König Gustav III. von Schweden/(Graf Richard): Tenor Graf Anckarström/(Renato), sein Freund und Sekretär: Bariton Amelia, dessen Gemahlin: Sopran Ulrica Arfvidsson, Wahrsagerin: Mezzosopran Oscar, Page: Soubrette Silvano, Matrose: Bariton Graf Horn, Verschwörer im Kampf gegen den König/(Tom): Bass Graf Ribbing, weiterer Verschwörer/(Samuel): Bass Oberrichter: Tenor Diener Amelias: Tenor Hofleute, Gesandte, Offiziere, Abgeordnete, Künstler, Gelehrte, Verschworene, Diener, Maskierte, Tänzerinnen, Tänzer, Soldaten, Bürger, Bauern, Matrosen, Schiffer, Volk (Chor) Erste Szene Ein Saal im Hause des Gouverneurs (Im Hintergrund der Eingang zu seinen Gemächern. Es ist früher Morgen. Deputierte, Stadtbewohner aller Stände, Offiziere, Samuel und Tom mit ihren Anhängern. Alle in Erwartung des Gouverneurs.) OFFIZIERE, HÖFLINGE, DEPUTIERTE Schlummre ruhig; es möge der Morgen neuen Mut, neue Kraft dir verleihn; für dein Walten und all deine Sorgen wird das Land seine Liebe dir weihn! Schlummre ruhig, usw. SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER Unsre Rache, sie folgt deinen Schritten, täglich soll unser Haß sich erneu’n! Was durch dich unsre Freunde gelitten, nein, wir werden es nimmer verzeihn. SAMUEL und TOM Nein, nein! OFFIZIERE, HÖFLINGE, DEPUTIERTE Schlummre ruhig, usw. (Oscar tritt ein.) OSCAR Der Gouverneur! RICCARDO (tritt ein) O meine Freunde, Soldaten! (zu den Abgeordneten) Ich harre eurer Bitten. Zu wachen über euch bin ich hier, gerechte Wünsche werde ich gerne erfüllen. Tadel verdient die Macht, wenn sie die Tränen der Flehenden nicht rührt. Stets sei sie bedacht, zum Glück euch zu führen. OSCAR (zu Riccardo) Leset hier die Gäste, die zum Balle ich geladen. RICCARDO Du hast doch wohl keine Schönheit hier vergessen? OSCAR (überreicht ihm ein Blatt) Da stehn die Namen. RICCARDO (nach einem Blick darauf, für sich) Amelia! Auch sie ist hier! Ha, auch sie! Wie bin ich selig: sie, die Holde, soll mein Aug’ erblicken! Ha, welche hohe Wonne wird mir dies Fest gewähren! Nun wird mir hold erklingen der lang entbehrten Stimme süßer Ton! Leuchtet, ihr goldnen Sterne, mir bald aus blauer Ferne, ach! Daß ich mir nah sie sehe, sei meiner Sehnsucht einz’ger Lohn! OFFIZIERE, HÖFLINGE und DEPUTIERTE Der Großmut Hochgefühle erfüllen seine Seele, zum einz’gen Lebensziele wird ihm des Landes Glück. SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER Wir bleiben fest in unserm Bunde, doch nicht heut kann der Plan gelingen, nicht günstig ist die Stunde, drum ziehn wir uns zurück. RICCARDO (zu Oscar) Harr meines Winkes dort mit diesen Freunden. (Alle ziehen sich zurück. Oscar begegnet Renato auf der Schwelle.) OSCAR (zu Renato) Frei ist der Weg für Euch! RENATO (zu sich) Schmerz kündet sein Gesicht. RICCARDO (zu sich) Amelia! RENATO Durchlaucht... RICCARDO (zu sich) O Gott, es ist ihr Gatte. RENATO Betrübt scheint mein Gebieter, indes sein Name in lautem Jubel rings widerhallet. RICCARDO Das mag Ruhm bedeuten, nimmer doch Glück! Geheimer Kummer nagt mir am Herzen. RENATO Worüber? RICCARDO Nein, nein, nicht mehr! RENATO So nenn’ ich selber den Grund. RICCARDO (zu sich) O Himmel. RENATO Ich kenn’ ihn. RICCARDO Nein, nein! RENATO Ich kenn’ ihn. Verrat und Tücke lauern selbst hier in diesen Mauern. RICCARDO Vollende! RENATO Von Euren schlimmsten Feinden seid Ihr hier rings umgeben, bedroht ist Euer Leben! RICCARDO (freudig) Nur dies ist deine Sorge? Sonst weißt du nichts? RENATO Wollt Ihr die Namen hören? RICCARDO Mitnichten! Ich verachte sie! RENATO Doch heischt es meine Pflicht. RICCARDO Schweige! Beflecken müßt’ ich mich dann mit ihrem Blut! Das meid’ ich, Renato! Des Volkes Liebe wird mich beschirmen, es schütze mich der Himmel! RENATO Für dein Glück und für dein Leben; von dem Glanze des Ruhmes umgeben, steigt zu Himmels lichten Höhen deines Volkes frommes Flehen. Fielest du unterm Dolche deiner Feinde, wehe dann dem Vaterland! Wo du immer nur magst weilen, ewig wachen deine Freunde, um zu Hilfe dir zu eilen, sich für dich dem Tod zu weihn! O glaub, der Haß sucht seine Opfer, will dich treffen mit blut’ger Hand. Fielest du unterm Dolche deiner Feinde, usw. OSCAR (tritt ein) Der Erste Richter! RICCARDO Er komme. OBERRICHTER (überreicht dem Gouverneur einige Schriftstücke zur Unterschrift.) Durchlaucht! RICCARDO Was seh’ ich? Ein Weib wollt Ihr verbannen? Weswegen? Wie ist ihr Name? Was verbrach sie? OBERRICHTER Sie heißt Ulrica, ist dem Negerstamme entsprossen. OSCAR In ihrer Hütte drängen sich täglich die Leute, denn die Zukunft vermag sie zu verkünden. OBERRICHTER Nur zu schändlichen Taten weiß sie zu raten, treibt im Dunkel der Höhle nur Zauberei. Es strafet mit Verbannung der Richter ihr Verbrechen! RICCARDO (zu Oscar) Nun, was sagst du? OSCAR Ich möchte für sie sprechen! Mit starrem Angesicht blickt sie nach oben, man sieht im Dunkeln ihr Auge funkeln. Wenn sie den Frauen, die ihr vertrauen, Glück prophezeiet, wird’s immer wahr! Sie hält mit Luzifer, ja, das ist klar! Ach, sie hält mit Luzifer, usw. RICCARDO Ich muß gestehen, ein schönes Paar! OSCAR Will man zu Schiffe gehn nach fernen Zonen oder den Kampf bestehn bei den Kanonen, sie weiß dem einen sein Glück zu deuten; sagt dann dem zweiten: Dir droht Gefahr! Sie hält mit Luzifer, ja, das ist klar! Ach, sie hält mit Luzifer, usw. OBERRICHTER Sie sei verbannt! OSCAR (zu Riccardo) Oh, laßt sie Gnade finden! RICCARDO Wohlan, laßt alle kommen! (läßt die Abgegangenen wieder eintreten.) Mein Plan wird euch bekannt. Ihr Herren! Bei Ulrica sehn wir uns heute wieder, doch woll’n wir uns verkleiden; ihr trefft mich dort. RENATO Auch Ihr! Auch Ihr? RICCARDO Der Scherz wird mir behagen. RENATO Bedenklich scheint die