du verzeihst? FRAU VON LATOUR Einmal noch! ST. PHAR O Madeleine! FRAU VON LATOUR Stille doch! küsst ihn ALCINDOR Ihr habt vernommen die Geschichten... FRAU VON LATOUR ... von diesem jungen Postillon! ALCINDOR Weiter ist nichts mehr zu berichten. FRAU VON LATOUR Er kam mit heiler Haut davon! FRAU VON LATOUR, ST. PHAR, ALCINDOR Später, als Mann mit grauen Haaren. hat er's gebeichtet seinem Sohn, so singen wir nach hundert Jahren das Lied vom jungen Postillon: mit Bourdon Ho, ho, ho, ho! So schön und froh, du Postillon von Lonjumeau! ALLE So schön und froh, du Postillon von Lonjumeau! |