Sache! RICCARDO Warum sollt’ er’s nicht wagen? Er wird sich dort zerstreun. RENATO Leicht kann an jenem Ort Euch jemand sehen. RICCARDO Wie furchtsam! SAMUEL und TOM (höhnisch lachend) Der sucht mit klugem Rate ihm warnend beizustehn! RICCARDO (zu Oscar) Und du, Oscar besorge mir ein Fischerkleid. SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER Wer weiß, ob dort nicht die Gelegenheit zur Rache sich uns beut? RICCARDO Jeder Gram weiche heut dem Vergnügen, Lust und Scherz soll den Kummer besiegen! Ja, die Zauberin will ich befragen, sie soll mir mein Geschick prophezein. RENATO Ob ihn dort auch Gefahren umgeben, meine Treue beschützet sein Leben. Nein, er kennt keine Furcht und kein Zagen, darum will ich zur Seite ihm sein. OSCAR Ja, auch ich will die Zauberin fragen, und sie möge mein Schicksal mir sagen! Ob die Sterne sich günstig mir zeigen, das verkündet ihr nächtlicher Schein. RICCARDO Jeder Gram weiche heut froher Lust. RENATO Darum will ich, darum will ich stets zur Seite ihm sein. RICCARDO Nun denn, wohlan, heut nachmittag, ihr Herrn, erwart’ ich euch, incognito, im Verein dort in dem Haus der Zauberin, ihr tretet bei ihr ein. ALLE Wohlan, wir folgen gern; incognito, im Verein dort in dem Haus der Zauberin, ihr tretet bei ihr ein. RENATO Ob ihn dort auch Gefahren umgeben, usw. SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER Doch wir andern gedenken der Rache, bis die Stunde zum Handeln gekommen, und vielleicht wird sie heute noch schlagen, ihn dem sichern Verderben zu weihn! RICCARDO Jeder Gram weiche heut dem Vergnügen. Lust und Scherz soll den Kummer besiegen. Ja, die Zauberin will ich befragen. Sie soll mir mein Geschick prophezein. ALLE Nach des Tages Müh und Last wollen wir des heiteren Scherzes uns freun! Nach des Tages, usw. OSCAR Mein Geschick, mein Geschick, soll sie mir prophezein, ja, mein Geschick, usw. RENATO Nein, er kennt keine Furcht und kein Zagen, darum will ich zur Seite ihm sein. SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER Oh, vielleicht schlägt, usw. RICCARDO Um drei Uhr! Um drei Uhr! Nun denn, wohlan, heut nachmittag, ihr Herrn, erwart’ ich euch, incognito, im Verein dort in dem Haus der Zauberin, ihr tretet bei ihr ein. ALLE Um drei Uhr! Um drei Uhr! Wohlan, wir alle folgen gern; wir folgen gern unbekannt, incognito, im Verein gehn wir zum Haus der Zauberin, ihr tretet bei ihr ein. Zweite Szene Die Wohnung der Wahrsagerin. (Über einem brennenden Feuer raucht der magische Kessel auf einem Dreifuß. An einer Seite ist eine dunkle Nische; eine Wendeltreppe führt zu einer Geheimtür; der Haupteingang ist im Hintergrund. Hinten steht eine Gruppe neugieriger Männer und Frauen. Ein junger Mann und sein Mädchen wollen sich von Ulrica die Zukunft deuten lassen.) FRAUEN und KINDER Stille! Man darf ihren Zauber nicht stören; schon glaubt sie die Stimme des Geistes zu hören! ULRICA König des Abgrunds, zeige dich, dich rufet meine Stimme, doch schone meines Daches in deinem wilden Grimme! Schon dreimal seufzt die Eule mit grausem Klageton, und Salamander zischten laut zum dritten Male schon, und dreimal traf aus Grabesnacht ein bang’ Gestöhn’ mein Ohr (Riccardo, als Fischer gekleidet, dringt durch die Menge, aber er hat noch niemand der Seinen gefunden.) RICCARDO Ich bin der erste. BÜRGERINNEN Was drängt sich der Rüpel? Zurück auf der Stelle! ALLE Seht, plötzlich schwindet des Tages Helle! ULRICA Er ist’s, er ist’s! Er nähert sich, winket mit list’gen Blicken; sein Flammenhauch durchschauert mich, mich faßt ein wildes Entzücken! Ich seh in seiner Linken der Zukunft Fackel glühn. O Freude, daß er erschienen auf meinen Zauberruf. Nichts, was die Zukunft andern verhüllet, kann meinem Blicke sich entziehn. DIE MENGE Die Zauberin lebe! ULRICA O schweiget! - O schweiget! (Silvano tritt ein, die Menge durchbrechend.) SILVANO Macht Platz, liebe Leute! Ich muß sie befragen. Ich diene dem Grafen und bin sein Matrose; oft mußt ich mein Leben im Kampf für ihn wagen, ich sitze dem Glück fürwahr nicht im Schoße. Seit Jahren schon hoff’ ich belohnet zu sein. ULRICA Du wünschest? SILVANO Zu wissen, ob unnütz mein Blut ich vergossen. RICCARDO (beiseite) Der Bursch hat kein Blatt vor dem Munde. ULRICA (zu Silvano) Die Hand her! SILVANO Da ist sie. ULRICA Dein Herz mag sich freun! Denn bald bist du reich und im Range erhöht. (Riccardo zieht ein Blatt Papier aus seiner Tasche und schreibt schnell etwas.) SILVANO Ihr scherzet! ULRICA Wirst sehen! RICCARDO (steckt Silvano unbemerkt das Blatt mit einer Geldrolle in die Tasche) Ihr Spruch werde wahr! SILVANO Welch herrlicher Spruch. reich belohnt soll er sein! (Greift in die Tasche. Er zieht das Blatt Papier und die Geldrolle hervor und liest.) „Graf Riccardo seinem treuen Offiziere Silvano.“ Zum Henker ist’s Blendwerk? Die Rolle und Offizier? CHOR Es lebe Ulrica, die hohe Prophetin! O preist ihre Weisheit und huldiget ihr! (Man hört an der kleinen Tür klopfen.) ALLES Man klopft! RICCARDO (zu sich) Was seh ich? Amelias Diener! Was mag der hier wollen? DIENER (leise zu Ulrica; Riccardo versteht was er sagt) Vernehmet! Es harrt meine Herrin am heimlichen Pförtchen, sie möcht einen Rat ganz geheim sich erbitten von Euch. RICCARDO (zu sich) Amelia! ULRICA Sie komme! Die andern entfern’ ich. (Diener geht ab.) RICCARDO (zu sich) Mich nicht! (Riccardo verbirgt sich in der Nische) ULRICA (zu den Anwesenden) Eh ich euch meine Antwort kann sagen, muß ich noch einmal den Dämon befragen. Wohlan denn, entfernt euch und laßt mich allein! ALLE So kommt denn, entfernt euch und laßt sie allein! (Amelia tritt ein) ULRICA Wie tief seid Ihr bewegt. AMELIA Geheimer Liebe Gram lastet schwer auf mir RICCARDO (beiseite) Was hör’ ich! ULRICA Und Ihr verlanget? AMELIA Frieden! Bann aus meinem Herzen den Mann, des meine Seele stets gedenket, ihn, der mit starker Hand des Staates Schicksal lenket. RICCARDO (zu sich) Was hör’ ich! Oh, welch Entzücken! ULRICA Es gibt ein Mittel! Geheime Tropfen, aus einem Zauberkraut gesogen, die heilen Herzensweh. Wer es benötigt, der muß es selbst mit eigner Hand zur Geisterstunde pflücken an grauenvoller Stelle. AMELIA Und wo? ULRICA Ihr wolltet’s wagen? AMELIA (entschlossen) Ja, und wo’s auch sein mag! ULRICA Nun denn, so höret! Dort, wo auf ödem Brachfeld der Wall der Stadt sich endet, dort, wo der Mond den bleichen Strahl aufs Fluchgefilde sendet, da kann das Kraut man sehen, gleich wo die Pfähle stehen, wo alle schwere Schuld gebüßt im letzten Seufzerhauch! AMELIA Oh, welches Grauen! ULRICA Schon jetzt ergreift euch Schreck und banges Zagen? RICCARDO (zu sich) Ach, armes Herz! ULRICA Schon sinkt Eu’r Mut? AMELIA Ich schaudre! ULRICA Wollt Ihr’s wagen? AMELIA Ist Heilung dort zu finden, soll auch mein Mut nicht schwinden. ULRICA Heut nacht? AMELIA Ja. RICCARDO (zu sich) Ein Schützer folgt dir an jenen Ort. AMELIA Ach, laß mich nicht erliegen, o Herr die Furcht besiegen. O fände durch jene Zaubermacht mein Herz sein voriges Glück! ULRICA O fasse Mut, es endet deinen Schmerz der Zauber. Er gibt durch seine Wunderkraft die Ruhe dir zurück. RICCARDO Ich bleibe dir zur Seite. Dich schützet mein Geleite, Amelia! Und drohen dir Gefahren, so teil ich dein Geschick! STIMMEN (von außen) Sei nicht so träge, Tochter der Hölle, öffne die Pforte uns auf der Stelle! ULRICA (zu Amelia) Von hinnen! AMELIA Noch heute! (ab durch die geheime Pforte) RICCARDO (zu sich) Ihr Schützer will ich sein. ULRICA Auf, eilet. (Ulrica öffnet den Haupteingang. Samuel, Tom mit ihrem Anhang, Oscar, Kavaliere, Offiziere sind sämtlich verkleidet. Riccardo mischt sich unter sie.) CHOR Weise Prophetin, sei nun bereit, sag uns die Zukunft, gib uns Bescheid! OSCAR Wo ist der Graf? RICCARDO (leise zu Oscar) Schweig, denn die Zauberin darf mich nicht kennen. (wendet sich schnell an Ulrica) Weise Sibylle, laß mich nun hören, ob die Planeten Glück mir bescheren. CHOR Auf, prophezeie! Auf, prophezeie! RICCARDO O sag, wenn ich fahr’ auf stürmischen Wogen, ob mich nicht indessen mein Liebchen betrogen? Was harret mein nach der Fahrt auf dem Meere, wenn froher Erwartung zur Heimat ich kehre? Das Segel in Fetzen, den Sturm in der Seele verfolg’ ich die Pfade, die ich mir erwähle: Des Himmels, der Hölle lachet mein Mut! Laß, Alte, das Ende der Reise mich wissen, doch kann ich die See für mein Leben nicht missen; was Wellen und Stürme! Ich lach’ ihrer Wut. CHOR Er mag seine Meere fürs Leben nicht missen, was Wellen und Sturm! Er lacht ihrer Wut. RICCARDO Wie lieblich die Wogen mein Schiff mir umkosen und plötzlich mich heulende Winde umtosen, dann tönen zum Wetter die heimischen Lieder, die süßen Gesänge, die sing’ ich dann wieder. Die fröhlichen Klänge, sie lassen mich wähnen, als könnt’ in der Heimat ihr Echo ertönen, die schwindenden Kräfte erneut der Gesang. Nun, weise Sibylle, brich endlich dein Schweigen, daß klar uns die künftigen Dinge sich zeigen. O glaube, die Kunde macht nimmer uns bang. CHOR O glaube, die Kunde macht nimmer uns bang. ULRICA Glaub, du Prahler, der Spott deiner Worte könnte bald sich in Schrecken verkehren; wer der Seherin Ausspruch will hören, meide Scherze, Verachtung und Hohn. Frecher Spott muß die Geister empören, er bereitet sich blutigen Lohn. RICCARDO Nun, zur Sache! SAMUEL Wer ist hier der erste? OSCAR Ich bin’s. RICCARDO (reicht Ulrica die Hand.) Laß mir diese Ehre! OSCAR Gerne, gerne! ULRICA (die Hand betrachtend, feierlich) Diese Hand hat im Kampfe gebieterisch den Degen geschwungen. OSCAR So ist es die Wahrheit! RICCARDO O schweige! ULRICA Unglücksel’ger! Geh, verlaß mich und frage nicht mehr! RICCARDO Nun, sprich weiter! ULRICA Nein! Lasse mich! RICCARDO Rede! ULRICA Oh, ich bitte - CHOR (zu Ulrica) Komm doch endlich zum Schluß! RICCARDO Ich befehl’ dir’s! ULRICA Wohlan - dein harrt der Tod! RICCARDO Auf dem Felde der Ehre, so freut mich’s. ULRICA Nein, von der Hand eines Freundes! OSCAR O Himmel! CHOR Welches Grau’n! ULRICA So ist’s oben bestimmt. RICCARDO Nur Scherze sind’s und Possen, was ihrer Lipp’ entflossen; des tollen Spruches lach’ ich nur, die andern glauben dran. Nur Scherze, usw. ULRICA (zu Samuel und Tom) Ihr findet es wohl glaublich, was ich ihm jetzt verkündet, ihr lacht nicht, denn ihr wisset wohl, es ist kein leerer Wahn. SAMUEL und TOM Wie ihre Augen glühen und Blitze auf mich sprühen! - Ein Dämon aus der Unterwelt verriet ihr unsern Plan! OSCAR und CHOR Soll so ein Leben enden? und gar von Freundes Händen? Wie der Gedanke mir das Herz mit Angst und Schauder füllt. RICCARDO Bring deinen Spruch zu Ende, sag mir, wer wird der Mörder sein? ULRICA Der erste, der heut zum Gruß die Hand dir reicht. RICCARDO Vortrefflich! (Er bietet den Umstehenden die Hand; keiner wagt, sie zu berühren.) Wer will den weisen Spruch hier der offnen Lüge zeihen? Nicht einer! (Renato erscheint am Eingang. Riccardo eilt ihm entgegen und drückt ihm die Hand.) Da kommt er! ALLE Er ist es! SAMUEL und TOM (zu sich) Ich atme, der Zufall rettet uns! ALLE Wie falsch ist dein Orakel! RICCARDO Ja, die Hand, die jetzt ich drücke, ist die des allertreusten Freundes! RENATO Riccardo! ULRICA (den Grafen erkennend) Der Graf ist’s! RICCARDO (zu Ulrica) Hat dein Dämon dir nicht entdecket wer ich wohl sei; auch nicht, daß zur Verbannung heut du verurteilt? ULRICA Ich? RICCARDO (ihr eine Börse zuwerfend) Sei ruhig, nimm dies hier! ULRICA Voll Großmut ist dein Herz! Doch der Verräter ist dir nah, nicht bloß ein einziger. SAMUEL und TOM (zu sich) O Himmel. RICCARDO Genug! CHOR (außerhalb) Graf Riccardo lebe! ALLE Die Stimmen? SILVANO (erscheint auf der Schwelle, nach außen rufend zu den Seeleuten und der Menge.) Werfet mit mir euch alle ihm zu Füßen, jubelnd erklinge unsrer Treue Lied. Er ist’s! O eilet, eilet. Er ist’s! Seht hier unsern Freund und unsern Vater! CHOR Dir, den wir hoch verehren, dir, dem wir Treue schwören, möge des ew’gen Herrschers Gunst Heil dir, ja, Heil und Glück dir verleihn. OSCAR Die Herzen deiner Treuen, die sich dir hebend weihen, sie kann auf Erden nur allein dein Ruhm, dein Glück erfreun. RICCARDO Soll ich des Spruches wegen Argwohn im Busen hegen, da tausend Herzen liebevoll sich meinem Schutze weihn? RENATO Vorsichtig um sich schauen, nie allzu blind vertrauen! Oft schleichen mit der Treue Schein Trug und Verrat sich ein, usw. SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER (zu sich) Sicher ist ihm das Leben, hier von dem Volk umgeben; doch soll er seines Glückes sich nicht lange mehr erfreun, usw. ULRICA Er wollte mich nicht hören und lachte meiner Lehren, doch weh, ihm wird noch heute der Tod beschieden sein! usw. OSCAR Ja, die Herzen deiner Treuen, usw. RICCARDO Ach, soll ich des Spruches wegen, usw. Ein einsames Gefilde am Fuße eines steilen Hügels in der Umgebung von Boston (Die Galgen schimmern weiß im schwachen Licht des leicht umwölkten Mondes. Amelia erscheint tief verschleiert auf dem Hügel; sie kniet nieder und betet. Dann richtet sie sich auf und steigt langsam herab.) Vorspiel AMELIA Hier ist der grau’nvolle Ort, wo der Verbrecher seiner Schuld Vergeltung findet. Dort stehen die Säulen, an ihrem Fuß wächst jenes Kraut. Wohlan denn! Mich faßt ein Todesschauer! Selbst meiner Schritte dumpfer Schall, alles, ach, alles erfüllt mein Herz mit Angst und Schrecken! Und sollt ich jetzt hier sterben? Sterben! Und doch führt, um die Qual zu stillen, mein Schicksal mich hierher so sei es! Wohlan denn! (Sie geht weiter.) Wenn das Kraut, wie die Seherin kündet, von den Qualen der Liebe entbindet, wenn sein Bild aus dem Busen entschwindet, wohl geheilt ist dann der Seele tiefes Weh; doch was bleibt, wenn die Liebe verging? Ach, was bleibt dir mein armes Herz! Ach, was wein’ ich? Was hemmt meine Schritte? Und was stellt sich mir hindernd entgegen? Fasse Mut und verbanne dies Zagen! Oh, verrate, verrate mich nicht, oder schlage nicht länger, mein Herz, ach, erliege dem tiefen Schmerz. (Es schlägt zwölf Uhr.) Mitternacht! Ha was seh ich? Ein Gespenst, es entsteiget der Erde, ach, und seufzet! Aus seinen Augen sprühen Flammen und Blitze, wilden Blicks starrt es drohend mich an. Ha! (Sie sinkt auf die Knie.) So verleihe mir Kraft, o mein Gott, du Allmächtiger erbarm dich mein! RICCARDO (tritt schnell auf.) Ich bin dir nah! AMELIA O Himmel! RICCARDO Sei ruhig! AMELIA Ach! RICCARDO Sag, was fürchtest du? AMELIA Ach, laßt mich, fliehet! Seht mich zittern, seht mich beben! O verlaßt mich, schont meiner Ehre, tiefe Schmach bedroht mein Leben, ach, habt Mitleid mit meiner Pein. RICCARDO Dich verlassen! Nie und nimmer, da mich Sehnsucht und inn’ge Liebe unaufhaltsam zu dir ziehen. AMELIA Hört mein Flehen, schonet mein! RICCARDO Ach, wozu dies ew’ge Zagen, wenn ich nun vor Gott dir schwöre: heilig ist mir deine Ehre, ungefährdet soll sie sein. AMELIA Denkt, daß mich des Priesters Weihe Eurem treusten Freund verbunden. RICCARDO Schweig, Amelia! AMELIA Schwur ich doch ew’ge Treue dem Mann, der sein Leben Euch weiht! RICCARDO Seiner kannst du jetzt gedenken? Ach, ist das nicht Grausamkeit? Weißt du nicht, daß, wenn Schlangen der Reue nagend auch meine Seele verzehren, ich die Mahnungen nimmer kann hören, da die Liebe das Herz mir erfüllt? Ach, sein sehnendes Klopfen und Schlagen wird allein nur im Grabe gestillt! Oh, wie hab ich gekämpft und gerungen, die verzehrende Flamme zu dämpfen, auch mein Flehn, das zum Himmel gedrungen, wollt’ mich nimmer vom Sehnen befrein; sollt mein Leben von deinem ich scheiden, würd’ es stets mir aufs neue zur Pein! AMELIA Ach, ew’ger Gott, wolle gnädig es wenden, hör o höre mein ängstliches Flehen! Du allein kannst die Hilfe mir senden, die von Elend und Schmach mich befreit! (zu Riccardo) Und du, flieh! Sprich nicht weiter! Bedroh nicht mit Schmach deinen Freund, der sein Leben dir weiht. RICCARDO Ach, ein Wort von deiner Liebe, um die ganze Welt ein Wort nur. AMELIA Hilf, o Himmel! RICCARDO Sag, du liebst mich! AMELIA Fliehe, Riccardo! RICCARDO Dieses Wort, dies eine Wort nur! AMELIA Wohlan, ich liebe dich! RICCARDO Ha, du liebst mich! AMELIA Doch dein edler Sinn schütze mich vorm eignen Herz. RICCARDO Du liebst mich, du liebst mich! Oh, fortan quäle mich kein Vorwurf, Freundschaft schwind’ aus meiner Seele, und nur die Liebe wohn’ in meinem Herzen noch. Ach, wie die süßen Worte mit Wonne mich durchbeben, entzückt seh’ ich das Leben verjüngt vor mir erstehn. Laß deinen milden Schimmer, o Mond, mein Glück bestrahlen, ach, dürfte ich doch nimmer den neuen Morgen erschaun. AMELIA Schon wähnte ich im Herzen der Liebe Glut erloschen; nun fühle ich mit Schmerzen sie neu in mir entstehn. Warum ist mir o Himmel! dies herbe Los beschieden? kann nur in Grabes Frieden diesen Qualen ich entgehn. RICCARDO Amelia! Du liebst mich, Amelia? Du liebst mich? AMELIA Ja, ich liebe dich! Doch dein edler Sinn, schütze mich vorm eignen Herz. RICCARDO Amelia liebet mich! Himmel, sie liebt mich! AMELIA Schon wähnte ich im Herzen, usw. RICCARDO Ha! wie die süßen Worte, usw. AMELIA O Gott! Ich höre Schritte! RICCARDO Wer kann sich jetzt diesem Schreckensorte nahen? Nein, ist es möglich, (Er sieht Renato kommen.) Renato! AMELIA (zieht den Schleier über ihr Gesicht.) Es ist mein Gatte! RICCARDO (zu Renato) Du hier? RENATO Dich zu retten vor deinen Verfolgern, die dort sich verborgen. RICCARDO Und wer? RENATO Die Verschwor’nen. AMELIA (leise) O Gott! RENATO Das Gesicht im Mantel verhüllt, kam ich mit ihnen her als wie einer der Ihren. Da hört’ ich ganz leise Worte: „Ich sah ihn, der Graf ist’s, und mit ihm eine fremde Schöne.“ Ein andrer sprach weiter: „Vergängliche Wonne! Er naht sich dem Graben; es stört dieses Eisen, noch eh’ er es wähnet, sein flüchtiges Glück.“ AMELIA (leise) Ich sterbe! RICCARDO(zu Amelia) Sei standhaft! RENATO (legt Riccardo seinen eigenen Mantel um.) Den Mantel schlag um, und eile, (Er zeigt einen schmalen Pfad rechts.) den Pfad hier zurück nach der Stadt. RICCARDO (Amelias Hand ergreifend) Doch dich muß ich retten! AMELIA (leise zu Riccardo) O wehe mir! Geh! RENATO (zu Amelia tretend) Doch Ihr, schöne Dame, Ihr wollt ihn doch nicht dem Verrat überliefern? (Er geht zur Seife, um zu sehen, ob sich die Verschwörer schon nähern.) AMELIA (zu Riccardo) O fliehet allein! RICCARDO Ich soll dich verlassen? AMELIA Ach eile, der Pfad ist dir offen, o fliehe! RICCARDO Und allein soll ich dich mit ihm lassen? Nein! Nie! Viel eher den Tod! AMELIA Entfliehet, sonst schlag’ ich den Schleier zurück. RICCARDO Was sagst du? AMELIA Entschließ dich! RICCARDO Unmöglich! AMELIA Ich will’s! (beiseite) Für ihn nur allein muß ich fürchten und zagen, für ihn, den Verrat bedroht! Ach, alles will gern ich ertragen, und wär’ es selbst der Tod! RICCARDO (zu Renato) O Freund! Einen wichtigen Dienst muß ich fordern; daß treu du ihn leistest, des bin ich gewiß. RENATO Vertrau mir und fordre! RICCARDO (auf Amelia zeigend) Versprich mir und schwör, daß du bis zu der Stadt verschleiert sie führst! Kein Wort und kein Blick sei ihr je zugewandt. RENATO Ich schwör’ es! RICCARDO Wenn dem Tore du nah, gehst du schnell, alleine von dannen. RENATO Ich schwör’ es! Hier die Hand! AMELIA (leise zu Riccardo) Hörst du wohl, wie die Stimmen der Todesgeister ringsum die Lüfte durchschauern? O du weißt, daß Verräter hier lauern, dort am Abhange harren sie dein; Du bist ringsum von Mördern umgeben, ihre Dolche bedrohen dein Leben, ach, schon seh ich sie über dir schweben, - ach, erbarm dich und flieh diesen Ort! O flieh! RENATO (der scharf Ausschau gehalten hat) Eile schnell! Auf den felsigen Wegen kommt schon drohend die Schar uns entgegen; wilde Flüche entströmen den Lippen, und die Hand schwingt den blitzenden Dolch. Flieh und rette dein kostbares Leben, flieh, solange dir Zeit noch gegeben. Flieh und rette dein kostbares Leben für das Volk, das so hoch dich verehrt! O flieh, o flieh! RICCARDO (zu sich) Und die dort nach dem Leben mir trachten, sind’s nicht heimlich verschworne Verräter? Ach, den Freund hab’ ich selber verraten! Tödlich traf ihn mein Frevel ins Herz! Ha, wie bot ich den Feiglingen Trotz, wär’ ich selber Verrates nicht schuldig! Nur mit ihr hab’, o Himmel, Erbarmen und stehe du gnädig ihr bei. AMELIA Hörst du wohl, usw. RENATO Eile schnell, usw. RICCARDO Und die dort nach dem Leben, usw. (Riccardo geht ab.) RENATO Nun folget mir! AMELIA (zu sich) O Himmel. RENATO Warum dies Zittern? Ich biet Euch sichres Geleit! Mein freundlich Wort belebe Euren Mut. (Auf der Anhöhe erscheinen Samuel, Tom, und ihre Anhänger.) AMELIA Da sind sie! RENATO Schnell, stützet Euch nur auf mich. AMELIA O Gott! ich sterbe! CHOR (in der Ferne, langsam näherkommend) Rasch auf ihn, er muß nun fallen, seine Stunde hat geschlagen; wird der nächste Morgen tagen, finde man die Leiche hier! SAMUEL (zu Tom) Siehst du dort den weißen Schleier; der der Schönen Reiz bedecket? TOM Aus dem sel’gen Traum geweckt sei die Holde! RENATO (laut) Wer ist da? SAMUEL Ha, er ist’s nicht! TOM Tod und Teufel! CHOR Nicht der Graf ist’s! RENATO Nein, ich bin es, der erwartend vor euch steht. TOM Sein Getreuer! SAMUEL Ach, das Glück war uns nicht wie Euch gewogen, denn das Lächeln einer Schönen ließ das Schicksal uns entgehn. TOM Möcht zu mindesten das Antlitz dieser holden Isis sehn. RENATO Einen Schritt nur und mein Degen soll Euch lehren... SAMUEL So verwegen? TOM Laß das Drohen! (Der Mond leuchtet jetzt in seinem vollen Glanz.) AMELIA Schütz uns, o Himmel! CHOR (zu Renato) Laß den Degen! RENATO Fort, Verräter! TOM (Er will Amelia den Schleier entreißen.) Das muß enden! - RENATO (zieht den Degen) Mit deinem Leben zahlest du die freche Tat! (Als die Verschworenen auf Renato eindrängen, stürzt sich Amelia, außer sich, zwischen sie und läßt den Schleier fallen.) AMELIA O haltet ein! RENATO (niedergeschmettert) Ha, Amelia! SAMUEL und TOM Sie! Seine Gattin! AMELIA Ach hilf! O Gott! SAMUEL und TOM Seine Gattin! RENATO Amelia! SAMUEL Ach, mit der Gattin nächtlich zu schwärmen, an treuer Liebe sich zu erwärmen, hat sich der Eh’mann hier eingefunden in dieser Kühle bei Mondenschein! SAMUEL und TOM Ha, ha, ha, ha, ha, ha! O welches Aufsehn wird das nicht geben, welch Gespötte wird das nicht sein. RENATO Durch mich gerettet vor jener Bande! Weihet er zum Lohn mich der schlimmsten Schande! Ich kann das Antlitz nicht mehr erheben, vor jedem Blick muß ich mich scheu’n! AMELIA Wer wird auf Erden sich noch erbarmen, wem magst, Amelia, du noch vertraun? O möchte heute mein Leben enden, o schlösse jetzt tief das Grab mich ein. SAMUEL und TOM Ha, ha, ha, ha, ha, ha! O welches Aufsehn, usw. RENATO Ich kann das Antlitz, usw. AMELIA Wer wird auf Erden, usw. RENATO (zu Samuel und Tom, entschlossen:) Wollt ihr morgen in aller Frühe euch nach meinem Haus bemühen? SAMUEL und TOM Wohl um Rechenschaft zu fordern? RENATO Nein, nach anderm steht mein Sinn. SAMUEL und TOM Darf man wissen? RENATO Morgen sollt ihr es erfahren. SAMUEL und TOM Wir sind bereit, wir kommen hin. (beim Weggehen) Trennt euch jetzt, um nicht zusammen nach der Stadt zurückzukehren! SAMUEL und TOM, CHOR Große Dinge wird man hören bei des neuen Tags Beginn. Nun fort! Nun fort! Seht, zur Komödie ward die Tragödie! Ha, ha, ha, ha, ha, ha! O welches Aufsehn, usw. RENATO (allein zu Amelia) Bis zum Tore dich zu bringen, schwur ich ihm, so mag es sein! Nun komm! Nun komm! AMELIA (zu sich) Seine Worte dringen Dolchen gleich ins wunde Herz mir ein! (zu Renato) Ach hilf, o Gott! CHOR (schon weit entfernt) O welches Aufsehn, usw. Erste Szene Renatos Studierzimmer (Auf einem Kamin zwei Bronzevasen, gegenüber dem Bücherschrank. Im Hintergrund ein prächtiges Bild des Grafen in ganzer Figur. Renato tritt ein, den Degen in der Hand und zieht Amelia hinter sich her.) RENATO Solch Vergehen tilgt kein Jammern, keine Träne, keine Reue. Ganz vergebens ist dein Flehn, nur dein Blut sühnt dies Vergehn. AMELIA Opfer bin ich des bösen Scheines, ja, des Scheines, der dich täuschte. RENATO Schweig, Verworfene! AMELIA O Himmel! RENATO Ja, zu ihm nur fleh um Gnade! AMELIA Kann Verdacht dir schon genügen, mich so grauenvoll zu strafen? Mich so schmählich zu beschimpfen, ungerecht und mitleidlos? RENATO Nur dein Blut tilgt dies Vergehn! AMELIA Dacht ich einst auch liebend sein, deinen Namen hielt ich rein! Und Gott weiß, selbst in Gedanken fühlt ich nie die Treue wanken. RENATO (nimmt seinen Degen wieder an sich.) Wirst du enden? Der Morgen naht! Nur dein Blut sühnt die Tat. AMELIA Muß ich sterben - wohlan denn, sei es! Doch eine Gnade - RENATO Nicht an mich, nein, an Gott magst du dich wenden! AMELIA (fällt auf die Knie.) Nur ein einzig Wort zu dir! Höre mich! Es wird das letzte sein! Der Tod sei mir willkommen! Doch nur dies eine gewähre: Laß mich den einz’gen Sohn, den inniggeliebten Sohn noch in die Arme schließen! Ach, wenn der Gattin Flehen dein Zorn nicht erhört, so sei die letzte, einzige Bitte einer Mutter gewährt! Ich sterbe, doch sein Sohneswort, der Kuß von seinem Munde werden mir Kraft verleihen in meiner letzten Stunde. Sank ich dann tot hernieder schließt er mit seiner Hand die Augen seiner Mutter; die er nie wieder sieht! usw. RENATO (zeigt auf eine Tür, ohne sie anzublicken) Steh auf! Dort im Zimmer magst deinen Sohn du wiedersehn. Verbirg in Nacht und Schweigen, dort des Gatten Schmach und deine tiefe Schande. (nachdem Amelia den Raum verlassen hat) Nein, nicht an ihr, dem machtlosen Weibe, darf den Schimpf ich rächen! In anderm, o anderm Blute will ich den Frevel löschen! (Er betrachtet das Bild des Grafen.) Nur in dem deinen! Aus deinem falschen Herzen laß dieser Stahl es fließen, ja, er soll meinen Qualen ein Rächer sein. Oh, nur du hast dies Herz mir entwendet, das der Himmel zum Glücke mir gesendet; du vergiftest durch die schwärzeste Missetat alle Lust, die das Leben mir beut! Durch Verrat lohnest du mir die Treue, die von all deinen Freunden ich der erste dir immer geweiht. Oh, ihr selig entzückenden Stunden seid auf ewig für mich entschwunden, da Amelia so schön, ach, so unschuldsvoll ihre Liebe mir eingestand! Welch ein Wechsel! Doch ich will mich rächen, denn wütender Haß brennt allein mir im Herz. Oh, ihr wonnevollen Stunden, ewig seid ihr entflohn! (zu Samuel und Tom, die jetzt eintreten und lässig grüßen) RENATO Willkommen! Nur näher! Lange schon weiß ich, was ihr beschlossen. Ihr seid verschworen, den Grafen zu morden! TOM Verleumdung. RENATO (zeigt auf einige Papiere auf dem Tisch.) Ich hab’ Beweise! SAMUEL Und jetzt verrätst du dem Grafen unsern Plan? RENATO Nein! Ich nehme teil daran! TOM Du scherzest! RENATO Oh, nicht mit Worten, durch die Tat will ich Beweise euch geben! Ich bin der Eure. Mit euch fest verbunden, hoff’ ich selber das Werk zu vollbringen! Meinen Sohn nehmt zum Pfande! Mögt ihr töten, wenn ich treulos bin. TOM Zum Haß ward die Liebe - kaum vermag ich es zu glauben! RENATO Erlaßt mir, den Grund euch zu kunden. Der Eure bin jetzt ich, ich schwör’s beim Leben meines einzigen Sohnes! SAMUEL und TOM (zu sich) Er lügt nicht! Nein, er lügt nicht! RENATO Wie? Ihr zögert? SAMUEL und TOM Nicht mehr. RENATO, SAMUEL und TOM Nun wohlan, unsre Rache zu stillen, haben wir nur ein Herz, einen Willen; unser Schwur soll noch heut sich erfüllen! Ja, es treff’ ihn der rächende Stahl! Nun wohlan, usw. RENATO Eine Bitte gewähret mir! SAMUEL Und welche? RENATO Überlasset die Tat mir allein! SAMUEL Nein, unmöglich! Das Schloß meiner Ahnen nahm er mir, drum hab’ ich den Vorrang. TOM Ha, und ich, dem im blut’gen Gefechte er den Bruder erschlug und der seit Jahren sich nach Rache gesehnt, ich sollte verzichten? RENATO Beruhigt euch! Ziehen wir das Los, es entscheide allein! (Nimmt eine Vase vom Kamin und stellt sie auf den Tisch, Samuel schreibt drei Namen und wirft die Zettel in die Vase.) Doch wer naht? (Amelia tritt ein .) Du? AMELIA Da ist Oscar, er lädt uns zum Balle beim Grafen. RENATO Zu ihm! Er mag warten! Du doch bleibe bei uns, denn du scheinst mir vom Himmel gesendet. AMELIA (zu sich) Welche Ahnung ergreift meine Seele! Will mein Jammer noch immer nicht enden? RENATO (auf seine Frau zeigend, zu Samuel und Tom) Sie weiß nichts, seid nicht bange! Es soll jeder Zweifel durch sie uns entschwinden! (zu Amelia, sie zum Tisch führend) In der Urne sind drei Namen, deine reine Hand soll einen draus ziehen. AMELIA Und warum? RENATO Du gehorchest! Und frage nicht mehr! AMELIA (zu sich) Ach, kein Zweifel, meine schuldlose Hand muß hier zu blutigem Werke ich bieten! (als sie den Zettel aus der Urne zieht, den Renato Tom übergibt) RENATO Wer ist nun der Erwählte? SAMUEL Renato! RENATO Ha! mein Name! Wie gerecht ist das Schicksal; mir allein überläßt es die Tat! AMELIA (zu sich) Nur zu leicht sind die Worte zu deuten: diese wollen den Grafen ermorden, und schon über des Arglosen Haupte schwingen sie in Gedanken den Stahl! Ha, sie wollen den Grafen ermorden, sie schwingen den grausamen Stahl! Ach. RENATO, SAMUEL und TOM Unsers Volkes vergossene Tränen soll das Blut dieses Frevlers versöhnen! Auf sein Haupt fall’ die Rache hernieder; wie des Donners vernichtender Strahl. RENATO (an der Tür) Der Bote erscheine! OSCAR (tritt ein; zu Amelia) Auf Befehl des gnäd’gen Herrn, für heute abend lad’ ich Euch mit Eurem Eh’gemahl zum Balle ein. AMELIA Ich kann nicht. RENATO Wird der Graf zugegen sein? OSCAR Sicher! SAMUEL, TOM (unter sich) O Schicksal! RENATO (zu Oscar; aber mit einem bedeutsamen Blick zu seinen beiden Gefährten) Schätzen muß ich diese Ehre. OSCAR Es ist ein Maskenball, reich und glänzend. RENATO Vortrefflich! (Amelia zunickend) Sie begleitet mich zum Ball! AMELIA (zu sich) O Himmel! SAMUEL, TOM (für sich) Ja, bei all dem tollen Mummenschanz läßt die Tat sich leicht vollziehn. OSCAR Ha! Durchstrahlt von tausend Lampen wird der weite Saal erglänzen; der schönsten Frauen bunte Schar schwingt sich in flücht’gen Tänzen. Die ganze Stadt eilt froh herbei, das schöne Fest zu sehn. Ah! AMELIA (zu sich) Und ich, ich mußte selbst das Los aus jener Urne heben, ach, und in des Gatten Hand den Dolch des Mörders geben! Vielleicht muß ich die blut’ge Tat, mit eignen Augen sehn! RENATO (zu sich) Dort unter Tanz und Festeslust wird ihn mein Arm erreichen, umringt von dem Gedränge läßt ihn mein Dolch erbleichen; und die erstarrte Menge soll seine Leiche sehn. SAMUEL und TOM (unter sich) Umhüllt vom sichern Domino mag er die Tat vollbringen, denn im Gewühl der Tanzenden kann sie ihm nicht mißlingen! Entsetzt wird dann die schöne Welt auf den Entseelten sehn. AMELIA (zu sich) Könnt ich es doch verhindern und den Gatten nicht verraten. OSCAR Die Königin des Festes seid Ihr. AMELIA (zu sich) Vielleicht kann es Ulrica. SAMUEL und TOM (zu Renato) In welchem Kleid erscheinen wir? RENATO Im blauen Gewande, doch aus blutrotem Bande die Schleife auf der linken Seite. SAMUEL und TOM Doch sag, wie lautet unsre Losung? RENATO (leise) Tod und Rache! AMELIA (zu sich) Könnt’ ich hindern den Frevel! OSCAR Die Königin seid Ihr! RENATO und SAMUEL, TOM Tod und Rache! Zweite Szene Ein prächtig eingerichtetes Kabinett des Grafen. (Ein Tisch mit Schreibgerät. Im Hintergrund trennt ein großer Vorhang das Studierzimmer vom Ballsaal.) RICCARDO (allein) Wohl kam im sich’ren Heime längst sie zur Ruh’! Die Ehre und die Pflicht gibt unserm Herzen den Frieden zurück. So sei’s! Renato kehre wieder nach England, und seine Gattin folgt ihm dahin. Sie scheid’ auf immer. So wird uns der Ozean trennen, das Herz verstummen. (Er will schreiben. Im Augenblick, da er unterzeichnen will, läßt er die Feder sinken.) Ist es nicht Pflicht? O Gott! Kann ich noch zaudern? (Er unterschreibt und steckt das Blatt zu sich.) Hier steht mein Name - das Opfer ist vollzogen! Doch heißt dich auch ein Pflichtgebot auf ewig von dir eilen, so folgt mein sehnend Herze dir wo immer du magst weilen. Stets bin ich deiner eingedenk in meines Herzens tiefem Grund. Welch düstre Ahnung fühle ich jetzt in mir entstehen; glühend werd’ ich entbrennen, wenn wir uns heute sehen! Muß es die letzte Stunde sein für unsrer Liebe Glück? (Musik hinter der Szene) Ha! Sie ist da! Ich möcht’ sie sehen, noch einmal möcht ich sprechen mit ihr Doch nein! Es trennt das Geschick sie von mir! (Oscar tritt ein mit einem Blatt in der Hand.) OSCAR Mir gab eine Unbekannte dies Briefchen. „Für den Grafen!“ so sprach sie. „Stell es ihm zu, doch im geheimen!“ RICCARDO Daß beim Ball ein Attentat auf mich geplant sei, so schreibt man. Wenn ich nicht käme, würde man der Furcht mich zeihn. Nein, nein! Kein Mensch denke so etwas von mir! Du geh! Sei eilig! In kurzem bin ich mit dir bei dem Feste! (Oscar geht ab.) Dich will ich sehn, Amelia, in deiner Schönheit Glanz! Ach, nur noch einmal strahle, ach, noch einmal mir dein Blick. Dritte Szene Ein reicher Ballsaal, festlich erleuchtet und geschmückt. (Schon beim Öffnen des Vorhangs füllt eine Menge von Gästen die Szene. Der größte Teil ist maskiert. Einige im Domino, andere im Galaanzug mit Gesichtsmasken. Manche suchen Freunde, andere halten sich verborgen. Einige begrüßen sich, andere stellen jemanden nach. Die ganze Szene strahlt Glanz und Fröhlichkeit aus.) CHOR O Lust, im muntern Tanze den Saal dahinzuschweben! Durch sie wird uns das Leben ein Traum voll Lust und Freude. Ach, wie so bald entschwunden seid ihr, beglückte Stunden! Warum nach kurzem Weilen müßt ihr so schnell enteilen im raschen Flug der Zeit? (In blauen Dominos mit roten Schärpen sieht man Renato, Samuel, Tom und andere Verschworene unter den Gästen.) SAMUEL (zu Tom, auf Renato zeigend) Da ist der Unsern einer (Er nähert sich Renato leise.) Tod und Rache! RENATO (bitter) Ja, Tod und Rache! Doch er kommt nicht! SAMUEL und TOM Was sagst du? RENATO Wir harren sein vergebens. SAMUEL und TOM Glaubst du? Warum? RENATO Ihr werdet es später hören. SAMUEL O trügerisches Schicksal! TOM So soll er immer uns entgehen? RENATO So sprechet leise. Dort blickt jemand aufmerksam nach uns. SAMUEL Und wer? RENATO Der dort im Domino, linker Hand von Euch. (Sie trennen und verlieren sich in der Menge. Renato wird von Oscar, der ebenfalls maskiert ist, verfolgt.) OSCAR Halt, Maske, halte, ich lass’ dich nicht, glaub mir’s, ich kenne dich! RENATO (ausweichend) Ach, laß mich! OSCAR Du bist Renato! RENATO (ihm die Larve abreißend) Und Oscar bist du. OSCAR Welch ein Benehmen! RENATO Vortrefflich! Und dein Betragen magst du wohl schicklich wähnen, indes Graf Riccardo schlummert, hier deiner Lust zu frönen? OSCAR Der Graf ist hier - RENATO Ha! Wo denn? OSCAR Ich sagt es - RENATO Und wie maskiert? OSCAR Das sag ich nicht. RENATO Wie wichtig! OSCAR Sucht ihn Euch selbst heraus. RENATO O sprich! OSCAR Ihr spieltet ihm wohl gerne hier einen kecken Streich? RENATO Beruh’ge dich! Doch beschreib mir ein wenig nur sein Kleid! OSCAR Laßt ab mit Fragen! Ich darf nicht sagen, welch feine Maske der Graf mag tragen. O nein, o nein, es kann nicht sein! tra, la, la, la! Glüht auch mein Herz für Lieb’ und Scherz, ist doch zu schweigen die Kraft mir eigen. Des Pagen Pflicht vergess’ ich nicht, tra, la, la, la, la, la, la! (In diesem Augenblick bewegen sich Gruppen von Masken und tanzenden Paaren nach dem Vordergrund der Bühne und trennen Oscar und Renato.) CHOR O Lust, im muntern Tanze, usw. RENATO (Renato und Oscar kommen wieder zusammen.) Du kannst ja wohl des Grafen Freunde unterscheiden? OSCAR Ihr wollt ihn wohl befragen? Vielleicht eine kleine Neckerei? RENATO Erraten! OSCAR Und Ihr entdeckt ihm wohl, daß Ihr von mir erfahren? RENATO Was denkst du? Schön würd’ ich lohnen dein redliches Vertrau’n. OSCAR Es drängt Euch sehr? RENATO Ich muß an diesem Abend manches wicht’ge Wort noch reden mit ihm. Dich trifft die Schuld, wenn ich’s versäume durch dein unnützes Zaudern. OSCAR Nun denn - RENATO Die Sache eilt für ihn nur und nicht für mich. OSCAR (flüstert schnell im Weggehen.) Sein Domino ist schwarz, mit einem Rosabande auf der Brust. RENATO O bleib, nur noch zwei Worte! OSCAR (verschwindet in der Menge.) Ihr habt genug erfahren. CHOR O Lust, im muntern Tanze, usw. (Die Menge drängt wieder mehr nach dem Vordergrund. Renato entfernt sich, um die Verschworenen zu suchen. Die tanzenden Paare zerstreuen sich wieder. Riccardo im schwarzen Domino mit einem rosa Band und hinter ihm Amelia in einem weißen Domino.) AMELIA (spricht ihn mit verstellter Stimme an, um nicht erkannt zu werden.) Ach, warum hier? O fliehet! RICCARDO Hast du den Brief geschrieben? AMELIA Der Tod folgt Euren Schritten. RICCARDO Ich kenne keine Gefahr, keine Furcht! AMELIA O fliehet, o flieht! Hier warte Eurer ein sichrer Tod! RICCARDO Die Maske fort! Wie ist dein Name? AMELIA O Himmel, ich kann nicht! RICCARDO Warum denn weinst du? Warum dein drängend Flehen? Und wie mag deinem Herzen mein Tod so nahe gehen? AMELIA Ach, selbst mein eignes Leben wollt’ ich für deines geben! RICCARDO Verstell dich nicht, Amelia, nur du bist dieser Engel. AMELIA (verzweifelt) Lieben, ja lieben muß ich dich: ich lieg’ zu deinen Füßen, hier, wo von dunkler Mörderhand heut noch dein Blut soll fließen. Der Tod muß dich ereilen, willst du noch länger weilen, rette dich, geh, verlaß mich, fliehe, fliehe weit von hier! RICCARDO Wenn du mich liebst, Amelia, soll kein Geschick mich schrecken. AMELIA Fliehe! RICCARDO Noch nicht des Todes Sorge kann Furcht in mir erwecken! AMELIA Rette dich! RICCARDO Nicht Angst vor Mörderhänden... AMELIA Flieh! RICCARDO Wird meine Liebe enden! AMELIA O rette dich! RICCARDO ... Es schwinden mir die Sinne von deiner Liebe Glut wird meine Liebe enden. Es schwinden mir die Sinne von deiner Liebe Glut. AMELIA Der Tod muß dich ereilen, willst du noch länger weilen, rette dich, geh, verlaß mich, fliehe weit von hier! Willst du denn, daß vor Scham und tiefem Jammer ich nun sterbe? RICCARDO Ich will dein Heil. Schon morgen mit dem Gatten reisest du. AMELIA Wohin? RICCARDO Nach deiner Heimat, nach England. AMELIA Nach Englands Küsten? RICCARDO Mir bricht das Herz! Doch du wirst reisen, so lebe wohl! AMELIA Riccardo! RICCARDO Ha, welche Qual! Leb wohl, Amelia! AMELIA Riccardo! RICCARDO Nehmen wir Abschied, Geliebte! AMELIA O Gott! RICCARDO Nehmen wir Abschied, Amelia! AMELIA So leb wohl! RENATO (stürzt sich unbeachtet zwischen beide und durchbohrt Riccardo.) Ja, nimm du jetzt nur Abschied! RICCARDO Weh mir! AMELIA Zu Hilfe! Zu Hilfe! OSCAR (herbeieilend) O Gott! Er ist ermordet! (Von allen Seiten stürzen Damen, Offiziere und Wachen herbei.) EINIGE GÄSTE Von wem? ANDERE GÄSTE Wo ist der Mörder? OSCAR (zeigt auf Renato) Hier! (Die Wachen reißen Renato die Maske ab.) ALLE O seht! - Renato! Ha! Schande! Verderben! Der Frevel ist unerhört! Der Mörder muß sterben, ihn treffe der Rache Schwert. Tod und Schande über ihn! Ha! Ha! Tod, Verderben komm’ über ihn! RICCARDO Nein, nein! O lasset ihn! O lasset ihn! (zu Renato) Du - hör mich an! sie ist schuldlos, so nah dem Grabe lüget niemand, mich hört der Himmel. Unverletzt ist deine Ehre, und dein Weib blieb treu und rein. (Er gibt Renato das Blatt.) Sieh, du solltest in hoher Stellung nun mit ihr nach England reisen; liebt’ ich sie, wollt’ ich des Freundes teuren Namen nicht entweihn. AMELIA Ach, der Reue bittrer Schmerz quält und foltert dieses Herz! durch des schuld’gen Gatten Mörderhand schwebet er an Grabesrand. OSCAR Wer kann den Jammer fassen? Freundeshand läßt ihn erblassen! Wehe! in den bleichen Wangen seh ich schon den Tod nahn. RENATO Gott was tat ich? O welch Verbrechen! Ha, der Himmel wird es rächen! Welches Blut hab’ ich vergossen, ach, verführt durch falschen Wahn! RICCARDO Hört mich an: noch bin der Herr ich! Es sei allen nun vergeben. ALLE außer RICCARDO Güt’ger Gott, hör unser Flehen laß uns ihn gerettet sehen! Ihn, der immer uns ein Abbild war deiner Gnade, deiner Huld. Er stirbt. RICCARDO Lebt wohl auf immer, ihr Lieben! Leb wohl, leb wohl, Amerika... ALLE Er stirbt! RICCARDO Lebt wohl denn, ihr Lieben, auf immer! Ach, o weh! ich sterbe, ihr Teuren, lebt wohl... Auf ewig! ALLE O grauenvolle Nacht! O grauenvolle Nacht! ENDE |